Bundesweit sorgt seit längerem schon der ‚Fall‘ von Annegret Raunigk für Diskussionen. Die 65-jährige wurde nun noch einmal Mutter von Vierlingen. Nach nur 26 Schwangerschaftswochen wurden, wie aktuell vermeldet wurde, Neeta, Dries, Bence und Fjonn geboren. Die Vier sollen gute Überlebenschancen haben.
Annegret Raunigk wollte in einem Alter wo ihre Altersgenossinnen höchstens ihre kleinen Enkel auf dem Arm halten, selber noch einmal Mutter werden. Und so ließ sich die 65-Jährige künstlich befruchten. Nun wurde die Berlinerin per Kaiserschnitt also von drei Jungen und einem Mädchen entbunden. Die Englisch- und Russischlehrerin ist damit jetzt, wie berichtet wurde, Mutter von insgesamt 17 Kindern und auch bereits siebenfache Großmutter.
Eine Nachricht, welche einem als nicht direkt Betroffener grundsätzlich vielleicht erst einmal egal sein könnte, welche bei intensiverer Betrachtung aber doch gleich so einige grundsätzliche Fragen aufwirft und einen durchaus länger beschäftigen kann. Die Nachricht spaltet ob ihrer unterschiedlichen Blickwinkel wohl auch nicht umsonst die teils sehr aufgeregten Reaktionen.
Mir soll es hier und heute in den nächsten paar Zeilen zum Thema dabei allerdings gar nicht um die sicher für sich selbst genommen auch schon durchaus denkwürdigen Aspekte gehen, dass die ‚Geschichte‘ vom Sender RTL exklusiv vermarktet wird, dass es sicherlich auch medizinische Aspekte gibt, die gegen ein solch spätes Mutterglück sprechen o.ä.. Auch respektiere ich durchaus den Willen der jungen Mutter im Oma-Alter. Was mich an der Nachricht am meisten beschäftigt, das ist die Situation der nun neugeborenen Kinder. Denn die fragt naturgemäß niemand, aber sie bekommen in ein paar Jahren, wenn sie erst einmal ein Alter erreichen dürften, in dem sie ihre Mutter in Erziehungsfragen und als Vorbild für ihr eigenes, sich dann erst so richtig entwickelndes Leben mehr und mehr heranziehen möchten und werden, vermutlich die Nachteile dieser späten Geburt zu spüren.
Die nun neugeborenen Kinder von Frau Raunigk werden später einmal unweigerlich mit der Realität konfrontiert werden, dass ihre Mutter, wenn sie denn z.B. den Schulabschluss der vier denn altermäßig überhaupt noch miterleben sollte, die Quittung dafür, wenn sie realisieren müssen, dass ihre Mutter dann unweigerlich schon in einem Alter ist, welches dem der Großeltern oder gar Urgroßeltern von Freunden und Kollegen entspricht. Mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen, was das Verhältnis zu ihrer Mutter und auch ihre Erziehung betrifft. Und da sehe ich fast nur Negatives.
„Ich rede anderen Leuten nicht in ihr Leben rein, und ich erwarte, dass meins genauso akzeptiert wird.“, wurde die alleinerziehende Berlinerin zitiert. Sie begründete ihre Schwangerschaft in der Öffentlichkeit damit, dass ihre zehn Jahre alte Tochter Lelia sich sehnlichst ein Geschwisterchen gewünscht habe. Nun ja, nicht wirklich nachvollziehbar, denn bei nun insgesamt offenbar 17 Kindern scheint es da ja schon einige Geschwister gegeben zu haben. Aber sei es drum.
Es stellt sich einem doch unweigerlich die Frage, ob es denn grundlos eine natürliche Altersgrenze fürs Kinderkriegen gibt? Muss alles was medizinisch in dieser Richtung inzwischen machbar ist, tatsächlich auch so umgesetzt werden? Ich will mich hier, wie gesagt, gar nicht zum Moralapostel aufschwingen. Grundsätzlich sollten solche Entscheidungen wirklich jedem Menschen selber überlassen bleiben, aber ist es wirklich im Interesse der in die Welt gesetzten Kinder, wenn die Mutter schon so alt ist, wenn die Sprösslinge das Licht der Welt erblicken? Ich finde, im konkreten Fall, aber auch grundsätzlich, gibt es eigentlich keine wirklich nachvollziehbaren Gründe für eine solch späte Schwangerschaft. Zumindest eben nicht aus der Sicht der Kinder.
