Nach dem Shitstorm kommt der Gegensturm: Was wird der „Netzgemeinde“ nicht alles vorgeworfen, nachdem sie auf die große Gauck-Koalition damit reagierte, die Kritik an dem Bundespräsidenten in spe erneut pointiert vorzutragen. Von unserem Gastautor Rolf van Raden.
Ganz unvermittelt und „plötzlich“ sei im Netz eine „Mär vom bösen Gauck“ erfunden worden, beschwert sich etwa Christian Jakubetz bei Cicero online. Ober-Blogger Sascha Lobo rümpft dagegen auf Spiegel Online die Nase: „Die deutschsprachige, digitale Öffentlichkeit – Netzgemeinde wie Online-Medien – muss sich in Teilen einen Vorwurf machen lassen, den sie mit Vorliebe Dritten vorhält: mangelnde Online-Kompetenz.“ Dabei verweist Lobo auf die Recherchen von Patrick Breitenbach im Blog der Karlshochschule Karlsruhe, die angebliche Unwahrheiten und Verkürzungen von Gauck-Zitaten belegen sollen. Viel Aufregung um ein kurzweiliges Netz-Phänomen, die aus zwei Gründen problematisch ist: Erstens weil sie zugespitzte und zuweilen polemische Meinungsäußerungen in den sozialen Medien unbotmäßig überhöht, und zweitens, weil sie dazu geeignet ist, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Klar, es klingt dramatisch: Erst wollten ihn alle haben. Und jetzt, wo Merkel und Co. dem Volke endlich Gauck geben, kommen diese Internet-Miesepeter aus ihren Löchern und machen uns alles madig. Wie soll da noch eine Demokratie funktionieren, wenn selbst ein Publikumsliebling wie Gauck unmittelbar nach seiner Nominierung aus heiterem Himmel in der Luft zerrissen wird? Bei genauerem Hinsehen muss allerdings festgestellt werden, dass schon dieser Auftakt zur großen Internet-Skandalgeschichte nicht stimmt.
Von einer plötzlichen „Erfindung“ der Vorwürfe gegen Gauck kann nicht die Rede sein. Seit mindestens Sommer 2010 wird im Netz über den Namensgeber der Stasi-Unterlagenbehörde kontrovers diskutiert: Über Gaucks möglicherweise fragwürdige Überhöhung seiner eigenen Biographie, über Gaucks Geschichtsverständnis (seine Kandidatur sei deshalb „extrem beunruhigend“), und über Gaucks Ablehnung einer angeblich hysterischen Vorratsdatenspeicherungs-Kritik. Dass Gauck Sarrazin Mut attestierte und ihn zu einem Tabubrecher hochstilisierte, dass er das SPD-Ausschlussverfahren gegen Sarrazin kritisierte, und dass er Nationalstolz als „normales Gefühl“ bezeichnete, während er gleichzeitig Einwanderern zum Beispiel aus „bestimmten Milieus etwa aus den ländlichen Gegenden im Osten der Türkei“ einen größeren Beitrag abverlangte – all das ist seit mindestens eineinhalb Jahren der Inhalt länglicher Kommentarspalten in Online-Meden. Ähnlich verhält es mit Gaucks Intervention pro Stuttgart21: Unter Artikeln zu solchen Themen finden sich bereits im Jahr 2010 regelmäßig über hundert Wortmeldungen.
Und so ging es weiter – lange vor der angeblich so plötzlichen Erfindung der Gauck-Kritik. So war es nachweislich keineswegs erst vorgestern, als Gaucks Aussage, die Debatte über mehr staatliche Bankenkontrolle sei „unsäglich albern“, für fast 900 Kommentare alleine unter einem einzigen Spiegel Online-Artikel sorgte. Auch Kabarettist Volker Pispers knöpfte sich Gauck vor, und selbst ein Leserartikel auf zeit.de war der Anlass zu Meinungsäußerungen, die in dem Online-Portal elf Kommentar-Seiten füllen.
Welch Wunder, dass all diese längst im medialen Raum präsenten Einwände und Bedenken mit der Ernennung Gaucks zum designierten Bundespräsidenten wieder eine große Rolle spielen – insbesondere unter dem Eindruck, dass die Vorbehalte gegen Gauck im parlamentarischen Raum keine ernstzunehmende Repräsentanz finden werden. Die unerwartet große Gauck-Koalition macht alles platt, so zumindest der Eindruck, der sich in den Stunden nach der Nominierungs-Pressekonferenz einstellen konnte.
