Auf Antrag der CDU-Fraktion gab es heute im Landtag NRW eine Aktuelle Stunde mit der vielsagenden Fragestellung, die fast wie ein Antwort klingt: „Polizisten in Dortmund von Linksautonomen mit Chemikalien angegriffen?“ Aber gibt es handfeste Beweise, dass es sich bei den Angreifern um „Linksautonome“ gehandelt hat? Der mündliche Bericht der Polizei im Landtag heute, lässt diesen Schluss jedenfalls nicht unbedingt zu. Solange die Straftäter aber nicht bekannt sind und die Straftaten nicht ermittelt und bewiesen wurden, sollte man von einer Vorverurteilung und Zuordnung der Gewalttäter zu einer bestimmten politischen Gruppe absehen. Auch hier gilt – im Zweifel für den Angeklagten.
Die CDU-Fraktion bezog sich in ihrem Antrag auf die Berichterstattung zu der Nazi-Kundgebung am 23. August 2014 und auf die Pressemitteilung der Polizei. In der Presseerklärung und den Medienberichten heißt es, dass 13 Polizisten am vergangenen Wochenende in Dortmund bei Gegendemonstrationen mit Chemikalien verletzt wurden. Die Straftaten wurde eindeutig „Linksautonomen“ zugeordnet. Die CDU wollte heute mehr dazu wissen, sehr aufschlussreich waren aber die Ausführungen gegenüber den Innenausschussmitgliedern offensichtlich nicht.
Für Verena Schäffer, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag und Sprecherin für Innenpolitik, war der Antrag der CDU nicht ganz uneigennützig – sie hat aber „vergeblich versucht, DemonstrantInnen gegen die rechtsextremistische Kundgebung pauschal zu diffamieren.“
Die Diskussion zum Bericht war einigermaßen sachlich, meint Schäffer. Und weiter: „Dem Innenausschuss wurde berichtet, dass es insgesamt 25 Strafverfahren, davon 16 gegen „Links“ und 8 gegen „Rechts“ gegeben habe. Ein Verfahren sei noch nicht zugeordnet worden. Erläutert wurde auch, dass 13 Polizisten von so genannten Linksautonomen mit einer unbekannten, „gelblichen Chemikalie“ besprüht bzw. beworfen worden sind. Laut des mündlichen Berichtes kam es danach zu Rötungen und Juckreiz auf der Haut – die betroffenen Polizeibeamten wurden vor Ort ambulant behandelt.“
Das Gewalt gegen Polizisten in Form eines Chemikalienangriffes abzulehnen ist, versteht sich von selbst. Die Grünen machten im Ausschuss darüber hinaus deutlich, dass zudem „gewalttätige Übergriffe dem Anliegen friedlicher DemonstrantInnen gegen Rechtsextremismus schadet.“ Das Bündnis BlockaDo fühlt sich zu Unrecht pauschal als Gewalttäter verurteilt. Gegen 23 Teilnehmer der Blockade laufen Ermittlungen, obwohl die Blockade friedlich verlief. Das parteiübergreifende Bündnis zweifelt die Pressemitteilung der Polizei an und fordert neben Beweisen für den Angriff mit ätzenden Flüssigkeiten, die Aufklärung über die genauen Umstände des Vorgangs. BlockaDO-Sprecherin Iris Bernert-Leushacke sagte: “Wir haben nichts von so einem Vorfall mitbekommen, und müssen derzeit davon ausgehen, dass es sich um eine Behauptung der Polizei handelt, die keinen realen Hintergrund hat.”
Nach der noch etwas dürftigen Berichterstattung im Landtag stellt sich nun die Frage, wie genau man „Linksautonome“ definiert und wen man konkret dazu zählt. Verena Schäffer hakte daher nach, ob bekannt sei, wer genau die Straftäter gewesen seien. Doch offensichtlich konnte der vortragend Abteilungsleiter der Polizei ihre Fragen nicht ausreichend beantworten, die Tätergruppe konnte nicht eindeutig verifiziert werden. Schäffer ist damit nicht zufrieden: „Die Vertreter des Innenministeriums haben in ihren Ausführungen nicht dargestellt, welcher konkreten Gruppierung bzw. welchem Bündnis die oder der Täter zugehörig ist. Da der Bericht nur mündlich erfolgte, haben sich die Abgeordneten im Ausschuss darauf verständigt, den Bericht in schriftlicher Form anzufordern, um den Einsatzablauf anhand der schriftlichen Ausführungen besser nachvollziehen zu können.“
Ein schriftlichen Bericht vom Innenministerium zu dem Einsatz in Dortmund wird den Abgeordneten noch nachgereicht, der auch die pauschal verurteilten Gegendemonstranten interessieren wird. Kann man nur hoffen, dass dieser mehr zur Aufklärung beiträgt und auch etwas Selbstkritik zur Polizeistrategie enthält.
Warum bekommt man bloß den Eindruck, dass Dortmunder Einsatzkräfte noch nicht mal mehr Verkehrsunfälle richtig protokollieren könnten, wenn sie müssten? Ist dieser Eindruck evt. von Führungskräften genau so gewollt?
Letzten Samstag konnte man hier bei den Ruhrbaronen unter dem Titel „Ein Kessel Buntes, Liveticker zu den Demonstrationen in Dortmund“ folgendes lesen:
„18.20 Uhr: Unschön. Offenbar aus Reihen der linken Demonstranten wurden nach Polizeiangaben 13 Beamte durch eine “ätzende Chemikalie” verletzt. Der Vorfall ereignete sich im Gerangel, welches sich vor einigen Stunden an der Kampstraße abspielte.“
Worin besteht denn jetzt der Unterschied zwischen den Einschätzungen der CDU im Landtag und der Autorengruppe der Ruhrbarone und wenn es einen solchen geben sollte, wieso ist er diese Aussage von Samstag nie richtig gestellt worden?
Das bei der Polizei Dortmund einiges im Argen ist, möchte ich gar nicht bestreiten, aber das niemand aus dem Umfeld derjenigen, die für das Sprühen der Chemikalie verantwortlich sind, die Zusammenhänge aufklärt, finde ich ebenfalls sehr grenzwertig.
@derder: Wir zitieren die Pressemitteilung der Polizei, zeigen durch „nach Polizeiangaben“ dass wir das nicht haben und rekurrieren nicht bei politischen Forderungen auf dieses Ereignis.
Links anne Ruhr (29.08.2014)…
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