Für die Ruhrbarone ist Twitter nicht wichtig und ich mag es auch nicht. Aber einen Wunsch an Elon Musk hätte ich trotzdem.
Seit September 2008 sind die Ruhrbarone auf Twitter vertreten, das Blog war damals kein Jahr alt. Heute haben wir auf dem zurzeit viel diskutierten Microbloggingdienst 22.188 Follower. Ab und zu erwischt uns ein Shitstorm. Als wir 2010 einen Artikel über einen ehemaligen SPD-Abgeordneten der zu den Piraten übergelaufen war veröffentlichten, der mit DVDs voller Kinderpornografie erwischt wurde, stürzten sich seine Anhänger tagelang auf uns. Wir wurden beschimpft, weil wir den armen Kerl angeblich vorverurteilt hatten. Am Ende erhielt der Politiker ein Jahr und drei Monate auf Bewährung. Es war der erste Shitstorm den wir erlebten und auch der einzige, der uns etwas ausmachte. Bis wir merkten, dass er vollkommen bedeutungslos war Alle, die noch folgen sollten, nahmen wir mit einem Schulterzucken hin, denn wir lernten sehr schnell, dass Twitter eine eigene Welt ist, in der sich vor allem lautstarke arme Würstchen tummeln. Twitter ist für uns vor allem ein Medium, auf dem wir routiniert unsere Artikel posten. Die Zahl der Zugriffe auf das Blog, die über Twitter kommen, sind extrem gering. Google und Facebook sind für uns wesentlich wichtiger. Über Twitter erreichen uns nur knapp zehn Prozent unserer Leser. Auch als wir uns mehr Mühe gaben war das nicht großartig anders.
Wem Twitter gehört, ist mir egal. Dass Wokoharam sich über Musk aufregt, kann ich gut verstehen: Es ist das Medium, das Zwerge groß erscheinen lässt und Randphänomene, die für kaum jemanden eine Rolle spielen, aufbläst. Allerlei Minderheiten präsentieren sich dort effektvoll und schaffen es dann ab und an auch in die großen Medien, wenn gerade nichts Wichtiges ansteht. Doch der Hype um schwerstbetroffene Kleinstgruppen wird schnell durch irgendwas anderes beendet. Ein nettes Erdmännchen zum Beispiel oder irgendwen, der im Dschungelcamp auf eine Made beißt.
Twitter macht Verluste und ist technisch so innovativ wie ein SPD-Ortsverein aus Oer-Erkenschwick. Musk könnte der Richtige sein, um den Laden in die Gewinnzone zu bringen. Mit PayPal, Tesla und SpaceX hat er gezeigt, dass er aus Visionen alltagstaugliche Technologien entwickeln kann. Vielleicht macht er aus Twitter ein neues WeChat, greift die Daten für sein KI-Projekt ab oder schließt die Butze in zwei Jahren. Wokoharam würde seine wichtigste Plattform verlieren. Es würde mich nicht meinen Nachtschlaf kosten.
Aber einen Wunsch hätte ich dann doch an Elon Musk. Mich stört an Twitter, dass ich nur ein Herzchen vergeben kann. Da ich nirgendwo so viel lächerlich Unsinn lese wie dort und ich da nun einmal immer wieder mal mit dem Ruhrbarone-Account unterwegs bin, um unsere Texte zu posten, hätte ich gerne die Möglichkeit, ein Lachsmiley zu vergeben. Auf Facebook habe ich mehr Möglichkeiten, auf Posts zu reagieren. Ich fände es nett, sowas auch auf Twitter zu können. Und da ich ahne, dass ich nicht der Einzige wäre, der vom Lachsmiley eifrig Gebrauch machen würde, könnte es mit dazu beitragen so manchen Post etwas besser einzuordnen.
Twitter war für mich auch immer ein Buch mit sieben Siegeln – und in meinen Augen überschätzt. Fleißig retweetet wird dort, das Ergebnis dabei – also Aufrufe auf die geteilten Inhalte – ist aber im Verhältnis dazu unbefriedigend.
„No more useless information“ sang Sting in „Let Your Soul Be Your Pilot“ auf Mercury Falling von 1996.
Heute stünde in dem Text irgendwo twitter. 280 Zeichen Infos sind von eng begrenztem Wert, da machen schon 60sec Filmchen deutlich mehr her.
Die behauptete Relevanz von Twitter verortet Autoren und Rezipienten im Umfeld der digitalen Analphabeten. Der Ratten-Kommentar von Nils Dampz bestätigt dies eindrücklich und wirft die zusätzliche Frage auf, ob es wirklich nur digitaler Analphabetismus ist, der dort ausgelebt wird.
Und was ist so schlimm an Aufmerksamkeit für Minderheiten?
Twitter ist vor allem deswegen relevant, weil viele Journalisten meinen Recherche durch ein Blick in Twitter ersetzen zu können oder zumindest die schon nutzwertlosen Straßenumfragen ins digitale Zeitalter überführt haben.