Die Wahl von Barbara Steffens zur Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen bedeutet eine Richtungsentscheidung zugunsten einer Integration der Alternativmedizin und Esoterik in den Wissenschaftsbetrieb. Grund ist, dass Steffens sich als bekennende Streiterin für Homöopathie profiliert hat.
Nicht nur eröffnete die medizinische Laiin den Deutschen Homöopathiekongress und würdigte die Homöopathie im Interview mit dem Deutschen Zentralverein Homöopathischer Ärzte. September 2012 trat sie ferner als Schirmherrin eines Kongresses zur Anthroposophischen Medizin des Esoterikers und Hellsehers Rudolf Steiner auf. Auch argumentierte sie auf der Website des Ministeriums für Alternativheilverfahren und deren Aufwertung durch die europaweite Akademisierung des Heilpraktikerberufs.
Tatsächlich begegnet Steffens damit einem Trend. Homöopathie genießt zunehmend mehr Akzeptanz in der Bevölkerung. „Meiner Schwiegermutter hat es auch geholfen.“ „Wer heilt hat Recht.“ oder „Das ist sanfte Medizin ohne Chemie“ sind die stereotypen Akklamationen, mit denen Globuli & Co. oftmals begegnet wird. Der Vormarsch der Homöopathie geht allerdings nicht einher mit ansteigender Kenntnis über ihre Annahmen. Wenn aber Homöopathie über Barbara Steffens zur politischen Agenda der Landesregierung geworden ist, lohnt der Blick auf die dahinterstehende Theorie.
Homöopathie ist eine Behandlungsmethode aus dem 18. Jahrhundert, erdacht von dem deutschen Arzt Samuel Hahnemann. Hahnemann entwickelte sein Gedankengebäude auf der Grundlage eines Selbstversuchs mit Chinarinde, einer Pflanze aus Südamerika, die noch heute – neben anderen, synthetischen Arzneimitteln – zur Behandlung von Malaria eingesetzt wird.
Nach der Einnahme einer hohen Dosis der Pflanze meinte Hahnemann, die typischen Symptome einer Malariaerkrankung zu durchleben- darunter Mattigkeit, kalte Füße und einen hohen Puls. Aus diesem Selbstversuch entwickelte er das Ähnlichkeitsprinzip der Homöopathie. Danach sollen Krankheiten durch Substanzen geheilt werden, die bei einem Gesunden die Symptome der zu behandelnden Krankheit auslösen. Spätere Wiederholungen des Versuchs kamen zu dem Ergebnis, dass Chinarinde die von Hahnemann beobachteten Symptome tatsächlich nicht hervorruft. Auch das Ähnlichkeitsprinzip hat sich als mit der modernen Medizin nicht vereinbar herausgestellt.
Die zweite Säule der Homöopathie ist die sog. Potenzierung von Wirkstoffen. Hahnemann zufolge sind Heilmittel umso wirksamer, je weiter sie verdünnt werden. Eine „Urtinktur“ hoher Wirkung wurde wiederholt verdünnt und penibel nach den Vorgaben Hahnemanns geschüttelt. Hoch potenzierte Lösungen (ab „D 24“) enthalten kein Molekül des Ursprungsmaterials.
Dass hoch potenzierte Lösungen dennoch eine Wirkung entfalten sollen, begründen Homöopathen mit der Annahme, Wasser habe ein „Gedächtnis“ und „speichere“ Informationen über den Wirkstoff, mit dem es in Berührung gekommen ist. In einer1988 veröffentlichten Studie wurde der Nachweis eines Wassergedächtnisses durch Jaques Benveniste behauptet. Nach einer Überprüfung durch John Maddox, den Herausgeber des Wissenschaftsmagazins „Nature“, und den Skeptiker James Randi wurden jedoch bei einer kontrollierten Wiederholung des Experiments schwerwiegende Fehler im Versuchsaufbau entdeckt. Das Konzept des Wassergedächtnisses erwies sich damit als rational nicht erklärbar.
Homöopathie beruft sich zudem auf eine geistartige, den materiellen Körper belebende Lebenskraft. Wenn der Mensch erkrankt, so ist die geistartige Lebenskraft verstimmt. Diese Annahme findet heute allenfalls in esoterischen Kreisen Zustimmung. In der modernen Medizin existiert kein Konzept eines solchen metapyhsischen Agens. Widerlegt wurde Hahnemanns Metaphysik spätestens mit der Entdeckung von Bakterien und Viren als überwiegender Ursache von Krankheiten. Eine weitere Annahme Hahnemanns wird allzu gern übersehen, aber noch immer unter dem Hippokrates entlehnten Begriff der Miasmenlehre gehandelt. Ging Hippokrates ca. 400 Jahre v.Chr. noch davon aus, dass Krankheiten durch das Einatmen giftiger Gerüche (=Miasmen) übertragen werden, so lassen sich nach Hahnemanns Miasmenlehre alle Krankheiten auf Krätze, Syphilis und Gonorrhoe (umgangssprachlich „Tripper“) zurückführen.
Für Ministerin Steffens bedeutet die homöopathische Wende im Gesundheitswesen eine begrüßenswerte Abkehr vom Entweder-oder der wissenschaftlichen Medizin hin zu einem Sowohl-als-auch. Für den Krankenversicherten bedeutet die Arbeit Steffens, dass er im Erfolgsfall die Behandlung von ernsthaft erkrankten Menschen mit potenzierten, also wirkstofflosen, Präparaten mitträgt, die auf der Grundlage einer Theorie hergestellt wurden, die sich auf geistartige Lebenskräfte beruft.
Für Medizinstudenten fordert Steffens Homöopathie-Seminare auf dem Stundenplan. Dadurch könnten „Medizinstudent[…]en auch diese Tätigkeitsfelder bei der Ausrichtung ihres weiteren beruflichen Werdegangs angemessen prüfen.“ Ziel ihrer Arbeit sei, so Steffens, Nordrhein-Westfalen zum Standort für Integrierte Medizin zu machen.