Und genau darauf, also auf die weitgehend fehlende Repräsentation von abweichenden Meinungen, reagiert die vielgescholtene „Netzgemeinde“ bekanntlich äußerst sensibel. Und wie reagiert sie darauf? Wenn der Parlamentarismus bei der Repräsentation abweichender Meinungen versagt, dann kann folgendes passieren: Innerhalb von kürzester Zeit organisiert sich die „Netzgemeinde“ ihre Opposition eben selbst. Mit den Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen. Und dazu zählen eben auch Zuspitzung und Polemik.
Wer sich nun aber darüber beschwert, dass ausgerechnet Tweets, Status-Updates und Blogposts zuweilen polemisch sind, wird sich wahrscheinlich auch darüber aufregen, dass Punk so laut ist, oder dass sich Rapper dissen. Zu der von allen Seiten beschworenen Medienkompetenz gehört auch, kulturelle Online-Phänomene richtig einordnen zu können, und nicht allein auf Grund der spezifischen Form abweichender Meinungsäußerung auf deren inhaltliche (Nicht-)Plausibilität zu schließen.
Und jetzt kommen wir zum Knackpunkt. In ihren angeblich aufklärerischen Artikeln weisen die selbsternannten Kritiker der Netzgemeinde nach, dass Joachim Gauck – welch Wunder – doch kein lupenreiner „Antidemokrat“ ist, und wohl auch kein „ausgemachter Rassist“. Letztere Formulierung habe ich bisher übrigens einzig in dem Blogpost gefunden, der die Unterstellung widerlegen will, aber in keiner Primärquelle. Der zukünftige Bundespräsident ist also kein „ausgemachter Rassist“ – und während er die selbst formulierte Unterstellung widerlegt, zeigt Patrick Breitenbach in seinem inzwischen vielbeachteten Blogpost unfreiwillig, was trotzdem so hochproblematisch an Gaucks Sarrazin-Thesen ist. Sie öffnen nämlich sehr wohl ein Feld, an das altbekannte rechte Diskurse über angeblich notwendigen Tabubruch und Political Correctness anschlussfähig sind.
So schreibt Breitenbach in seinem Blogpost: „Gleichzeitig nennt er [Gauck] die Ansprache des Themas durch Sarrazin und den damit verbundenen Problemen und den Ängsten bei den Menschen mutig, mutiger jedenfalls als das Thema durch ‚Political Correctness’ zu übertünchen.“ Hört, hört. Joachim Gauck selbst war schlau genug, im zitierten Interview zumindest den seit Jahren eindeutig von rechten Hetzern aus den Reihen von Pro NRW, PI-News und Junge Freiheit besetzten Begriff der angeblichen ‚poltitischen Korrektheit’ nicht in den Mund zu nehmen, und trotzdem wird er verstanden.
Das macht Gauck längst noch nicht zu einem ‚ausgemachten Rassisten’, genauso wenig wie die Tatsache, dass er – wie diverse andere konservative Politikerinnen und Politiker übrigens auch – als Referent bei dem rechtsnationalen Studienzentrum Weikersheim aufgetreten ist. Aber es sind durchaus gute Gründe, sich mit den Wirkungen von Gaucks Äußerungen und Politikansätzen kritischer auseinanderzusetzen, als das die schwarz-rot-gelb-grünen Parteivorsitzenden auf der Nominierungspressekonferenz getan haben.
Und wenn Aktive in Erwerbsloseninitiativen Gaucks Nominierung unter anderem wegen dessen Unterstützung für Sozialkürzungen für unglücklich halten, dann bleibt diese Position plausibel, unabhängig davon, ob sie in irgendwelchen Twitter-Posts weiter zugespitzt wurde, oder ob Gauck denn nun die Occupy-Bewegung als ganze „unsäglich albern“ findet, oder nur ihre Forderung, die Finanzmärkte stärker zu regulieren. Und es bleibt auch unbestreitbar, was Daniela Dahn schon ganz zu Beginn der Debatte, nämlich im Juni 2010 schrieb: Dass die SPD einen Präsidentschaftskandidaten nominiert, dessen Positionen in zentralen Punkten dem SPD-Parteiprogramm widersprechen. Dass das bekanntlich auch auf große Teile der SPD-Politik selbst zutrifft, ist übrigens kein Argument gegen ihre weiteren Ausführungen.