Wenn die Betroffenen schon ‚alte Leute‘ sind, wenn ihre Kinder in ihr Leben starten, dann dürfte es in der Regel keine wirklich moderne, zeitgemäße Erziehung mehr geben. Natürlich gibt es solche Regeln niemals für alle und für jeden Fall, aber grundsätzlich ist es für Kinder sicher vorteilhaft, wenn ihre Eltern selber noch voll im Leben stehen, wenn die Kinder zur Schule gehen, die häufig schwierige Phase der Pubertät durchleben, in ihr eigenes Berufsleben starten. Man stelle sich mal vor, die hier konkret thematisierten Vierlinge werden in rund 10 bis 15 Jahren selber ihre Persönlichkeiten voll entfalten, zu Erwachsenen heranwachsen und ihre Mutter ist dann schon um die 80 Jahre alt. Was wird eine solche Erziehungsberechtigte dann noch für ihre Kinder leisten können, was wird sie ihnen an Erfahrungen mit auf den Weg geben können?
Ein zusätzlicher Nachteil für die Kinder ist aus meiner Sicht das hohe Risiko ihre alleinerziehende Mutter schon in jungen Jahren zu verlieren. Auch wenn Frauen heutzutage durchschnittlich hierzulande eine Lebenserwartung um die 80 Jahre haben, niemand weiß wie alt er wird. Und das Risiko ist bei einer Mutter die bei Geburt schon im Rentenalter ist halt deutlich höher, dass man Kinder im minderjährigen Alter hinterlässt.
Wie gesagt, die Nachricht hat durchaus unterschiedliche Aspekte, doch auch wenn man niemandem etwas verbieten will, oder gar Vorschriften machen möchte, kommt man doch eigentlich nicht an der Erkenntnis vorbei, dass es sicherlich nicht im Interesse von Kindern sein kann im Haushalt einer Person im Greisenalter aufzuwachsen. Und genau das wird hier in ein paar Jahren der Fall sein. Und wenn sich die Betroffenen dieser Verantwortung wirklich bewusst wären, dann dürften sie sich meiner Meinung nach eigentlich nicht für so später Schwangerschaften entscheiden. Auch wenn inzwischen Medizinisch offenbar vieles möglich ist.
Ich selber habe es jedenfalls als sehr positiv empfunden, dass meine Eltern und auch meine Großeltern in meiner Kindheit noch relativ jung waren, mir in Kindheit Pubertät und Erwachsenenzeit noch als vitale, mitten im Leben stehende Persönlichkeiten mit Rat und Tat zu Seite stehen konnten, ich mit nun schon über 40 Jahren, auf viele schöne Erinnerungen mit diesen zurückblicken kann. All dies wird den vier Kindern in Berlin so wohl nicht möglich sein. Und auch wenn man sicherlich keine allgemein gültigen Altersangaben für gute Eltern und Großeltern machen kann, mit 65 Jahren Mutter zu werden, dass kann aus meiner Sicht nicht im Sinne der Kinder sein. Und das sollte bei einer solchen Entscheidung eben der entscheidende Aspekt sein. Ich vermisse hier die Verantwortung gegenüber den Kindern.
Mit Verlaub, Robin Patzwaldt, das geht Sie nichts an. Das ist Privat-Sache. Ob die Kinder es als positiv empfinden, als negativ, als neutral, als normal, … das entscheiden die selbst.
Mit der gleichen Sichtweise kann man auch sagen: Ich finde es nicht richtig, dass bestimmte Frauen Kinder kriegen, z.B. Hartz4-Empfängerinnen, denn dann wachsen die Kinder in Armut auf! Oder lesbische Mütter, denn dann fehlt den Kindern der Vater! Oder Nazis sollten keine Kinder bekommen, denn dann fehlt den Kindern das Vorleben von Demokratie!
Mit Verlaub, ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten und auch nicht all den anderen, die sich auslassen, aber Kinderkriegen ist Privatsache.
Das Entscheidene in Familien scheint mir Liebe zu sein-unabhängig vom Alter der Eltern, von ihrer sexuellen Orientierung, unabhängig vom Gehalt der Mutter od. Hartz4.
Wie ich ja schon im Text schrieb: Natürlich entscheidet das letztendlich jeder für sich. Richtig finde ich die Entscheidung hier aber trotzdem nicht. Und ich habe ja auch zu begründen versucht warum. Dass das Ganze diskutabel ist, das war mir eh schon klar und ja auch der Grund dafür diese Zeilen hier zu dem Thema zu schreiben…. Sie dürfen gerne eine andere Position vertreten, 'ein Mensch'. 🙂
Wer soll entscheiden, wer Kinder bekommen darf?
Wann kann man s mit medizinischen Mitteln biologische Grenzen überwinden.
Wie viele Eltern kann ein Kind maximal haben, wenn alle medizinischen Kombinationsmöglichkeiten durchgeht? Wie sieht es rechtlich aus?
Was ist das kompliziert und das Kinder muss damit aufwachsen. Aber was ist heute noch Standard?
