Der Beitrag einer anonymen Gastautorin, zu der Frage, wieso junge Mädchen in den Jihad ziehen.
Es klingt wie ein flacher Witz, soll aber nicht einmal einer sein. Vielmehr ebnet die Frage den Weg zu einer Antwort auf eine viel bedeutendere: was treibt junge Menschen in den radikalen Islam? Sollte man – und kann man überhaupt noch intervenieren, um naive Jugendliche vor sich selbst und den Extremisten zu schützen? Ansichten einer besorgten Humanistin.
Nach einer langen, aufreibenden Reise steht sie nun endlich vor den Kielbögen des Bagdad-Tors in Rakka, Syrien. Das Gebäude wurde im zwölften Jahrhundert errichtet, als die Stadt sich unter muslimischer Herrschaft befand. Sie ist sich sicher: sie wird Teil einer noch viel größeren Geschichte werden. Sie wird helfen, die Gerechtigkeit Allahs auf der ganzen Welt zu verbreiten. Den heißen, trockenen Wind spürt sie fast nicht mehr, ihr nunmehr voll verschleiertes Gesicht wird allenfalls noch der tapfere IS-Krieger zu sehen bekommen, den sie heiraten würde. Ein kurzer Blick zu ihrer mitgereisten Freundin: das kriegsromantische Idyll der beiden Teenagerinnen scheint perfekt.
Wenige Monate später wird sie darum betteln, nach Hause zu kommen.
So ähnlich stelle ich mir die Ankunft der beiden Teenagerinnen Sabina und Samra aus Österreich in der ISIS-Hochburg Rakka vor. Sie sind bei weitem nicht die einzigen jungen Menschen, die es aus westlichen Gefilden in das arabische Land am Mittelmeer verschlagen hat. Mehrere hundert Deutsche kämpfen bereits für Allah und dabei nicht nur gegen Assad, sondern auch gegen die Kurden und Jesiden, gegen andere Rebellengruppen, gegen andere Muslime, gegen Ungläubige, konkurrieren mit der Al-Qaida. Sie initiieren Massenhinrichtungen, köpfen öffentlichkeitswirksam Geiseln und Andersdenkende, spielen mit den abgetrennten Köpfen lachend Fußball, halten sich Frauen von irakischen Sicherheitskräften und Ungläubigen als Sexsklavinnen. Im Namen ihres Glaubens, der sie angeblich zu guten Menschen machen soll, tun sie unmenschliche, Grauen erregende Dinge von unaussprechlicher Grausamkeit. Das passiert, wenn Moral von Dogma ersetzt wird. Das passiert gerade in Syrien und im Irak.
Mit der Lebensrealität von 15jährigen Österreicherinnen oder 13jährigen Deutschen, wie sie zu dutzenden in die Krisenregion pilgern, hat das erst einmal nichts zu tun. Die selbst ernannten Scholl-Latours der Medienlandschaft haben ihr Urteil längst gefällt: die Jugendlichen sind ungebildet, arm und aggressiv. Wenn man sich die vom Verfassungsschutz veröffentlichten Zahlen und Daten ansieht, bietet sich allerdings ein anderes Bild: oft kommen die jungen Menschen aus Mittelstandsfamilien, haben Schulabschlüsse, eine Ausbildung oder gar ein Studium angefangen und haben, im Schoße der religiös oft allenfalls gemäßigten Familien, keine Geldsorgen. Welchen Grund gibt es also, sich dieser lebensverändernden Radikalisierung zu unterwerfen?
