Über zwei Stunden diskutierten Verleger – unter anderem Axel-Springer-Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner, Julia Jäkel, Mitglied des Vorstandes bei Gruner + Jahr und Christan Nienhaus, Geschäftsführer WAZ-Mediengruppe bei einem Fachgespräch des Bundestagsausschuss für Kultur und Medien über die Krise der Verlage. Ab 1.43 geht es auch um dieses Blog. Zur Klärung einiger im Ausschuss gemachten Aussagen über uns: Bei diesem Blog schreibt kein ehemaliger WAZ-Redakteur, wir sind, im Gegensatz zu Wir in NRW und dem Peerblog, unabhängig und inhaltlich und ,was unsere politische Positionierung betrifft, breit aufgestellt. Zum Thema Leistungsschutzrecht: Ich zumindest sehe darin für uns keine Bedrohung. Mehr zu dem Thema später, wenn ich mir die ganze Aufzeichnung angeschaut habe.
Update:
Fast alles was die Vertreter der Verlage auf der Sitzung gesagt haben, würde ich unterschreiben: Die Situation der Medien ist dramatisch, Papier wird in Zukunft kaum noch eine Rolle spielen (Döpfner), Subventionen würden die Zeitungen träge und faul machen und die EU sollte keine weiteren Werbebeschränkungen erlassen (Esser, Zeit-Verlag). Julia Jäckel hat natürlich recht wenn sie sagt, dass es keine journalistische Unabhängigkeit ohne wirtschaftliche Unabhängigkeit gibt und Störer auf Autoanzeigen – vergleichbar denen auf Zigarettenwerbung – kann sich nur ein von ökologischem Sendungsbewusstsein erfülltes Bürokratenhirn einfallen lassen und es war gut, das Nienhaus darauf hingewiesen hat, dass Staatskonzerne wie Post und Telekom den Medien im Beilagengeschäft politisch geduldet Konkurrenz machen dürfen und dass die öffentlich-rechtlichen Sender online keine Zeitung machen sollten. Weicherts vier Säulen sind zum teil in Ordnung: Der Markt muss das wichtigste Element sein, ich halte Genossenschaften noch für ein Modell. Von der von ihm gelobten Eumann-Stiftung halte ich nichts. Gemeinnützigkeit des Journalismus wäre noch ein wichtiger Punkt gewesen und Crowfunding halte ich weitgehend für ein Produkt der Hip-Phantasie. Es kann einen kleinen, wichtige Beitrag leisten, wird allerdings nie eine wichtige Finanzierungssäule sein. Und die Beteiligung der klassischen Medien an den heutigen TV-Gebühren? Wie man die Verteilung dieser Gelder staatsfern und in einer Wettbewerbssituation organisieren will, kann ich mir nicht vorstellen.
Was ich vermisst habe: Die Trennung von Medium und Werbung ist eine historische Zäsur, das hätte zumindest mal gesagt werden können, denn sie ist der Grund der webbrechenden Werbeeinnahmen. Ich weiß nicht, ob das allen Politikern klar ist. Auch ein Problem ist Schleichwerbung. Kunden verlangen von uns, dass wir ihre Scripted-Posts nicht als Anzeige oder Werbung kennzeichnen. Wir tun das trotzdem und verlieren damit Geld. Andere tun das nicht – wenn es sinnvolle Regeln gibt, und die Kennzeichnung von Werbung als Werbung ist eine, müssen sie auch durchgesetzt werden. Schleichwerbung ist kein Problem des Internets, aber es ist ein Problem.
Dass die Verlage auf das Leistungsschutzrecht pochen, kann ich übrigens verstehen, ob es in der jetzigen Form sinnvoll ist, muss man abwarten, aber für Blogs wie unseren ist es kein Problem. Das andere Geld mit Inhalten verdienen, die sie ohne jeden redaktionellen Aufwand gemixt und mit Werbung ohne Aufwand neu zusammenstellen ist für mich keine unterstützenswerte Geschäftsidee. Das Angebot von meinestadt.de, unsere Inhalte dort einzuspielen, haben wir dann auch abgelehnt – aus genau diesem Grund. Immerhin: Wir wurden gefragt und nicht einfach eingespielt – meinestadt.de gehört Springer und dort hält man sich offenbar an die selbst gesetzten Regeln. Vielleicht könnte das auch ein Modell sein – Anfrage statt Automatismus.
