„Ich stolz, Kartoffel zu bin!“

fedich1„…sag‘ ich ja auch ganz klar dass ich stolz, Deutscher zu bin!“ So oder so ähnlich klingt der neue Patriotismus in Deutschland, hier geäußert von Deutschlands ästhetischem Aushängeschild, Boris Becker. Einige besonders eifrige Vaterlands-Fans habe sich nun etwas ganz besonderes ausgedacht- Kartoffel-Selfies.

Am Anfang war die Banane, genauer gesagt: flog die Banane. Und zwar in Richtung Dani Alves, Abwehrspieler des FC Barcelona. Bei einem Spiel seines Teams gegen den FC Villarreal im vergangenen Monat wurde er auf diese Weise von einigen Fans rassistisch angegangen. Alves ließ sich nicht beirren und biss ab. Nachspiel: Eine Welle der Solidarität spülte tausende Selfies mit Menschen, die mit einer Banane posieren, durch die sozialen Netzwerke.

„Es war ja vor einiger Zeit diese Aktion gegen Rassismus mit der Banane. Ich habe auch ein Bild gemacht, nur gegen den Deutschenhass“, postete ein User auf vor einiger Zeit auf Facebook. Darunter: Ein Bild von ihm, wie er sich mit einer Kartoffel in der Hand in Szene setzt. Knapp 17.000 Fans hat die dazugehörige Facebook-Seite „Ich bin stolz Deutscher zu sein“, auf der diverse Deutschländer seinem Vorbild nacheifern, bislang. Die Seite gab es schon vorher, nun aber dient sie als Zentralorgan der Kartoffel-Deutschen. In einem Mischmasch aus Neonazi-Propaganda und Werbung für die Jugendorganisation der AfD recken schwarzbraune Bildungsverlierer die südamerikanische Frucht in die Höhe. Vordergründig wird sich „Gegen Rassismus“ ausgesprochen. Das meint hier allerdings lediglich die sogenannte Inländerfeindlichkeit und angesichts der braunen Parolen, die auf der Seite verbreitet werden, lässt sich diese Fassade kaum aufrecht erhalten.

Hintergrund ist die Bezeichnung „Kartoffel“, die nach Lesart der Initiatoren in beleidigender Form gegen Biodeutsche vorgetragen werde. Das ist zwar nicht ganz falsch, funktioniert als Replik auf die Bananen-Aktion aber nicht. Denn weder wurde Abwehrspieler Dani Alves als „Banane“ bezeichnet, noch werden Kartoffeln auf weißdeutsche Spieler geworfen. Allerdings: Um sich über die Unbeholfenheit rechter Satire-Versuche lustig zu machen, reicht’s allemal.

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Müller
Müller
10 Jahre zuvor

Das ist einfach zu gut 😀

Martin Schröder
10 Jahre zuvor

Schöne Idee, aber nicht mit diesem Font.

Wiedenstried
Wiedenstried
10 Jahre zuvor

Zu dem Biss in die Banane von Dani Alves könnte man noch erwähnen, dass es sich eigentlich um eine PR Aktion handelte
https://www.sueddeutsche.de/sport/bara-aktion-gegen-rassismus-geplanter-biss-in-die-banane-1.1948714

Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

„Mein Volk, dem ich angehöre und das ich liebe, ist das deutsche Volk, und meine Nation, die ich mit großem Stolz verehre, ist die deutsche Nation. Eine ritterliche, stolze und harte Nation.“ Ähem, E.T.. nein, nicht der aus der Weltraumschmonzette, der war ja nicht „Fleisch vom Fleische und Blut vom Blute des deutschen Arbeiters.“ Nationalesbescheuertsein ist ganz offenbar nicht auf die Rechten beschränkt.

classless Kulla
10 Jahre zuvor

@ Thomas Weigle

Nationalismus ist die am weitesten verbreitete Form von Ideologie überhaupt, praktisch überall auf der Welt, auch hier, von oben bis unten und von links bis rechts, wirksam vor allem in den Aufwallungen der „Tüchtigen“ aller Art gegen die „Untüchtigen“ aller Art.

discipulussenecae
discipulussenecae
10 Jahre zuvor

#4 | Thomas Weigle:

Ich lebe gern in Deutschland!

Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

@ Classless Kulla So issess @Discipulussenecae Ich bin ebenfalls froh hier zu leben.
„Lieben sie ihr Vaterland, Herr Heinemann?“- „Ich liebe meine Frau.“

Mein Mitgefühl gilt allen BVB-Fans. Hätten die Bayern noch das CL-Finale vor Augen gehabt, wäre gestern der Jubel möglicherweise schwarz-gelb gewesen.
Wie hat den der BVB in Sachen Torlinientechnik abgestimmt?

