Beim Polizeieinsatz gegen die Teilnehmer der Anti-Nazi Demo am 3. September in Dortmund kam es nach Ansicht von Juristen zu zahlreichen Rechtsbrüchen durch die Polizei.
Der Republikanische Anwaltsverein kritisiert in einer ausführlichen Stellungnahme das Vorgehen der Dortmunder Polizei am 3. September. An diesem Tag haben in Dortmund mehrere Tausend Menschen gegen einen Nait-Aufmarsch protestiert. Am Rande der Demonstrationen kam es immer wieder zu vereinzelten Ausschreitungen und Verletzten auf Seiten der Demonstranten und der Polizei.
Der Anwaltsverein kritisiert unter anderem den massiven Einsatz von Pfefferspray, die Behinderung von Anwälten und zweifelhafte Festnahmen. Hier die Stellungnahme:
Polizeirepression gegen die Anti-Nazi-Proteste am 2. und 3. September 2011 in Dortmund
Am 2. und 3. September 2011 gelang es in Dortmund einem breiten Bündnis aus zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Gruppen, unter engagierter Wahrnehmung der Versammlungs- und der Meinungsfreiheit, die Nazi-Aufmärsche zum sogenannten „nationalen Antikriegstag“ erheblich zu behindern.
Mehrere Anwältinnen und Anwälte des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) begleiteten als Legal-Team die Demonstrierenden. „Leider bestätigen sich die Erfahrungen aus Dresden auch in Dortmund: die Polizei setzt Nazi- Aufmärsche gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger durch. Dies gelingt nur noch mit fragwürdigen Mitteln, wie z.B. unverhältnismäßigem und riskantem Einsatz von Pfefferspray und Polizeiknüppeln, rechtswidrigen Freiheitsentziehungen und der Ausweisung von ganzen Stadtteilen als ‚rote Zonen‘. Auf der Strecke bleiben die Grundrechte. An einen Protest in Sicht- und Hörweite der Naziaufmärsche, wie er vom Bundesverfassungsgericht vorgesehen ist, war in Dortmund mal wieder nicht zu denken“, so Rechtsanwalt und RAV-Mitglied Daniel Werner aus Oberhausen.
Rechtswidrige Freiheitsentziehung
In der Gefangenensammelstelle (GeSa) war am Samstag ab 19 Uhr kein Richter mehr zu erreichen. Gemäß Art. 104 II GG ist bei Freiheitsentziehungen unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Ist dies nicht möglich, so sind die in Gewahrsam genommenen Demonstrierenden sofort frei zu lassen.
Trotzdem sind erst nach 24 Uhr die letzten Personen aus dem Gewahrsam entlassen worden. Schon am Freitagabend hatte der Gewahrsam noch rechtswidrig eine Stunde angedauert, obwohl bereits am Ende der polizeilichen Vernehmung die sofortige Freilassung der betroffenen Demonstrierenden verfügt worden war.
Ebenfalls wurde es den in Gewahrsam genommenen Demonstrierenden, die nach anwaltlicher Beratung gefragt hatten, nicht ermöglicht, mit den Anwältinnen und Anwälten des Legal-Teams zu sprechen.
Die Situation in der GeSa war offensichtlich rechtswidrig, verantwortlich hierfür ist die Polizei.
Polizeiknüppel und Pfefferspray
Nach Informationen und Beobachtungen des Legal-Teams und der Sanitäterinnen und Sanitäter sind Pfefferspray und Polizeiknüppel unverhältnismäßig gegen Demonstrantinnen und Demonstranten eingesetzt worden.
Nach § 61 I Polizeigesetz NRW ist der Einsatz von Knüppeln und Pfefferspray anzudrohen. Obwohl die Polizei in Dortmund die Möglichkeit zur Ankündigung und Erteilung von Platzverweisen hatte, ist dies in der Mehrzahl der Fälle nicht geschehen. Insbesondere wurde Pfefferspray gegen große Gruppen von Demonstrierenden ohne Rücksicht darauf eingesetzt, ob zuvor gegen Gesetze verstoßen wurde oder nicht. Pfefferspray wurde auch gegen Minderjährige oder gegen Personen, die sich ersichtlich von der Demonstration entfernen wollten, eingesetzt. In der Nordstadt wurde in einem Fall ein bereits am Boden liegender Demonstrant von KnüppelschlaÅNgen der Polizei getroffen. Ebenfalls in der Nordstadt wurde eine Gruppe Demonstrierender durch die Polizei von einer Seite mit einem Wasserwerfer und von der anderen Seite mit Pfefferspray angegriffen. Ein verantwortungsloser und unverhältnismäßiger Polizeieinsatz, da er durch den Angriff von zwei Seiten sowohl geeignet ist eine Panik auszulösen, als auch Personen, die sich von der Demonstration entfernen wollen, gerade daran zu hindern.