Wie dem auch sei: Am Tag nach dem Shitstorm tut sich was in der politischen Landschaft: Zumindest bei den Grünen muss nun doch noch über die Gauck-Nominierung durch die Parteispitze diskutiert werden. Sollte die zum Teil polemische und überspitzte Kritik in den sozialen Netzwerken das Ihre dazu beigetragen haben, dann ist das zu begrüßen. Nicht, weil der Zweck die Mittel heiligen würde. Sondern, weil die Leute, die diese Medien nutzen, vielleicht doch besser mit ihnen umgehen können, als Sascha Lobo ihnen unterstellt. Weil sie also doch alles richtig verstanden haben könnten. Dann hätten sie zumindest dazu beigetragen, dass abweichende Meinungen zur Gauck-Frage zumindest eine geringfügig größere Repräsentation im Raum der offiziellen Politik erhalten. Und das gilt unabhängig davon, dass eine kleine grüne Debatte wohl nichts an den politischen Entscheidungen ändert, die anschließend getroffen werden.
Gauck wg seiner Sarazzin-Worte anzugreifen ist dumm.
Er hat nicht Sarazzins Gen-Thesen gelobt, sondern den Umstand moniert, dass in Deutschland über problematische (Nicht-)Integrationsmodelle nicht geredet wird. Und an diesem Punkt ist tatsächlich ein Tabu, dass es einzureissen lohnt. Da hat Gauck – und da hat auch Sarazzins (wenn man seine total falsche und doofe Gen-These wegläßt) – Recht.
@Gorg K.: Quatsch. Sarrazin sagt oder schreibt nichts, was nicht andauernd regelmäßig an deutschen Stammtischen, in rechtspopulistischen Publikationen und selbst in TV-Talkrunden Thema ist. Nichts, was nicht seit Jahren in Deutschland auflagenstärkster Zeitung in die Welt hinaus geblökt wird. Es verbietet auch niemand Sarrazin das Wort. Sein Buch ist das meistverkaufte Sachbuch in Deutschland sein „Mein Kampf“. Ein seltsames Tabu, das offensichtlich eine so massive Verbreitung von angeblich tabuisierten Themen zur Folge hat. Exakt das Gegenteil ist der Fall – und Gauck geht zwar diese neurechte Propagandalüge vom Tabu nicht auf ganzer Strecke mit, aber schafft – wie der Artikel zu Recht schreibt – Anknüpfungspunkte dazu. Und das ist kritikwürdig genug.
…“seit ‚Mein Kampf'“ soll es natürlich heißen.
Es gibt kein Tabu bzgl. „Integration“. Wird doch andauernd thematisiert, und zwar genau so: Fremde hätten sich zu „integrieren“. Punkt. Und dann noch das dauernde Gelaber über entsprechende „Integrations“-Defizite. Andauernd! Und wer das leugnet, der bestellt das Feld der Rechtsradikalen.
Worüber aber mal gesprochen werden könnte, wäre über _Partizipation_ statt Integration. Es ist ja tatsächlich so, daß als „Nichtdeutsch“ markierte Menschen vermittels rassistischer Ausgrenzungs- und Diskrimierungsmechanismen aus dem öffentlichen Leben und der Teilhabe daran ausgeschlossen werden. Und DAS ist der Grund für die Phänomene, die die Rechten im Begriff von der „Integration“ versammeln, aber eben so und mit dem Ziel, daß es im Endeffekt die Leute mit „Migrationshintergrund“ sind, die als die Verantwortlichen und Schuldigen ausgemacht werden können, statt mal das Augenmerk auf die rassistische deutsche Gesellschaft zu legen.
Es werden also gewissermaßen die Marginalisierten für die ihnen widerfahrende Diskriminierung und Ausgrenzung auch noch selbst verantwortlich gemacht. So schauts aus. Und das muss sich ändern. Mit Hetzern gegen „Überfremdung“ (wie Gauck) wird das nichts.
Dieser Artikel ist wirklich gut und macht Spaß zu lesen.Danke für diesen Artikel Rolf van Raden.
Meiner Meinung nach hätte „Die unerwartet große Gauck-Koalition macht alles platt“, durchaus als polemisches Element, an den Anfang des Artikels gehört – vielleicht gar als Titel? – aber sei’s drum.
Wichtiger sind sowieso die beiden folgenden Absätze.
Meiner Meinung nach hätte “Die unerwartet große Gauck-Koalition macht alles platt”, durchaus als polemisches Element, an den Anfang des Artikels gehört – vielleicht gar als Titel? – aber sei’s drum.
Wichtiger sind sowieso die beiden folgenden Absätze.