Dies führt die Ministerin zwangsläufig in einen Konflikt mit der wissenschaftlichen Medizin. Schon 1992 protestierte der Fachbereich Humanmedizin der Universität Marburg in einer aufsehenerregenden Erklärung gegen staatliche Pläne, Fragen aus dem Gebiet der Homöopathie in den Katalog verbindlicher Prüfungsinhalte aufzunehmen. Die Marburger Wissenschaftler führten unter anderem an, das Fundament der Homöopathie bestehe aus Irrtümern und Täuschungen, die homöopathische Begriffswelt sei schlichtweg „Unsinn“, und es widerspreche dem Auftrag einer Universität, Homöopathie als etwas anderes denn als Irrlehre zu lehren.
Tatsächlich wurde Homöopathie mit den Mitteln der evidenzbasierten Medizin eingehend untersucht. Die maßgeblichen Studien kommen zu identischen Ergebnissen. Es gibt keinen evidenzbasierten Nachweis der Wirksamkeit homöopathischer Mittel über den Placebo-Effekt hinaus.
Daher soll nach Ansicht Steffens der Beurteilungsmaßstab in den Forschungseinrichtungen geändert werden: „Bei der Beurteilung von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden hat der Gemeinsame Bundesausschuss […] den jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung zu beachten. Hieran wird sich in der nächsten Zeit vermutlich nichts ändern. […] Wir brauchen für die Homöopathie ein anderes, akzeptiertes Verfahren zum Wirksamkeitsnachweis, um die Frage der Kostenerstattung zu öffnen.“ Mit anderen Worten: Da der eindeutige Nachweis der Wirksamkeit mit den Mitteln der wissenschaftlichen Medizin nicht erbracht werden kann, sollen die Voraussetzungen für einen Nachweis gesenkt werden. Die Gesundheitsministerin bekämpft damit nicht nur den Standpunkt der Schulmedizin, sondern auch jene Maßstäbe, die an die Wissenschaftlichkeit selbst angelegt werden. Zweck der Aufweichung wissenschaftlicher Gütekriterien ist die Kostenerstattung homöopathischer Mittel durch die Krankenkassen.
Mit der Wahl von Barbara Steffens wechselt die Zunft der Heilpraktiker nun das Schlachtfeld. Wurde der Kampf der Homöopathie um Anerkennung im Hochschulwesen in der Vergangenheit vergeblich auf dem Feld der Wissenschaft geführt, so wird er schon heute mit den Mitteln politischer Macht fortgesetzt. Sollten Steffens Bestrebungen von Erfolg gekrönt sein, wird das erste Opfer jenes der grundgesetzlich verbürgten Freiheit von Forschung und Lehre sein.
Literatur
Hahnemann, S. Organon der Heilkunst (6. Aufl.). http://www.homeoint.org/books4/organon/ Abrufdatum: 21.04.2013.
Shang, A., Huwiler-Muntener, K., Nartey, L., et al. (2005). Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? Comparative study of placebo-controlled trials of homoeopathy and allopathy. Lancet, 366, 726–732.
Aust, N. (2013). In Sachen Homöopathie: Eine Beweisaufnahme. Ebersdorf: 1-2-Buch.
Singh, S. & Ernst, E. (2009). Trick or treatment: The undeniable facts about Alternative Medicine (S. 95). New York, London: W.W Norton.
Helmstädter, A. Hahnemann und die Homöopathie: Alternativ seit 250 Jahren, PhamR 2006, S. 13-18.
Institut für Demoskopie Allensbach, Allensbacher Bericht 2009/Nr. 14, Homöopathische Arzneimittel in Deutschland: verbreitet genutzt und geschätzt.
Laufs, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, ArztR, 6. Aufl. (2009), Kap. I Rdnr. 42: Wachsender Zuspruch für Naturheilverfahren und alternative Methoden.
Maddox, J., Randi, J. & Stewart, W.W. (1988). „High-dilution“ experiments a delusion. Nature, 334, 287-290.
Ernst, E. (2007). Homeopathy for Cancer. Current Oncology, 14, 128-130.
Ich finde es schade, dass der Artikel mit Übertreibungen arbeiten muss. Man kann auch einen sachlichen Artikel schreiben, ohne durch den Glauben einer Gesundheitsministerien die Freiheit von Forschung und Lehre in Gefahr zu sehen.
Ansonsten hat Rot-Grün von der Bundesregierung gelernt. Eine Regierung, die beim Volk beliebt ist, braucht immer einen Pausenclown, den man alles schlimme andichten kann und von dem man sich beliebtheitssteigernd distanzieren kann.
In NRW spielt die Rolle halt Barbara Steffens, wenn sie über Chemtrails oder Echsenmenschen oder Homoöpathie philosophiert. Und sich bestimmt wissenschaftlich beraten lässt von Dr. Axel Stoll (youtube ist dein Freund).
