Jugend Kultur Zentren 2010 – Teil 2: Das KKC in Essen

Was und warum machen eigentlich all die Kulturzentren im Ruhrgebiet? Im ersten Teil antwortete darauf Rüdiger Jordan vom Dortmunder FZW. Sozusagen wegen vieler Anfragen erfolgt im zweiten Teil ein Kurzbericht über das KKC, einst neben Frankfurt und Berlin wohl das aktivste Studierenden eigene Veranstaltungscafé.
Was ist es heute?

Viele Erinnerungen schon beim Weg vom Campus die Treppe hinunter und das Gefühl, dass früher eine Art "schmuddelig aber unser" die Einstellung meiner AStA-Generation zu diesem Beton-Vorhof ausgemacht hatte. Dementsprechend auch die verwitterten Plakate an den Fenstern der Studierendenvertretung; später werde ich feststellen dass dort im Schnitt zweimal vier Stunden Anwesenheit pro ReferentIn und Woche auf den Türschildern stehen. Vor 15 Jahren – und vor dem Crash in Essen und den Studiengebühren und Bachelors – waren das noch mehr als Vollzeitjobs. Aber es war auch ständig Krieg zwischen rechts und links und links und links, 2009 wirkt alles recht gelassen, selbst beim Betreten des KKC. Es erstaunen aber sofort wieder die prächtige Theke und die wohl designten Wände.

Es ist Milchkaffeezeit, und alles scheint dezent "Pause" zu flüstern. Nach einiger Recherche stellt sich heraus, dass ein Angestellter quasi für das Tagesgeschäft und die Gastronomie zuständig ist. Dieser ist dem Finanzreferenten des AStA unterstellt, und das Kulturreferat macht im KKC manchmal Veranstaltungen. Oder Fachschaften ihre Parties. "Im Grunde aber funktioniert das KKC hauptsächlich als studentische Caféteria", erklärt Kulturreferentin Tinka Stinnen. "Der große Raum ist eh schon in Raucher- und Nichtraucherbereich unterteilt, und daher machen wir unsere Kulturveranstaltungen auch gerne woanders. Zum Beispiel ist die Atmosphäre für Filme im Hörsaalzentrum einfach viel Kino artiger. Und Lesungen machen wir sogar eher in den AStA-Räumlichkeiten."

Da gibt der Autor zu, dass er da schon ein wenig geschluckt hat und sich gefragt, warum 2009 genau das Gegenteil des 30-Tage-Kulturprogramm-Prinzips von Mitte der Neunziger passiert. Keine AStA-Partyreihe zur Finanzierung von Konzerten und Theater mehr. Wenig auswärtige Künstler. Trennwand, Theke, P.A. und Lichtanlage werden eigentlich gar nicht genutzt. Muss man ja auch nicht immer. Und gut ausschauen tut es ja noch aufgrund der Mühen der Vorgängergenerationen. Cool. Warum nicht? Schließlich gibt es mit dem jährlichen Campusfest und der gelegentlichen EinsLive-Party ja auch ab und zu mal Pop für die Massen.

Also endlich exemplarisch zu dem was passiert gegen Ende des Semesters:
In der Reihe "quergelesen" heißt es am Donnerstag (29.01.) im AStA "Die Rache der Eva H." mit den passenden Werken der Frauen Roche, Herman und Nick und folgendem Text auf dem Flyer: "Für alle die sich emanzipieren von festgelegten Geschlechterrollen und die Thesen von Eva Herman einfach nur lächerlich finden. Dazu einen schönen prickelnden Sekt. Nicht nur trockener, da bei den Beschreibungen einer Tochter der Emanzipation einem oft die Spucke wegbleibt. Dazu die Frage: Ist die Freiheit so ein Buch wie Charlotte Roche zu schreiben eine Folge der Emanzipation?"
Und im Bereich Theater ist nicht nur der Theaterausgehclub zu nennen, eine Kooperation mit dem Theater Oberhausen, das Theaterbesuche zu 4 Euro ermöglicht. Sondern auch dass der für den 6. Februar geplante Theaterabend der studentischen Gruppe wohl verschoben wird, um das neue Stück statt des alten aufzuführen. Und am Freitag (30.1.) ist Comedynight ab 20 Uhr, und zwar mit Ilhan Atasoy (Foto – bekannt von u.a. Nightwash und dem Quatsch Comedy Club) und der Newcomergruppe Avocadomousse mit dem Programm "Yes – we can!".

Kulturetat und KKC haben also nicht mehr viel miteinander gemein, und das Zentrum dient tatsächlich vor allem als Caféteria und finanziert sich gemütlich über die Gastronomie des Tagesgeschäftes plus einiger Vermietungen. Kurz schießt mir durch den Kopf, dass die Studierendenvertretung sich von ihrem selbst geschaffenen Monster re-emanzipiert hat. Ganz selbstverständlich folgt diese Studierendengeneration also eigentlich einem von mir lange geforderten Prinzip für die vielen Hallen des Ruhrgebietes. Nämlich dass man nicht zwanghaft immer alles bespielen soll. Oder auch: Alles kann, nichts muss. Beruhigend. Vielleicht sogar beispielhaft.

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Stefan Laurin
Admin
15 Jahre zuvor

„Alles kann, nichts muss“ – ein gutes Prinzip. Als ich 1991/92 im AStA war gab es fast jeden Tag Programm. Ich fand es schon damals zu viel, aber es passte irgendwie in die Zeit und war erfolgreich (und hat die Kulturarbeit des AStA finanziert). Wenn es nun entspannter zugeht ist das doch eine schöne Nachricht.

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