Herbert Reul in Duisburg: „Das ist eine furchtbare Tat. Die Polizei hat super gearbeitet“

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in Duisburg; Foto: Peter Ansmann
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in Duisburg; Foto: Peter Ansmann

Circa 150 Gäste fanden sich gestern Abend zum Frühlingsempfang der CDU Duisburg ein. „Stargast“ der Duisburger CDU bei der bisher größten Indoor-Veranstaltung, seit Corona vor drei Jahren Events wie dieses unmöglich machten,  war an diesem Tag Herbert Reul. Ursprünglich solle der nordrhein-westfälische Innenminister über seine Null-Toleranz-Strategie gegenüber Straftätern und kriminellen Clans referieren.

Die Cubus-Kunsthalle war gut gefüllt: Viele Gäste mussten stehen. Petra Vogt, Vorsitzende der CDU Duisburg, war über den Ansturm auf die Veranstaltung sichtlich erfreut.

Zeitlich und thematisch war der gestrige Auftritt von Herbert Reul mehr als nur passend: In der Vorwoche fand, nur 900 Meter vom Veranstaltungsort in der Cubus-Kunsthalle entfernt, der Messerangriff im John-Reed-Fitnessstudio statt.

Frühlingsempfang der CDU

Petra Vogt ging in ihrer Begrüßungsrede kurz auf den Anschlag, die Festnahme des mutmaßlichen Täters und auf die Themen Clankriminalität und Schrottimmobilien ein. Das leicht erhöhte Stresslevel im Vorfeld der Veranstaltung war der Vorsitzenden der CDU in Duisburg etwas anzumerken: Unbekannte hatten den Veranstaltungsort am Morgen den Veranstaltungsort mit Plakaten, auf dem das Konterfei von Herbert Reul und der Schriftzug „Null Toleranz für Rassisten und Umweltsünder“ zu sehen waren, verunstaltet. Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt. Eine, nach dem Vorfall kurzfristig engagierte, Sicherheitsfirma kontrollierte den Eingang des Veranstaltungsortes.

Auf diese Störung im Vorfeld der Veranstaltung ging der Innenminister des Landes NRW in seiner Rede später nur am Rande ein. Sein Thema war, wenig überraschend, die Sicherheit. Und die veränderte Sicherheitslage:

Ich will mal ein bisschen anders anfangen, aber ich komme auch gleich noch auf die Fragen, die Du angesprochen hast. 24. Februar, vor einem Jahr. Sie erinnern sich. Überfall von Putin auf die Ukraine. 

Ich fange damit an, weil ich finde, da haben viele Leute nochmal so richtig ´nen Kick gekriegt oder Klops oder einen Hinweis, dass Sicherheit irgendwo nichts Selbstverständliches ist. Ich glaube nämlich, dass wir viele Jahre geglaubt haben: Hier ist alles in Butter. Krieg gibt es woanders, im Fernsehen, aber doch nicht bei uns. Da gab es Krieg plötzlich um die Ecke, nicht bei uns, gebe ich zu, aber nah dran und die Folgen haben wir gespürt.

Außen- und Innenpolitik, äußere und innere Sicherheit, hängen immer mehr zusammen: Laut Herbert Reul, mit Blick auf Cyberangriffe – auch aus Russland – in NRW, verschmelzen diese Bereiche. 

Volker Mosblech, Thomas Mahlberg (Beide CDU Duisburg), Herbert Reul; Foto: Peter Ansmann
Volker Mosblech, Thomas Mahlberg (Beide CDU Duisburg), Herbert Reul; Foto: Peter Ansmann

„Sicherheit ist Fundament für Vieles.“

Die Botschaft von Herbert Reul an diesem Tag ist simpel: Es gibt ein Regelwerk zwischen den europäischen Staaten, das die Europäische Union zusammenhält. Und ein Regelwerk in der Bundesrepublik Deutschland: „Das nennt man demokratischer Rechtsstaat.“

