Wer unter dem Trommelfeuer weit mächtigerer Gegner einen Achtungserfolg dieser Größe erzielt, ist kein Verlierer. Wer unter diesen Bedingungen ein gutes Drittel der Parteimitglieder hinter sich scharen kann, hat gute Chancen auf mehr. Erst recht wenn er so jung ist wie Kevin Kühnert, dem ersten Juso Vorsitzenden, der es sogar auf die Europa Seite der New York Times geschafft hat. Der während der gesamten Anti Groko Kampagne keinen einzigen Fehler beging und am Ende seine Niederlage souverän einzugestehen in der Lage war.
Es ist die konsequent gelebte innerparteiliche Demokratie, die solche Menschen hervorbringt. Es ist der offene aber faire Streit der Meinungen, an dem politisch engagierte junge Menschen wie Kühnert wachsen. Sie sind die Zukunft dieses Landes und nicht die Altvorderen die, nicht nur innerhalb der SPD, gegen sie angetreten sind, um die schon schwer angeschlagene Partei noch einmal in eine Koalition mit Angela Merkel zu pressen.
Kevin Kühnert wird sehr wahrscheinlich noch da sein, wenn sie alle den Löffel abgegeben haben. Und wenn er weiter alles richtig macht, dann kann er zusammen mit seinen Mitstreitern die SPD durch das unvermeidliche Tal zu neuen Ufern führen. Denn ihr Wiedererstarken ist zwar im Moment unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Voraussetzung dazu ist allerdings ihre programmatisch Erneuerung, und die wiederum gelingt nur gegen die bisherigen Führung.
Sie wird nämlich so weitermachen wie bisher und Leute wie Kevin Kühnert genau in diese Alltagspraxis einzubeziehen versuchen. So sind große Organisationen nun einmal. Sie versuchen ihre inneren Kritiker entweder mundtot zu machen oder durch Postenangebote zu schlucken. Wenn Kühnert klug ist, und das scheint er zu sein, wird er das zu vermeiden wissen. Denn nur in der innerparteilichen Opposition werden ihm die Probleme in die Hand spielen, die durch die Groko nicht angegangen werden.
Stattdessen sollt er jetzt das tun, was die Partei als Ganze nicht tun wird: Dieses neue Programm zu schreiben. Das genau war nämlich die Schwäche seiner Anti Groko Bewegung. Dass sie inhaltlich keine überzeugende Alternative für die Zukunft aufzeigen konnte. Dass sie im Wesentlichen eine Nein Bewegung war, die nur sehr unzureichend positive und vor allem praktikable Lösungen für die Probleme zu liefern in der Lage war, die sie angeprangert hat.
Ein Programmentwurf der zuspitzt und zugleich überzeugt. Einer, der Menschen auch außerhalb der Partei mobilisiert und progressive Expertinnen und Experten mit einbezieht. Der an Initiativen anknüpft die es auf den verschiedensten Gebieten schon gibt. Einer der wahlkampffähig ist und eine gesellschaftliche Diskussion erzeugt, während die etablierten Kräfte so weiter machen wie bisher.
Dann wird aus der neuen Groko nicht eine weitere Zeit des innerparteilichen Stillstandes, sondern der systematischen Vorbereitung auf die Zeit danach. Eine Pause zum Sammeln guter Argumente und praktischer Veränderungsbeispiele, zusammengefasst in einem flüssig lesbaren weil verständlich geschriebenem klassischen kleinen Buch, das, mit den Namen Kühnert versehen, eine so große Leserschaft finden wird, das auch der Preis die 10 Euro Marke nicht überschreiten würde.
Niemand in der SPD könnte ein solches Buch verhindern und trotzdem müsste sich auch die Führung der Partei damit auseinandersetzen. Es könnte zugleich Thema in vielen Ortsvereinen sein, um dort eine Programmdiskussion von unten einzuleiten. Und die Medien würden sich schon wegen des Autors drauf stürzen. Erst recht wenn dazu eine Lese- und Diskussionsreise käme, die sehr wahrscheinlich vor vollen Sälen stattfinden würde. Die sozialen Medien werden dann das übrige tun.
Jugendwahn total. In Österreich "Baby-Hitler" (Titanic), in Frankreich Messias Macron und in D. Kevin-die-Sozialprognose.
Liebes abgehängtes SPD-Drittel, es wird euch kein Gott, kein Tribun & kein Kevin retten und die SPD schon gar nicht (siehe die letzten 150 Jahre der Arbeiterverräter).
Schrecklich klappert das alte Gespenst "Arbeiterverräter" mit seinen Knochen und erschreckt immer noch ein paar politische Kleinkinder, die schreckensbleich in die Arme der marx.leninistischen Mutter(Partei) flüchten. Oder zu anderen Müttern, denen eines gemeinsam ist, dass sie bis heute kein auch nur halbwegs funktionierendes Gegenmodell zur SPD-Politik haben etablieren können. Und immer endeten deren Versuche in Blut, Tränen und Massenelend.
Die SPD dagegen hat viel Gutes erreicht, seit Schmidt/Schröder und deren Nachfolgern funktionieren die über 100 Jahre lang erfolgreiche Politik der sozialen Verbesserungen nicht mehr, was nicht nur am Personal liegt.
