Homöopathie: In Westfalen Lippe können sich Ärzte weiter in Unfug qualifizieren

Berühmte Zuckerkügelchen ohne nachgewiesene Wirkung: Globuli Foto: Dr. Moumita Sahana Lizenz: CC BY-SA 4.0


Im Mai schaffte der Ärztetag in seiner Musterweiterbildungsordnung die Zusatzweiterbildung Homöopathie ab. Eine Ärztekammer in Nordrhein-Westfalen folgte der Entscheidung nicht.

Der im Mai in Bremen gefällte Beschluss des Deutschen Ärztetages war ein klares Signal in Richtung der Anhänger der Alternativmedizin. Die Zusatzbezeichnung Homöopathie wurde aus der Musterweiterbildungsordnung der Ärzte gestrichen. Wer die Weiterbildung absolviert hat, kann sich zwar weiter „Homöopath“ nennen und so um Patienten werben, aber neu erwerben sollte diese Zusatzbezeichnung niemand können.  Johannes Grundmann, der Präsident der Ärztekammer Bremen, welche die Streichung beantragt hatte, sagte auf dem Ärztetag, es gehe nicht darum, Menschen zu verbieten, homöopathische Mittel einzusetzen. „Es ist aber Aufgabe der Ärztekammern, definierte und überprüfbare Lernziele festzulegen und abzuprüfen.“

Die Ärztekammer Nordrhein, eine von zwei Ärztekammern in NRW, hatte bereits im November 2019 eine Weiterbildungsordnung beschlossen, in der die Zusatzbezeichnung Homöopathie nicht mehr vorkam. Ein Grund war das geringe Interesse der Mediziner an der Weiterbildung. In fünf Jahren hatten sie nur 17 Ärzte aus dem Kammerbezirk absolviert.

Die Musterweiterbildungsordnung soll einheitliche Regeln für die Weiterbildung von Ärzten schaffen, aber die 17 Landesärztekammern in Deutschland müssen ihr nicht folgen.  Neben Sachsen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Thüringen kann die Weiterbildung zum Homöopathen auch bei der Ärztekammer Westfalen Lippe weiterhin erworben werden.  Zumindest theoretisch, denn praktisch werden von der Akademie für medizinische Fortbildung der Ärztekammer zurzeit keine Kurse angeboten. Absolvierten 2006 noch 26 Mediziner die Kurse, war es 2019 nur noch eine Ärztin. 2020 und 2021 war das Interesse ganz erloschen.  Bei Bedarf soll es in Westfalen-Lippe aber auch in Zukunft Homöopathie-Weiterbildungen geben: „Wir sind der Auffassung“, teilt die Ärztekammer Westfalen-Lippe auf Anfrage mit, „dass die Homöopathie als Zusatz zu einer Facharztkompetenz und komplementärmedizinisches Verfahren besser in der Hand von Fachärztinnen und Fachärzten aufgehoben ist als bei Personen ohne ärztliche Qualifikation.“

Sabine Schindler-Marlow, die Pressesprecherin der Kammer Nordrhein, kennt die genauen Gründe für das zurückgegangene Interesse an der Homöopathie nicht, schätzt aber ein, dass die Bedeutung der Evidenzbasierung in der Medizin gewachsen ist, bei der auf wissenschaftlich bewiesene Wirkungen Wert gelegt wird.

Der Artikel erschien in einer ähnlichen Version bereits in der Welt am Sonntag

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