Robin Patzwaldt
Editor
10 Jahre zuvor

@Thomas: Der BVB hat für die Torlinientechnik gestimmt.

Julia Seeliger
10 Jahre zuvor

Interessant, Food habits.

Ich glaube ja, dass die Kartoffel gar nicht so deutsch ist, man kann sie überall auf der Welt essen und eigentlich kommt sie ja aus Amerika. Vielleicht denken die Deutschen, dass die Kartoffel deutsch ist, weil Friedrich „der Große“ sie ihnen … beigebracht hat?

Gerd
Gerd
10 Jahre zuvor

Mit Kartoffeln sind doch eher die Amerikaner gemeint.

Helmut Junge
Helmut Junge
10 Jahre zuvor

Wenn ich Kartoffel genannt würde, wäre das für mich keine Beleidigung, weil mir solch Schwachsinn egal wäre. Ich glaube auch nicht, daß sich überhaupt jemand deswegen beleidigt fühlen würde. Solche albernen Beleidigungen behaupten sich nur, wenn sie Wirkung zeigen. Nur dann machen sie dem Beleidiger wirklich Spaß. Wer sagt heute noch Kraut zu uns? Nur wir selbst. Also!
Überhaupt kennt im Ausland niemand den Namen Deutschland. Ich muß jedesmal fragen, was ich als Adresse auf meine Urlaubskarte schreiben muß. Oft ist es eine Variante von Allemannia, in Finnland „Saxa“, im Osten irgendwas mit Nemetsch, was „die ohne Sprache bedeutet“, woanders sagen sie Germany, und was weiß ich. Auf Zypern wurde ich gefragt, habe es auch gesagt, aber wußte nicht das richtige Wort. Deutschland sagen nur die Österreicher und die Schweitzer. Letztere, weil die sich selbst für Alemannen halten, vermute ich. Ich habe mich an alles gewöhnt und da lernte ich vorige Woche, daß man in Portugal neuerdings „Deutsch“ sagt, obwohl die früher irgendwas mit Allemania gesagt haben. Ja, was soll das denn nun wieder? Man lernt einfach nicht aus. Gut, wenn die mal meinen, daß das Land Kartoffel heißt, schreibe ich eben Kartoffel auf die Karte. Aber wenn diese Karte fast zwei Wochen unterwegs ist, kann ich nur den Kopf schütteln. Da habe ich mich allerdings auch schon dran gewöhnt.

Gerd
Gerd
10 Jahre zuvor

„Am Anfang war die Banane, genauer gesagt: flog die Banane. Und zwar in Richtung Dani Alves, Abwehrspieler des FC Barcelona. Bei einem Spiel seines Teams gegen den FC Villarreal im vergangenen Monat wurde er auf diese Weise von einigen Fans rassistisch angegangen. Alves ließ sich nicht beirren und biss ab. Nachspiel: Eine Welle der Solidarität spülte tausende Selfies mit Menschen, die mit einer Banane posieren, durch die sozialen Netzwerke.“

Das war übrigens nur eine einfache Marketing-Aktion:

https://falscheneun.net/die-marketing-banane/

sebastian
sebastian
10 Jahre zuvor

Ein Krautskopf haette wohl besser gepasst…mit Kartoffeln verbinden viele eher osteuropäeische Bauern die daraus Wodka machen.

Jürgen A. Erhard
Jürgen A. Erhard
10 Jahre zuvor

Diese Bananensache war vielleicht „geplant“. Aber sicher keine „PR-Aktion“. Bei einer Aktion ist *alles* geplant, und nicht nur „Ja, wenn das noch mal passiert, dann…“ Bei einer Aktion wäre auch der Wurf geplant. Und das war er nicht.

Also: Fakten, Fakten, Fakten. Aber in dieser Zeit der „Truthiness“, was zählen da Fakten.

Gerd
Gerd
10 Jahre zuvor

@#14 | Jürgen A. Erhard:

In Brasilien sorgt die ganze Aktion mittlerweile zunehmend für Verärgerung unter denen, die gegen Rassismus kämpfen. Ein bekannter (weißer) TV-Moderator postete ein Bananenfoto mit seiner (weißen) Frau und vertreibt nun teure T-Shirts mit Bananen-Aufdruck, und das ganze Ding wird nun zum billigen Hype, der den alltäglichen Rassismus in Brasilien übertüncht anstatt ihn bloß zu stellen. Der beste ironische Hashtag zum Thema ist daher derzeit #somostodosbananas – Wir sind alle Banane…

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