Für sehr optimistisch halte ich die Aussage von Christan Nienhaus, dass wir uns erst in zehn Jahren über die Zukunft der Erst-Zeitung Sorgen machen müssen. Das wird deutlich schneller gehen, ob einem das nun gefällt oder nicht.
Interessantes Video, das tief blicken lässt. Insbesondere die Positionen von Professor Weichert. Es ist allerdings auffällig, dass unabhängige journalistische Angebote immer noch als Exoten dargestellt werden und der Schwerpunkt auf die Printmedien gelegt wird. Wenn es um die Zukunft des Journalismus gehört, gehören ebenso diese in eine solche Runde. Denn ohne Grund erfahren sie bestimmt nicht immer mehr Zuwachs. Sie gehören genauso dazu, wenn es um Journalismus geht.
Christian Nienhaus auf dieser Party (lt. WAZ-eigener Berichterstattung): „Zeitungen sind ein Produkt, das die Demokratie beflügelt“…….
Für was beflügelt, Herr Nienhaus? Zum Verlassen unserer Republik, damit Ihre Blätter nur noch per Google-Bot gefüllt werden können?
Ich finde es Klasse, dass die Ausschussvorsitzende am Ende ihren Stolz kundtut, dass die großen Verlagshäuptlinge sich herabgelassen haben, den kleinen Politikern Rede und Antwort zu stehen.
Kriecherischer geht’s nimmer.
-68er…..leider normal -im großen -sh.z.B.Merkel/Ackermann-, und im kleinen alltäglich in vielen Rathäusern, wenn sich Vorstandsvoristzende von Banken,Unternehmen herablassen, mit der OB……………………….
Also Herr Nienhaus glaubt einen frühverrenteten WAZ-Redakteur bei den ruhrbaronen…. 🙂 ne Sachen gibet 🙂
Es gibt nur eine Reaktion, mit der Arroganz und Unwissenheit dieser gescheiterten Medienmacher beantwortet werden können: Mit einem kompletten Boykott ihrer viertklassigen Medien im Print- und Online-Bereich. Nienhaus persönlich wird es nicht mehr treffen, seine Adlaten schon.
Meine persönliche Erkenntnis: Das Leben ohne derwesten.de, ruhrnachrichten.de & Co. eröffnet neue Horizonte und Möglichkeiten. Vermissen werdet Ihr auf diesem Weg ganz sicher nichts.
@Justus Jonas: Unsinn – und davon ab: Weder, AWZ noch RN noch Der Westen noch Ruhrnachrichten.de sind „viertklassige“ Angebote.
Die zentrale Frage nach der mindest-notwendigen Gewinnrate wurde von keinem Verleger beantwortet. Ganz im Gegenteil, da wurde geschwätzt was das Zeug hält. Besonders von Frau Jäckel.Ich habe allerdings dazu auch nichts anderes erwartet.
@Stefan, mit Verlaub, aber z.B. das hier:
https://www.derwesten.de/wr/staedte/dortmund/tagebruch-am-wall-ist-gestopft-so-konnte-er-entstehen-id7643836.html
ist fünftklassig – zumindest im Versuch, einem Zombie „Leben“ einzuhauchen;-)
@Stefan Laurin.
Es ist natürlich Deine Meinung, welche Medien Du nutzt und gut findest. Aus meiner Sicht können neue Medien im Ruhrgebiet nur ihren eigenen Weg finden, wenn sie WAZ und Lensing komplett außen vor lassen. Wenn das für Dich ‚Unsinn‘ ist: Du wirst wissen, was Du tust. Alles Gute für Euch, so oder so.
P.S.: Hat sich eigentlich einer/ eine von Euch den Vortrag von Nienhaus angehört, der in der Sequenz ab 1.43 enthalten ist? „Es gibt im Ruhrgebiet keine Sitzung eines Stadtrats, in der kein Mitarbeiter der WAZ-Mediengruppe sitzt, um darüber zu berichten.“
Persönlich empfinde ich das als ekelhaft und verlogen, wenn ich an die WR und Dortmund denke. Die unbequeme Wahrheit, die sieht eben anders aus. Es ist ganz einfach eine verlogene Bande, die Angst um ihren Wohlstand hat.
[…] Über zwei Stunden diskutierten Verleger – unter anderem Axel-Springer-Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner, Julia Jäkel, Mitglied des Vorstandes bei Gruner + Jahr und Christan Nienhaus, Geschäftsführer WAZ-Mediengruppe bei einem Fachgespräch des… […]