Sinwar ist tot, das Hamas-Hirn abgeschaltet. Ebenfalls vom Strom: die Hamas-Promo in Deutschland. Initiative Weltoffenheit, das milliardenschwere Bündnis von Intendanten, das sich mit dem Kulturressort der Hamas vermählen wollte, mit BDS, hat sich verabschiedet aus seinem weltweiten Netz. Ein Erfolg? Ja. Aus Einsicht? Nein. Eine Lehre? Sie ist bitter ein Jahr nach 10/7.
„Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit“ fragte Adorno im Herbst vor 65 Jahren, als aufarbeiten ein anderes Wort war für wegwischen „selbst aus der Erinnerung“. Sich von der NS-Vergangenheit zu lösen, erfolge einerseits zu Recht, weil anders „des Schreckens kein Ende ist“, und geschehe zu Unrecht, „weil die Vergangenheit, der man entrinnen möchte, noch höchst lebendig ist.“ Wie ein Untoter lebe der Nationalsozialismus nach und mit ihm „die Bereitschaft zum Unsäglichen“. Was Adorno von dem Terror sagte, der sich 1000jährig dachte, drängt heute zu der Frage, ob es ähnlich gelte für eine Terrorphilie, die es vor 10/7 gab und nach 10/7 gibt: „Ich betrachte das Nachleben des Nationalsozialismus in der Demokratie als potentiell bedrohlicher denn das Nachleben faschistischer Tendenzen gegen die Demokratie“, so Adornos Einschätzung. Und die Kumpanei mit dem Terror in der Demokratie? Die fortwährende Entschuldung von Terror als Widerstand, seine Verklärung als Opfergang, seine Ästhetisierung als Weltoffenheit, könnte dies heute bedrohlicher sein für die Demokratie – für Juden sowieso – als der tatsächliche Terror gegen sie?
Die Aufarbeitung des Terrors jedenfalls, der eben noch als hochmoralisch galt, folgt auch heute Mustern, die Adorno für seine Zeit beschrieben hat, etwa wenn es heißt, dass das Opfer – es ist eine Art Minirock-Theorie – „Veranlassung gegeben“ habe, ermordet zu werden.[1] Dass das Potenzial enorm ist für eine Terrorphilie, die sich in der Demokratie entfaltet, den Nachweis hat die Initiative GG 5.3 Weltoffenheit geführt, die sich im Dezember 2020 der Öffentlichkeit vorgestellt und jetzt augenscheinlich aufgelöst hat.
Zur Erinnerung: Das Bündnis teils größter, teils mittelgroßer Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen – ua Goethe-Institut, Humboldt-Forum, Kulturstiftung des Bundes, diverse Theater und Tanzhäuser – verantwortete summiert eine Milliarde Euro öffentlicher Mittel pro Haushaltsjahr. Sein Ziel: glauben machen, dass BDS, die Hetzkampagne gegen Israel, eine „gesellschaftliche Vision“ bereitstelle. Begründung: Das „Anderssein“ von BDS besitze „demokratische Qualität“, man wolle sich für „alternative Weltentwürfe“ öffnen, sonderlich für den von Achille Mbembe.
Der Verweis auf Mbembe war der einzige in einem verblasenen Text, der deutlich macht, worum es ging: Im Herbst 2003, auf dem Höhepunkt der zweiten Intifada, hatte der postkoloniale Theoretiker den Terror gegen israelische Zivilisten zu einer „Vision der Freiheit“ erklärt und den Selbstmord-Killer zum „Arbeiter im Zeichen der Zukunft“. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung waren 499 Israelis bei 136 Selbstmordattentaten ermordet worden, der mehrjährigen Terrorwelle fielen insgesamt über tausend Israelis zum Opfer. Woraus Mbembe schloss, dass Israel einen „absoluten Ausrottungskrieg“ führe, angetrieben von einem „Ausrottungswunsch“, der spezifisch jüdisch sei: „Das Blut“ – Suhrkamp verlegt sowas – „das Blut verschafft sich Geltung.“
Mbembe ist für BDS aktiv und die Terrorphilie des BDS seit langem bekannt. Gesteuert wird die antisemitische Boykott-Kampagne vom BDS National Committee (BNC), dem der Council of Palestinian National and Islamic Forces vorsitzt, in dem wiederum Hamas und Fatah die Schwergewichte stellen oder, was Hamas angeht, gestellt haben, flankiert von den Resten des Islamischem Dschihad (PIJ), den Säkular-Killern der PFLP und PFLP-GC, von PLF und PPSF usw., das Bombengeschäft ist divers.
