„Herr Justizminister, machen Sie sich ehrlich beim Selbstbestimmungsgesetz“

Dr. Marco Buschmann (FDP), Foto: Roland W. Waniek

Zurzeit berät der Bundestag über das Selbstbestimmungsgesetz. Es ist postmodernes Ideologie in Recht gegossen.  Die feministische Initiative „Geschlecht zählt“ kritisiert das Vorhaben der Ampel-Koalition und hat sich nun mit einem offenen Brief an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) gewandt:  

Sehr geehrter Herr Bundesminister,

anlässlich der ersten Lesung des sog. Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG) am 15. November 2023 im Bundestag sah sich Ihr Haus veranlasst, noch einmal die aus Ihrer Sicht „wichtigsten Fragen zu dem Gesetzentwurf“ zu beantworten, und zwar in der Online-Veröffentlichung „Selbstbestimmungsgesetz – Fragen und Antworten“.

Sie persönlich betonen darin: „Mit der Kraft des guten Arguments lassen sich die Vorbehalte entkräften, die manche noch gegen das Selbstbestimmungsgesetz hegen.“

Fakt ist: Es sind nicht nur „manche“, die Vorbehalte gegen das sog. SBGG hegen. Die allermeisten Menschen, die von diesem Gesetz und seinen Auswirkungen erfahren, sind strikt dagegen.

BefürworterInnen des SBGG finden sich vor allem in den Organisationen, die nachweislich von der finanziellen Förderung durch die Regierung abhängen und deshalb als deren Sprachrohr agieren (müssen), z. B. im Deutschen Frauenrat. Mit dabei sind auch Organisationen und Personen aus den Berufsgruppen, die hoffen, vom SBGG zu profitieren, wie MedizinerInnen oder JuristInnen.

Die Antworten in der Veröffentlichung Ihres Hauses zielen nicht darauf ab, Vorbehalte zu entkräften, im Gegenteil. Wider besseres Wissen werden darin lediglich die Falschaussagen und Halb­wahr­heiten wiederholt, die seit Bekanntgabe des Eckpunktepapiers zum SBGG kommuniziert werden.

Das Wesentliche zum sog. Selbstbestimmungsgesetz wird weiterhin aktiv verschwiegen.

Die bundesweite Initiative Geschlecht zählt fordert Sie deshalb auf:

Nutzen Sie die „Kraft des guten Arguments“ und stoppen Sie das SBGG!

Beantworten Sie dazu die wesentlichen „wichtigsten Fragen“ aus der Veröffentlichung Ihres Hauses einfach ehrlich. Im Anhang finden Sie eine Hilfestellung dazu.

Sehr geehrter Herr Minister, nicht nur Frauen, Eltern und all die Personen, die als „Nazis“ und Schlimmeres diffamiert werden, wenn sie sich kritisch zum geplanten SBGG äußern, würden Ihnen dafür Respekt zollen. Auch die Wählerschaft, die Ihrer Partei gerade in Landtagswahlen und Umfragewerten die tiefrote Karte zeigt, würde das sicher belohnen.

Haben Sie Mut, machen Sie sich ehrlich.

Mit freundlichen Grüßen
Hilde Schwathe
– für die Initiative Geschlecht zählt –

„Wichtigste Fragen“[1] des BMJ zum SBGG-Entwurf
und was ehrliche Antworten darauf wären

Was soll sich durch das SBGG ändern?
Die ehrliche Antwort wäre:

  1. Mit dem sog. SBGG soll ein Paradigmenwechsel in unserem Rechts- und Gesellschaftssystem herbeigeführt werden: Nicht mehr das objektiv bestimmbare körperlich-biologische Geschlecht soll ausschlaggebend dafür sein, wer rechtlich als weiblich oder männlich gilt, sondern ein individuelles Gefühl, die „Geschlechtsidentität“. Dafür muss die juristische Kategorie Geschlecht neu definiert werden als „Geschlechtsidentität“.[2]

    Dieser Bedeutungswechsel von Geschlecht ist die Voraussetzung dafür, dass die Forderung von Transgender-Rechtsaktivisten erfüllt wird und Transgender- und „non-binäre“ Personen, anders als im Transsexuellengesetz (TSG) geregelt, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen im Personenstand „einfach“ per Sprechakt beim Standesamt ändern können.