„Und genau darauf, also auf die weitgehend fehlende Repräsentation von abweichenden Meinungen, reagiert die vielgescholtene „Netzgemeinde“ bekanntlich äußerst sensibel. Und wie reagiert sie darauf? Wenn der Parlamentarismus bei der Repräsentation abweichender Meinungen versagt, dann kann folgendes passieren: Innerhalb von kürzester Zeit organisiert sich die „Netzgemeinde“ ihre Opposition eben selbst. Mit den Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen. Und dazu zählen eben auch Zuspitzung und Polemik.
Wer sich nun aber darüber beschwert, dass ausgerechnet Tweets, Status-Updates und Blogposts zuweilen polemisch sind, wird sich wahrscheinlich auch darüber aufregen, dass Punk so laut ist, oder dass sich Rapper dissen. Zu der von allen Seiten beschworenen Medienkompetenz gehört auch, kulturelle Online-Phänomene richtig einordnen zu können, und nicht allein auf Grund der spezifischen Form abweichender Meinungsäußerung auf deren inhaltliche (Nicht-)Plausibilität zu schließen.“
Einige derer, die sich noch vor 2 Jahren für Gauck aussprachen und gegen den aktiven Politiker Wulff, sprechen sich nun gegen Gauck aus, weil er von einer solch großen Koalition getragen werden soll (das “wird” sollten wir uns bis zur Wahl aufsparen – so sicher bin ich mir da noch nicht…)
Aber als das letzte Mal eine Koalition rechnerisch 90% der Bundestagsmandate hatte, erlebte Deutschland über 20 Jahre militanten Protest der RAF. Diesmal sind es in Bundestag und Bundesversammlung ca. 88% der Mandate. Und wenn man nur mit halbwegs geöffneten Augen durch das nicht moderierte Internet geht drängt sich die Frage auf, wie ein solches Szenarion online aussieht…
Damals war es Ausdruck der Wut auf das System, die sich laut der heutigen Lehrmeinung an Einzelentscheidungen entzündete und nicht mehr beruhigte. Die Einzelentscheidungen heute sehen einige als bedrohlich und gefährlich an, auch heute wächst Wut auf das System.
Oder anders gesagt: Der Kommunismus strebt nach Überwindung der Staaten. Das Internet hat das geschafft und die “Netzgemeinde” sucht aktuell nach wegen, diesen internationalen Status beizubehalten. (Natürlich – das ist mir auch bewusst – es gibt extreme Disparitäten, aber grundsätzlich ist niemand von der Äußerung ausgeschlossen.)
-1-Georg K-: Und dieser Sarazzin lobt jetzt Gauck in höchsten Tönen! Das könnte Wasser auf die Mühlen der Gauck-Gegner sein. Ich bin mir sicher, Gauck wird mit diesem „falschen Freund“ und diesem „falschen Propheten“ Sarazzin gebührend umzugehen wissen.
Immerhin haben die Gauck-Gegner in der Netzwerkgemeinde Gauck nicht kritisiert, weil er in „wilder Ehe“ lebt, wie von Norbert Geis -MdB der CSU- vorgebracht , einhergehend mit dessen Forderung, Gauck habe zu heiraten! Nun ist Geis bekanntlich selbst in der CSU als rechtsaußen stehend einzuordnen und für ähnliche geartete politische Forderungen bekannt. Ich war der Auffassung, der Begriff „wilde Ehe“ existiere gar nicht mehr in unserem Sprachgebrauch. Geis hat mich belehrt. Diese für mich bis heute undenkbare Kritik von ganz Rechtsaußen an der Person Gauck -an „seiner wilden Ehe“- könnte ja möglicherweise dazu beitragen, andere Gauck-Kritiker im Netzwerk bezüglich ihres Ziel nachdenklich zu stimmen.