😉
Aber um mit versöhnlichen Worten zu schließen. Homoöpathie lässt sich ja sicher gut als Placebo nutzen. Gerade wo angeblich niemand öfters zum Arzt rennt als Deutsche und ich nehme mal an auch mehr Medis nimmt. Könnte die Gesundheitskosten drücken, wenn man unnötige Fälle zu Placebos lenkt… weiß aber nicht wie teuer dieser Homoöpathie-Kram ist. Sonst druckt man doch lieber Zucker-Tabletten o.ä. als Placebo.
homoeopathie ist eine art von luxus-placebo, zumindest von dieser seite betrachtet ja garnicht so verkehrt. meist ist das dann noch mit einer luxus-behandlung verbunden, wo die aerzte und heiler fuer ihre patienten sogar noch zeit aufbringen und zuhoeren – vielleicht sollte man es so sehen, dass man genau dafuer bezahlt.
meine oma war heilpraktikerin mit eigener praxis. allerdings muss ich auch dazu sagen, war die homoeopathie bei ihr nur eine saeule neben vor allem auch der traditionellen chinesisches medizin. von den beruehmten globuli ueber akkupunktur, blutegel ansetzen, schroepfen und bis zur magnet-ressonanz-therapie – alles mit dabei. sie kannte ihre grenzen gut und wusste ab wann die schulmedizin angesagt war. allerdings war es meist umgekehrt, die leute kamen eher da wo die schulmedizin versagte und konnte sehr oft gerade diesen leuten helfen. ich war versuchskaninchen fuer sehr vieles und kenne alles daher prima und kann es teilweise auch selbst noch (bei mir) anwenden.
was ich fuer mich daraus zusammen mit anderen erfahrungen mitgenommen habe ist, dass man den menschen immer ganzheitlich betrachten muss und auch die psychosomatik eine weit aus groessere rolle spielt als viele glauben wollen – sofern sie ueberhaupt verstehen um was es dabei ueberhaupt geht. man kann selbst wesentlich mehr einfluss auf den koerper nehmen als man denkt, positiv als auch negativ und das ganz ohne hokus-pokus. manches ist dabei auch einfach nur mittel zum zweck und viele verschiedene wege koennen zum selben ziel fuehren.
aber nochmal zum grundthema… aktuell wundert mich garnix mehr. wir drehen bei fast allem die zeit zurueck, bei manchem gleich bis ins mittelalter. geistig zweifle ich laengst daran, dass die gesellschaft wirklich so viel weiter gekommen ist 🙁
Das so ein Unsinn bei den Grünen viele Anhänger hat, wundert ja nicht. Erschreckend ist, dass es in NRW keinen sozialdemokratischen Gesundheitspolitiker mehr zu geben scheint, die sich dem entgegen stellen.
Es verwundert nicht, das eine Grüne sich den Theorien einer Medizin aus dem vorletzten Jahrhundert verbunden fühlt.
Das ist quasi der intellektuelle Horizont, der Grüne, als Politiker charakterisiert. Romantisch, gefühlvoll schwärmerisch in einem esoterischen Naturreligions-Glauben, in dem Homöopathie Herz- und Hirn-Schrittmacher ersetzen, wo effiziente Antibiotika und moderne Medizin, nicht ins Weltbild Grüner passen wollen.
So abstrus wie in der Medizin, wo es um die rettenden Medikamente, die entwickelten Operationstechniken geht, vor denen kein vernunftbegabter Zeitzeuge Angst haben muss, so destruktiv und irrational zeigt sich Grüne Anmaßung in allen Bereichen.
Aus persönlicher Armut an Rationalität, aus intellektuellem Unvermögen sich dem Fortschritt zuversichtlich zu öffnen, auf das zu setzen was die moderne Medizin leistet, was intelligente Techniken ermöglichen, wird von Grünen nicht erkannt.
Dieser „grüne Faden“ ist das Kennzeichen aller grüner Politik als die fehlende rationale Intelligenz, die nicht die konstruktive Tragfähigkeit erkennen kann, die realen Verbesserungen wahrnimmt, sondern rückwärtsgewandte Ängste vor „erfundenen Gespenstern“ beherrschen die Grünen-Gehirne, und verursachen letztlich Verunsicherung sowie destruktives Chaos.
Ich finde es faszinierend, wie viele bei solchen Reizthemen immer gleich so weit über das Ziel hinausschießen müssen, als ginge es um den Untergang der Menschheit – und nichts geringeres.
Wer Anhänger der Homöopathie ist – warum soll man ihm das verwehren? Es wird doch niemandem aufgezwungen, sich mit homöopathischen Mittelchen heilen zu lassen, und wer fest dran glaubt, dem hilft es auch. Und keine Sorge, das Zeug ist nicht teuer.
Statt irgendwelcher pseudo-wissenschaftlicher Hetzreden will ich hier lieber aus eigener Erfahrung berichten. Von meinem Bildungsstand sollte man mich als Ingenieur der Automobilentwicklung eher als bodenständig-wissenschaftlich einstufen, prinzipiell gehöre ich zu der Sorte Menschen, die nur das glauben, was sie sehen oder messen bzw. berechnen können. Bis mein Kind zur Welt kam.
Klar haben kleine Säuglinge oft irgendwo kleinere Zipperlein, die man mit schulmedizinischen Laborchemikalien – oder mit homöopathischen Mittelchen behandeln kann. Da mein Baby nichts lebensbedrohliches hatte, hab ich meiner Hebamme vertraut und kleinere Entzündungen, „Zipperlein“ (wie die ersten Zähnchen) und Erkrankungen (Erkältungen z.B.) mit homöopathischen Kügelchen und Cremes behandelt – falsch machen konnte ich ja damit nicht viel, und so viel Zucker ist in den winzigen Globuli nun auch nicht, dass mein Baby davon einen Zuckerschock hätte kriegen können. Und siehe da: bei dem Baby, dem man nun wirklich nichts von Placebos einreden kann, hat das allermeiste geholfen! Ich habe des öfteren Gegentests ohne jede Behandlung gemacht oder den klassischen schulmedizinischen Cremes verwendet – nichts half so gut wie das homöopathsche Zeugs. Seit dem bin ich Anhänger davon. Für mein Kind auf jeden Fall. Klar, bei ernsteren Sachen ist auch weiterhin der Arzt gefragt, und als eine Nebenhöhlenentzündung nach drei Tagen in Ohrschmerzen mündete gab es dann auch das erste Mal in des Kindes Leben Antibiotika. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Kind aber bereits fast vier Jahre alt und sehr selten krank.