Und BDS ist sein Kulturreferat, ein Terror-Ministerium für Kultur und Wissenschaft mit einer Reichweite, die der des Goethe-Instituts nicht nachsteht: Im November 2021 etwa schloss das BNC seine Kulturabtlg. mit der Klimabewegung kurz („profoundly interconnected“), ein Jahr später legte es mit zwei Kampagnen gegen einzelne Firmen nach, im Jahr darauf skandiert Greta Thunberg „No climate justice on occupied land“.
Offensichtlich ist das BNC imstande, den antisemitischen BDS einzuwalken ins kulturelle Bewusstsein und eine Stimmung zu wecken, die zwar, wie Adorno es formuliert hat, „durch offizielle Tabus in Schach gehalten wird, darum aber umso mehr Virulenz besitzt“.
In diesem Stimmungsfeld zwischen politischem Tabu und virulentem Chic gedieh die Initiative der deutschen Intendanten, die BDS offiziell abgelehnt haben, aber einschmieren wollten ins hiesige Kulturprogramm. Beraten wurden sie, als sei es um Augenhöhe mit dem BNC gegangen, von Andreas Görgen, dem Amtschef der Kulturbeauftragten der Bundesregierung, Claudia Roth (Grüne). Unterzeichnet hat den Persilschein für BDS auch Carsten Brosda (SPD), Präsident des Deutschen Bühnenvereins, im Hauptberuf Kultursenator in Hamburg. Man agitiert situiert.
Weltoffenheit ohne www
Jetzt hat sich das Intendanten-Bündnis abgemeldet, www.GG53weltoffenheit.org ist „permanently-removed.invalid“. Erste Absetzbewegungen hatte es drei Wochen nach 10/7 gegeben, angesichts des barbarischen Massakers an Tausenden Israelis, von Yahya Sinwar dirigiert, hatten Barbara Mundel, Intendantin der Münchner Kammerspiele, und Michael Grosse, Generalintendant des Theaters Krefeld und Mönchengladbach, auf Anfrage dieses Blogs ihre Unterschrift zurückgezogen und ihre veränderte Sicht auf BDS begründet. „Absolut inakzeptabel“ sei, so Grosse, dass das Bündnis der Intendanten nach 10/7 zu keiner „unmissverständlichen Stellungnahme in dieser aktuellen Situation für Israel“ gefunden habe.
Für die Initiative Weltoffenheit wäre der Rückzug von Grosse und Mundel die Chance gewesen, ihren Meinungsstreit öffentlich zu führen, immerhin hat die Initiative ihre eigene Existenz damit berechtigt, „kontroverse Debatten“ zu ermöglichen: „Es lohnt sich, dafür zu kämpfen, uns gegenüber kritisch zu sein“, hatte Thomas Krüger – der Leiter der Bundeszentrale für politische Bildung hat die Initiative mit Namen, Amt und Ratschlag unterstützt – recht sybillinisch erklärt, als sich die Initiative im Dezember 2020 der Öffentlichkeit hochtheatralisch präsentierte: Internationaler Tag der Menschenrechte, Bühne des Deutschen Theaters, Aufgang rechts, der erste Monolog, der zweite, siebte, vierzehnte, viel zermarterte Gewissen und zerquälte Blicke, viel Selbstmitleid über zu viel „Selbstzensur“, das alles auf 1:08:46.
Und dann kein Wort zu 10/7, keines zu den gemarterten Körpern, keines zur Marter der Geiseln, Tag für Tag entschieden sich die Intendanten für Grabesstille und tun es bis heute. „Stumm ist nur die Gewalt“, schrieb Hannah Arendt 1958.
Wiederum auf Anfrage dieses Blogs zeigte sich dann im vergangenen Sommer, dass auch vier Landmarken der hiesigen Kulturlandschaft ihre Mitgliedschaft in der Initiative Weltoffenheit gekündigt hatten, sie haben es stumm getan: die Kulturstiftung des Bundes, das Berliner Haus der Kulturen der Welt, das Deutsche Theater Berlin, die Berliner Festspiele. Schließlich ging irgendwann im späteren Sommer – der letzte Snapshot im Webarchiv stammt vom 8. Juli, der nächste wäre im August oder September zu erwarten gewesen – auch die Website verstohlen vom Netz, Weltoffenheit ohne www. Als wollte man – Adorno 1959 – „einen Schlussstrich darunterziehen und womöglich es selbst aus der Erinnerung wegwischen.“
Was wegwischen? Dass an den Hochaltären des Bürgertums eine Trauung mit dem Terror vollzogen werden sollte, ein Bündnis mit der Barbarei, das sich erneut gegen Juden zusammenschweißt.