Ich frage mich, was die Kritik an Gauck jetzt noch bewirken kann, was sie jetzt noch bewirken soll? Wenn, wie angekündigt, PIRATEN, LINKE und NPD mit eigenen Kandidaten in die Bundesversammlung gehen, werden dann die Netzwerker mit ihrer Kritik an Gauck diesen anderen Kandidaten mehr Stimmen bringen? Oder werden einige Grüne, einige SPDler, einige CDU-Rechtsaußen deswegen Gauck nicht wählen ? Das wird doch alles nichts ändern an einer überwältigenden Mehrheit für Gauck in der Bevölkerung und in der Bundesversammlung. Also: Kritisieren?Ja, selbstverständlich, aber nicht mit Argumenten wie von N.Geis vorgetragen. Bewirken? Im Ergebnis nichts. Sicher bin ich, daß Gauck über alle Argumente seiner Kritiker nachdenken wird und damit ist dann auch etwas erreicht. Ich hoffe, daß Gauck die Geis-Kritik zur Kenntis nehmen wird einhergend mit der Erkenntnis, welche Stimmungen und welche Stimmen in unserer Gesellschaft immer noch existent sind, zumal dann, wenn es gegen jemand geht, der nicht der CDU/CSU angehört und zudem ein Protestant aus der ehemaligen DDR ist. Hat der „Moralist“ Geis sich kritisch mit Wulf und dessen Fehlleistungen kritisch auseinandergesetzt? Mir ist dazu nichts bekannt.
@#4 | hnk:
„Worüber aber mal gesprochen werden könnte, wäre über _Partizipation_ statt Integration. Es ist ja tatsächlich so, daß als “Nichtdeutsch” markierte Menschen vermittels rassistischer Ausgrenzungs- und Diskrimierungsmechanismen aus dem öffentlichen Leben und der Teilhabe daran ausgeschlossen werden.“
Ziemlicher Unsinn, niemand wird hier bewusst ausgeschlossen, aber wenn man die deutsche Sprache nicht sprechen kann oder will, ist die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben eben nicht so einfach.
Sprache ist der Schlüssel zur Integration !
Sehr guter Artikel. Danke. Heute ist echt ein sehr guter Tag bei den Ruhrbaronen.
@Klaus: Bin zwar nicht „HNK“, aber trotzdem: Egal, ob nun „bewusst“ oder „unbewusst“, rassistische Diskriminierung geschieht auf allen möglichen Ebenen tagtäglich. Es fängt an mit den 15.000 Menschen, die wegen der EU-Grenzpolitik seit 1990 an den EU-Außengrenzen gestorben sind, nur weil sie auch das Privileg in Anspruch nehmen wollten, dass Sie sich selbstverständlich rausnehmen: In Europa zu leben. Und es hört auf bei Alltagsrassismus, Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt alleine durch einen türkisch klingenden Namen (alles längst belegt), oder den bürokratischen Zumutungen des deutschen Aufenthaltsrechts. Zu behaupten, dass hier niemand rassistisch benachteiligt wird, ist schon dreist. Statt über tatsächliche oder eingebildete Menschen zu schwadronieren, die „die deutsche Sprache nicht sprechen können oder wollen“, halte ich es viel eher hiermit: „Wir leben in einer Einwanderungsgesellschaft. Das bedeutet: Wenn wir über die Verhältnisse und das Zusammenleben in dieser Gesellschaft sprechen wollen, dann müssen wir aufhören, von Integration zu reden. Integration heißt, dass man Menschen, die in diesem Land arbeiten, Kinder bekommen, alt werden und sterben, einen Verhaltenskodex aufnötigt, bevor sie gleichberechtigt dazugehören. Aber Demokratie ist kein Golfclub. Demokratie heißt, dass alle Menschen das Recht haben, für sich und gemeinsam zu befinden, wie sie miteinander leben wollen. Die Rede von der Integration ist eine Feindin der Demokratie. (…) Es sind politische Entscheidungen, die für die Verarmung und soziale Deklassierung zunehmender Teile der Bevölkerung verantwortlich sind. Reden wir davon, wie dieses Deutschland jahrzehntelang den Eingewanderten ihre sozialen und politischen Rechte vorenthalten hat. Reden wir davon, dass MigrantInnen der Zugang zu Bildung, Wohnraum und Arbeitsplätzen, in öffentliche Institutionen und Ämter ebenso wie in Clubs und Fußballvereine systematisch erschwert wird. Das Problem sind weder die Armen noch die MigrantInnen, das Problem ist eine Politik, die Armut und Rassismus produziert. Das Problem ist eine Gesellschaft, die sich auch über Ausgrenzung definiert. (…) Wenn Integration irgendetwas bedeuten kann, dann doch nur, dass alle drin stecken!“ (Quelle: https://demokratie-statt-integration.kritnet.org/) Also, ganz im Sinne von HNK: Wer tatsächlich etwas gegen die existierenden Ausschlüsse unternehmen will, sollte Partizipation fördern statt Integration zu fordern – und erst Recht sollten Forderungen nach jener einseitigen Assimilation der Vergangenheit angehören, von denen Rassisten wie Sarrazin träumen.