Wir haben damals die Idee gehabt, das Zusammenleben der Menschen in unserem Staat regeln wir, indem wir Verabredungen treffen. Es werden Regeln erlassen. Jeder hält sich an die Regeln. Wer sich nicht daran hält, kriegt. So einfach ist das. Und die Regeln macht nicht der liebe Gott, die macht nicht irgendeine Partei oder Herr Putin oder ein Diktator, wie früher mal bei uns. Sondern die Regeln machen, die wir wählen, Parlamente. Und auf gut Deutsch: Wenn uns die Regeln nicht passen, können wir die Typen wieder abwählen. Das mit den Typen nehme ich zurück, also die Damen und Herren, die im Parlament sind, so Leute wie mich. Die kann man natürlich in der Zeit abwählen. Alle fünf Jahre, alle vier Jahre, tauscht man die aus.

Seine Marschroute als Innenminister fasste der Innenminister von NRW lapidar in zwei Sätzen zusammen: „Für uns gilt das mit dem Regelwerk. Wer sich nicht an die Regeln hält, kriegt ein Problem.“

Clan-Kriminalität

Kritik an den Regierungsparteien in NRW der letzten Jahrzehnte, auch an der eigenen Partei, äußerte Herbert Reul bei der Analyse zur Clan-Kriminalität in Duisburg:

30 Jahre lang leben hier Menschen. Keiner hat sich um die gekümmert, das muss man mal dazu sagen. Egal welche Partei. Die haben das alles laufen lassen. Dann haben die sich selbst was einfallen lassen und haben gesagt: „Wir wollen hier fröhlich und gut leben. Wir haben eine eigene Substruktur entwickelt.“ Die haben ihre eigenen Regeln gefunden. Und die Menschen im Ruhrgebiet haben gesagt: „Hier stimmt was nicht.“ Dann hat die Politik nichts gemacht. Jahrzehntelang. Warum eigentlich? Es ist relativ einfach: Leute, die sich nicht an die Regeln halten, um die muss man sich kümmern. Was wir gemacht haben war einfach nur: Ich hab gesagt die Leute haben Recht. Es gibt ein Problem.

Selbstkritische Worte hörte man von Herbert Reul bei der eigenen Bewertung seines Konzeptes zur Bekämpfung von Clan-Kriminalität:

Ich weiß, dass die Gefahr bei diesem Konzept besteht, dass wir Menschen stigmatisieren, ja wollen und mir tut es auch saumäßig leid, dass ich einzelne aus diesem Familien-Clans, die nichts damit zu tun haben, auch in dem Ort bringen, und es gibt junge Leute, die wollen einen Ausbildungsplatz haben heißen naja, XYZ, und dann sagt jemand zu denen. „Sie kommen mit dem Namen, das lassen wir jetzt.“

Das heißt, ich bin mitschuldig daran, das gebe ich zu, aber wenn wir das nicht machen, werden das Problem nicht lösen. Das hab ich begriffen. Es gibt keinen Weg, wenn man einen besseren nennt, mach ich. Aber ich glaube, es gibt keinen anderen Weg, als Probleme nennen und dann anfangen zu arbeiten.

Erfolge bringt dieses Konzept der Schritt-für-Schritt-Vorgehensweise. Das Ziel sind dabei die „großen Fische“ und ihr Geld: Ein Call-Center in der Türkei, von dem aus Senioren abgezockt wurden, konnte ausgehoben werden. Ein Drogenring wurde zerschlagen. An schnelle Lösungen glaubt Herbert Reul nicht. Auch nicht an ein schnelles Ende von kriminellen Clans. Es geht darum, den kriminellen Handlungsspielraum einzuschränken.  „Man muss da dran bleiben!„. Fortschritte sieht Herbert Reul: „Jungs aus dem Clanmilieu gehen gegenüber Polizisten anders um. Der Umgang hat sich ein kleines wenig verändert. Ein bißchen sind wir vorangekommen.