Also, Freunde, behaltet bitte lieber das Wesentliche im Auge, statt hier pauschale Hexenjagden gegen „Wunderheiler“ anzuzetteln. Ich finde diese alternative Heilmethode wesentlich geldbeutel- und gesundheitsschondender als so manche chemische Keule aus der Apotheke. So lange es um keine lebensbedrohlichen Krankheiten geht, kann ich nicht nachvollziehen, warum „das Unbekannte“ hier derart verteufelt wird. Wer drauf steht – lasst die Leute doch!
Schaut lieber mal hinter die Kulissen, was bei den Phamakonzernen so abgeht und welche Finazpolitiken mit welcher Lobbyarbeit dort dahinter stehen.
Das wär mal viel interessanter.
Niemand wird daran gehindert, an Homöopathie zu glauben. Oder an Echsenwesen. OOder an die bevorstehende Invasion der extraterristischen Killerspinnen.
Nur sollte derlei Privatsache sein und weder Geld im Sozialsystem, noch im Hochschulbetrieb oder gar für ein MinisterInnen-Gehalt kosten.
Und schon gar nicht taugt es im wissenschaftlichen Betrieb.
…
Andererseits: Diese feministischen „Gender Studies“ sind auch nicht seiöserals Astrologie.
Ich möchte mich insbesondere zu dem Beitrag von Chaosyeti, etwas weiter oben im Thread, äußern.
Ich bin kein Anhänger der Honöopathie und schon gar kein Anhänger der Medikamentisierung des Daseins, die ich in diesem Beitrag vermeine zu erkennen. Nachdem mein Sohn auf die Welt kam – das ist nun schon 25 Jahre her – hatte er auch die vielen kleinen Wehwehchen und Auas, die Kinder nunmal haben. Ich habe aber den Eindruck, dass die Eltern heutzutage wesentlich schneller dazu bereit sind (oder sich dazu verpflichtet fühlen), bei diesen kleinen Problemen sofort ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Gut, wenn das dann ein Homöopath ist, dann richtet er wenigstens nicht allzuviel Schaden an. Vermeintlich. Was man allerdings dem jungen Menschen antut, langfristig, wenn man ihm von Kindesbeinen an aufzeigt, dass man schon bei der kleinsten Abweichung vom als normal empfundenen Optimalzustand zur Medikamentenpille greifen muss, steht auf einem anderen Blatt. Okay, wenn es nur der Homöopath ist, dann sind die direkten Nebenwirkungen wenigstens gering. Aber sonst?
Meine Heilerfolge mit einer einfachen Fettcreme, einem vermeintlich wunderwirkenden Kissen und im Extremfall mit einer aus Milch und Marmelade hergestellten äußerst wirksamen Medizin sind legendär. Ach ja, dazu gehörte natürlich auch viel Zuwendung, die eine oder andere etwas unbequem neben oder gar im Kinderbett verbrachte Nacht ….
Dann ist da noch die Frage: Natürlich, wenn jemand an Homöopathie glaubt, darin sein Heil sieht, dann ist es fast unethisch, ihm diese Quelle des Heils zu nehmen. Aber: wie kommt denn jemand dazu, an diese Therapie zu gleuben? Das ist ähnlich der Ansicht, dass jemand der Heroin zum Leben braucht, dies auch erhalten soll, ohne kriminell werden zu müssen. Nur – ist es dann richtig, es zuzulassen, dass Heroin als Mittel zum Glücklichsein angepriesen zund verkauft wird?
Sorry für den vielleicht drastischen Vergleich.
Norbert
Was hilft, ist gut. Vor allem, wenn es kaum Nebenwirkungen hat. Wenn eine Regierung dem Patienten eine freie Wahl zwischen Therapien erlaubt, ist das ein freiheitlicher Ansatz. Es erstaunt mich, wie Stefan Laurin – sonst als FDP-Anhänger ja Verfechter einer freien Lehre, zumindest wenn es um Marktwirtschaft geht – hier so sehr ins Horn der Pharmabranche und der etablierten Ärzteschaft bläst.
Die Vehemenz der Attacke gegen Steffens, gegen Homöopathie deutet m.E. schon darauf hin, dass es hier entweder um ein dogmatisches Verfechten oder um handfeste PR geht.
Niemand zwingt irgendwen, sich homöopathisch behandeln zu lassen. Ich selbst habe keine wirkungsvollen Erfahrungen damit gemacht, aber wenn einiger meiner Bekannten sagen, ihnen sei sehr geholfen worden, dann ist das deren subjektive Wahrheit. Und die zählt mehr als irgendwelche Studien, von denen man auch nie weiß, wer sie aus welchen Gründen auf welche Weise erstellt hat.
@torsten: Der Artikel ist nicht von mir. Besuchen Sie doch einfach mal eine Schule, in der man nicht nur Buchstaben tanzen lernt, dann können Sie irgendwann auch Autorennamen lesen 🙂
Die Freiheit von Forschung und Lehre ist schon lange unter die Räder gekommen, weil Forschung und Lehre (auch dank grün-esoterischer Gehirnvernebelung) schon seit Jahren primär genutzt werden, um damit Politik zu machen.
Rauchen ist mit Sicherheit nicht gesundheitsfördernd. Ob es so schädlich ist, wie immer wieder beschworen, ist immer noch nicht bewiesen. Nein, man entblödet sich nicht, sich hinzustellen und zu behaupten, Nichtraucher bekämen einen anderen Lungenkrebs als Raucher.
Auch beim Alkohol geht man jetzt den gleichen Weg. Statt alkoholkranker Menschen gerät der Normaltrinker in den Fokus. Auch hier dienen Forschung und Lehre nur noch dazu, Begründungen für die Reduzierung, bzw. der Abschaffung persönlicher Freiheitsrechte zu liefern.