Die Lösung ist in den Gemeinsamkeiten der „Auswanderer“ zu suchen. Die meisten von ihnen haben Migrationshintergrund – und die meisten von ihnen sind jung. Ich kann mich gut an meine Pubertät erinnern. Verschiedene Frisuren, verschiedene Schminkdesaster, verschiedene Freunde, verschiedene Cliquen, verschiedene Hobbies, verschiedene Bands. Ich war als Metalbraut unterwegs, als Hippiemädchen und als Schicki-Micki-Trulla. Was habe ich damit erreichen wollen? Was wollen abertausende Teenager auf der Welt mit derlei erreichen? Die Pubertät ist eine schwierige Zeit. Das Gehirn entwickelt sich schnell und auf beängstigende, ungekannte Weise. Der Geschlechtstrieb macht sich bemerkbar, die Hormone spielen ein verwirrendes, mitunter grausames Spiel, die Eltern und die Familie nehmen nicht mehr die alte, Geborgenheit garantierende Rolle ein. Man entwächst der elterlichen Obhut, emanzipiert sich und, um die obigen Fragen zu beantworten: man will wissen, wer man ist. Man begibt sich auf eine anstrengende Suche nach der eigenen Identität. Insbesondere Kindern aus Einwanderer-Familien dürfte das schwer fallen. Bin ich Deutsche? Bin ich Bosnierin? Bin ich ein gläubiger Mensch? Christin? Muslima? Bin ich Tochter? Bin ich Frau? Die Grundpfeiler der Identität schwanken, wollen zementiert werden. Die Neugier nach dem anderen (oder dem eignen, doch das spielt hier eher keine Rolle) Geschlecht sucht sich, Tentakeln gleich und vorsichtig tastend, Objekte der Bewunderung und Anbetung. Für die einen ist dieses Objekt Justin Bieber. Für die anderen ist es Allah.
Sicher stellt sich hier die Frage, wie die Identifikation mit einer Religion, welche die im Entstehen begriffenen urmenschlichen und hedonistischen Bedürfnisse verurteilt und zu unterdrücken versucht, sich mit einer solchen Entwicklung in Einklang bringen lässt. Doch auch hierfür ließe sich eine Erklärung finden. Vielen Jugendlichen bereitet dieses schnelle Voranschreiten ihrer Triebe Angst. Bewegte man sich noch einen Schritt weiter in Freud’sche Gefilde, läge auch die Vermutung nahe, dass die Angst vor der Emanzipation von Familie und Führungs- bzw. Vaterfiguren durch die Hingabe an eine allmächtige, nie Emanzipation einfordernde Vaterfigur kompensiert wird. In jedem Fall halten die Radikalisierungsmethoden der Salafisten für jede/n ein Leckerli bereit. Betrachtet man sich die Videos von Pierre Vogel, wie er die Shariah-Polizei rechtfertigt, so wirkt er eher wie ein gutmütiger, sanfter Riese: komm, Bruder, die Musik und das Glücksspiel sind nicht gut für Dich, Bruder, willst Du das Ganze nicht lieber noch mal überdenken? Schwester, möchtest Du wirklich Deine Reize der Männerwelt so darbieten? Willst Du Dich nicht auf eine Weise kleiden, auf die ein liebevoller Mann Dich respektieren kann? Eine Vaterfigur, die den jungen Menschen liebevoll die Hand auf eine Schulter legt, um sie auf den richtigen Weg zu bringen. Dort warten Verbrüderung, Geborgenheit und eine Identität. Eine Aufgabe im Leben.
Die meisten geraten über ihre Freunde oder das Internet an die „Verführer“. Ein Appell an die Ursprünge des meist nur rudimentär vorhandenen Glaubens genügt, ein mildes Klopfen auf die Finger. Dann wird eine Peer Group angeboten und aufgeklärt: im Irak und in Syrien kämpfen die Brüder und Schwester nur, weil ihr Leben bedroht werde. Die Horrorgeschichten von Massenvergewaltigungen und rollenden Köpfen seien erfundene Geschichten der westlichen Propagandamaschinerie, der Auftrag sei ein edler. Diese Moschee ist großartig, Du solltest mitkommen, ein toller Prediger. Komm nach Syrien, wir brauchen dort Menschen wie Dich! Wir brauchen Dich! Junge Frauen werden dort bald stolze Ehefrauen und Mütter – und welches Mädchen spielt nicht gern Vater-Mutter-Kind? Junge Männer erhalten dort männliche Kampfnamen und Sturmgewehre – ein Traum von Testosteron und Videospielphantasien.
