Wieder einmal gibt es Streit um die hohen Stromkosten in Deutschland. Dieses Mal geht der Aluminiumhersteller Norsk Hydro auf die Barrikaden. Gibt es keinen Discount beim Stromeinkauf, dann könnte noch im Februar die Hütte in Neuss dicht gemacht werden.
Die Hersteller stecken mit dem Einbruch der Alu-Preise an der Börse in der Klemme, viele schreiben rote Zahlen. So auch die Hydro-Hütte in Neuss, immerhin die größte ihrer Art in Deutschland. Grundproblem sind nicht die Aluminiumpreise an der Börse, sondern die Strompreise in Deutschland. Für die Herstellung des Metalls werden Unmengen davon gebraucht. Die Hütte in Neuss verbraucht so viel wie die Stadt Düsseldorf.
Die letzten Neubauten haben daher in Brasilien oder dem Nahen Osten stattgefunden. Da ist billiger Strom verfügbar, gewonnen aus Wasserkraft oder Gas. Die deutschen Hersteller können da bei den Kosten nicht mithalten. Dass zeigt sich in dieser Krise und an der drohenden Schließung des Neusser Werks. Hydro steht aber nicht alleine da. Auch andere Hütten verbrauchen viel Strom, um Kupfer, Stahl oder andere Metalle zu produzieren.
Sollen wir nun diese Industrien ziehen lassen? Ich finde nicht, denn schau ich mir die Umweltstandards in China an – dem weltweit größten Alu-Produzenten -, dann wird mir Angst und Bange. In vielen Fabriken werden Abgase ungefiltert abgelassen.
Was also tun? RWE & Co billige Verträge aufzwingen; in der freien Marktwirtschaft nicht machbar. Außerdem würde das nur eine Teilentlastung bringen.
Nötig ist eine langfristige Lösung. Und da denke ich an die Erneuerbaren Energien. Im Moment sind die zwar noch teuer, aber die Preise fallen. Und sie werden weiter massiv fallen. Schon bald ist Strom aus Windkraft billiger als aus Kohle. Die Solarindustrie wird noch einige Jahres länger brauchen. Aber sie wird es in drei bis fünf Jahren schaffen, mit den konventionellen Brennstoffen gleichzuziehen.
Wenn wir die Erneuerbaren weiter pushen, dann können wir stromintensive Industrien in Deutschland und Europa halten. Die jetzige Krise ist der richtige Moment für ein Umsteuern. Gesellschaft und Wirtschaft sind offen für neue Ansätze. Ganz nebenbei schafft sich Deutschland mit der Wind- und Solarbranche einen neuen Exportmotor.
Problematisch an dem Ansatz „Energie billig halten“ ist, dass man damit eben jene Industriezweige anzieht, die viel Energie, aber wenig Arbeitskraft benötigen. Früher war der Gedankengang, dass man sich für das einsetzt, was ökologisch und sozial vernünftig ist. Wenn man tatsächlich eine solche Produktion in Deutschland mit erneuerbaren Energien hinbekommt, haben sich die Zeiten geändert.
Da die Aluminiumherstellung besonders viel Energieaufwand erfordert, ist es kein Wunder, dass die Norweger mit ihrer riesigen Wasserenergieerzeugung hier aktiv sind. Es sei übrigens an den Fall erinnert, dass ein norwegisches Unternehmen ein Werk in Deutschland dicht gemacht hat, obwohl jenes profitabel war. Begründung: Es warf eben „nicht genug“ Profit ab. Das dürfte nach der reinen Lehre des Marktes („Unternehmen müssen in erster Linie Profit machen“) nicht vorkommen.
Wenn ich es richtig verstanden habe, wird Alu heute mittels Elektrolyse hergestellt und hat mit Verhüttung nichts zu tun.
Daher auch der hohe Strom- und nicht Koksbedarf. Beim Elektrolyseverfahren entsteht per se sehr viel CO2, sodass es wohl besser zu fordern wäre den Werkstoff Alu – da wo es geht – durch einen anderen zu ersetzen, statt Solarenergie dafür zu verwenden CO2 in die Umwelt zu blasen…
Und wenn es denn schon sein muss: Das Alu mit Strom aus Wasserkraft herzustellen.
Danke, Elmar
Wie sollten um schauen jeden industriellen Arbeitsplatz zu halten und den Ökologismus ein wenig zurückschrauben. Im Moment haben wir echte Probleme.
Irgendwann werden wir neue Energien haben die die jetzigen konventionellen zu Marktpreisen ablösen – aber sicher nicht in drei bis fünf Jahren.
Scheinbar schreien alle, denen es momentan nicht so richtig gut geht, nach staatlicher Hilfe. Die Milliardengewinne der Vergangenheit sind ja im Konzern verteilt.
Wenn die Alu-Branche Überkapazitäten aufgebaut hat, dass der Weltmarktpreis in einem halben Jahr um über die Hälfte sinkt, ist wohl irgenwas falsch geplant worden. Jedes Jahr 20 Prozent mehr, geht nicht auf Dauer.
Jetzt schreit man nach Staatshilfen und Strompreissubventionen (und wird sie auch wegen der Arbeitsplätze bekommen)
Ich weiß bloß nicht, wer das Ganze irgendwann mal bezahlen soll.
@Elmar: Bei der Technik, die in Neuss angewendet wird, entsteht kaum CO2.
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@Kunar und Stefan: Strom aus Erneuerbaren ist teuer, aber er wird schnell billiger als konventionelle. Durch die Krise wird dies beschleunigt. So fallen die Preise für Solarmodule schneller als erwartet, zum Teil um ein Fünftel. Good Energies, einer der größten Investoren aus dem Bereich, sieht die Rentabilität sogar innerhalb von drei Jahren in Deutschland erreicht.
Windenergie dürfte noch schneller billiger sein. Es geht also darum, eine Durststrecke zu überbrücken und diese Industrien zu halten.
@Grevenboicher: Stimmt mit den Überkapazitäten für den Moment. Grundsätzlich wächst die Nachfrage aber.