Im Dezember vergangenen Jahres verkündete NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Verschärfung des Kampfes gegen Rechts. Spätestens seit gestern in klar: Jäger hat geliefert.
Nationaler Widerstand Dortmund, Kameradschaft Aachener Land und die Kameradschaft Hamm – der spektakuläre gestrige Schlag gegen die Nazi-Szene in NRW steht mittlerweile in einer langen Liste von Aktivitäten gegenRechtsradikalen in NRW. Innenminister Ralf Jäger hat sich im Dezember vergangenen Jahres den Kampf gegen die Neonazis auf die Fahnen geschrieben und dass er es damit ernst gemeint hat spüren Rechtsradikale in ganz Nordrhein-Westfalen nicht erst seit gestern: Der Druck auf Pro NRW, das Verbot der Kölner Kameradschaft Walter Spangenberg, das Aufstocken der Polizeieinheiten für den Kampf gegen die Rechten – das alles zeigt langsam aber sicher Wirkung. Die Szene ist unter Druck. Einem Druck den Einzelne wie der prominente Neo-Nazi Axel Reitz nicht gewachsen sind. Reitz und etliche seiner Kameraden arbeiten mittlerweile mit der Polizei zusammen und auch so mancher Mitläufer wird sich überlegen, ob er noch dabei bleibt: Die Zeiten wo Nazis lässig durch den Dortmunder Stadtteil Dorstfeld flanieren sind vorbei.
Damit ist das Naziproblem nicht gelöst. Der Druck kann auch eine Radikalisierung von Teilen der Szene nach sich ziehen. Sie würden sich damit einem Kampf stellen, den sie nicht gewinnen können und den der Staat offenbar bereit ist entschlossen zu führen. Jäger hat geliefert, was er im Dezember 2011 versprochen hat. Dafür gebührt ihm und seinen Beamten Anerkennung.
Sicher, das hätte alles früher beginnen können und war auch eine Antwort auf den Terror des NSU und auch ist klar, das Nazigegnerin ihrem Engagement lange Zeit alleine dar standen und als Netzbeschmutzer und Hysteriker galten. Doch zumindest auf Landesebene ist das vorbei. In den Städten sieht das zum Teil noch anders aus: Das Verbot des Antifacamps durch die Stadt Dortmund zeigt, dass die Lokalpolitiker in einigen Städten noch Nachhilfebedarf in Sachen Kampf gegen Rechts haben aber wen wundert das? Aus Zufall wurde eine Stadt wie Dortmund ja nicht Nazi-Hochburg.
Ja, Jäger hat geliefert. Die landesweite Razzia wurde eben auch landesweit organisiert und nicht von der Stadt Dortmund. Diese liefert mit dem faktischen Verbot des Anitfa-Camps wieder genau das Bild ab, das sich die letzte Jahre herauskristallisiert hat.
Manchmal macht es den Eindruck, dass die Nazis eben nicht nur in Dorstfeld und an der Rheinischen sitzen, sondern in der Verwaltung an den entscheidenden Stellen. Die Feuerwehr, die jahrelang von einem Nazi geführt wurde, gibt eine Gefahrenprognose bzgl. des Camps ab, und der Bürgermeister folgt dem? Aua.
Nutcase, schon mal drüber nachgedacht, dass die Razzien auch in Dortmund über längere Zeit vorbereitet wurden und dass man beim erwarteten Erfolg und dem nun geltenden NWD-Verbot auch mit aggressiven Reaktionen seitens der braunen Hohlköpfe rechnen musste und auch weiter rechnen muss – wobei sich ein Antifa-Camp fast schon natürlich als Angriffspunkt anböte??
Dass die Polizei im Vorfeld diesen logischen Grund für ein Camp-Verbot nicht an die große Glocke hängen durfte, sollte eigentlich klar sein.
Wenn die Furcht vor den aggressiven Reaktionen der braunen Hohlköpfe dazu führt, dass eine politische Veranstaltung nicht stattfinden darf, dann haben die Nazis doch gewonnen, oder? Dann ist deren Strategie, ihre Gegner mit Gewalt einzuschüchtern, aufgegangen. Und dann ist auch zu vermuten, dass sie ihre Strategie fortsetzen werden. Bedeutet, dass die Menschen der Stadt auch in Zukunft unter der Aggressivität dieses Packs zu leiden haben werden.
Die Nazis sind schließlich durch das Verbot ihrer Organisationen nicht weg. Die lösen sich ja nicht in Luft auf.
Während die politische Demo der Nazis letztes Jahr mit einer hermetischen Abriegelung eines ganzen Stadtviertels durchgesetzt und geschützt wurde, soll es nun zu gefährlich und nicht machbar sein, ein politisches Camp (stationär) der Antifa zu schützen? Allein mir fehlt der Glaube.