Seit der reale Sozialismus in der SU und in den anderen "Arbeiterparadiesen" im Sinkflug begriffen war und sich ab 90 tw. selbst abschaffte, sind die Bedingungen für alle sozialdemokratischen Parteien in Europa deutlich schlechter bis ganz mies geworden. Der "Klassenkampf" war von der Kapitalseite gewonnen, die "Arbeiterklasse" als politisch handelnde Macht hatte ihren Schrecken verloren und viele abhängig Beschäftigte wurden zu Verlierern, denen sozialdemokratische Parteien immer weniger einflussreiche Helfer sein konnten, v.a. nach dem deutlich geworden war, dass die Arbeiterklasse auch in den Staaten, in denen sie vorgeblich herrschte, wenig bis nix zu sagen hatte und von dem Wohlstand der westlichen Arbeiter nur hatten träumen können.
Herr Kühnert ist schon ein paar Tage in der SPD und hat ein Amt. Da hätte er auch schon liefern können. Die Lücken im Programm waren offensichtlich.
Ich frage mich ja öfter, was die Dortmunder Abgeordneten so machen und hatte bisher oft vergeblich nach Inhalten gescuht.
Bei Herrn Bülow gibt es jetzt einen Vorschlag:
https://www.marco-buelow.de/wp-content/uploads/PDFs/Aktuelles/Sozialwende-jetzt.pdf
Ich habe es nicht im Detail gelesen, aber ich fand es bemerkenswert, dass auch er das Thema gemeinsame Rentenversicherung, das ich bei der SPD vermisse, auf der Liste hat:
"Wir wollen einen Systemwechsel hin zu einer Erwerbstätigenversicherung: wir
brauchen eine Bürgerrente, in die alle einzahlen und von der alle profitieren, also auch
Selbständige, Beamte und Politiker."
Diese paar Seiten hätten die ganzen nogroko Protagonisten auch liefern können, statt immer nur "ich bin dagegen" zu schreien. Es ist auch bemerkenswert, dass sich viele Abgeordnete sehr zurückhaltend zu dem Thema positioniert haben. War es die Angst auf der falschen Seite zu stehen?
Arnold Voss,
guter Gedanke!
Z. B. durch Kühnert, z. B. mit einem Buch von ihm, könnte der Prozess der "Selbstfindung" der
SPD wesentlich neue Impulse erfahren, indem z.B. Kühnert sich einbringt mit einer von mir erhofften Bereitschaft, alles Herkömmliche tabulos kritisch zu hinterfragen -inhaltlich, personell, organisatorisch-.
Dem wäre dientlich, daß die "Alten" sich zurücknehmen -damit meine ich nicht nur die an Lebens- und Mitgliedsjahren Alten, sondern auch alle die , welche ich "alt " nenne aufgrund ihrer Denkstrukturen, ihrer konservativen Einstellung zum Hergebrachten, zur Tradition der SPD einhergehend mit ihrer unerschütterlichen Überzeugung , allein die mehr als 15o jährige Existenz der Partei und die immer noch "stolze Zahl" von rd. 460.000 Mitgliedern würden letztendlich den Fortbestand der SPD als (Volks-?) Partei garantieren.
Was in Sachen "Erneuerung der SPD" in den letzten Wochen durch einige "Alte", z. B. von Gabriel zu hören und zu lesen war -sh.u.a. das SPIEGEL-Interview mit ihm- oder von Steinbrück -sh.Buchveröffentlichung und aktuelles SPIEGEL-Interview- ,sind für mich alterstypische, oberlehrerhaft wirkenden Belehrungen, ohne einen einzigen wirklich neuen zielführenden und konkreten Gedanken . Zudem prostituieren sich hier Personen, die gezeigt haben, daß sie es sich selbst aufgrund der "alten" Verfaßtheit der SPD mit ihren alten Inhalten, mit ihrem altem Personal, mit ihren alten Strukturen haben "gut gehen lassen" und anscheinend auch weiterhin gut gehen lassen können. Dazu gehört , der persönlichen Profilierung wegen -der einen will Außenminster bleiben, der andere will ein Buch verkaufen- so zu tun, als würde man willens sein, alles Hergebrachte, was bisher nach Außen die SPD zu kennzeichne schien, kritisch zu hinterfragen, und zwar bei sich selbst mit der Frage beginnend: "Was könnte bei mir falsch gelaufen sein als "sozialdemokratischer Verantwortungsträger" und folglich der SPD geschadet haben"?
Wenn Letzteres eine utopische Wunsch-Vorstellung meinerseits sein sollte, dann sage ich stattdessen an diese "Alten" gerichtet: "Haltet wenigstens Eure Klappe und laßt die Jungen denken und machen", u.a. den Genossen Kühnert mittels eines Buches ; Titel " Meine SPD: Sept. 2o17-März 2o18 -Erfahrungen, Einsichten ,Erkenntnisse, Ideen – (oder so ähnlich)??????
Ich werde als an Lebens- und Mitgliedsjahren alter Genosse jedenfalls versuchen, innerparteilich die Klappe zu halten, jedenfalls immer dann, wenn ich von den Jungen nicht ob evtl. Idee meinerseits nachgefragt werde.
Im übrigen habe ich derzeit nicht einmal ansatzweise so etwas wie erste klare, in sich schlüssige und mich selbst überzeugende Antworten auf die Frage nach dem Ob und dem WIE einer sozialdemokratischen Partei Deutschlands im Jahre 2030.
Ich würde mir jedenfalls auch deshalb wünschen, wenn die innerparteiliche Suche nach überzeugenden Antworten auf die von mir gestellte Frage jetzt tatsächlich forciert anlaufen sollte, dass dies Suche eine ergebnisoffene und eine tabulose sein wird.
eine Idee darüber,