Mein Partner sagte einmal: „Der Islam ist der neue Boygroup-Kult.“ Meine Beobachtungen bestätigen eine derartige Entwicklung. Ich studiere ein Fach, das aus vielerlei Gründen wahnsinnig viele Muslimas anzieht (auf die Frage, wieso sie dieses Fach studieren wolle, antwortete mir eine Aspirantin einmal: „Weil man im Beruf Kopftuch tragen kann!“), ich bin dem also täglich ausgesetzt. Verfolgt man die Facebook-Einträge dieser Mädchen, wird vieles klar: Bilder der Pilgerstätte Kaaba, garniert mit Herzchen und Aussprüchen wie „Meryem, irgendwann fahren wir dahiiiiiiiiiiiiiiin <3 <3 <3“ – „Ja Schatzüüüüüüü Allahu akbar“, wertvolle Notizen à la „Vergesst nicht: nicht auf dem Bauch schlafen, Brüder und Schwestern – so schlafen die Ungläubigen in der Hölle!“ (gefolgt von Katzenbildchen und arabischen Versatzstücken) und Photos vom Koran neben den Lehrbüchern – „Muß auch noch Zeit sein für die geliebte Religion!!1“
Die Mädchen vergleichen ihre Kopftücher, teilen Modetipps von „Hijab-Fashion“-Seiten und „süüüüüße“ Videos von dreijährigen Mädchen, die den Koran rezitieren können. Ich habe mir früher Buffy angesehen, Bravo gelesen und mir Poster von der Bloodhound Gang aufgehängt – diese Mädchen sehen sich Videos von Pierre Vogel an, lesen den Koran und hängen Mekka-Poster an die Wand, „liken“ hunderte islamkorrelierte Facebook-Seiten. Das mag auch mit kulturellem Hintergrund zusammenhängen: wo ich aus einer Familie stamme, in der das seit Jahrzehnten ausgebrannte Christentum eine eher rudimentäre Rolle spielte, wohnen die meisten dieser jungen Frauen zuhause, bei ihren moderat religiösen Familien mit dominanten Männerfiguren, also Vätern und Brüdern, denen sie natürlich auch imponieren wollen.
Pierre Vogel zeigte sich jüngst in einem Pullover mit dem IS-Logo, was mich nicht sonderlich verwunderte. Dass sehr viele meiner muslimischen Facebook-„Freundinnen“ große Fans dieses frommen Ex-Boxer-Barbarossa sind, war ebenfalls keine Sensation. Und so zweifle ich auch keine Sekunde daran, dass es möglich ist, dass einige dieser jungen Frauen ihre teenager-hafte, verklärt-romantische Sicht auf den Islam, seine Ziele, seine Inhalte und die liebevolle Zukunft, die er jungen Frauen bietet, transformieren in den dringenden Wunsch, den Brüdern und Schwestern in den Kriegsgebieten zu helfen und zu einer ehrbaren islamischen Frau zu werden. So wie tausende Mädchen auf der ganzen Welt gerne Justin Bieber ehelichen würden. Ich will es nicht simplifizieren und die Dutzenden Fälle der nach Syrien gereisten jungen Mädchen damit erklären, aber es ist vermutlich ein Ansatz.
Auf der anderen Seite haben wir die jungen Männer, die dem anflutenden Testosteron in ihren Hirnwindungen gerecht werden wollen. Das Bild eines 24jährigen ehemaligen Friseurs ging durch die Medien: er steht im Schnee und grinst wie ein kleiner Junge, blickt freundlich durch seine Brillengläser und hält stolz eine Kalaschnikow in den Händen. Einen aggressiven Kampfnamen hat er und darf den wahren Glauben verteidigen. Ob er sich wohl ausgemalt hat, wie es ist, schreiende und weinende Frauen zu vergewaltigen und junge, vor Angst schwitzende, zitternde und sich einpinkelnde Zivilisten zu erschießen?