Ein Bündnis, das mit dem radical chic der Linken – Brecht mit Lederkutte, Baader mit Ray Ban, Che Guevara überm Bett – nicht mehr viel gemein hat. Die Initiative derer, die sich als Taktgeber der politischen Kultur verstehen, sorgte vielmehr dafür, dass selbst eine so brave Bewegung wie der Weltgebetstag es für selbstverständlich nehmen durfte, Terror gegen Juden als „Widerstand“ zu feiern.
Auch dass BDS selber das größte Massaker an Juden seit dem weltoffenen NS-Regime abgefeiert hat, gab den deutschen Intendanten keinen Grund, ihre Eloge auf den BDS zu überdenken, seit 10/7 schweigen sie ebenso eisern wie „Die Vielen“, jenes „solidarische Netzwerk“, das tausende Kultureinrichtungen im deutschsprachigen Raum geknüpft haben, um sich gegen Angriffe von rechts zu schützen, auch ihnen kommt kein einziges Wort für Juden über die Lippen, wenn sie im jüdischen Staat leben.
„Im Haus des Henkers“, so Adornos bitteres Bonmot über das Schweigen seiner Zeit, „soll man nicht vom Strick reden; sonst hat man Ressentiment.“
„Transformation für die Kultur“
„Darf man beim 7. Oktober an die Massaker der Nazis denken?“, fragte Herta Müller kürzlich in der FAZ. Der Verstand, so die Antwort der Schriftstellerin, 2009 mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt, verbiete einem diese Nähe, Hamas selber aber rufe die Erinnerung an das, was eigene Vorfahren taten, immer wieder wach, es ist der Terror, der einem die Bilder aufdrängt und ihre Auswahl steuert: „Hamas orchestriert unsere Gefühle. Unsere Gefühle sind ihre stärkste Waffe gegen Israel.“
So wie das Gefühl der Scham, auch sie – etymologisch geht Scham zurück auf verschleiern, verbergen – gezielt geweckt und gesteuert, wie Marina Münkler gezeigt hat in einem Beitrag für die SZ: Die Systematik des Hamas-Massakers, so die Literaturwissenschaftlerin, entspräche der imperialer Eroberungen, die immer auf zivile Bevölkerung zielten und darauf, die eigene Bestialität zu demonstrieren und medial zu vergrößern. Hamas habe dieser imperialen Systematik „gezielt Elemente des Pogroms“ beigemischt, Münkler nennt hier die palästinensischen Zivilisten, die sich – kaum wohl spontan – am Abschlachten beteiligten und deren Aufgabe gewesen sei, „das Werk der feindlichen Nachbarn“ aufzurufen. Jeder kann gewinnen. Ein Massaker wie dieses, so Münkler, „kennt bei denen, die es verübt haben, keine Scham, zutiefst beschämt werden allein die Opfer.“
Und wir, die wir dies auf unseren Bildschirmen sehen? Und die Bilder, mit denen Hamas die Hirne aufschwemmt, nicht mehr aus den Köpfen kriegen? Sind diese Bilder ein Appell, der Aufruf zum DIY? Oder Aufschrei, dass nie wieder sein soll, was Hamas schon wieder tat? Oder Attest für einen Kulturbetrieb, der sich davongemacht hat: Wenn Kultur einen Sinn haben soll nach 10/7, dann den, die Bilder zu deuten. Eine Sprache zu finden für die Sprachlosigkeit, die sie selber befallen hat bei vollem Geläut. Scham zu empfinden über die Schamlosigkeit, mit der die eigene Branche die Barbarei beschweigt.
