Ist die Fußball-EM 2024 in Gelsenkirchen wirklich so furchtbar? – Ein Erfahrungsbericht

Spanien gegen Italien am 20.6.24 in Gelsenkirchen. Foto(s): Robin Patzwaldt

Ich hatte das Glück in der ersten Verlosungsphase der UEFA im Herbst Tickets für zwei Spiele der Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland zu ‚gewinnen‘. Eines der beiden Spiele war in Gelsenkirchen, eines in Dortmund. Sehr passend und ausgewogen für jemanden, der im Ruhrgebiet aufgewachsen ist und hier bis heute lebt.

Logisch, dass ich, obwohl man damals noch gar nicht wusste, welche Spiele man da eigentlich erwischt hatte, mit dem Ergebnis der Auslosung glücklich war, denn etlicher meiner Freunde und Bekannten gingen völlig leer aus. Am Ende hatte ich noch einmal Glück, stellte sich nach der Gruppenauslosung und dem Ende der Playoffs doch heraus, dass es die Spiele Spanien gegen Italien in Gelsenkirchen und Polen gegen Frankreich in Dortmund waren. Gleich drei der Mitfavoriten erwischt zu haben und mit den Polen in Dortmund eine weitere interessante Mannschaft mit dabei zu haben, die ebenfalls einiges an Attraktivität verspricht, damit war ich total zufrieden.

Am vergangenen Donnerstag stand für uns nun das erste Match, das in Gelsenkirchen, an. Nach der harschen Kritik, die u.a. an der Stadt Gelsenkirchen und der Organisation des Drumherums, in der Vorwoche aufbrandete, war ich dann noch gespannter auf den Fußball-Abend in der Gelsenkirchener Arena, von dem ich heute hier kurz berichten möchte.

Am Ende waren meine Begleiterin und ich mit dem Erlebten vollauf zufrieden, das möchte ich schon einmal direkt vorwegschicken. Der 1:0-Sieg der Spanier war zwar nicht besonders spektakulär, bot aber einiges, was ein attraktives und hochklassiges Fußballspiel ausmacht.

Die Anreise mit dem PKW verlief problemlos. Da wir auf einen von der UEFA angebotenen 24-Euro-Parkplätze in Stadionnähe dankend verzichtet hatten, parkten wir etwas weiter von der Arena entfernt, dafür aber kostenlos. Der rund 20-minütige Fußmarsch verlief kurzweilig, folgten wir doch einfach dem Strom in Richtung Stadion und genossen dabei die Vorfreude bei den sich sammelnden Spaniern und Italienern. Alles war friedlich und erwartungsfroh, deutlich entspannter als bei vielen Bundesligaspielen. Das war so wirklich schön mitzuerleben. Dass Gelsenkirchen selber optisch keine Schönheit ist, das war uns dabei schon im Vorfeld völlig klar, und das dürfte auch für unsere Leser hier sicherlich keine Überraschung sein. 😉

Der erste Wehrmutstropfen folgte daher erst mit dem Anblick der Preistafel am Getränkestand. 7 Euro (+ 3 Euro Pfand) für einen Becher Bier (Bitburger), das hat schon, wie auch der von der UEFA verlangte 24-Euro-Preis für einen PKW-Parkplatz, etwas von unverschämt. Gerade auch hier im Ruhrgebiet, wo wir internationale Spitzenpreise nur selten zahlen müssen. Die Nachfrage schien trotzdem zu stimmen. Es bildete sich schon gut eine Stunde vor Anpfiff lange Schlangen vor den Getränkeausgaben.

Der Einlass ins Stadion, den ich mir in Anbetracht der angespannten Sicherheitslage recht kompliziert vorgestellt hatte, verlief hingegen überraschend problemlos. Eigentlich verlief er auch nicht viel anders als bei einem ‚normalen‘ Ligaspiel. Positiv fiel rasch auf, dass die Veranstalter nicht an  Volunteers gespart hatten. Sobald man auch nur einmal kurz stehen blieb und sich zu orientieren versuchte, fragte einen sofort eine freundliche Person, ob sie helfen könnte. Ein anerkennendes ‚Danke‘ daher auch noch einmal von dieser Stelle aus an die vielen Freiwilligen! Kein Wunder, dass viele Besucher der EM bisher so positiv berichten. Das war wirklich toll zu erleben. Deutschland kann offenbar auch freundlich und nett. Das kennt man als Einheimischer im Alltag sonst auch anders. 😉

Der Ablauf der Begegnung war perfekt durchorganisiert, samt kurzer ‚Show‘ vor dem Anpfiff. Obwohl wir bei der Auslosung ‚nur‘ die mittlere Preiskategorie (60 Euro pro Platz) gewählt hatten, war die Sicht auf das Spielfeld mehr als ordentlich. Hier war ich sogar fast positiv überrascht. Im Vergleich zu Eintrittskarten für ein Herbert Grönemeyer-Konzert im Bochumer Ruhrstadion zum Beispiel, wo in den vergangenen Tagen von Sichtbehinderungen bei einer Eintrittskarte von über 100 Euro berichtet wurde, waren wir sogar ganz hervorragend untergebracht auf Schalke. 😉

Nach dem Spiel stand für uns natürlich dann der Fußweg zurück zum Auto an. Hier zeigte sich, dass es sogar ein Vorteil gewesen sein dürfte etwas weiter entfernt (dafür aber gratis zu parken). Lockeren Schrittes überholten wir viele ungeduldige Autofahrer, die auf den Großparkplätzen am Stadion nervös im Stau wartend und laut hupend ihrem Frust freien Lauf ließen. Schon krass, dass eine so bundesligaerfahrene Stadt wie Gelsenkirchen die Abreise der Fans nicht besser organisiert bekommt.

Dass da auch (insbesondere schon nach dem ersten EM-Spiel in der Stadt) viel gemeckert wurde, konnte ich nach diesen Eindrücken am Donnerstag sehr gut verstehen. Im Vergleich dazu kamen wir nach kurzem Fußmarsch sogar vergleichsweise entspannt an unserem Auto an und konnten auch direkt die Heimfahrt antreten, während rund um das Stadion noch immer Dauerstau herrschte.

Rundherum war es für uns ein wirklich gelungener erster Ausflug zur Fußball-EM 2024 nach Gelsenkirchen. Wir hatten viel Spaß! Am Dienstag geht es für mich und meine Begleitung dann nach Dortmund. Mal sehen, ob es da dann auch wieder so angenehm abläuft. Die Bier- und Parkpreise sind dort natürlich genauso unverschämt. Das ist jetzt schon klar. Aber als Einheimischer weiß man diesen unschönen Kommerzspitzen ja ganz gut auszuweichen… 😉

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