  2. Mit der bewusst irreführenden Bezeichnung „Geschlechtsidentität“ wird verschleiert, dass damit das ideologische Konzept Gender Identity[3] der Transgender-Rechtsbewegung in unser Rechtssystem eingeschleust werden soll. Gender Identity ist eine geschlechtsverleugnende, auf Geschlechterklischees aufbauende Theorie. Sie ist das Fundament von „Gender Self Identification Laws“ (Self-ID), wie sog. Selbstbestimmungsgesetze international heißen.[4] Mit diesen Gesetzen soll durchgesetzt werden, dass jede Person ihre amtlich dokumentierte „Geschlechtszugehörigkeit“ selbst bestimmen kann.

Was wird nicht geregelt?
Die ehrliche Antwort wäre:

Im Unterschied zu den Gesetzentwürfen für ein „Selbstbestimmungsgesetz“ von 2020, die im Mai 2021 im Bundestag abgelehnt wurden, regelt der aktuelle Entwurf die geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen nicht mehr. Damit wird nun eine der zentralen Empfehlungen aus dem sog. IGLYO-Dentons-Papier[5], dem Strategiepapier der Transgender-Rechtsbewegung, befolgt: „Entmedikalisieren Sie die Kampagne.“

In dieser Handreichung werden juristisch fundiert Ratschläge gegeben, wie ein solches Gesetz unter dem Radar der Öffentlichkeit durchgebracht und Gesetzestexte so formuliert werden können, dass auch Kinder mit einbezogen und Eltern das Mitspracherecht entzogen werden kann. So wird sichergestellt, dass die soziale Transition Kinder und Jugendliche über Pubertätsblocker direkt auf die OP-Tische der Genderkliniken führen kann, wenn ihr Körper nicht mehr zum geänderten Geschlechtseintrag und dem neuen Vornamen passt.

Die Regelung zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen wurde an das Bundesgesundheitsministerium ausgelagert. Dort soll mit einem neuen Krankenkassengesetz das Medizinrecht so interpretiert werden, dass medizinische Eingriffe in gesunde Körper von der Solidargemeinschaft, das heißt von den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen, bezahlt werden.[6]

Weshalb soll die Änderung des Geschlechtseintrags erleichtert werden?
Die ehrliche Antwort wäre:

Die Änderung des Geschlechtseintrags soll erleichtert werden, um damit die Forderung von Transgender- und sog. non-binären Personen zu erfüllen. Diese Minderheit von weniger als einem Prozent der Bevölkerung fordert, ihren Geschlechtseintrag im Personenstand hürdenlos und willkürlich, „einfach“ per Sprechakt aufgrund einer gefühlten „Geschlechtsidentität“ ändern zu können.

Es gibt kein Rechtsschutzinteresse der Gesellschaft, den Geschlechtseintrag willkürlich ändern zu können.

Transsexuelle und intergeschlechtliche Personen können ihren Geschlechtseintrag bereits jetzt schon unter den klar definierten Bedingungen im Transsexuellengesetz (TSG) ändern. Sie werden lediglich instrumentalisiert, um die (abstruse) Forderung der Transgender-Rechtsaktivisten zu verschleiern. Dafür werden sex und gender, also biologisches Geschlecht und sozial/kulturell klischeehaft konstruierte Geschlechtsrollen sprachlich manipulativ gleichgesetzt und suggeriert, es gäbe eine homogene Gruppe „transgeschlechtlicher“ Personen, die es de facto nicht gibt.

