#Katar2022: Die WM, die eigentlich keiner mag und am Ende wohl doch fast jeder gucken wird

WM-Qualifikationsspiel m Hamburger Volksparkstadion. Archiv-Foto: Daniel Jentsch

So langsam kommt man an dem Thema Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar endgültig nicht mehr vorbei. Die Fußball-Bunddesliga geht am kommenden Wochenende in eine gut zweimonatige Pause zu völlig ungewohnter Zeit, da die bei fast allen Fans ungeliebte Winter-WM ins Haus steht. Spätestens dann wird es allen klar werden.

Konnte man sich als Sportfreund bisher noch mit so einer Art Verdrängungstaktik behelfen, lag das Turnier der Weltbesten doch gefühlt noch in relativer Ferne, steht für jeden Fußball-Fan jetzt in wenigen Tagen die Entscheidung an, wie man persönlich mit diesem Turnier umgehen möchte und es dann eben auch wird.

Am vergangenen Bundesligawochenende positionierten sich viele Stadionbesucher deshalb (noch einmal) ganz klar gegen #Katar2022 und riefen öffentlich zum Boykott der FIFA-Veranstaltung auf. Wer sich einmal in seinem Freundes- und Bekanntenkreis umhört, der dürfte dort ebenfalls überwiegend auf ablehnende Haltungen stoßen.

Auch in meinem ganz persönlichen Umfeld betonten schon seit Jahren fast alle, dass sie die Weltmeisterschaft in Katar selbstverständlich komplett links liegenlassen würden, weder dorthin reisen würden, noch die Spiele im TV verfolgen werden. Diese Geschlossenheit schwindet aktuell spürbar. Immer mehr Leute räumen in Gesprächen ein, dass sie sich wohl schon zumindest ein paar Begegnungen anschauen wollen.

Auch ich bin von meiner schroffen Verweigerungstaktik zuletzt etwas abgerückt. Ursprünglich hat mich die Entscheidung das Turnier in den Wüstenstaat zu verlegen, so sehr erzürnt, dass auch ich damit längere Zeit gar nichts zu tun haben wollte.

Die Menschenrechtssituation in Katar, die Problematik der Arbeitsbedingungen, die unzureichende Meinungsfreiheit auch gegenüber Journalisten. Argumente das Turnier mit Missachtung zu strafen und damit auch das Vergabesystem der FIFA ‚abzustrafen‘, gibt es unverändert reichlich und ich verstehe jeden, der in Sachen Boykott konsequent bleiben will und dies dann auch tut.

Meine Vermutung ist aktuell aber, dass das am Ende kaum einem gelingen wird. Ich selber habe meinen Standpunkt inzwischen auch schon deutlich aufgeweicht. Inzwischen gehe ich unter uns gesagt davon aus, dass ich letztendlich doch wieder einen Großteil der Spiele vor dem Bildschirm verfolgen werde. Dafür interessiert mich dieser Sport dann doch viel zu sehr.

Und auch in Bezug auf mein Vorhaben hier im Blog dazu gar nichts schreiben zu wollen, bin ich schon ‚weich‘ geworden. Ich würde mal vorhersagen wollen, dass ich auch von Mitte November bis kurz vor Weihnachten hier über den WM-Verlauf bloggen werde. Vielleicht nicht wirklich regelmäßig, aber doch zu den großen Aufregern und/oder Themen, die im Turnierverlauf hochkochen werden. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das wirklich gut und logisch ist, wenn wir hier über Fußball diskutieren, wenn rund um die Stadien die Situation so ist, wie sie eben ist. Aber im Nachhinein hätte man dann auch schon nicht über die Fußball-WM 2018 in Russland schreiben dürfen, und auch nicht über die Olympischen Spiele 2021 in Peking usw..

Natürlich ist es nicht wirklich logisch, trotz all dieser Bedenken dadurch indirekt die FIFA zu stärken, die mit ihren Handlungen seit Jahren die Interessen der Fußballfreunde ignoriert und den Kommerz in den Vordergrund stellt. Das ist mir schon klar. Aber vor diesem Hintergrund müsste man dann ja viele Sportveranstaltungen der Moderne boykottieren. Das Gegenteil ist jedoch sehr häufig der Fall.