Oder sie beredet, als handele es sich um ein DSGV-konformes Muster. Alle auswählen, Nur notwendige, Einstellungen konfigurieren: „Wir verurteilen den terroristischen Angriff der Hamas auf Israel und die Ermordung und Entführung von Zivilist*innen aufs Schärfste. Jegliche Form der Unterstützung und Verharmlosung dieser Gewalt weisen wir als vollkommen inakzeptabel zurück. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer und allen Menschen, die von der Gewalt in der Region betroffen sind.“
So klingt das „Statement zum Angriff auf Israel“, ein vorgestanztes Stakkato, vorgetragen vier Tage nach 10/7 vom „Bündnis Internationaler Produktionshäuser“ (BiP), einem Verein mit sieben Mitgliedern und vier Mio Euro pro Jahr, die stammen sämtlich vom Bund.[2] Im Vorstand: Stefan Hilterhaus von PACT Zollverein Essen, Kathrin Tiedemann vom Forum Freies Theater Düsseldorf und Annemie Vanackere vom Hebbel am Ufer Berlin, jeweils mit 6:0 Stimmen gewählt, die anderen gehören Ingrida Gerbutaviiüt vom Düsseldorfer Tanzhaus NRW, Amelie Deuflhard von Kampnagel Hamburg, Carena Schlewitt von Hellerau Dresden sowie Marcus Droß / Anna Wagner vom Mousonturm in Frankfurt aM.
Man sei „innovativer Motor der nachhaltigen Transformation für die Kultur in Deutschland und darüber hinaus“, werben die sieben für sich, 2020 waren sie innovativer Motor der Initiative Weltoffenheit, vertreten von der damaligen BiP-Vorsitzenden Deuflhard. Ob sie ihr Plädoyer für BDS nach 10/7 „immer noch so unterschreiben“ würde, fragte sie der DLF Ende vergangenen Jahres, darauf Deuflhard: „Ich glaube, es war eine andere Zeit.“
Was zunächst klingt, als sei ihr klar, dass 10/7 einen Bruch durch die Kultur hindurch gefräst hat, meint das gerade Gegenteil: „Es wäre vielleicht jetzt“ – zehn Wochen nach 10/7 – „nicht die Zeit, wo man genau diese Resolution machen würde“, so Deuflhart weiter, denn eigentlich sei es „genau die richtige Resolution“.
Und das klingt nun doch, als wollte sie, in Stuttgart aufgewachsen, an Hans Filbinger erinnern, 1978 hatte der dort residierende Ministerpräsident, der als Militärrichter im NS-Terrorstaat vier Todesurteile zu verantworten und dies dann „vergessen“ hatte, die politische Moral auf den Satz heruntergebracht, „was damals Rechtens war, das kann heute nicht Unrecht sein“.
„Diesmal schaffen sie das …“
Was also bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit. Was bedeutet, wenn 10/7 keine Zäsur bedeutet oder lediglich eine Zäsur „für Jüdinnen und Juden“, wie Claudia Roth am Jahrestag des Massakers auf Abstand hielt (den richtigen Gedanken dann aber doch nachreichte, dass 10/7 ein Anschlag gewesen sei auf „das freie Kulturleben dort wie hier“). Um sich das Bleierne seiner Zeit zu erklären, hat Adorno eine Reihe Deutungen durchgespielt:
Identifikation mit scheinbar entrechteten Tätern? Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern? Kollektiver Narzissmus oder realitätstüchtiges Kalkül? Vorbehalte gegen Demokratie (mit „antiwestlichem Unterstrom“)[3] oder genuiner Judenhass, der sich eben dadurch definiere, „dass er überhaupt keine Erfahrung machen kann, dass er sich nicht ansprechen lässt“? Am Ende wendet sich Adorno wie ratlos ab von all den „objektiven gesellschaftlichen Voraussetzungen“ und den Einzelnen zu. Um die einzelnen Köpfe zu erreichen – seinen Vortrag hielt er auf einer Tagung für Pädagogen, ausgerichtet vom Koordinierungsrat für christlich-jüdische Zusammenarbeit – , bleibe ein „Gegenmittel“, das er „das wirksamste“ nennt, er hat kein anderes: „Verweis auf ihre Interessen. Und zwar auf die unmittelbaren.“
Das Gegenmittel heute also: Fördermittel. Am 8. April kündigte Finanzminister Christian Lindner (FDP) spürbare Kürzungen im Bundeshaushalt an, am 20. April zog das Bündnis internationaler Produktionshäuser eine Reihe „roter Linien“ in seine „Einladungspolitik“ ein:
„Keine Rechtfertigung und Verklärung der Hamas und ihrer Gewalttaten, keine Infragestellung des Existenzrechts Israels, keine Kollektivschuld »der Juden« an der staatlichen Politik Israels und keine Abwertung von Juden*Jüdinnen aufgrund ihrer jüdischen Identität.“
Weiter geht es mit:
„Keine pauschale Verurteilung der Solidarität mit Palästina oder des Rufs nach einer historischen Verantwortungsübernahme Deutschlands auch für die Situation der Palästinenser*innen, keine Kollektivschuld der Palästinenser*innen an den Verbrechen der Hamas, kein Zulassen von Rassismus, keine pauschale Darstellung von Muslim*innen als fanatisch.“
Wen das an eine Zensurbehörde erinnert, bitte. Von der Initiative Weltoffenheit haben sich die sieben Produktionshäuser nie distanziert. Inzwischen allerdings ist Hamas annulliert und Sinwar, ihr Taktgeber, tot, die Situation jetzt erinnert an den Reim, den sich Wolfgang Neuss 1965 auf sowas gemacht hat: „Diesmal schaffen wir es ohne Waffen-SS.“
Diesmal schaffen sie das ohne Hamas.