Aber eigentlich gehts hier ja nicht um Sarrazynismus, sondern um Gauck und die Internet-Community. Und da bin ich ganz dankbar, dass es Leute im Netz gibt, die Gaucks oben angesprochene Positionen kritisieren und auseinandernehmen.
[…] zum einen offenkundig ungebührlich und zum anderen vollkommen überraschend finden – so als sei diese neu. Und so werden nun geradezu revolutionäre Erkenntnisse verbreitet, beispielsweise, dass Blogger […]
WAHLMODUS ändern,
einen anderen Weg aus diesem jedesmal wieder auftretenden Dilemma wird es nicht geben.
Bei einer DIREKTWAHL kann jede Partei einen Kandidaten aufstellen, den sie als überparteiliche Repräsentationsfigur Deutschlands für geeignet hält – und jeder Kandidat sich selbst (wenn er genügend Unterstützungserklärungen zusammenbringt)
Dann fällt das Taktieren und Interpretieren weg, dass mit der Wahl zum Bundespräsidenten in erster Linie der Bundekanzlerin-Bundesregierung-wem-auch-immer eins ausgewischt oder bestätigt wird.
Dann findet auch der Medien-Furor schon vorher statt, und nicht erst hintennach, wenn alles zu spät ist. Unsere investigativen „Qualitätsmedien“ bringen es sicher fertig, die Kandidaten schon VOR der Wahl bis auf die Unterhose auszuziehen und zu durchleuchten, Verfehlungen offen zu legen und Kernkompetenzen zu bestätigen … oder auch nicht. Wer das überlebt und von den Wählern trotzdem die meisten Stimmen bekommt, wird Bundespräsident – und aus.
Nicht dass ich dem Herrn Wulff besonders nachweinen würde. Aber die Methoden seiner Entfernung durch die Medien waren schon seeehr rabiat. Die WAZ verlinkt ihren eigenen Hetz-Artikel über Wulff ganz unten mit/bei ihrer eigenen interessant formulierten Trackback URL zur Sicherheit gleich SELBER mit den verschwitzten Stinke-Foren über Bettina Wulff, die ausnahmslos ALLE identisch sind mit denen, die man auf sämtlichen braunen Rechtsrotz-Seiten findet.
https://www.derwesten.de/politik/christian-und-bettina-wulff-und-ihre-hannover-connection-id6163782.html
Von der Online-WAZ kommt man also mit Anklicken bei BETTINA Wulff mühelos bis zu echter brauner Online-Kacke. Etliche der Links, denen man, ausgehend von der WAZ, auf den Spuren der BETTINA Wulff begegnet, werden vom FOROMATEN der rp-online noch vor dem Freischalten automatisch gelöscht, was dort ein völlig verwüstetes sinnfreies Posting ergibt. Fassen wir zusammen: Der Foromat von rp-online löscht URLS (auch abgekürzte) von streng riechenden Webseiten, die man durch einen Direkt-Link der WAZ zu BETTINA Wulff erreicht. Kann jeder selber ausprobieren.
Wulff hin – Gauck her, mal sehen ob Herr Gauck in drei Wochen überhaupt noch Bundespräsident werden will, wenn er sich demnächst neben Bettina Wulff in Stinke-Blogs wiederfindet und von potenten „Qualitätsmedien“ dorthin verlinkt wird. Wenn wir Pech haben, haut Gauck schon den Hut drauf, bevor sie ihn gewählt haben. Dieses Niveau verdient nämlich keine/r.
Unglaublich und inakzeptabel, welche MEDIEN derzeit mit welchen Mitteln die Meinungsführerschaft an sich gerissen haben und als „Königsmacher“ deutsche Bundespräsidenten wegjagen oder küren. Diese Macht sollte man den Medien endlich entreißen, diese MACHT sollte den WÄHLERN zukommen.
P.S.: das gegenderte -innen muss sich jede/r dazudenken. Das packe ich sprachlich nicht.
[…] Kein Grund zur Aufregung: Die Gauck-Debatte in den sozialen Netzwerken (Ruhrbarone) – […]
[…] Grund zur Aufregung: Die Gauck-Debatte in den sozialen Netzwerken Ruhrbarone, 21.02.2012 […]
Ein Hinweis nach dem Motto “ Von links kommt nicht nur Gauck-Kritik“, aber auch, weil ich mich in meiner Meinung bestätigt sehe: TAZ, 22.2.12, S.12, Kommentar von Klaus Hillenbrand, Leiter Ressort taz,eins unter der Überschrift: „Freut Euch auf Gauck“ mit der Unterzeile: Der kommende Staatschef verkörpert eine Tugend, die gar nicht hoch genug geschätzt werden kann: Dieser Mann kann streiten.