Sicher bekommen Alkoholiker eine andere Leberzirrhose als Nichttrinker.
Das waren nur 2 Beispiele, aber die Tagespolitik ist voll davon, wie die unter die Räder gekommene Freiheit von Forschung und Lehre schon seit Jahren eingesetzt werden.
Die Schwemme von „Experten“ und „Expertinnen“ für jedes gefühlte Problem spricht Bände und erfährt leider vom BfR auch noch den Adelsschlag, als sich das BfR 2006 dazu hinreißen ließ zu erklären: „Auch gefühlte Risiken erfordern staatliches Handeln“.
Dass hoch potenzierte Lösungen dennoch eine Wirkung entfalten sollen, begründen Homöopathen mit der Annahme, Wasser habe ein „Gedächtnis“ und „speichere“ Informationen über den Wirkstoff, mit dem es in Berührung gekommen ist.
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Interessant ist, daß bei solchen Thesen glatt übersehen wird, daß das Wasser sich dann auch jeden Schei..haufen merken müsste, über den es geflossen ist.
Das wird von den Anhängern des „gedächtnisvollen Wassers“ aber immer wieder geflissentlich übersehen.
Es gibt sehr viel Nutzloses und Schädliches in der Schulmedizin.
Zum Beispiel:Psychiatrische Behandlung kostet in Deutschland jedes Jahr etwa 10.000 Menschen das Leben. Die Lebenserwartung psychiatrie-erfahrener Menschen ist je nach Untersuchung um 20 bis 32 Jahre verkürzt. Grund ist die hemmungslose Gabe hochriskanter Psychopharmaka. Selbst die deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie gibt auf Seite 14 ihrer Neuroleptika-Broschüre 20 bis 25 Jahre Lebensverkürzung zu. Jede/r fünfte Patient/in in der stationären Psychiatrie ist laut Bundesjustizministerium unfreiwillig, das heißt per Gerichtsbeschluss dort.
Aber diese Art der Behandlung ist ja wissenschaftlich korrekt.
Ich denke, dass Homöopathie harmlos ist und über die menschliche Zuwendung
des/der Therapeut/en/in wirkt. Für die Schulmedizin ist sie nicht harmlos, denn
viele Patient/inn/en sehnen sich nach menschlicher Behandlung.
Gäbe es eine echte Wahlfreiheit, dann würde die Homöopathie wie auch andere
Heilkunden (TCM usw.) der Schulmedizin große Marktanteile abnehmen.
Matthias Seibt – Vorstandsmitglied Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V.
@Matthias Seibt: Es gibt keine „Schulmedizin“. Es gibt eine Wissenschaft die heißt Medizin und es gibt Humbug und Quacksalberei.
Schulmedizin, weil an Hochschulen gelehrt. Wer entscheidet, was Wissenschaft ist und was Humbug ist? Die herrschende oder vorherrschende Schule. Ich erinnere an Semmelweis und das Kindbettfieber. Bevor Semmelweis Ansicht zum Kindbettfieber herrschend wurde, brachten ihn seine Gegner in die Psychiatrie. Heute sind wir weiter! Wirklich? Was ist mit den jährlich Tausenden Toten durch in deutschen Krankenhäusern in Folge mangelnder Hygiene übertragenen Infektionen?
Geht es wirklich nur um wahr und falsch? Oder geht es nicht auch um sehr viel Geld? Und da die Entscheidung, was wahr und was falsch ist, alles Andere als eindeutig ist, sollen die Menschen wählen können.
Matthias Seibt
@Matthias Seibt: Wissenschaft folgt einem ganz einfachen Prinzip:
Als wissenschaftlich werden solche Aussagen bezeichnet, bei denen man den Wahrheitswert feststellen kann. Also solche, die als “wahr” oder “falsch” bezeichnet werden können.
Eine wissenschaftliche Aussage muss des Weiteren folgende Kriterien erfüllen:
Eine Aussage muss empirisch (d.h. an der Wirklichkeit) überprüfbar sein. Es muss möglich sein eine Aussage zu verifizieren (bestätigen) oder zu falsifizieren (ablehnen).
Es muss möglich sein, die Aussagen von vorhandenen Prämissen oder Axiomen logisch richtig abzuleiten.
Die Aussage muss in ihrer Gesamtheit Widerspruchsfrei sein. Sie darf nicht aus zwei Aussagen bestehen, die sich gegenseitig widersprechen. Auch darf sie keine sich widersprechende Aussage beinhalten.
Eine Menge wissenschaftlichen Aussage muss Systematisiertheit aufweisen. Die enthaltenen Aussagen erfordern eine Klassifikations- und Begründungszusammenhang.
Um die oben genannten Kriterien zu erfüllen, muss eine Aussage auch verständlich sein. Hier wird eie größtmögliche Präzision der sprachlichen Ausdrücke gefordert.
Die oben genannten Kriterien beziehen sich auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit. Man kann aber auch die Wissenschaftlichkeit der Arbeitsprozesse selbst sowie der Arbeitshaltung betrtachten. Hier sollten folgende Kriterien beachtet werden:
Vorurteilsfreiheit, d.h. es darf nichts, was zum Gegendstandsbereich des betroffenen Wissenschaft gehört, grundsätzlich ausgeschlossen werden
Öffentlichkeit, d.h. die Zugäglichkeit der Wissenschaft für Kritik
Provisorische Gültigkeit, d.h. keine wissenschaftliche Aussage darf als endgültig betrachtet werden
Konditionalität, d.h. die Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen eine Aussage gültig ist, müssen explizit genannt werden
Als nicht-wissenschaftlich gilt alles, was die obigen Kriterien nicht erfüllt. Dabei ist die Bezeichnung “nicht-wissenschaftlich” kein Werturteil. Nicht-wissenschaftliche Forschungs- oder Beratungstätigkeit hat ihre Bedeutung und ihren Wert. Dagegen ist der Begriff unwissenschaftlich mit einem Werturteil verbunden. Als unwissenschaftlich werden nicht-wissenschaftliche Haltungen/Einstellungen/Vorgehensweise/Arbeitsergebnisse bezeichnet, wenn sie einen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben.