Den beiden österreichischen Mädchen war das alles offenbar nicht bewusst. In ihrem pubertären Naivität fielen sie auf die Geschichten der großen, paradiesisch anmutenden Glaubensgemeinschaft, die für Liebe und Frieden einsteht, herein. Die beiden wurden mit tschetschenischen IS-Kriegern verheiratet und sind nun in Rakka gefangen – 15 und 17 Jahre alt und schwanger. Sie sind desillusioniert von der Kriegsrealität und wollen nach Hause – doch die Aussichten darauf sind gering. Einmal verheiratet, „gehören“ die Mädchen ihren Ehemännern und werden mit dem Tode bedroht, wenn sie zu fliehen gedenken. Samra und Sabina sind bis vor wenigen Monaten noch in Hotpants und ohne Kopftuch herumgelaufen. Jetzt müssen sie voll verschleiert Kriegernachwuchs gebären, dürfen das Haus nicht ohne Zustimmung des Mannes verlassen und müssen auch auf den Straßen stets mit (mitunter tödlichen) Tadeleien der selbst ernannten Sittenpolizei rechnen. Wenn sie in ihre Heimat Österreich zurückkehren, sieht es ebenso düster aus: dort warten langwierige Strafverfahren und kein herzlicher Empfang durch ihr Umfeld.
Soll man sie bestrafen? Soll man sagen: selbst schuld, es war Deine Entscheidung? Ich bin unentschlossen in dieser Frage. Ich bin niemand, der einem pubertären Gehirn jede Entscheidungsgewalt und Verantwortung absprechen will, insbesondere, wenn Menschenleben gefährdet oder zerstört wurden. Aber diese Mädchen (und Jungs) sind Opfer perfider Verführungstechniken geworden, welche auf die vulnerable jugendlich-pubertäre Psyche abzielen. Hier wären Aussteigerprogramme vermutlich hilfreicher als drastische Strafen.
Zum Abschluss noch ein Wort zum Thema Anonymität: ich schreibe diesen Artikel unter einem Pseudonym, da ich Angst habe.
Ich habe Angst, als Islamkritikerin von Radikalen bedroht zu werden. Ich habe Angst vor den barbarischen Rachegelüsten der in ihren „religiösen Gefühlen“ Verletzten. Ich habe Angst, weil ich sehe, wie sich diese Gelüste, enthemmt durch Gruppendynamiken, in Syrien und dem Irak Bahn brechen und weil ich mich frage, wie lange es dauert, bis es hier so weit ist. „Wenn Du wissen willst, wer Dich beherrscht, musst Du herausfinden, wen Du nicht kritisieren darfst“, sagte Voltaire. Die Krone ist die göttlich legitimierte Gewalt und das Szepter ist der furchtbare Begriff der „Islamophobie“.
Ideen und Konstrukte, insbesondere solche, die Menschenrechte für vernachlässigbar halten, respektiere ich nicht. Und wahrscheinlich wäre es richtig und mutig, wenn ich sie laut und unter meinem Klarnamen kritisieren würde.
„Sei mutig,“ sagte meine Mutter heute am Telefon, „aber sei nicht dumm.“ Sie hat recht. Und das ist traurig.
vielen dank für das teilen der Überlegungen. der artikel enthält einige interessante überlegungen zu den möglichen ursachen für den anschluss junger menschen an den is. allerdings scheint es mir doch zum teil zu unterkomplex. vermutlich kommen hier noch viel mehr und nicht unbedingt kausal zusammenhängende dinge ins spiel. bei aller berechtigten neugier und der frage danach, warum menschen sich dem is anschließen, sollte man zu einfachen erklärungen vorsichtig sein.
Toll geschrieben, sehr einfühlsam und wahrscheinlich ziemlich nah am Puls derer, die sich in dieses „Abenteuer“ stürzen. Vor allem bei der Sichtweise von jungen Mädchen gelingt es der Autorin, diese sehr treffend darzustellen.