Und um das durchsetzen zu können wird seitens der Polizei einfach behauptet das Camp sei nicht politisch? Ernsthaft? Dafür seid ihr euch nicht zu schade? Was kommt als nächstes? Werden in Zukunft Demonstranten zu Terroristen erklärt, damit die Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden darf?
Sorry, das mag nun vielleicht etwas dick aufgetragen wirken, aber wenn mal eben als Mittel zum Zweck „politisch“ als „nicht politisch“ definiert wird, dann haben wir hier bald orwellianische Zustände.
[…] Ruhrbarone, 24.08.2012 […]
Im Endeffekt sind die Organisatoren selber schuld, es wäre sicher kein Problem gewesen in Nachbarstädte auszuweichen, Bochum ist keine 10 Minuten von Dorstfeld entfernt.
Ich finde gut, dass Jäger den Wandel in der Neonazi-Bekämpfung durchgezogen hat. Das ist prima. Schon lange wusste der Verfassungsschutz von gewaltätigen Strukturen. Jetzt wird gehandelt. Das imponiert mir.
Warten wir erst einmal ab … Ich betrachte das Ganze erst einmal als erste Teillieferung, um im Bild zu bleiben. Jäger (natürlich nicht nur er) hat noch eine Menge Arbeit vor sich, und das nicht nur in der direkten Auseinandersetzung mit Rechts. Auch innerhalb der Polizei, in deren Strukturen und in den Köpfen der Einsatzkräfte, muss sich viel ändern. Da gibt es enorm dicke Bretter zu bohren. Optimistisch stimmt mich allenfalls, dass sich die staatlicherseits Verantwortlichen nach langer Zeit des Zögerns und Zauderns endlich nicht mehr hinter Scheinargumenten verstecken (können). Dass die Initialzündung dafür eine Mordserie rechtsextremer Verbrecher war, bleibt unverzeihlich.
@Ulf: Was erwartest du denn jetzt von Jäger konkret ?!?
Wenn Menschen wie Ulf das Geld und das Personal liefern, dann kann man sicherlich endlich mal die komplette Polizei reformieren. Die würden sich – so bekomme ich das zumindest gelegentlich mit – selber sehr darüber freuen. Aber bei teilweise mehr als 900 Überstunden pro Jahr und Beamten dürfte das mit der Umstrukturierung wohl eher – hmm – „problematisch“ sein.
@Sonja #5
Womöglich sind auch alle „selbst schuld“, die bisher von Neonazis in Dorstfeld drangsaliert wurden. Schließlich hätten sie sich ja in die Nachbarstädte verziehen können – ins „10 Minuten entfernte“ Bochum z. B.
Das wäre dann eine schöne Arbeitsteilung gewesen: In Dorstfeld paradieren die Nazis, in Bochum – nur 10 Minuten erntfernt! – demonstrieren die Antifaschisten. In friedlicher Koexistenz, sozusagen.
Jeder ist glücklich, daß er seiner Neigung treu geblieben ist, das schenkt innere Befriedigung und guten Schlaf.
Ich finde, das ist ein prima Modell für andere ähnlich gelagerte Probleme.
Warum z. B. friedliche Fußballfans vor radikalen Krawallmachern – oft aus dem braunen Bereich – schützen? Sollen die doch einfach das Spiel 10 Min. entfernt in der Nachbarstadt auf dem Bildschirm ansehen.
Sollten bei einer Serie von Brandstiftungen nicht die Bewohner einfach irgendwo anders hinziehen, vielleicht 10 Minunten entfernt? Das würde die Feuerwehr davon entlasten, womöglich zu nachtschlafener Zeit auszurücken, um die Bewohner zu schützen, die Häuser könnten einfach abbrennen!
Oder wenn es denn gerade brennt, sollten dann nicht die Löschmannschaften lieber 10 Minuten entfernt löschen, weil es da weniger qualmt und auch weniger Gaffer stören?
Ach, Sie meinen, das wäre irgendwie bizarr?
Ja, das wäre es wohl.
Aber es ist nich weniger bizarr als die Idee, Demonstranten sollten nicht ausgerechnet da demonstrieren, wo das Problem geortet wurde.
[…] des Monats: Unter der Führung von Innenminister Jäger gelang ein spektakulärer Schlag gegen […]
Klar dass Jäger die Oldschool-Nazis lästig sind: Die sind ihm vor allem zu doof. https://www.nrw.de/landesregierung/beflaggung-anlaesslich-des-tages-der-heimat-13362/