Da waren die 70er unkomplizierter. Papa war im Werk oder auf Zeche. Mutter machte den Haushalt , und das Kind musste mit dem Dauerhusten im Ruhrgebiet aufwachsen. Hätten wir gewusst, dass es auch schönere Ecken gibt, wären wir vermutlich abgehauen.
"Wer soll entscheiden, wer Kinder bekommen darf?"
Es geht mir doch nicht ums 'Dürfen'. Ich würde mir halt wünschen, dass solche Entscheidungen in vollem Bewusstsein und mit möglichst großer Verantwortung für die Kinder getroffen würden bzw. werden. Ob das aber z.B. hier der Fall war bzw. ist, daran habe ich doch erhebliche Zweifel, um es mal vorsichtig auszudrücken. 🙂
Nach dem Hören von Sendungen zum "Entstehen" von Menschen in versch. Varianten inkl. der Risiken hat sich bei mir das 40. Lebensjahr als äußerste Grenze festgesetzt.
Der Begriff Mutterglück führt hier völlig in die Irre. Biologisch stimmt er zwar, sozial handelt es sich aber um Omaglück. Die Kinder wachsen de fakto nicht bei ihrer Mutter sondern bei ihrer Großmutter auf. Das hat neben einigen Nachteilen allerdings auch einen großen Vorteil: Sie erben viel früher. 🙂
@Arnold: Bei mir persönlich waren selbst die Uromas bei meiner Geburt nicht viel älter als 65. Meine Omas war damals übrigens 46 bzw. 49, als ich geboren wurde… Aber das hier nur am Rande. 🙂
Die Kids werden sich einiges anhören müssen, wenn Mutti sie im Kindergarten oder später aus der Schule abholt. Das wird nicht lustig für die Kids, überhaupt nicht. Es sei denn, die Kinder sind seit meinem Eintritt in den Ruhestand sanftmütiger geworden. Was ich so höre von ehemaligen Kollegen scheint dies aber eher nicht der Fall zu sein.
@ Ein Mensch: "Das ist Privat-Sache."
Das ist ein Totschlagargument.
Es geht jeden, den es interessiert, etwas an. Schließlich hat sich die Mutter mit Ihrer Vermarktung bei RTL selbst zur öffentlichen Person gemacht.
Liebe in der Erziehung ist bestimmt auch schön, aber brauchen Kinder nicht auch ein strukturiertes Zuhause, einen geregelten Tagesablauf, 3-5 Mahlzeiten am Tag, Unterstützung & Hilfe im Kindergarten & Schule, jemanden, der sie zum Sport fährt etc. Wird die geriatrische Mutti dazu in der Lage sein?
Oder wird am Ende wieder der (pathologische?) Wunsch nach Selbstverwirklichung um jeden Preis auf Kosten der Kinder und zu Lasten der Allgemeinheit ausgelebt?
Niemand kann in D anderen vorschreiben, ob und wann sie Kinder bekommen dürfen; aber jeder darf eine Meinung haben, und sollte sie auch öffentlich äußern können.
Leider hat sich das Netz zum Tummelplatz der Scharfrichter der veröffentlichen Meinung entwickelt.
Ihrem Beitrag gebe ich völlig Recht!
– Als ich in der Pubertät war, hatten meine Großeltern ihre Renten durch – damals hieß das aber noch nicht so, sie waren schlicht und ergreifend "in Rente". Und sie waren ganz einfach Oma und Opa und alt. Sehr alt für mich.
– Aber damals solch eine gefühlte Greisin als Mutter zu haben und das zu viert? Zum Glück nicht!
– Und die Dame hat sich und ihre Kinder – sind es eigentlich im Sinne des Wortes ihre Kinder? – nicht an RTL, sondern an RTL 2 verkauft. Was – mann glaubt es kaum – noch schlimmer ist. Und sie will als Lehrerin zugleich Akademikerin sein?
– Dagegen sprechen die Namen "Neeta, Dries, Bence und Fjonn" schon Bände. Keiner ist in Berlin verbreitet, den einen oder anderen kennt mann in Friesland. Obwohl … Wie heißen die armen Kinder am Prenzlauer Berg?
– Es gibt die gute alte stoische Lehre des 'officium communis', was bedeutet, sich für das Allgemeinwohl einzusetzen. Daß damit AUCH das Wohl der fremdgeborenen Kinder gemeint ist, scheint die Dame wohl nicht begriffen zu haben!
– Und daß ich von daher das Argument "Ich rede anderen Leuten nicht in ihr Leben rein, und ich erwarte, dass meins genauso akzeptiert wird”, für absolut dummes Zeug halte, mögen jeder und sie und es nachvollziehen!