Aus: https://lswiim.wordpress.com/2008/11/04/was-ist-wissenschaftlich/
Könnte man die Wirkung homoöpathischer Mittel nach diesen Kriterien nachweisen, gäbe es kein Problem. Man kann es aber nicht. Das hat auch nichts mit „Naturheilmitteln“ zu tun. Es gibt jede Menge natürlicher Heilmittel, deren Wirkung wissenschaftlich erwiesen ist. Niemand bezweifelt, das man bei einer Erkältung viel Flüssigkeit und Tee zu sich nehmen soll. Ärzte raten bei vielen Krankheiten zu Bewegung im Freien, weil Bewegung – natürlicher geht es ja wohl nicht – oft eine gute und nachweisbare therapeutische Wirkung hat. Homoöpathie, tanzende Gesamtschullehrer und selbsternannten Hexen haben diese nicht…
Stefan Laurin:
Der Artikel ist nicht von Ihnen, das wurde auch nicht behauptet. Aber er reiht sich ein in die Attacken, die Sie hier regelmäßig gegen eine Ministerin im Allgemeinen und eine medizinische Richtung im Besonderen fahren. Es fällt mir schwer, dahinter nur sachliche Gründe zu vermuten.
„Medizin“ ist keine Wissenschaft im klassischen Sinn. Denn jede klassische Therapie hat sich mindestens einmal als untauglich erwiesen und wurde somit prinzipiell im Popperschen Sinn widerlegt.
Die Wirkungsweise von Medizin ist nicht hundertprozentig wissenschaftlich nachzuvollziehen. Warum? Weil jeder Mensch verschieden ist und weil es eine Korrelation von Körper und Psyche gibt. Kann Ihnen bei Bedarf gerne ihr Hausarzt bestätigen.
„Besuchen Sie doch einfach mal eine Schule, in der man nicht nur Buchstaben tanzen lernt“
Lieber Herr Laurin, an welcher Schule hatten Sie denn eigentlich Deutsch-Unterricht?
@chaosyeti: Der Placeboeffekt wirkt erwiesenermaßen auch bei Babys. Ja sogar bei Tieren (https://de.wikipedia.org/wiki/Placebo#Placeboeffekte_bei_Tieren ; https://scienceblogs.de/plazeboalarm/index.php/bei-tieren-gibt-es-keinen-placeboeffekt/). Es sind genau die von Gummibar (#7) beschriebenen Verhaltensweisen wie z.B. Aufmerksamkeit und Zuneigung, die hier zur Selbstheilung des Körpers beitragen.
@torsten: Natürlich hat jeder das Recht, an Homöopathie zu glauben und von mir aus soll auch jeder Erwachsene(!) das Recht auf freie Therapiewahl haben. Aber solange die Therapie keinen erwiesenen Nutzen hat, möchte ich mit meinen Krankenkassenbeiträgen nicht dafür zahlen.
Da sie in ihrem Beitrag die Pharmaindustrie und die „etablierte Ärzteschaft“ erwähnen, dieses Argument geht ja sicher in die wirtschaftlich / finanzielle Richtung. Ohne hier die Pharmaindustrie heiligsprechen zu wollen, aber schon im Jahr 2005 (aktuellere Zahlen konnte ich auf die Schnelle nicht finden) machten homöopathische Unternehmen einen Umsatz von 400 Mio. Euro (https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-71558786.html). Und da man recht überschaubare Kosten hat, wenn man Zucker und Wasser verkauft, dürfte davon jede Menge hängen bleiben.
Homöopathie und andere „alternative“ Methoden sind ein knallhartes Business, in dem es um nichts anderes geht als Geld. Nicht unbedingt für die Ärzte oder Heilpraktiker, aber für die Globuliproduzenten oder die Firmen, die ein paar Platinen zusammenlöten, ein Gehäuse mit ein paar blinkenden Lichtern drum rum bauen und das ganze als Biomagnetresonanztherapie-Gerät zu absurden Preisen verkaufen. Und im Gegensatz zu Pharmaunternehmen müssen diese Unternehmen kein Geld für Forschung und Entwicklung, Wirksamkeitsnachweise oder Risikobewertungen ausgeben.
Auch Homöopathie-Firmen betreiben massivst Lobbyarbeit und mit Frau Steffens haben sie einen Volltreffer gelandet. Es geht nicht primär darum den Menschen aus purem Altruismus helfen zu wollen. Die Firmen wollen ein größeres Stück vom Kuchen, indem ihre Placebobehandlungen der evidenzbasierten Medizin gleichgestellt werden und mit dem durchdringen universitärer Lehrpläne eine größere Akzeptanz geschaffen wird (und Multiplikatoren).
@Matthias Seibt:
Der Begriff „Schulmedizin“ wird seit dem 16. Jhd. abwertend gebraucht. Die Nazis nutzten ihn, um die „jüdische“ Medizin zu diskreditieren und stattdessen eine esoterisch geprägte „Volksmedizin“ durchzusetzen (https://de.wikipedia.org/wiki/Schulmedizin).
Für die Entscheidung „Wissenschaft oder Humbug“ hat die Menschheit über Jahrhunderte Kriterien entwickelt und vor allem WEITERentwickelt. Für Medikamente bedeutet das heute, dass ihre Wirksamkeit in Studien mit festgelegten Kriterien (doppel-blinde, Placebo-kontrollierte Studie z.B) nachgewiesen sein muss. Das hat man nicht willkürlich festgelegt, dafür gibt es Gründe. Nochmal, dies soll keine Heiligsprechung der Pharmaindustrie sein. Auch dort wird mit Sicherheit „cherry picking“ betrieben oder schlichtweg auch mal beschissen. Die Homöopatie allerdings ist bislang JEDEN Wirksamkeitsnachweis schuldig geblieben.