Die meisten transsexuellen Menschen lehnen sowohl die Forderung der Transgender-Rechtsaktivisten als auch das sog. SBGG explizit ab.[7]

Welche Geschlechtseinträge soll es geben?
Die ehrliche Antwort wäre:

Es soll zwar weiterhin nur die Einträge „männlich“, „weiblich“ „divers“ und „ohne Eintrag“ geben. Sogenannten non-binären Personen bieten jedoch die Einträge „divers“ und „ohne Eintrag“ die Möglichkeit, eine der ca. 70 „Genderidentitäten“, die es im LGBTIQ*-Spektrum inzwischen gibt, als ein amtlich dokumentiertes Merkmal in das Personenstandsrecht einzuführen. Dazu zählen neben „agender“, „genderfluid“ usw. auch diverse Fetische und Paraphilien, und je nach Strömung der Bewegung auch Exhibitionismus, Pädophilie, Sodomie oder Sadomasochismus (BDSM).[8]

Was folgt aus dem SBGG für die Vertragsfreiheit, das private Hausrecht und für den Zugang zu geschützten Räumlichkeiten?
Die ehrliche Antwort wäre:

Das BMJ vertritt, dass ein „bestimmter Geschlechtseintrag keinen Anspruch auf Zugang zu geschützten Räumen vermittelt“ und „eine Zurückweisung speziell von transgeschlechtlichen Personen allein aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität“ unzulässig sei. Mit der betreffenden Regelung im SBGG würden die Schutzräume für Frauen und Mädchen jedoch willkürlich vernichtet.

Der Geschlechtseintrag „weiblich“ im Personenstand erfolgt für Frauen, also weibliche Personen, aufgrund ihres Geschlechts und nicht aufgrund einer „Genderidentität“. Frei- und Schutzräume wurden für Frauen geschaffen, also für Personen mit diesem Geschlechtseintrag, um sie vor männlicher Dominanz und sexualisierten Übergriffen zu schützen. Dazu ist der Staat rechtlich verpflichtet.

Mit dem Verweis auf das Hausrecht entzieht er sich dieser Verpflichtung und wälzt die Verantwortung auf die Leiter/innen und Betreiber/innen der Einrichtungen ab. Staatlich geförderte Frauenschutz-Einrichtungen riskierten ihre weitere Finanzierung, verweigerten sie männlichen Personen mit weiblichem Geschlechtseintrag den Zutritt.
Allein dass sich männliche Personen z.B. in einem Frauenhaus aufhalten könnten, macht es durch Männergewalt traumatisierten Frauen unmöglich, dorthin mit ihren Kindern zu fliehen, um Schutz zu suchen.[9] Ein solches „Frauenhaus“ ist keines für Frauen mehr.

Gleiches gilt für separierte Frauenzimmer bzw. -abteilungen in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen für Geflüchtete.

Welche rechtlichen Folgen soll ein geänderter Geschlechtseintrag für Quotenregelungen haben?
Die ehrliche Antwort wäre:

Die Quotenregelung, um die es im sog. SBGG geht, ist nicht nur eine Regel, „die für ein Gremium oder ein Organ eine Mindestanzahl oder einen Mindestanteil von Personen eines Geschlechts“ vorschreibt, sondern vor allem ein gleichstellungspolitisches Instrument zur Frauenförderung. Dabei geht es um die Förderung von Personen weiblichen Geschlechts und nicht von Männern, die behaupten, Frauen zu sein.

Der Missbrauch dieser Frauenfördermaßnahme wird mit dem Fall des Bundestagsabgeordneten Markus (Tessa) Ganserer bereits par excellence demonstriert.[10] Deutlich wird an diesem Fall auch, dass geschlechtsspezifische Statistiken verfälscht werden, wenn Männer, die behaupten Frauen zu sein, als weibliche Personen erfasst werden.