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Zeitenwende oder Zukunft des Hasses? Die „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ zerbröselt
Flirt mit dem Terror. Zur Debatte über Achille Mbembe
Weltgebetstag der Frauen: Absagen! Keine Gebete für Hamas-Hass
TRANSPARENZHINWEIS
Autor verantwortet Konzept und Programm der Christuskirche Bochum, einer der drei großen Kulturkirchen im Land, sie ist so gut wie fördermittelfrei.
ANMERKUNGEN
[1] „Das Unmaß des Verübten schlägt diesem noch zur Rechtfertigung an: so etwas, tröstet sich das schlaffe Bewusstsein, könne doch nicht geschehen sein, wenn die Opfer nicht irgendwelche Veranlassung gegeben hätten“. Es liest sich wie auf die Hamas gemünzt, wenn es heißt, „für die Untaten des Hitler sollen diejenigen verantwortlich sein, die duldeten, dass er die Macht ergriff, und nicht jene, die ihm zujubelten. Die Idiotie alles dessen ist wirklich Zeichen eines psychisch Nichtbewältigten“, so Adorno, aber auch die „psychologischen Mechanismen in der Abwehr peinlicher und unangenehmer Erinnerungen dienen höchst realitätsgerechten Zwecken“.
[2] Zweck des Vereins, 2015 gegründet: Fördermittel von der Kulturbeauftragten der Bundesregierung entgegen zu nehmen, sie flossen ab 2016 und sind in der Planung des Bundeshaushalts fürs kommende Jahr gestrichen. Den sieben Vereinsmitgliedern verbleiben Landes- und kommunale und sicherlich auch EU-Mittel, dennoch ein Aufschrei in der Kulturszene, die Tagesschau macht mit „‘Genickbruch‘“ auf. Während es doch alles andere als plausibel ist, warum Szenen von lokaler Provenienz mit Bundesmitteln gefördert werden, kulturpolitisch ist kaum verantwortbar, was Monika Grütters (CDU), damalige Staatsministerin für Bundeskultur, eingetütet hat. Der Protest gegen das Sparprogramm von Claudia Roth, Grütters Nachfolgerin, ist denn auch keineswegs so einhellig wie gewohnt, Gregor Hotz etwa, Geschäftsführer des Musikfonds – einem der sechs Bundeskulturfonds, die ebenfalls von Kürzungen betroffen sind , aber „immer noch deutlich mehr Geld bekommen als 2023 und in den Jahren zuvor“, wie Jörg Häntzschel in der SZ anmerkt – Hotz beklagt „Ellenbogen-Kämpfe“: In der Tat haben nur zwei der sechs Bundeskulturfonds – keiner der sechs hat seine Unterschrift unter das BDS-Plädoyer der Initiative Weltoffenheit gesetzt – eine Petition unterzeichnet, die gegen die Kürzungen beim BiP votiert.
[3] Demokratie werde als „ein System unter anderen empfunden, so wie wenn man auf einer Musterkarte die Wahl hätte“, schrieb Adorno 1959. Die Initiative GG 5.3 Weltoffenheit, dies ihr vollständiger Taufname, beruft sich unmittelbar aufs Grundgesetz, das ist gut, nur dass sie jetzt begründungslos abtaucht, ist so, als gäbe sie ihr GG grundlos preis. Den Weltoffenen gegenüber steht eine Demokratie, die sich verteidigt, die jüdische.