Vor 200 Jahren wird eine Theorie erdacht. Diese wird seitdem nicht verändert. Irgendwann kommen kritische Fragen nach dem „Wie?“ und man schiebt eine noch verquerere Wasser-Gedächtnis-Theorie hinerher. Das hat nix mit Wissenschaft zu tun.
Auf SpOn war vor einigen Tage ein gutes Interview (https://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/alternative-medizin-wir-muessen-den-menschen-als-ganzes-betrachten-a-893838.html). Was sich wirklich ändern muss im Gesundheitssystem ist die Art der Bezahlung der Ärzte. Ein ausführliches Patientengespräch und Aufmerksamkeit muss bezahlt werden, nicht das bloße Verordnen von Therapien und Medikamenten sowie eine Gesprächspauschale.
@torsten:
Ich dachte eigentlich, zum Ausdruck gebracht zu haben, dass ich das Lobbying der Pharmaindustrie auch nicht gut heiße. Aber Homöopathieunternehmen werden häufig als Gegenstück zu „Big Bad Pharma“ dargestellt, bedienen sich aber den gleichen Mitteln und verfolgen die gleichen Ziele. Und natürlich kann man auch über die Preispolitik der Pharmaindustrie diskutieren, die ist sicherlich nicht immer verständlich und vielleicht manchmal fragwürdig. Man sollte aber im Hinterkopf haben, dass der Preis für die Entwicklung eines neuartigen Medikaments in die Milliarden gehen kann und dies natürlich durch den Verkauf existierender Medikamente bezahlt werden muss. Bei homöopathischen Mitteln ist keine teure Entwicklung notwendig, es ist keine „Querfinanzierung“ notwendig, aber trotzdem werden 10 g Milchzucker für 8 € verkauft. Das sind immerhin 800 €/kg. Das ist meiner Meinung nach pure Abzocke und DAS möchte ich mit meinen Beiträgen nicht mitfinanzieren.
Wenn ein Arzt homöopathische Mittel verordnet, weil er um deren Placebowirkung weiß, kann ich damit leben. Mein Hausarzt sagte mal zu mir „Ich würde ihnen ja was homöopathisches verschreiben, aber sie sind ja Biochemiker!“, das war für mich ok.
Und das Zusammenspiel von Körper und Psyche wird auch von der modernen Medizin gar nicht geleugnet. Vielleicht noch unterschätzt, aber es gibt auch viel Forschung in dem Bereich. Dem Thema widmet sich ja auch der von mir verlinkte SpOn-Artikel.
Also, Placebo ja bitte, aber nicht zu dem Preis. Und wenn dann noch ein pseudowissenschaftlicher Überbau hinzu kommt und versucht wird, die Wirkweise (Gleiches heilt gleiches, wirksamer durch Potenzierung) und den Wirkmechanismus („Wassergedächtnis“) zu erklären bzw. ein Arzt das auch noch glaubhaft vermittelt, ist das schlichtweg ein Schritt zurück ins 19. Jahrhundert. Und genau das wird erreicht, wenn Homöopathie an Universitäten gelehrt wird und als äquivalent angesehen wird.
Ich habe auch geschluckt, als ich am Ende des Artikels die Parteizugehörigkeit des Autors sah. Aber ab und an kommt es halt auch vor, dass Angehörige von Parteien, die ich nie wählen würde, bei einem Thema mal meine Meinung teilen. Nur weil jemand zu einer bestimmten Partei gehört, hat er ja nicht grundsätzlich bei allem Unrecht.
@Bioblubb: „Und das Zusammenspiel von Körper und Psyche wird auch von der modernen Medizin gar nicht geleugnet.“
Hat auch niemand behauptet. Lesen Sie einfach nochmals das, was ich im letzten Absatz in #18 geschrieben habe. Es bezog sich auf den Autor des Blogbeitrags.
Was die Preisgestaltung der Pharmabranche betrifft, so findet sich bei einer simplen Google-Recherche einiges, mit dem man das allgemeine Gejammer wg. Forschungskosten hinterfragen könnte.
Last not least ist es nicht koscher, Homöopathie auf das lapidare Verschreiben von Globuli zu reduzieren. Auch wenn es mir selbst nicht geholfen hat, so hat mich doch beeindruckt, wieviel Zeit sich ein Homöopath für das Gespräch mit seinen Patienten nimmt. Wer weiß, ob nicht ein Teil der – wenn auch wenigen – Therapie-Erfolge darauf zurückzuführen ist? Und wenn solche Aspekte in die – selbst nach Ärztemeinung – arg verschulte Medizinerausbildung integriert würden: wäre das so schlimm? Und wenn das dazu führen würde, dass das Abrechnungssystem das Patientengespräch höher bewertet: so schlimm?
@torsten: Es ist sogar davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der homöopathischen „Erfolge“ durch genau dieses intensive Patientengespräch hervorgerufen wird. Ich glaube, wir iegen gar nicht soweit auseinander. Ich schrieb ja schon in meinem ersten Posting ganz am Ende, dass genau das verbessert werden muss. Und zwar sowohl in der medizinischen Ausbildung als auch in der Vergütung durch die Kassen. Ich will nur nicht, dass man dies unter dem pseudowissenschaftlichen Dekmantel der Homöopathie tut.
„Wir brauchen für die Homöopathie ein anderes, akzeptiertes Verfahren zum Wirksamkeitsnachweis, um die Frage der Kostenerstattung zu öffnen.“
Übersetzt heißt das ja wohl: Mit den bisherigen Maßstäben läßt sich der Wirksamkeitsnachweis nicht führen – laßt uns die Hürden niedriger legen.