[…] Rolf van Raden, zuerst erschienen bei den Ruhrbaronen. Fingerpointing mit und gegen Joachim Gauck. Schuld sind die Blogger, Quelle: Internet (Foto: […]
alles sehr lax formuliert. Der Typ kommt aus dem verrohenden Kleinbürgertum und ist extrem asozial, hat keine Probleme mit Nazis oder Sarrazin und findet Hartz IV und Afghanistan-Krieg in Ordnung. Schafft den Bundespräsidenten ab, wir brauchen keinen Oberkasper! J.Ditfurth schreibt dazu, es sei ein Überbleibsel aus dem Feudalismus. Genauer betrachtet hat sie doch Recht!
Für Gauck(ler) gilt besonders: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!
Nach einem Wirtschaftstrottel, einem Schnäppchenjäger nun ein expastoraler Wendeprofiteur der schlimmsten Sorte.
Fast glaube ich diese Republik hat einfach nix besseres verdient!
Wie heißt die Aktion: Not-My-President – Nicht-Mein-Präsident !
-18-Erwin, der Beitrag und vor allem, das Zitieren von Jutta Ditfuhrt(!!) -personell wie inhaltlich- passen besten zu den Oberkaspern eines politischen Aschermittwoch.
Es gab (auch hier) einige lesenswerte Kommentare zum Thema, auf einen möchte ich besonders hinweisen:
https://www.publikative.org/2012/02/22/die-gauck-debatte-in-den-sozialen-netzwerken/comment-page-1/#comment-85520
Danke & beste Grüße!
[…] Artikel von Rolf van Raden: Die Gauck-Debatte in den sozialen Netzwerken. (Zuerst erschienen bei Ruhrbarone.de) Nach dem Shitstorm kommt der Gegensturm: Was wird der „Netzgemeinde“ nicht alles vorgeworfen, […]
Wie heißt es so schön? Lesen bildet? Ich habe mir nun noch andere Artikel eines Patrick Breitenbach durchgelesen. Das war schon interessant, muss ich sagen und auch irgendwie aufschlussreich…
Bei der Gelegenheit kann ich auch durchaus empfehlen sich den Hintergrund dieser privaten Fachhochschule einmal genauer anzusehen; ebenfalls sehr interessant, wenn man weiß wonach man sucht. Es ist sicherlich nie verkehrt, sich zu informieren in welchem Umfeld Informationen entstehen und verbreitet sind/werden.
[…] Den vollständigen Text lesen Sie hier… Kein Grund zur Aufregung: Die Gauck-Debatte in den sozialen Netzwerken […]
Dahn schrieb 2010, nicht 2006, oder?
@beb: Richtig, klassischer Tippfehler, aus 6/2010 wurde fälschlicherweise 2006. Danke für den Hinweis.
Schöner Artikel. Danke.
Es wird ja auch dem Gauck seine „Nähe“ zum Sarrazin vorgeworfen, obwohl Gauck am Ende der konservativere, nationalere Geist ist. Beide sind zwar keine Rassisten oder Antidemokraten. Dennoch ist es gut und wichtig, dass ihr Handeln und ihre Aussagen von welcher „Gemeinde“ auch immer hinterfragt werden. Was vom Shitstorm so weit weg ist wie Astrid Lindgren. Dass sich gewisse Alphatiere des Internets für das Treiben im Netz schämen ist wohl allein dem Umstand zu verdanken, dass das Niveau des Lamentierens kaum höher ist als in der BILD, am „dagegen“ allein kann es nicht liegen, denn „das Internet“ hätte Gauck seinerzeit ja fast zum Präsidenten gemacht 🙂
@Dirk (#11)
Es fängt an mit den 15.000 Menschen, die wegen der EU-Grenzpolitik seit 1990 an den EU-Außengrenzen gestorben sind, nur weil sie auch das Privileg in Anspruch nehmen wollten, dass Sie sich selbstverständlich rausnehmen: In Europa zu leben. Und es hört auf bei Alltagsrassismus, Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt alleine durch einen türkisch klingenden Namen (alles längst belegt), oder den bürokratischen Zumutungen des deutschen Aufenthaltsrechts.