Doch die Aussage, dass diese „Aussteiger“ gebildet und gut sozialisiert sind kann ich nicht nachvollziehen. Es sind nach meinem Eindruck im Gegenteil fast ausnahmslos Verlierer, frustrierte junge Männer, die alles mögliche begonnen aber nichts abgeschlossen haben, weder eine Lehre noch ein Studium. Sehr oft kommen kriminelle Delikte dazu und nun suchen diese frustrierten jungen Typen nach einem Ventil, das von Jihad-Faschisten angeboten wird und auf einfache Art eine scheinbare Lösung für ihr persönliches Unvermögen bereithält. Morden und Schlachten, in religiöses Gewand verpackt, damit evtl. Skrupel besser weggesteckt werden können, kommen der Umsetzung von destruktiven Energien passgenau entgegen.
Es ist sicher wichtig, sich Gedanken über die „Motive“ dieser Versager zu machen. Doch nur insoweit, als sie für eine präventive Gegenstrategien notwendig sind. Ansonsten sind diese jungen Männer ohne den üblichen Bonus für ihre Taten zur Verantwortung zu ziehen, das gilt ganz besonders für eine Beteiligung an den monströsen Verbrechen und Massenmorden der IS.
Die religiös-emotionale Hingabe an einen allmächtigen Übervater namens Gott ist nicht nur auf den Islam beschränkt, geschweige denn auf Heranwachsende die nach Identität suchen. Sie ist vielmehr fester Bestandteil monotheistischer Religionen und kann ohne weiteres bis zur Selbstaufopferung gehen. Die Geschichte ist voll von solchen Beipsielen. Das damit verbundene Schwärmen ist eng verbunden mit dem Wunsch, den Koran, die Bibel oder den Talmud nicht nur zu lesen sondern auch zu leben.
Dass junge Menschen für Schwärmereien jeder Art besonders anfällig sind, gehört zum Standardwissen in der Jugendpsychologie. Wieso diese aber zur religiösen Schwärmerei wird scheint mir bis heute nicht eindeutig geklärt zu sein. Unabdingbare Voraussetzung dafür ist aber auf jeden Fall die vorherige Einübung in eine Art von religiösem Denken, das einen absoluten Gott unhintefragbar akzeptiert und propagiert.
Das ist auch in moderat-religiösen Familien der Fall und erst Recht dann, wenn dort die Religionsmitgliedschaft des Kindes quasi von Geburt an nicht nur kognitiv sondern auch gefühlsmäßig verankert wird. Wenn das Kind also mit dem Glauben an ein „höheres“ Wesen aufwächst, dessen Existenz nicht ohne Folgen angezweifelt werden darf.
Ein Wesen das vom Glaubensgegenstand sogar häufig zum Erziehungsmittel wird, wenn die Eltern mit ihm drohen (Gott sieht alles… du kommst nicht in den Himmel wenn… usw. usw) oder eine Belohnung durch dieses Wesen in Aussicht stellen ( Gott liebt dich, wenn du .. Du kommst in den Himmel wenn du). Im Gegensatz zum Schwärmen für Justin Biber oder ein anderes Popidol wendet sich das Schwärmen für Gott an ein Wesen, das aus religiöser Defintion nicht sterben kann. An einen Übervater der einen nie verlässt weil der nie geht. Einen der sogar bleibt, wenn man sich von ihm abwendet.
Ein allmächtiges, allwissendes und ewiges Wesen dieser Art eignet sich deswegen auch viel besser und dauerhafter als Gegenstand emotionaler Hingabe als irdische Menschen. Da es obendrein auch kein reales Bild von ihm gibt sondern nur Phantasieprodukte kann sich jeder sein Bild von ihm machen, und das ist bei Kindern natürlich sehr abhängig davon, welches Bild die Eltern und die anderen religiösen Erzieher ihm eintrichtern. Diesem Bild können die so Erzogenen oft ihr ganzes Leben lang nicht entkommen.
Da Schwärmerei unter bestimmten Bedingungen, wie jeder weiß, zum Fanatismus werden kann, ist die Schwärmerei für ein Wesen dass nicht den menschlichen Grenzen unterliegt, weitaus gefährlicher als jede Art von weltlicher Fan-Kultur, bei der man auch schon jede Art von irrationalen Auswüchsen erleben kann. Hingabe an welchen alleinigen Gott auch immer strebt nämlich aus sich selbst ebenfalls zur Grenzenlosigkeit und das im Guten wie im Bösen. Monotheistische Religionen sind deswegen ohne gewalttätigen Fanatismus nicht zu haben. Grenzenlose Liebe und grenzenloser Hass sind nämlich nicht nur in der Religion zwei Seiten der gleichen Medaille.