Genau das, was ich von einer mehrfachen Studienabbrecherin erwarte.
Ich hoffe das weiterhin Verlass auf die Notärzte ist, die Unfallopfer und Schwerkranke versorgen und sicher in kompetente ärztliche, klinische Behandlung bringen, um sie chirurgisch und medikamentös am Leben zu erhalten.
Die Fans der Homöopathie können sich ja mit einer Bachblüten-Rikscha abholen lassen und Spontanheilung von Schamanen herbeitrommeln lassen, das sei ihnen unbenommen, wenn ihr Glaube stark genug ist, dann sollen sie damit ihren Weg gehen.
Man kann natürlich auch an Dummheit doktern, ob das sinnvoll ist, sollte im grünen Patientenausweis von vornherein geklärt sein.
Nicht das ein Grüner oder Esoteriker aus Versehen auf der Intensivstation landet, wo ihn die Schulmedizin malträtiert und zusammenflickt, da lässt sich viel sparen.
@Torsten: Andere Maßstäbe bedeutet andere als wissenschaftliche Maßstäbe. Das so etwas aus dem Lager der Grünen kommt ist nicht weiter verwunderlich, dass niemand von der SPD sich gegen diesen Unfug stellt mehr als peinlich.
@ 24 | Torsten
Hier ein Einblick in die homöopathische Notaufnahme:
https://www.youtube.com/watch?v=Uvvp2lYz1J8
Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber irgendwie erinnern Sie mich an einen Foristen gleichen Namens, der regelmäßig auf Readers Edition anzutreffen ist.
@24 Torsten
Polemik hin, Polemik her. Sie ist mehrfache Studienabbrecherin.
Ansonsten wäre es schön, wenn Sie mir erläutern würden, wie diese „anderen Maßstäbe“ denn aussehen sollen. Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, daß Frau Steffens höhere Maßstäbe anlegen will. Wie ich darauf komme? Bitteschön:
Interviewer: „Frau Steffens, Sie haben heute den Deutschen Homöopathiekongress eröffnet. Warum?“
Steffens: „Weil ich von Homöopathie selber persönlich überzeugt bin und weil ich einfach glaube, daß Homöopathie in unserem Gesundheitssystem einen festen Platz haben muß, weil die Patienten und Patientinnen das wollen und wir müßen weg vom „entweder – oder…“, sondern müßen zum „sowohl, als auch…“ und die Patienten und Patientinnen wollens so, und ich bin davon überzeugt.“
Also, sie ist von Homöopathie einfach überzeugt und sie glaubt, daß Homöopathie im Gesundheitssystem einen festen Platz haben muß, weil… ja, äh…, weil… die Patienten Homöopathie wollen und sie nun mal überzeugt ist. Als Werbespruch: „Steffens weiß, was Patienten wünschen… Homöopathie!“. Mich hat sie zumindest nicht gefragt und Glauben ist nicht Wissen. Wenn man glaubt, ist Wissen zweitrangig. Aber, es geht ja weiter:
Interviewer: „Aber es ist ja noch ein weiter Weg dahin, daß die Homöopathie ein fester Bestandteil des Gesundheitswesens wird. Was erwarten sie denn von den homöopathischen Ärzten?“
Steffens: „Also, ich erwarte, daß die homöopathischen Ärzte und Ärztinnen einfach auf diesen Diskurs mit der Schulmedizin und mit dem System, gemeinsam auch mit mir, führen. Weil ich glaube, wir müßen sowohl die Kostenträger im System überzeugen davon, daß der richtige Weg ist, in vielen, vielen Fällen erstmal homöopathische Maßnahmen zu ergreifen.“
Tja, sie glaubt, daß es in vielen, vielen Fällen der richtige Weg ist, ERSTMAL homöopathische Maßnahmen zu ergreifen. Davon kann ich, aus persönlicher Erfahrung, nur abraten. Es ist schon ganz sinnvoll, ein Krankheitsbild zuallererst durch einen „echten“ Mediziner abchecken zu lassen. Hätte ich mich erstmal auf Homöopathie verlassen, läge ich jetzt in der Kiste. Soviel zum „unverdrossenen Anbeten der Schulmedizin“.
Etwas später im Interview.
Steffens: „Man hat das erlebt deutlich bei den ganzen Auseinandersetzungen rund um die Akupunktur, die ja irgendwann den Eingang in den Leistungskatalog gefunden hat und dann mit hanebüchenen Argumenten gesagt worden ist, das muß da wieder raus, obwohl selbst bei der Akupunktur deutlich nachzuweisen war, daß jede Form der Akupunktur effektiver war, als die medikamentöse Behandlung.“
Aus dieser Aussage lese ich, daß in ihren Augen Akupunktur nicht ganz so dolle ist wie Homöopathie, aber selbst Akupunktur ist immer besser als eine medikamentöse Behandlung.
Auch hier stellt die gute Frau wieder etwas als erwiesen hin, was so nie bewiesen wurde. Es gibt tatsächlich Studien, die ihre Aussage teilweise bestätigen. Diese Studien werden allerdings auch heftig angezweifelt, Stichwort: Entblindung.
Ich bleibe dabei, Frau Steffens läßt sich weniger vom Verstand, als vielmehr vom Glauben und ihrem „gesunden Bauchgefühl“ leiten. Irgendwie nach dem „Pippi-Langstrumpf-Prinzip“: Widdewiddewit – ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.
Schlechte Voraussetzungen für eine Gesundheitsministerin.
Das ganze Interview kann man sich hier anschauen: https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=dFIeRm_8TBE
(Kommentare sind zu diesem Interview selbstverständlich unerwünscht.)