Die Forderung die IG Metall, der Staat soll bei Thyssenkrupp einsteigen, ist Unsinn. Sie ist es nicht nur aus Gründen der Ordnungspolitik, sie ist es aus Gründen des wirtschaftlichen Pragmatismus. Thyssenkrupp hat in der Vergangenheit viele Fehler gemacht, aber nun hätte das Unternehmen nicht einmal mehr eine Chance, wenn ein Marc Zuckerberg, Elon Musk, Tim Cook und Steve Bezos gemeinsam die Führung des Stahlkonzerns übernehmen würden. Die Politik in Europa und damit auch in Deutschland ist bereit, ganze Branchen zu opfern. Die Automobilindustrie ist nicht mehr gewollt und wird, wenn überhaupt, nur deutlich geschrumpft überleben. An ihr hängt in Teilen der Maschinenbau und beide sind wichtige Kunden der Stahlindustrie. Der Bedarf an Stahl wird also in diesem Land wegbrechen, weil seine Abnehmer nicht mehr in die grünen Traumwelten passen. Die C02 freie Zukunft von Thyssenkrupp, für die es Investitionen von geschätzt zehn Milliarden Euro in Wasserstofftechnolgie bedarf, ist eher ein Traum: Niemand weiß, woher der Strom kommen soll, mit dem soviel grüner Wasserstoff erzeugt werden soll. Und klar, der Ökostahl wäre teuer und müsste mit Zöllen geschützt werden. Kaum vorstellbar, dass China, Indien oder die USA auf solche Zölle nicht sofort reagieren würden. Jeder Cent, den der Staat in Thyssenkrupp steckt, wäre verschwendet. Thyssenkrupp hat keine Chance.
Die Politik sollte das den Mitarbeitern des Unternehmens deutlich sagen. Bei der Gelegenheit können sie sich auch gleich vor die Werkstore von Conti, VW, BMW und Mercedes stellen: „Ihr habt in diesem Land keine Zukunft. Danke für die Steuern, wie das mit HartzIV läuft habt ihr sicher schon mitbekommen.“
Bei der Gelegenheit könnte die Politik, auch zugeben, dass sie keine Vorstellung davon hat, wie ohne die alten Industrien in Zukunft der Wohlstand erwirtschaftet werden soll. Denn die Zukunft sind in diesem Land auch nicht beliebt. Die IT-Infrastruktur in Deutschland ist mies, ganze Technologien wie Gentechnik sind quasi verboten und sobald am Horizont ein Bagger auftaucht, bildet sich mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Bürgerinitiative. In Bochum ist gerade der Protest gegen Neubauten beliebt, eine CDU Frau setzte sich im vergangenen Jahr dafür ein, dass anstatt neuer Wohnungen eine Boule-Platz angelegt wird. Es war kein Zufall, dass die Freude über den Nobelpreis für dass die Freude am Nobelpreis für an die Französin Emmanuelle Charpentier und die US-Amerikanerin Jennifer A. Doudna sich in Deutschland in Grenzten hielt, obwohl Charpentier Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin arbeitet. Die Genschere Crispr/Cas9 eröffnet der Biotechnologie neue Möglichkeiten. Sowas wird hierzulande nicht geschätzt. Ihr Leistung zählt weniger als die Meinung hysterischer Bürgerkinder die fordern, die wirtschaftlichen Grundlagen von Millionen Menschen zu zerstören – zu denen sie ja aufgrund des Wohlstands ihrer Familien selbst nicht gehören.
Wenn Angela Merkel im Januar bei Weltwirtschaftsforum in Davos sagte, „Unsere gesamte Art des Lebens werden wir in den nächsten 30 Jahren verlassen“ meinte sie damit, dass viele Menschen in diesem Land ärmer werden und man kann davon ausgehen, dass keiner dieser Menschen, von ein paar Kellnern abgesehen, beim Weltwirtschaftsforum in Davos zugegen war.
Wenn das Bundesumweltamt als Ziel ausgibt, vom Wirtschaftswachstum Abschied zu nehmen, kann es sich der Unterstützung immer weiterer Teile der Politik sicher sein. Ehrlich wäre es allerdings auch den Menschen zu sagen, was das bedeutet. Alexander Neubacher erklärte es im Spiegel: „Es ist auch ein Irrtum zu glauben, dass es der Umwelt nutzt, wenn die Wirtschaft schrumpft. Für ein paar Monate Lockdown mag der Himmel etwas blauer aussehen. Doch wo soll das Geld herkommen, das für klimafreundliche Technologien und den Umbau der Industrie, der Energieversorgung, der Landwirtschaft gebraucht wird? Gewiss nicht aus Ländern, die mit Arbeitslosigkeit und wachsenden Sozialkosten ringen.“
Eine Gesellschaft, die beschlossen hat, arm und technologiefeindlich zu sein, braucht kein Geld für Stahlwerke oder Biotechnologie auszugeben. Irgendwo werden sich schon ein paar Aktivisten, Wutbürger oder Berufsbetroffene finden, die das Geld gerne nehmen.
Gut gebrüllt! So ist es.
So viele Fehler hat Thyssen Krupp nicht gemacht. Man hat im großen und ganzen nur einen großen Fehler gemacht: Die gigantischen Investitionen in neue Kapazitäten in Brasilien und den USA während des großen Stahlbooms vor der Finanzkrise. Vor dem großen Stahlboom wollte man sich sogar mal gänzlich vom Stahl trennen, hat dann aber wegen der zeitweise hohen Gewinne eine Kehrtwende gemacht. Das Desaster hat der damalige Vorstandsvositzende Ekkehard Schulz zu verantworten. Seitdem ist Thyssen-Krupp ein massiv überschuldetes Unternehmen, das sein Tafelsilber, die Aufzugssparte gottseidank noch vor Corona verkaufen musste, um zumindest Zeit zu gewinnen. Ohne die verheerenden Fehlinvestitionen vor 15-20 Jahren könnte Thyssen-Krupp die schwierige Zeit durchaus aus eigener Kraft bewältigen. Der Aktienkurs deutet auf eine Insolvenz im nächsten Jahr hin. Wenn das Management geschickt ist, meldet es diese noch im Frühjahr an, um wegen der Wahlen im Herbst die Politiker zur Rettung der Arbeitsplätze zu zwingen, was ich für sehr vernünftig halte.