Vielen Dank für den Text! Er bestätigt mich in meiner Position, dass man Rückkehrern aus diesen Regionen genau hinschauen muss, wer es ist und was er gemacht hat, und vor allem in welchem Zustand er wieder zurückkommt. Es macht wenig Sinn und dürfte in den meisten Fällen auch kontraproduktiv sein, wenn die Person die volle Keule Rechtsstaatlichkeit und Komplettüberwachung abbekommt.
Auch kann ich nicht sehen, dass es alles „Verlierer“ sind, die strenggläubige Moslems und Salafisten werden. Denn ist man mit 17, 18, 19, 20 Jahren ein „Verlierer“? Anders ausgedrückt, wann ist man als Jugendlicher oder Heranwachsender ein Verlierer?
Viel bedenklicher finde ich es, wenn Kanaillen wie Hr. Vogel oder Hr. Lau indirekt zum heiligen Krieg aufrufen und durch ihre „Aufklärung“ Moslems auf den „rechten“ Weg bringen wollen. Diese Leute sind aus meiner Sicht ebenfalls Terroristen, die das hiesige Gesellschaftswesen nachhaltig zerstören.
Naja. Besinnungsaufsatz über die Verführbarkeit von jungen Menschen, nur leider praktisch ausschließlich Spekulation ohne Faktenanbindung. Das „So ähnlich stelle ich mir […] vor.“ aus dem dritten Absatz könnte für den ganzen Artikel stehen.
Für geradezu gefährlich und diskriminierend unterkomplex halte ich es, die Reise in den dschihadistischen Terrorismus einerseits und andererseits die Berufswahl u.a. danach, wie man in dem Beruf seinen Glauben leben kann, so nebeneinander zu stellen, als wäre das irgendwie so fast dasselbe (oder habe ich da eine Differenzierung verpasst?), zumindest der Richtung nach. Was wäre denn gegen letzteres in einer pluralen Gesellschaft einzuwenden? Schlimm ist daran doch eigentlich nur, dass junge Frauen, die Kopftuch tragen wollen, damit nicht jeden Beruf ergreifen können (oder das zumindest befürchten).
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@ Arnold Voss, zu „moderate Religiöse“ usw.:
Irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, ich müsste mich irgendwie angesprochen fühlen, aber … „einen absoluten Gott unhintefragbar akzeptiert und propagiert“? „dessen Existenz nicht ohne Folgen angezweifelt werden darf“? „Monotheistische Religionen sind deswegen ohne gewalttätigen Fanatismus nicht zu haben.“?
Nee, echt nicht.
Bitte verwechseln Sie doch beim Thema Religion nicht immer Ihre Vorurteile mit der Realität religiöser Menschen. Im Gegensatz zu Ihren Ressentiments gibt es Religion nämlich auch in der Variante „reflektiert und mit eingebauter Selbstkritik“.
@ #5 ad Religion (Monotheismus) und den Implikationen:
http://www.zeit.de/2007/52/Essay-Religion
@ Paule t.
„Bitte verwechseln Sie doch beim Thema Religion nicht immer Ihre Vorurteile mit der Realität religiöser Menschen. Im Gegensatz zu Ihren Ressentiments gibt es Religion nämlich auch in der Variante “reflektiert und mit eingebauter Selbstkritik”.“
Habe ich je bezweifelt, dass es diese Varianet gibt, zu der sie sich ja auch selbst zählen? Aber erklären sie mir doch, wieso es immer auch die Variante gibt, die mal gerade wieder mordend durch die Welt zieht. Die entspringt offensichtlich nicht meinem Ressentiment sondern der religiösen Realität.
[…] Wieso junge Mädchen in den Jihad ziehen […]