Falls Wissen primär oder sogar lediglich abrufbare Kenntnisse, u.a. Fakten umfasst, taugt es nur dazu, möglichst schnell vergessen zu werden. Wissen ist stets mit einem Zeitstempel versehen, ändert sich fortlaufend. Die neoliberale Politik hatte um die Jahrtausendwende ein „lebenslanges Lernen“ als Aufgabe formuliert, nicht jedoch aus der Einsicht, dass sich Wissensstände ändern, sondern um lediglich Schmalspurstudien an Schulen und Universitäten zu ermöglichen, den Staat aus der Verantwortung zu nehmen, finanziell.
Nicht ein Lernen, sondern ein Entdecken könnte aus sachlicher Sicht ins Zentrum rücken. Der Aufwand wäre um ein Vielfaches höher. ‚Lehrern‘ käme eher die Funktion von kritischen Begleitern zu. Mit noch heute typischen Lehrern, – Lehramtsstudiengänge vermitteln im Grunde nichts -, wäre dies allerdings nicht zu leisten.
Ein aktuelles Beispiel über die Vergänglichkeit von Wissen bieten immer wieder neue Erkenntnisse über die Menschheitsgeschichte, wie derzeit unter dem Titel „Kam der Mensch schon viel früher nach Europa?“ im Spiegel allgemeinverständlich zu lesen ist. Sogenanntes ‚Wissen‘ kann unter Umständen bereits Abfall sein, noch bevor es gedruckt der Öffentlichkeit zugänglich wird.
Gesellschaftlich relevanter zeigt sich die Vergänglichkeit von ‚Wissen‘ in Bezug auf Natur. Newton (17. /18. Jhd.) konnte noch eine Mechanik entwickeln und ‚Naturgesetze‘ formulieren, damit ist jedoch seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts vorbei. Mehr als statistische Wahrscheinlichkeiten von Abläufen lassen sich nicht mehr formulieren.
Umgangssprachlich ist sogar nur eine sonderbare Esoterik auszumachen, die gegen Natur eine Kultur stellt, als ginge es darum, Gottes Schöpfung (Natur) eine menschliche (Kultur) entgegenzuhalten. Tatsächlich wären auch Kulturprodukte natürlich, wie z.B. ein Balkon, weil auch dieser der Gravitation unterliegt. Natur hat bestimmbare Eigenschaften, Kultur hingegen nur eine zufällige menschliche Auswahl. Aus wissenschaftlicher Sicht könnte es Kultur gar nicht geben, gegen alle bisherigen, vor allem beliebigen Definitionsversuche.
Eine Umorientierung wäre notwendig: Die Gesellschaft veraltet, gleitet ab in eine wohlige Demenz, spätestens seit dem neoliberalen Anschlag auf die Gesellschaft. Diesen Anschlag muss sie nicht überleben. Ein Aussterben, ob aus Dummheit, Altersschwäche oder beidem, wäre durchaus möglich.
Was ist das denn für eine Gedankenflucht, neoliberale (ohne das geht's heut anscheinend garnicht mehr, was immer es auch bedeuten soll) natürliche Balkone? Mann o mann …
@ 1 – 'Neoliberal' ist ein Gesellschaftskonzept gewesen, das von Politik und vielen Instituten entwickelt wurde, um Kosten zu sparen. Ich selber hatte Einblick in viele der Konzepte. Ein Beispiel war die Bildungspolitik.
Wenn Sie mit Natur aus wissenschaftlicher Perspektive nichts anfangen können, lediglich aus umgamgssprachlicher Sicht, tut es mir leid. Dann richtet sich der Artikel auch gegen Sie.
Ein Balkon ist Teil der Natur ("natürlich" meint dies wohl hier) weil er der Schwerkraft unterliegt? Was soll das bedeuten und was ist "Natur aus wissenschaftlicher Perspektive" ? "Neoliberal" ist inzwischen zu einem Allerweltswort geworden und es wird auch nicht deutlicher definiert, wenn man es als ein Gesellschaftskonzept von "Politik(?) und Instituten(??)" bezeichnet. Und der Artikel kann sich ruhig gegen mich richten, vor dem muss man wirklich keine Angst haben ;o) ….
