Es war einer der schwärzesten Tage im deutschen Fußball. Am 10. November 2009 starb Robert Enke. Der damals 32-jährige Keeper von Hannover 96 litt unter Depressionen und setzte seinem Leben ein Ende. Enke nahm sich an einem Bahnübergang in Neustadt am Rübenberge-Eilvese, unweit seines Wohnorts Himmelreich, durch Schienensuizid das Leben.
In der Bundesliga war Robert Enke ein hoch angesehener Sportsmann. Er begann seine Bundesligakarriere bei Borussia Mönchengladbach. 1999 wagte er den Wechsel ins Ausland und wurde zum Stammtorhüter bei Benfica Lissabon. Anschließend verpflichtete ihn der FC Barcelona, für den er jedoch nur ein einziges Pflichtspiel absolvierte. Enke gab schließlich zu, während seiner Zeit in Barcelona unter Versagensängsten und ersten Anzeichen der Depressionen gelitten zu haben.
Im Sommer 1999 wechselte Enke nach Portugal zu Benfica Lissabon. Unter dem deutschen Trainer Jupp Heynckes wurde er zum Leistungsträger und Mannschaftskapitän. Lissabons Traditionsclub erzielte allerdings in den folgenden drei Spielzeiten nur mittelmäßige Ergebnisse. Daher wechselte Enke 2002 in die Primera División zum FC Barcelona. Unter Trainer Louis van Gaal kam es jedoch zum Karriereknick: Enke wurde lediglich in einem Pokalspiel, in zwei Champions-League-Spielen und einmal in einem Ligaspiel eingesetzt.
Ein Ausleihgeschäft im Sommer 2003 mit dem türkischen Verein Fenerbahçe Istanbul unter dem Trainer Christoph Daum geriet zu einem Desaster. Das erste Spiel mit Enke ging verloren, worauf ihn die eigenen Fans mit Gegenständen bewarfen. Daraufhin löste Enke seinen Vertrag auf und war vorübergehend vereinslos. Doch er ließ sich von diesem Karriereknick nicht unterkriegen. Obwohl er formal noch bei Barcelona unter Vertrag stand, ließ er sich im Januar 2004 in die zweite spanische Liga ausleihen. Beim CD Teneriffa konnte er dann wieder sportlich überzeugen.
Mit seinem Wechsel zu Hannover 96 im Jahr 2004 rückte Enke in der deutschen Öffentlichkeit zunehmend in den Fokus. Von Beginn an gehörte er zu den Leistungsträgern der Mannschaft. Für den niedersächsischen Klub stand der gebürtige Jenaer insgesamt 164 Mal zwischen den Pfosten. Ab 2007 war Enke Kapitän der Mannschaft von Hannover 96. Joachim Löw berief ihn 2007 in die DFB-Nationalmannschaft, für die er in seiner Karriere insgesamt achtmal auf dem Platz stand. 2006 und 2009 wurde er von den Bundesligaspielern in Umfragen des Fachmagazins Kicker zum Kicker-Torhüter des Jahres gewählt.
2006 erlitt Enke einen schweren privaten Rückschlag, als seine nur zwei Jahre alte Tochter Lara an einem Herzfehler starb. „Unsere Tochter war fast ein Jahr im Krankenhaus, davon ein halbes Jahr auf der Intensivstation. Das verändert die Sichtweise“, so wurde Enke vom „NDR“ zitiert. Nach seinem Selbstmord hinterließ er seine Frau Teresa und eine acht Monate alte Adoptivtochter.
Ich möchte bei der Gelegenheit dem Lokführer mein Mitgefühl aussprechen. An diese denkt leider beim Thema Schienensuizid niemand. Diese sind hinterher oft gebrochen und für ihr restliches Leben traumatisiert, berufsunfähig und zerstört. Sie werden von Suizidenten in diese Situation gebracht und können nichts dagegen tun. Ich hoffe, der betreffende Lokführer konnte dieses Trauma einigermaßen verarbeiten. Sonst wurden an diesem Tag gleich zwei Leben zerstört.
"Schienensuizid" ist ein sehr würdeloser Begriff, so ganz künstlich und technisch. Da ist einer auf die Schienen gegangen oder gesprungen und hat sich kaputtfahren lassen, weil er nicht mehr anders konnte.
Das Mitgefühl auch für den Lokführer kann ich sehr gut nachvollziehen, doch man sollte auch durchaus über Sterbehilfe für Menschen mit mentalen Erkrankungen sprechen, die keine Aussicht auf Besserung oder gar Heilung haben. Ich will das von Robert Enke abstrahieren, das kann ich gar nicht beurteilen. Aber i.R. der Sterbehilfe (in der Schweiz bspw.) wird es diesen Menschen bisher verwehrt, einen risikofreien und schmerzlosen sowie "garantierten" Freitod zu begehen.
Irgendwo las ich mal, dass pro Tag einer hierzulande in die Schienen geht. Traumatisierte Lokführer, stundenlang gesperrte Strecken, oft Tausende von Reisenden betroffen. Kaum einer von denen, Ausnahme Enke, hat vorher das Leben von so vielen Menschen beeinflusst.. Ich find`s einfach nur daneben, ob prominent oder nicht.
Gegen die Lokführer wird zunächst wg. eines Tötungsdeliktes ermittelt, ebenso wenn sie Menschen überfahren, die trotz geschlossener Schranken oder Rotlicht einen Übergang benutzen. Nicht jeder Lokführer kehrt anschließend an seinen Arbeitsplatz zurück, andere wiederum brauchen lange, ehe sie wieder einen Führerstand betreten.
Die Zahl hat sich nach der ausführlichen Berichterstattung über Herrn Enkes Suizid leider dauerhaft erhöht und hat sich inzwischen bei bundesweit über 800 Schienensuiziden im Jahr eingependelt, der altbekannte Werther-Effekt.
Viele Psychologen bezeichnen einen Schienensuizid auch als erweiterten Suizid, weil der Lokführer dazu gezwungen wird einen anderen Menschen zu töten, ohne dass dieser irgendwie reagieren kann, etwas tun, handeln. Diese Ohnmacht gepaart mit dem Erlebnis verursacht PTS und bricht viele Betroffene. Und diese psychische Gewalt, mit der das Leben eines Fremden oft zerstört wird, findet leider in der Berichterstattung nie statt.
Jeder freie Mensch sollte auch das Ende seines Lebens selbst bestimmen können. Andere da derartig mit reinzuziehen erzeugt bei mir aber kein Mitgefühl, sondern Wut.