Herr der Fliegen

Damien Hirst Foto: Andrew Russeth Lizenz: CC BY-SA 2.0

Lebewesen sind Lebewesen. Hund, Pferd, Katze, Maus, Fliege. Manche behaupten, der Affe stamme vom Mensch ab. Lebewesen stehen unter Schutz. Eigentlich. Von unserem Gastautor Olaf Müller.

Jäger und Förster helfen das Gleichgewicht zu erhalten. Vegetarier sind aus vielen Gründen Vegetarier. Auch zum Wohl der Tiere. Im Zirkus möchten viele Menschen keine Tiere mehr sehen. Bei einem Reitturnier oder Dressurreiten schon. Dabei erinnert mich das Dressurreiten an die dressierten Pferde im Zirkus. Im Bauernhof meiner Kindheit hing stets ein Fliegenfänger von der Decke. Zu viele Fliegen wären sonst in der Küche gewesen. Dort köchelte stets das Essen für Bauer, Knechte, Familie, die seit vier Uhr auf den Beinen waren.

Fliegen in einem Museum, Kunstmuseum Wolfsburg, von der gemeinnützigen Kunststiftung Volkswagen finanziert, und dort in einem sogenannten Kunstwerk zu verbrennen, hat etwas Heidnisches: Opfergabe für ein hehres Ziel. Das aus dem Depot hervorgeholte „Kunstwerk“ des britischen Künstlers Damien Hirst spielt, wie so viele andere Werke von ihm, mit Tieren: allerdings ein tödliches Spiel. Berühmt ist sein in Formaldehyd eingelegter Tigerhai. Warum wurde im Jahre 2022 dieses Kunstwerk als sehenswert präsentiert? Ein Geisterbahnschockmoment für die Besucher auf Kosten der Kreatur? Weil Insekten nachts an heißen Lichtquellen sterben, so die Begründung. Die hohen Priester, Künstler und Museumsdirektor, machen nichts anderes, als die Kinder in Sam Peckinpahs Western „The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz“ (1969) sofort in der Eingangssequenz: sie quälen die Tiere sinnlos, aber mit ästhetisch legitimierter Freude. Da schauen selbst die vorbeireitenden Outlaws William Holden und Ernest Borgnine erschüttert und angewidert zu. In Wolfsburg gab es eine Verwarnung des Veterinäramtes. Wie die Beamten schauten, ist nicht bekannt.

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Werntreu Golmeran
Werntreu Golmeran
2 Jahre zuvor

„Die hohen Priester, Künstler und Museumsdirektor, machen nichts anderes, als die Kinder in Sam Peckinpahs Western „The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz“ (1969) sofort in der Eingangssequenz: sie quälen die Tiere sinnlos, aber mit ästhetisch legitimierter Freude.“

Das machen auch fast alle Gartenfreunde, vor allem Rosenzüchter, wenn sie mit ihrem „ökologischen“ Seifen- oder Brennesselsud gegen Blattläuse spritzen. Vielleicht eher angewiedert, aber auch mit „ästhetisch legitimierter Freude“ an ihren Blumen.

Was mich auch wundert ist der Umstand, dass bei den Ruhrbaronen doch sonst immer das Hohelied des Wachstums gesungen wird, und nun ein so erfolgreicher Geschäftsmann, wie Damien Hirt infrage gestellt wird.

Ein „normaler“ Bauer investiert derzeit pro Tier etwa 120,–Euro in die Aufzucht eines Schweines und erzielt wenn er Glück hat und keinen Verlust mahen muss, den selben Betrag beim Verkauf. Der Gewinn, d. h. der Beitrag zum Wirtschaftswachstumg ist in diesem Fall sehr überschaubar.

Herr Hirst hat den ersten Hai seinerzeit für 6.000 Pfund Sterling gekauft und mit Bassin, Formaldehyd und Präparation betrug der Herstellungspreis für das „Kunstwerk“ ca. 50.000,– Pfund Sterling. Verkauft wurde das Werk für einen Preis zwischen 8 und 12 Millionen Dollar. Das ist in unserer Welt des „wertfreien Wachstums“ ein ziemlich guter Beitrag zum Bruttosozialprodukt.

https://www.dailyartmagazine.com/story-damien-hirst-shark/

Ich habe den „Shark“ 1999 in Berlin gesehen und finde er ist – egal wie man zum Werk und/oder zum Künstler Hirst steht – eine Ikone der Moderne, was man schon daran ablesen kann, dass man auch noch 31 Jahre nach seiner Entstehung darüber streitet.

Schade ist lediglich, dass die Diskussion, heutzutage, wie im hiesigen Artikel, relativ an der Oberfläche schwimmt. Etwas differenzierter aber mit ählich kulturpessimistischen Credo kann man die Kritik an der „verfallenden Kulturszene“ bereits anlässlich der Ausstellung 1999 im Hamburger Bahnhof bei Ihren „Kollegen“ der World Socialist Web Site lesen, die damals schrieben:

„…Die Probleme, die diese Ausstellung aufwirft, kommen nicht aus heiterem Himmel. Sie sind das Ergebnis eines lang hingezogenen Verfallsprozesses in der bildenden Kunst der hochentwickelten Länder, dessen verschiedene Stadien während des vergangenen halben Jahrhunderts aufzuspüren sind und aufgespürt werden müssen….“

https://www.wsws.org/de/articles/1999/11/sens-n03.html

Erinnert mich alles irgendwie an Oswald Spenglers „Der Untergang des Abendlandes“

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