Nein. Es gibt keine Schwerkraft. Ein Kräftekonzept der Natur könnte auch nur esoterisch sein, obwohl im populärwissenschaftlichen Bereich immer wieder die Rede davon ist. Es ging in dem Beispiel um Gravitation, die aufgrund der Massen von Körpern wirkt, bei Planten, deren Monden, oder bei Balkonen von Häusern auf der Erde. Aber die Berechnungen sehen jeweils anders aus. Konkret ist mittels einer irdisch relevanten Statik zu berechnen, wie sich der Bau von Balkonen auf das gesamte Haus auswirkt. Und es wäre die Tragfähigkeit von Bakonen zu beachten, um zu vermeiden, dass z.B. eine Studentenparty mit Verletzten und Toten auf der Straße endet. All dies ist naturwissenschaftlicher Standard. Ob etwas von selber entstanden ist oder nicht, ist dabei völlig unrelevant.
Es gibt keine Definition von neoliberal, das hatte mich auch gestört. Aber es gab um die Jahrtausendwende das politische bestreben, den wirtschaftlichen Belangen im Staat mehr Beachtung zu schenken, zunächst in der Bildung. Der Staat wurde als Konzern angesehen, dessen Kosten niedrig zu halten sind. Wer mehr wolle, sollte sich privat engagieren. Diese Ansicht herrscht noch heute vor.
Reinhard Matern,
ein nach- und bedenkenswerter Beitrag.
"Gut so" .
Nach einer Grundbildung ist es natürlich erforderlich, dass der Mensch lernt, selber zu lernen.
Kleinstkinder machen das selbständig, sie entdecken, wollen laufen, die Welt entdecken, obwohl sie immer wieder scheitern und auf den Knien landen.
Warum soll diese intrinsische Motivation, die in jedem Menschen steckt, nicht gefördert werden.
Ich brauche keinen Staat, um meine Umwelt zu entdecken. Lebenslanges Lernen gehört für mich dazu. Für mich wirkt es wie eine Entmündigung, wenn ich mich hier auf den Staat oder meinen Arbeitgeber verlassen soll.
Soll ich mich nur beruflich weiterbilden, wenn der Betrieb es bezahlt? Das ist doch Quatsch. Ich möchte die Welt erleben und meine Erkenntnisse erhöhen. Eben die Neugierde der kleinen Kinder behalten.
Das der Neoliberalismus versagt hat ist mittlerweile eine Binse. Umso ärgerlicher ist es einen halbieren Text zu lesen der ein bekanntes Phänomen, Halbwertzeit von gelerntem, aufgreift. Leider wird hier vergessen das es nicht Neoliberalismus ist der Wissen veralten lässt, sondern Technologie.
Ja, der Neoliberalismus ist eine schlechte Idee, genau wie dieser Test, der nur eine Idee anreisst. Schade um die Zeit.
Reinhard Matern, ehrliche Frage: Welche naturwissenschaftliche Ausbildung / Studium hast Du?
Zweite Frage: Gibt es – außer der analytischen Logik – für Dich sinnvolle philosophische Denkmodelle?
Ich kann die Argumentation des Autors nicht nachvollziehen . Wissen ist nicht nur- wie so oft gesagt und wahrscheinlich auch richtig-, sondern such überlebenswichtig in der Vom Autor beschriebenen neoliberalen und auch ob dieser Entwicklung mmer mehr aus den Fugen geratenen Welt.
Menschen verlieren wegen Kriegen ihre Heimat, ihr Hab und Gut, ihre Familien und Freunde und nicht selten auch ihre Würde.
Menschen können alles, was ihr Leben ausmacht, verlieren. Aber- wenn Sie alles verloren, aber ihre physische Existenz weitestgehend unversehrt behalten hsben, was bleibt ihnen dann?
Richtig-ihr Wissen – das auch auf der wieder verwertbaren Methodik der Wussensaneignung basiert- auf das sie neu aufbauen können.
Die hier im Artikel und auch in einem kürzlich hier erschieneni Artikel über Bildung vertretenen Auffassungen klagen über Neoliberalismus, blenden aber die existenzbedrohenden Folgen genauso wie die daraus resultierenden Notwendigkeit, diesen durch Bildung und Wissen zu begegnen, aus.
Derart kurz gedachte "Weisheiten" führen zu nichts.
Man kann einem Menschen fast alles nehmen, sogar seine Würde, aber um sein Wissen und seine Bildung auszulöschen, müsste man ihn töten oder zumindest derart physisch oder psychisch beschädigen, dass er nicht mehr in der Lage ist, seinen Verstand zu nutzen.
Insofern vertrete ich die -eigentlich doch auch völlig unbestrittene – These, dass Wissen und Bildung so wichtig wie Essen und Trinken und die Luft zum Atmen ist
Auch dass Wissen ständig aktualisiert werden muss, weiß doch schon jedes Kind.
Insofern kann ich die Sichtweisen des aktuellen und auch des vor einigen Tagen hier erschienenen Beitrages nicht teilen.