Die interdisziplinäre Konferenz befasst sich mit dem historischen Erbe des Genozids von Dersim 1937–1938 in der Türkei. In den letzten drei Jahrzehnten hat sich das wissenschaftliche Interesse an diesem kaum untersuchten Völkermord erhöht und den Weg für Publikationen, Dokumentarfilme und literarische Darstellungen geebnet.
Die Konferenz soll einen Beitrag zu Forschung und öffentlicher Diskussion zur Anerkennung des Völkermords leisten. Die Untersuchung des Völkermords von Dersim und seiner Folgen im Zusammenhang mit globalen Prozessen – Kolonialismus, Orientalismus, Modernisierung,
Nationalstaatsbildung, Nationalismus, Rassismus und Islamismus – wird zu weiteren Veröffentlichungen über staatliche Gewalt, die Geschichte ethnischer Säuberungen sowie religiöser Verfolgungen in der Türkei beitragen.
Darüber hinaus könnte die interdisziplinäre und globalgeschichtliche Herangehensweise an das Thema Aufschluss darüber geben, wie andere Völkermorde in der osmanisch-türkischen Geschichte und in anderen Teilen der Welt aufgearbeitet werden können.
Die Panels sind hochkarätig besetzt:
Hans-Lukas Kieser (University of Newcastle)
Taner Akçam (Clark University, Worcester, Mass. / USA)
Stefan Ihrig (Universität Haifa, Israel)
Mihran Dabag (Ruhr-Universität Bochum)
Markus Dressler (Universität Leipzig)
Bilgin Ayata (Universität Graz)
Sedat Ulugana (Forum Transregionale Studien)
Burak Çopur (IU Internationale Hochschule Essen)
Kristin Platt (Ruhr-Universität Bochum)
Zeynep Türkyılmaz (Universität Potsdam)
Tessa Hofmann (Freie Universität Berlin)
Barış Ünlü (Universität Duisburg-Essen)
Gülnaz Karatay (Munzur Üniversitesi, Türkei)
Çiçek İlengiz (Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften, Göttingen)
Helin Ünal (Clark University, Worcester, Mass./USA)
Hamit Bozarslan (École des Hautes Études en Sciences Sociales, Paris)
Kazım Gündoğan (Filmproduzent, Autor)
Tessa Hofmann (Freie Universität Berlin)
Yektan Türkyılmaz (Forum Transregionale Studien)
Uğur Ümit Üngör (NIOD Instituut voor Oorlogs-, Holocausten Genocidestudies, Amsterdam)
Nähere Informationen zum Programm und zur Möglichkeit der Teilnahme
per Zoom oder YouTube gibt es hier.
Man darf an dieser Stelle nicht ausblenden, dass Mustafa Kemal Atatürk, den die Almans gerne als "Modernisierer der Türkei" feiern, Hauptverantwortlicher für die Massaker an der Zivilbevölkerung von Dersim ist und seine Ziehtochter Sabiha Gökçen als erste Kampfpilotin der Menschheitsgeschichte Dersim bombardiert hat. Es war damals gar nicht möglich, dass die Zivilbevölkerung von Dersim ohne Kenntnis von Atatürk massakriert wurde. Man darf auch nicht ausblenden, dass zu jener Zeit auch sunnitische Muslime, welche in Opposition zu Atatürk standen, als "Reaktionäre" sowie "Verräter" gebrandmarkt wurden und blutigen Verfolgungen ausgesetzt waren. Man darf auch nicht ausblenden, dass damals im Namen der "Modernisierung" mehr als 90.000 Menschen ermordet wurden. Erst als die Demokraten 1950 an die Macht kamen, beendeten sie diesen Staatsterror, der im Namen der "Modernisierung" bis dahin noch fortgesetzt wurde. Dersim kann nicht ohne diesen geschichtlichen Kontext der modernen Türkei beurteilt werden. Heute würden Atatürk und seine Ziehtochter Sabiha Gökçen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Internationalen Gerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden, würden sie heute noch leben. Doch das zu erwähnen ist selbst in der heutigen Türkei gefährlich wegen Strafgesetz Nr. 5816 (Beleidigung des Andenkens von Atatürk).