Jetzt wird Wasserstoff „depriorisiert“

Eon-Zentrale in Essen Foto: Wiki05 Lizenz: CC0


Nicht wenige sind irgendwann am 1. Januar mit einem Kater wach geworden. Vielleicht war eines der vielen Biere schlecht und die Idee, auf Pils und Wein auch noch einen Liter Sekt zu kippen, doch nicht ganz so gut. Die Euphorie des Silvesterabends fordert ihren Tribut. „Nicht wenige sind irgendwann am 1. Januar mit einem Kater wach geworden. Die Euphorie des Silvesterabends fordert ihren Tribut. Ähnlich dürften sich die Prediger fühlen, die nicht müde wurden, von der Wasserstoffmetropole Ruhr zu schwärmen“

Vor einem Jahr sagte Gabriël Clemens, der CEO der Eon Hydrogen GmbH, im RND-Interview: „Wir sehen uns als Importeur für Wasserstoff, heimischen Produzenten sowie als Nachfrageaggregator. Deshalb entwickeln wir Projekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Eon hat sehr viele Kunden im Mittelstand, denen wir Strom und Gas liefern.“ Clemens sah den Standort Deutschland in Gefahr, wenn grüner Wasserstoff für die Industrie zu spät kommen würde. Bei seinem Amtsantritt 2022 sagte er dem Energate Messenger: „Wasserstoff wird für die Energieversorgung der Zukunft eine zentrale Rolle spielen – nicht nur in Deutschland, sondern global. Als großer europäischer Energiekonzern tun wir gut daran, dieses Geschäftsfeld zu bestellen.“ Essen, der Standort des Unternehmens, sollte gar zum Vorreiter der Energiewende werden. Noch im vergangenen Herbst berichtete t-online über ein „Mega-Projekt im Stadthafen“: 2027 sollte dort ein Elektrolyseur mit Strom aus erneuerbaren Energien 2.300 Tonnen grünen Wasserstoff erzeugen.

Schluss, aus, vorbei: Der Elektrolyseur wird nicht gebaut, Gabriël Clemens wechselt von Eon an die Spitze des Mannheimer Versorgers MVV Energie und Eon Hydrogen GmbH wird abgewickelt. Gegenüber dem Energate Messenger sagte Eon, die Wasserstoffaktivitäten würden „depriorisiert“.

Auch bei Thyssenkrupp, das Wasserstoff ab 2028 143.000 Tonnen im Jahr für den Betrieb eines einzigen CO2-freien Hochofens nutzen will, ist die Euphorie verflogen. Die eine geplante Direktreduktionsanlage am Standort Duisburg wird wohl kommen, auch weil die Rückzahlung der Subventionen ein Problem für den angeschlagenen Stahlkonzern wäre, aber anstatt die ganze Produktion auf Wasserstoff umzustellen, plant man nun Personalabbau und die Stilllegung ganzer Anlagen.

RWE will zwar noch einen 100-Megawatt-Elektrolyseur in Eemshaven bauen, meldete aber schon im Oktober: „Für das 50-MW-Eemshydrogen-Projekt und den 100-MW-Elektrolyseur von OranjeWind stehen die Investitionsentscheidungen noch aus.“ Der Süddeutschen sagte Vorstandschef Markus Krebber, bei der „Wasserstoffwirtschaft sind wir skeptisch, ob das so rasch gelingt wie geplant.“ Wegen der mauen Aussichten im Wasserstoff-Geschäft kaufte RWE für 1,5 Milliarden Euro Aktien zurück.

Schon im Juli hatte sich die Steag-Tochter Iqony von der Idee eines Wasserstoff-Clusters am Kraftwerk in Bergkamen verabschiedet. Eine Machbarkeitsstudie habe ergeben, „dass die bislang identifizierten Wasserstoffbedarfe momentan nicht ausreichen, um das Projekt zum jetzigen Zeitpunkt wirtschaftlich darstellen zu können.“

Auf der Internetseite von Hydrogen Ruhr, einem Projekt der gemeinsamen Wirtschaftsförderung der Ruhrgebietsstädte, kann man noch immer lesen: „Die Wasserstoffwirtschaft bietet enorme Chancen für eine erfolgreiche Transformation zur Klimaneutralität und Stärkung der Wirtschaft in der Metropole Ruhr.“

Klüger wäre es, wenn die hochsubventionierten Wirtschaftsförderer sich kritisch hinterfragen würden, warum sie schon wieder einem Hype hinterhergelaufen sind, der nie eine Aussicht auf Erfolg hatte und dabei Steuergelder für alberne Wasserstoffkongresse verschwendet haben.

 

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