Eingriff in die anwaltliche Berufsausübung Offensichtlich kann die Dortmunder Polizei mit einer kritischen Beobachtung ihres Einsatzes nicht umgehen. Mehrfach wurde es Anwältinnen und Anwälten nicht gestattet, mit Mandantinnen und Mandanten, welche von der Polizei in Gewahrsam genommen wurden, zu sprechen. Dies ist sowohl in der GeSa, als auch in Polizeikesseln und im Zuge von Personenkontrollen und Durchsuchungen geschehen.
Die Polizei hat gegenüber Anwältinnen und Anwälten Platzverweise und Betretensverbote für die Nordstadt ausgesprochen. Anwältinnen und Anwälten, die sich über diese Behinderung ihrer Berufsausübung beschweren wollten, war es nicht möglich, mit dem Einsatzleiter vor Ort sprechen zu sprechen. Durch die Polizistinnen und Polizisten wurde noch nicht einmal der Name des Einsatzleiters vor Ort genannt.
Dass es sich dabei nicht um Einzelfälle, sondern die planvolle Verhinderung von kritischer Beobachtung handelt, zeigt die Tatsache, dass Abgeordnete, die diesem Wochenende als parlamentarische Beobachter unterwegs waren, von ähnlichen Erfahrungen berichten.
10405 Berlin
„Leider bestätigen sich die Erfahrungen aus Dresden auch in Dortmund: die Polizei setzt Nazi- Aufmärsche gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger durch.“
Ich weiß nicht, ob es Richtig ist, das einfach so Pauschal in eine Stellungnahme zu schreiben. Immerhin ist die Demokratie dazu da Minderheiten vor Mehrheiten zu schützen.
Das die angewandten Mittel Falsch sind, steht außer Frage. Aber mit dem gleichen Satz hätte man (hypothetisches Bsp.) auch den Schutz von „Homo-Demos“ vor Übergriffen kritisieren können.
Ich freue mich auch über jede verhinderte Nazidemo (solange die dafür gewählten Mittel mit meinem Gewissen vereinbar sind), bei welchen Thema zieht man aber die Grenze? Und wer zieht sie?
Die Grenze ist ganz einfach zu ziehen. Demokratische Grundrechte, wie das Recht auf eine Demonstration, nur für Demokraten. Wer öffentlich behauptet Anti-Demokrat zu sein, braucht schließlich nicht rumheulen, dass demokratische Recht für ihn nicht gelten. Gilt ebenso wie das Recht auf freie Meinungsäußerung etc.
Aus dem o.g. Artikel:
„„Leider bestätigen sich die Erfahrungen aus Dresden auch in Dortmund: die Polizei setzt Nazi- Aufmärsche gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger durch. Dies gelingt nur noch mit fragwürdigen Mitteln, wie z.B. unverhältnismäßigem und riskantem Einsatz von Pfefferspray und Polizeiknüppeln, rechtswidrigen Freiheitsentziehungen und der Ausweisung von ganzen Stadtteilen als ‚rote Zonen‘. Auf der Strecke bleiben die Grundrechte.“
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Versteh ich nicht so ganz: man möchte als das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit einschränken (egal ob Nazis oder wer/was auch immer) , aber selber pocht man auf die selbigen ?!?
Das vor Gesetz alle gleich sind, ist aber auch ein solches (Demokratisches) Grundrecht. Da du gerade forderst, das dieses nicht gelten soll, heißt das, dass man dich vor Gericht jetzt nicht mehr fair und unabhängig von deiner Weltanschauung behandeln soll?
tja, da helfen nur vermehrte Handyvideos und ein nicht zensierter Zugang auf einem Server, Youtub ist dafür nicht sonderlich geeignet!
Das trifft den Punkt: Die Dortmunder Polizei setzt um jeden Preis Nazi-Aufmärsche durch, was seit Jahren das rechte Pack nach Dortmund lockt.Und die NRW-CDU leistet Beihilfe. Sie hetzt gemeinsam mit dem bald glücklich pensionierten Polizeipräsidenten Schulze gegen aufrechte Demokraten (auch die letzten aus der SPD), die es wagen, friedliche Sitzblockaden gegen Nazi-Parolen und – Übergriffe in der Dortmunder Nordstadt anzukündigen.
@#6 | birg: Letztes Jahr hat die Dortmunder Polizei doch eine Standkundgebung durchgesetzt und keinen Aufmarsch oder ?
Was ich als Nicht-Jurist nicht verstehe ist, warum die Einschränkung des Rechts auf Freizügigkeit (auch ein Grundrecht übrigens) für tausende Nordstadt-Bewohner bei der Abwägung der Genehmigungsfähigkeit solcher Demonstrationen überhaupt keine Rolle zu spielen scheint. Hier wäre m. E. eine Nazi-Demo jederzeit ohne solche Einschränkungen durchzuführen – oder wiegt die Reisefreiheit schwerer?
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