Petra Vogt, Innenminister Herbert Reul, Dennis Schleß; Foto: Peter Ansmann
Petra Vogt, Innenminister Herbert Reul, Dennis Schleß; Foto: Peter Ansmann

Der Clou des Rechtsstaats

Eine klare Linie und Umsetzung des geltenden Rechts verfolgt Herbert Reul auch bei den aktuellen Protestformen von selbsternannten Klimarettern die sich mit Vorliebe auf Straßen kleben. Das dieses Regelwerk für alle gilt und man, wenn man mit diesem Regelwerk nicht einverstanden ist, Einfluss ausüben muss um das Regelwerk zu ändern, machte er am Beispiel der Steuergesetzgebung deutlich. Die Ausführungen sorgten für einige Erheiterung bei den Zuhörern:

Null-Toleranz. Konsequentes Einbinden der Regeln und immer dann, wenn man einen erwischt, auch sagen „Jetzt gibt es leider ein Problem.“ Ist dann so. Muss man durch. Gilt übrigens auch, nur um die Palette vollständig zu machen, wenn Menschen unterwegs sind, die sagen, das mit der Steuergesetzgebung ist das allerletzte, ist ja unmöglich. Wie viel Steuern ich bezahlen muss, da muss ich mir was einfallen lassen. Nee. Ich kann mir einfallen lassen mit den Politikern im Bundestag zu reden, dass die Gesetze geändert werden. Aber ich kann mir nicht einfallen lassen, das zu umgehen. Das nennt man Steuerbetrug (Lacher im Publikum!) und das gibt Ärger und zwar egal wer. Ich meine das ist so, wenn man CDU-Kreisen die Geschichte erzählt: An dem Punkt wird meist ein bisschen ruhiger (Viele Lacher im Publikum!), weil alle denken. Vergiss nicht, ich meine das gar nicht böse, sondern einfach. Das Wichtige ist, die Anwendung des Rechts gilt für alle, gilt für jeden. Inländer Ausländer, Frauen, Männer, junge, alte. Und wenn man darauf Konsens hat, dann funktioniert das mit der Sicherheit und den inneren Frieden.

Herbert Reul: "Wir haben höchstwahrscheinlich den Täter." Foto: Peter Ansmann
Herbert Reul: „Wir haben höchstwahrscheinlich den Täter.“ Foto: Peter Ansmann

Herbert Reul zum Messerattentat in Duisburg

Am Ende seiner Rede griff Herbert Reul nochmal das Stichwort „Messerattacke“ aus der Eröffnungsrede von Petra Vogt auf. Viel Lob für die Polizei, die schnell gearbeitet und den mutmaßlichen Täter ermittelt hat. Zur schnellen Ergreifung des mutmaßlichen Täters führten, laut Herbert Reul, die Aufnahmen von Überwachungskameras aus der Umgebung des Tatortes.

Zu Duisburg kann man nur sagen: Das ist eine furchtbare Tat. Die Polizei hat super gearbeitet, weil wir haben ihn, sehr wahrscheinlich. Jetzt weiß jeder hier, was passiert sein könnte. Und was dahinter steckt. Ich bin da vorsichtig geworden in meinen 56 Jahren jetzt. Weil: Lass die mal sorgfältig ermitteln, da braucht man auch Zeit für. Am Anfang haben wir gedacht, das wäre eine Amoklage, dann haben wir gedacht: Nein, ist vielleicht doch nicht, weil es sah so aus, dass der ganz gezielt auf einen Menschen zugelaufen ist. Ein Amoktäter läuft rein und säbelt alles um, was er kriegt. Und beim Rausgehen auch noch mal.

Jetzt wissen wir aufgrund von Daten, die sofort gefunden worden ist, also Texte und Bilder, dass er zumindest mit den islamistischen Hintergrund irgendwas zu tun hat.

Aber ob der dann auch schon ein Überzeugungstäter oder das Zeug nur da rumliegen hatte, weiß man damit auch noch nicht.

Deswegen kann ich nur sagen: Vorsicht an der Bahnsteigkante, jetzt lass mal die Polizei und die Staatsanwaltschaft sauber ermitteln. Man muss manchmal, also ich wiederhole mich, aber mir fällt immer schwer Geduld zu haben. Man muss Geduld lassen, damit die in Ruhe ermitteln. Es muss nämlich nachher auch passen.

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