Kein Fussbreit zurück. Duisburger Linke verteidigt Israel Boycott.

Aschermittwoch abends im Duisburger Kulturzentrum Feuerwache. Martina Amman, die hiesige Büroleiterin des hiesigen Linkspartei-Abgeordneten kämpft am Rednerpult mit dem Mikrophon. Dann erhält sie Gehör und kämpft mit den Formulierungen. Bericht eines Gastbarons, der anonym bleiben will.

"Bedingt durch die Ereignisse der letzten Tag sieht sich Hermann Dierkes nicht in der Lage, an dieser Veranstaltung teilzunehmen", sagt sie.

Dabei war der OB-Kandidat der Duisburger Linken hier als erster Redner angekündigt. Nun soll er plötzlich erkrankt sein.

Der berentete Transportarbeiter Dierkes ist zuvor für einen Boycott israelischer Waren eingetreten. "Um den Druck für eine andere Politik in Israel für eine andere Politik zu verstärken", wie er sagt.

Vertreter der deutsch-israelischen Gesellschaft, Menschen aus der jüdischen Community, Parteienvertreter aus der Kommune, aus Land und Bund kritisierten den dem trotzkistischen Flügel seiner Partei zuneigenden Fraktionsvorsitzenden im Duisburger Stadtrat in der Folge vehement.

Horst-Werner Rook, Pressesprecher der Duisburger Linken verteidigte Dierkes‘ Haltung als dessen Ersatzredner und führte die Erkrankung des Mittfünzigers auf "diese Medienkampagne zurück, unter der Herrmann sehr leidet, schließlich ist der auch nur ein Mensch" – "Halbwahrheiten und Lügen der Journallie" hätten mithin zur Absage der mit Spannung erwarteten Rede geführt.

Ein maßgebliches Mitglied des Kreisvorstandes, im Brotberuf hauptamtlicher Funktionär, mochte seinem Kandidaten den Rücken stärken: "Ich denke trotzdem nicht, daß wir uns von den bürgerlichen Zeitungen beeindrucken lassen", äußert das Mitglied in direktem Gespräch.

Auch der Landessprecher der Linkspartei NRW, Wolfgang Zimmermann, stellte sich vor neben und hinter seinen umstrittenen OB-Kandidaten. Der Umstand, daß etwa seine Berliner Genossin Petra Pau, die Bundestagsvizepräsidentin, in Dierkes‘ Äußerungen "unsägliche Assoziationen" sieht, beeindruckte ihn während seines Redebeitrages nicht.

Zimmermann spulte in weiten Teilen laut Beobachtern ohnehin nur das Standdardprogramm seiner Parteitagsreden ab.

Indessen distanzierte sich auch die globalisierungskritische Organsation ATTAC von Dierkes. Fälscherlicherweise berufe sich dieser mit seiner Boycottforderung auf eine angeblich einschlägige Erklärung des Weltsozialgipfels im brasilianischen Belem im Januar dieses Jahres. Eine solche Erklärung gäbe es nicht, sagen die Mitorganisatoren von ATTAC. Und ATTAC-Deutschland rufe nicht zum Boycott gegen Israel auf, erklärte die ATTAC-Pressesprecherin Frauke Distelrath.

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Torti
Torti
15 Jahre zuvor

Hm, der Herr Dierkes ist Trotzkist, dass die sich heutzutage schon selber in den Eispickel stürzen….

ole
ole
15 Jahre zuvor

Grundsätzlich darf jeder Mensch auch in politischer Verantwortung zum Boykott von Waren aus bestimmten Ländern aufrufen; so geschehen in den siebzigern wegen Vietnam gegen die USA und in den achtzigern wegen Apartheid gegen Südafrika. Warum man das mit Israel nicht tun darf und daraufhin als Antisemit und Linksfaschist gebrandmarkt zurücktreten muss, bleibt mir ein Rätsel. Der Abwurf von Phosphorbomben auf Wohngebiete und das gezielte Ermorden von Scharfschützen gegen Zivilisten wie auch das totale Embargo, was noch heute Menschen in Gaza verhungern lässt ist da nunmal ein Anlass, wollte man keinen Antisemitismus schüren, wie wäre es, auf derartige Greuel zu verzichten, anstatt Kritiker mit Kampagnen zu überziehen?

Arnold Voss
15 Jahre zuvor

OLe, grundsätzlich darf jeder irgendwie alles. Auch du darfst hier nur die Greueltaten der Israelis erwähnen und die der Hamas verschweigen bzw. einfach nicht erwähnen. Wir mögen es hier allerdings, wenn man die Sache etwas differenzierter angeht. Wenn man nicht nur Folgen sondern auch die Ursachen nennt. Wenn man die ganze Story erzählt und nicht nur den Teil, der einem in den politischen Kram oder ins eigene Weltbild passt.

trackback

[…] – die Grünen vertrauten weder der SPD noch den Linken in Duisburg, die vor allem mit den antisemitischen Ausfällen ihres Fraktionsvorsitzenden bundesweit für Aufmerksamkeit […]

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