Kein Kohlegejammer

2018 ist Schicht im Schacht – dann schließt  die letzte Zeche im Ruhrgebiet. Heute stellten die Städte ihre Forderungen gegenüber der Landesregierung auf. Sie setzen auf Bildung und nicht mehr auf Bergbau.

Klaus Wehling, Hanns-Ludwig Brauser und Thomas Kubendorff

"Die letzte Lore heißt Hanne" überschrieb die CDU-Fraktion vor ein paar Jahren eine Pressemitteilung zum Thema Bergbau und tatsächlich: Wenn es um die anstehenden Zechenschließungen geht,  wird  nur pflichtgemäß  einen Perspektive für den Bergbau gefordert. Nur noch ein paar SPD-Wahlkampfstrategen und die IGBCE scheinen auf das Thema Steinkohle zu setzen. Schlapp klingen die Beschwörungen über die Fortführungen eines nicht mehr subventionierten Bergbaus, gegen den ohnehin niemand etwas hätte. Auf der Pressekonferenz, auf der die Städte und Kreise und Ruhrgebiets und der Kreis Steinfurt unter Federführung der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr heute ihre Forderungen gegenüber dem Land bekannt gaben, die sie in einem Brief an Ministerpräsident Rüttgers formuliert haben, wurde klar: Auch in den Köpfen hat endlich die Zeit nach der Kohleära begonnen.
 
Das  Ende des Bergbaus wird noch einmal viele Arbeitsplätze kosten – 47.000 alleine. Dabei werden Bergleute und Jobs bei Zulieferern etc. zusammengezählt. Die wenigsten von ihnen, nur gut 20.000 sind Kumpel oder in der Zechenveraltung beschäftigt. Wegfallen werden auch landesweit 2.000 Ausbildungsplätze. Was wollen die Städte tun um den Job-Crash aufzufangen? Vor allem Kooperieren. Vor allem bei der Vermarktung der Gewerbeflächen wollen sie zusammenarbeiten. Und sie fordern Geld: Für die Aufbereitung von Flächen und vor allem für Bildung: Die Ganztagbetreuung soll in allen Schulformen ausgebaut werden, die Berufskollegs des Bergbaus sollen erhalten und inhaltlich neu ausgerichtet werden und auch weitere FHs sowie Internationale Schulen sollen im Revier angesiedelt werden. Zu diesen Forderungen kommt noch Projekte aus dem Konzept Ruhr, die  vor allem aus den Bereiche Städtebau und Flächenaufbereitung kommen. 

Was mir fehlt sind große Infrastrukturprojekte im Bereich Straßen- und Autobahnbau und Nahverkehr sowie die der Wunsch nach Forschungseinrichtungen wie  Fraunhoferinstituten etc. Auch hätte man fordern können, endlich sowohl vom Bund und vom Land nicht mehr vergessen zu werden, wenn es um die Ansiedlung großer Institutionen geht: Warum ist ausgerechnet das Landesarbeitsamt in Münster? Solche Beispiele gibt es viele und wenn die Bettelei um Kohlesubventionen endlich ein Ende hat können wir auch unseren Teil des Kuchens fordern.

 

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dante
dante
16 Jahre zuvor

Zwar wird die Kohleförderung in Deutschland auf einige Zeit hinaus nicht mehr rentabel sein, aber was ist mit all dem Know-How, den Wissensschätzen der Ingenieure, der Geologen, der Umweltfachleute, der Sozialexperten (z.B. Ewigkeitskosten) usw.?

Nicht nur, dass dieses Wissen für das Ruhrgebiet verloren gehen könnte: Es könnte doch auch ein Exportschlager sein.

Dazu müsste man allerdings weiter Kohleförderung, wenn auch staatlich subventioniert, weiterbetreiben.

Das Wissen rund um die Kohle verloren gehen zu lassen, könnte sich als großer fehlter erweisen.

dante
dante
16 Jahre zuvor

Siehst Du, Stefan, Deine Argumentation läuft ins Leere, wenn Du auf die „Unternehmen“ verweist. Diese haben vor ihrer Natur her nur Interesse an kurzfristigen Renditen — und damit kein Interesse an langfristigem und verwertbarem Know-How. Natürlich werden sie keinen Referenzbergbau betreiben!

Das Wissen aus der Grube ist aber ein Wissen, welches über mehr als ein Jahrhundert gepflegt, erweitert sowie etabliert und angewendet wurde.

Und da streichst Du schon die Segel? Lässt den Goldschatz verfallen?

fiftyruhr
fiftyruhr
16 Jahre zuvor

Lieber Stefan,
gerade Dir widerspreche ich ungern. „Vorbei mit der Kohle“ ist es vor allem aus rein politisch-taktischen Gründen. Du weißt sehr genau, dass jeder Subventions-Euro in die Region zurückfloss … als Steuern von Kumpeln und Bergbau, vor allem über millionenschwere Aufträge der Zechen an Firmen im Ruhrgebiet, die dann auch Steuern zahlten. Es profitierten auch Wirte, Metzger, Kioske, Möbelhäuser usw.

Die Subventionen waren/sind ein riesiges Mittelstandsprogramm, nicht einfach nur unnütz in die Grube gekipptes Geld, wie manche anscheinend denken. Dieser Aspekt fehlt mir immer wieder in den oft oberflächlichen und kurzsichtigen Begründungen.

Ohne Bergbau geht es natürlich auch; aber dann sind halt unzählige mittlere und kleine Firmen (die Steuern zahlen) in Gefahr und tausende Jobs (die bisher Steuern einbrachten und künftig bei der Arbeitsagentur finanziell zu Buche schlagen) dort weg. Ganz zu schweigen von Ausbildungskapazitäten. Der Mittelstand darf sich ausgerechnet bei den „Freunden“ von FDP und CDU (die gebetsmühlenartig raten, sich umzustellen… als wenn es so einfach wäre) dafür bedanken.

Alle, auch die kleinen Firmen, werden irgendwie überleben, hoffe ich. Aber darauf zu setzen, dass die angeblich eingesparten Milliarden alle im Ruhrgebiet ankommen, scheint blauäugig.

Nobby
Nobby
16 Jahre zuvor

@Stefan, Wir haben es fast hinter uns? Ich verstehe es nicht mehr. Stefan, viele Menschen im Süden Duisburgs haben nur den Rhein und das B+ auf der anderen Rheinseite gesehen. Ich selbst bin dort aufgewachsen und habe keine einzige Zeche gesehen. Ich verstehe es überhaupt nicht mehr, warum man am Bergbau fest hält. Braucht man den Bergbau in Ruhrgebiet, um eine eigene Identität zu haben? Ich sicherlich nicht. Ich sehe täglich den Niederrhein, also weis ich, was ich bin!

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