Quellen? Behaupten kann man ja viel und ich hab keine Ahnung in welchem Umfeld du lebst, aber das was du da sagst, deckt sich keineswegs mit meinen alltäglichen Erfahrungen. Aber eins nach dem anderen…
Sprache:
Ich glaube wir Deutschen heißen Fremde im internationalen Vergleich sehr offenherzig willkommen, aber: Was schon gesagt wurde und richtig ist, ist, dass die Sprache der Schlüssel ist.
Es gibt immer „solche und solche“. Es gibt Migranten, die Deutsch lernen wollen und auch im Alltag und in der Öffentlichkeit benutzen, selbst, wenn sie sich z.B. mit einem Familienangehörigen unterhalten. Andere halten das nicht für nötig und behindern sogar teilweise ihre hier geborenen Kinder dabei, richtig Deutsch zu lernen, weil sie es zuhause nicht sprechen dürfen. Dazwischen und darüber hinaus gibt es natürlich viele weitere Grautöne.
„türkisch klingende Namen“
Es regt mich auf, dass die Türkischstämmigen immer als „die“ Ausländer herhalten müssen… Als ob es nur Türken gäbe in Deutschland und nicht auch z.B. Russen, Ukrainer, Griechen, Italiener, Spanier, Franzosen, Iraker, Chinesen, Thai usw. usf. Oder geht es in der Debatte etwa nur um tendentiell muslimische Ausländer? Zum Thema: Ich hab in allen möglichen Berufsschichten schon „türkisch klingende Namen“ gesehen… Von der Aldi-Kassiererin bis zu Bänkern.
bürokratische Zumutungen des deutschen Aufenthaltsrechts
Ganz ehrlich: Welche bürokratischen Abläufe in Deutschland sind KEINE Zumutung? Und ja, ich meine diese Frage durchaus ernst!
Integration
Integration heißt, dass man Menschen, die in diesem Land arbeiten, Kinder bekommen, alt werden und sterben, einen Verhaltenskodex aufnötigt, bevor sie gleichberechtigt dazugehören.
Der Begriff Integration […] bedeutet in der Soziologie die Ausbildung einer Wertgemeinsamkeit mit einem Einbezug von Gruppierungen, die zunächst oder neuerdings andere Werthaltungen vertreten (Wikipedia)
Man wird den kleinen, aber feinen inhaltlichen Unterschied wahrscheinlich erkennen können, nehm ich an.
Demokratie heißt, dass alle Menschen das Recht haben, für sich und gemeinsam zu befinden, wie sie miteinander leben wollen.
Nein. Demokratie heißt „Volksherrschaft“ und bezeichnet i.d.R. Regierungssysteme, die dem Volk ein wie auch immer geartetes Wahlrecht garantieren. Menschengruppen können auch außerhalb von Demokratie für sich gemeinsam befinden, wie sie miteinander leben wollen. Warum? Weil Menschen in Größenordnungen kleineren Gruppen als zu 80 Millionen leben. Weil jeder für sich entscheiden kann, wie er mit anderen Menschen umgeht. Wenn mein Nachbar Türken scheiße findet, muss ich nicht genauso denken.
Der Schlüssel hierzu ist Aufklärung, aber es ist, als hätte es Kant nie gegeben und die (Des-)Informationsmaschinerie ein Interesse daran, dass das so bleibt.
„Präsident der Herzen“
Das der Herr Gauck sich wieder dieser Scheinheiligkeit von Merkel hin gibt ,die ihn und alle anderen erst knallhart abgelehnt und jetzt diese Wahl in grosser Gemeinsamkeit ,und die CDU ihn jetzt als den hervorragenden Präsidenten lobt ,ist mehr als unglaubwürdig .Auch Herr Gauck sich wieder zu Verfügung stellt ,spricht nicht unbedingt für seinen Charakter.Eher im Volk etwas Skepsis hervorrufend .Auch dieses „Präsident der Herzen“ … da gehört einiges mehr dazu,Da einige private, Ansichten und Befürwortungen die nicht mit der Meinung Volk und deren Herzen vertretbar sind. Ich glaube nicht das er der gesuchte Präsident der Demokratie ist und wird , mehr nur eine politische Machtprobe der Politik und dieser Parteien. Das Volk wird ihn nicht wählen …Es sind andere
[…] Kein Grund zur Aufregung: Die Gauck-Debatte in den sozialen Netzwerken | Ruhrbarone Allgemein ← (via Instapaper) Kai Biermann kommentiert die Folgen des Leistungsschutzrechts → Kommentar schreiben0 Kommentare. /* */ […]