Welche Regelung ist in Bezug auf die Offenbarung früherer Geschlechtseinträge und Vornamen vorgesehen?
Die ehrliche Antwort wäre:

Das sog. strafbewehrte Offenbarungsverbot soll als „Schutz gegen ein Zwangs-Outing“ dienen: „Frühere Geschlechtseinträge sollen ohne Zustimmung der betreffenden Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden.“

Damit soll die Gesellschaft gezwungen werden, die Realität zu leugnen, selbst wenn sich diese Realität i.d.R. selbst offenbart und folglich gar nichts mehr „ausgeforscht“ werden muss. Physiognomische Merkmale einer Person werden auch per Gesetz und durch körpermodifizierende Maßnahmen nicht ausgelöscht. Allein die Benennung solch offensichtlicher Tatsachen soll mit hohem Bußgeld geahndet werden können. Dass der Gesetzgeber damit die Sicherheit von Frauen und Mädchen riskiert, wird wider besseres Wissen geleugnet.

Das bedeutet: Mit dem strafbewehrten Offenbarungsverbot geht es offensichtlich darum, Männer, die behaupten, Frauen zu sein, um jeden Preis als „Frauen“ anzuerkennen, vermeintlich um ihre Würde zu wahren.

Wie weit solche Männer ihrerseits zum Beispiel die Würde des Deutschen Bundestags achten, offenbarte sich bei der Anhörung zum sog. SBGG am 28. November 2023, als der Abgeordnete Ganserer diese Würde durch seinen obszönen Auftritt im komplett durchsichtigen Negligé beschädigte.[11]

Weitere Informationen zum sog. Selbstbestimmungsgesetz und zu seinen Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft, vor allem aber auf Frauen und Mädchen, bietet die Website von Geschlecht zählt.


Anmerkungen

[1] https://www.bmj.de/DE/themen/gesellschaft_familie/queeres_leben/selbstbestimmung/faq_selbstbestimmung/. | 

[2] Rechtsgutachten zum SBGG-E der Anwälte Jacob und Märker: https://www.rechtsgutachtensbgg.de/ | 

[3] „Gender identity is understood to refer to each person’s deeply felt internal and individual experience of gender, which may or may not correspond with the sex assigned at birth, including the personal sense of the body (which may involve, if freely chosen, modification of bodily appearance or function by medical, surgical or other means) and other expressions of gender, including dress, speech and mannerisms.“ http://yogyakartaprinciples.org/wp-content/uploads/2016/08/principles_en.pdf, S. 6. | 

[4] Stellungnahme von Geschlecht zählt zum SBGG-Entwurf: https://geschlecht-zaehlt.de/wp-content/uploads/2023/05/Geschlecht-zaehlt_Stellungnahme-zum-SBGG-RefE.pdf | 

[5] Das IGLYO-Dentons-Papier, https://geschlecht-zaehlt.de/informationen/strategien/#Das_Iglyo-Dentons-Papier | 

[6] Identitätspolitik im Medizinrecht. Wie begründet die Regierung ihr neues Krankenkassen-Gesetz?, https://geschlecht-zaehlt.de/identitaetspolitik-im-medizinrecht/ | 

[7] EMMA: „Ein Penis ist ein männliches Genital“, https://www.emma.de/artikel/ein-penis-ist-ein-maennliches-genital-339833 | 

[8] Sexuelle Identität ins Grundgesetz? Was die Forderung mit dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz zu tun hat, https://geschlecht-zaehlt.de/sexuelle-identitaet-ins-grundgesetz/ | 

[9] Frauen gegen Frauen statt Frauen helfen Frauen. Die Frauenhauskoordinierung und der Deutsche Frauenrat als Sprachrohr der Regierung, https://geschlecht-zaehlt.de/frauen-gegen-frauen-statt-frauen-helfen-frauen/ | 

[10] Wahl 2021: Frauen erheben Einspruch. Im Parlament sitzt ein Mann, dem das Mandat nicht zusteht, https://geschlecht-zaehlt.de/wahl-2021-frauen-erheben-einspruch/ | 

[11] Transgender Germany: „Wir distanzieren uns in aller Deutlichkeit von Tessa Ganserer!“, https://m.facebook.com/story.php/?id=100063970698003&story_fbid=758260022983014 | 

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