Protest gibt es häufig, wirklich konsequent sind die Menschen nicht nur im Unterhaltungs- bzw. Sport-Bereich jedoch eher selten. Ich vermute daher, dass die TV-Quoten auch für Katar 2022 letztendlich nicht wesentlich anders ausfallen werden, als dies bei vergleichbaren Events der Fall war. Ich würde sogar fast darauf wetten. Aber auch darüber können wir dann hier bei den Ruhrbaronen diskutieren. Themen, die einen näheren Blick verdienen, dürfte #Katar2022 wohl sogar mehr liefern, als die Turniere zuletzt… ‚Schaun mer mal‘, wie es im Fußball so schön heißt! 😉

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Christopher Temt
2 Jahre zuvor

Auch ich bin „weich“ geworden, aber ich kaufe zB meinen Kindern nicht diese Katar-Alben, wo sie dann die Fußballer reinkleben können und auch alle anderen Firmen, die in Katar werben, versuche ich zu boykottieren . Ich werde auch zu keinem Public Viewing gehen und finde, dass die Gemeinden solche Veranstaltungen nicht organisieren sollten. Vielleicht ist dies alles lächerlich und wirkungslos, aber ich versuche es und das schlechte Gewissen wird mir bleiben.

SvG
SvG
2 Jahre zuvor

Ganz wie vorhergesagt. Wenn der Ball rollt, der Rethy Unsinn labert, das Bier kalt und, in diesem Fall, der Wintergrill heiß ist, hat die Moralkeule ausgedient. Die Toten vergessen, die Ausgebeuteten verdrängt. Und für die tolle Stimmung im Stadion sorgen angemietete Jubelperser, und das in Katar.
Meine eigene Bewertung fällt da eher ambivalent aus: Einerseits empfinde ich die Kritik an Katar zwar berechtigt,,allerdings von einer gewollt selektiven Wahrnehmung geprägt. . Von Argentinien über Rußland bis China gab es in der Vergangenheit mehr als genug Gelegenheit, heroisch in deutschen Wohnzimmern anläßlich von Sportveranstaltungen von Menschenrechten zu fabulieren. Ich kann mich noch gut an die Wassergräben in argentinischenStadien erinnern, die das von der Regierung gepeinigte Volk daran gehindert hat, auf das Spielfeld zu rennen und womöglich zu protestieren. Buenos Diaz, Argentina .
Andererseits ist das für mich die natürliche fortentwicklung des Geschäftsmodells, die über kurz oder lang in der World Ligue münden wird. Und den sg Fußballromantikern muß man auch einmal jemand die Wahrheit sagen: Sie sind nur folkloristisches Klatschvieh.

Walter Stach
Walter Stach
2 Jahre zuvor

Vorfreude eines Fußball-Fans…..

Robin,
meine Vorfreude und meine Erwartung auf großartige Fußballspiele beziehen sich derzeit auf das Achtelfinale der Champ.lig im Februar 2o23,, vor allem auf die Begegnungen der Bundesligisten mit……und auf das Spiel Liverpool gegen Neapel.

im Vergleich damit existieren bei mir weder Vorfreude noch besondere Erwartungen an großartigen Fußball bei der WM. Das mag sich noch ändern.

Die Auslosung der Achtelfinal-spiele in der Champ.-lig hat mich zudem zum Nachdenken gebracht über meine bisherige Ablehnung gegenüber einer neu zu gründen Liga für europäische Spitzenmannschaft , die in einer solchen Liga in regelmäßigem Spielbetrieb einen Europa-Meiser ermitteln soll. Wäre es nicht großartig, an jedem Wochenende Fußballspiele erleben zu können wie jetzt im Achtelfinale der Champ.lig? Ich vermute allerdings, dass dieses Gedanken sind fernab jeglicher Realität, aber bei mir zumindest solche anstelle vergleichbarer Erwägungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden WM.

PS
Menschenrechte in Katar………
Proteste gegen das dortigen Regime während der WM oder aus Anlass derselben…..

Robin,
mir fällt dazu leider nichts Anderes ein als den von mir in einschlägigen politischen Diskussion immer wieder vorgetragene Vorwurf auch hier zu wiederholen, nämlich den der Heuchelei seitens der Gesellschaften und Staaten der sog. westlichen Welt, wenn diese sich auf ihre vorgeblich höchsten, auf ihre vorgeblich unantastbaren, auf ihre vorgeblich stets und überall geltenden und zu achtenden Werte gegenüber „Dritten“ berufen, namentlich auf die Menschenrechte. Wenn „der Fußball“, seine Funktionäre, seine Spieler , sein Fans dabei mitmachen werden, dann nehme ich das widerspruchslos zur Kenntnis, und das ohne den geringsten Einfluß darauf, ob ich mir WM-Spiele ansehen werde und ohne den geringsten Einfluß darauf, ob ich mich über ein Spiel, ein Spielergebnis freuen oder ärgern könnte. Das gilt auch für die DFB-Auswahl , eingeschlossen das momentane Getöse über die Auswahl der DFB-Spieler für die WM.

trackback

[…] kam dann doch überraschend. Inzwischen sehen viele VfL-Anhänger, trotz des ersten Auswärtssieges kurz vor der WM-Pause, grundsätzlich schon wieder weit weniger optimistisch in die Zukunft ihres Vereins, mussten sie […]

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