Keine politischen Konsequenzen nach Netanjahu-Hitler-Vergleich in Duisburg

Levent Önder; Foto: SGU Duisburg
Levent Önder; Foto: SGU Duisburg

Am vergangenen Sonntag veröffentlichten wir hier im Blog den Screenshot eines Facebook-Beitrages des Duisburger Ratsherren Levent Önder (SGU Duisburg).

Konsequenzen wurden seitens seiner Ratsfraktion (SGU) nicht gezogen: Er bleibt Mitglied der Ratsgruppe, wie ein Kölner Radiosender berichtete. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte Ratsherr Levent Önder gestern eine Erklärung. Eine wirkliche Distanzierung vom ursprünglichen Beitrag findet man dort nicht. Nur einen rührseligen Text – zu seiner alleinerziehenden Mutter, seiner jüdischen Ziehmutter und einer gespendeten Niere – der als idealer Plot für einen sentimentalen und zugleich tragischen Film durchgehen könnte.

„Netanjahu ist boshafter als Hitler“

"Netanjahu ist boshafter als Hitler"; Screenshot Facebook
„Netanjahu ist boshafter als Hitler“ – Levent Önder auf Facebook; Screenshot Facebook

Eine öffentliche Verlautbarung zu dem Vorfall findet man auf der Website und der Facebook-Seite des Wählerbündnisses SGU aktuell nicht. Eine öffentlich sichtbare Erklärung fehlt auch auf der Facebook-Seite von Levent Önder.

Hier dokumentieren wir die nicht-öffentliche Erklärung des Ratsherren, der den Bürgern der Stadt Duisburg auch in Zukunft erhalten bleibt:

Vor fünf Jahren forderte Levent Önder auf einer Demonstration den Rücktritt von Oberbürgermeister Sören Link – wegen eines Bananenbildes („Während es in den Reden auf dem Bahnhofsvorplatz moderat zuging und dabei sogar nach der türkischen auch die deutsche Nationalhymne erklang, wurde Önder am Schluss immer aggressiver. Er scheute sich schließlich nicht, „Lügenpresse“ zu skandieren. Dann wiederum rief er drei Parolen, die zuvor eher gemäßigt erhoben wurden: „Die Banane muss weg!“ „Rassismus muss weg!“ „Oberbürgermeister Sören Link muss weg!“).

Für ihn selbst gelten, wenn es um Rücktritte oder den Verzicht auf Mandate geht, anscheinend komplett andere Maßstäbe.

Widersprüche

Was mir auffällt an dieser „Erklärung“:

Auf der Facebook-Seite von Levent Önder gibt es einen geteilten Hamas-Propaganda-Beitrag und den Netanjahu-Hitler-Vergleich. Dazu hat er sich „hinreißen“ lassen.

Einen Beitrag, in dem der Terrorangriff auf Israel oder die Hamas verurteilt wird, findet man dort nicht. Weder im öffentlichen, noch in der privaten Pinnwand von Levent Önder.

Dazu konnte sich der Ratsherr offensichtlich nicht „hinreißen“ lassen.

Trotz der Heftigkeit des Terrorangriffs gegen Israel.

Trotz der – angeblichen – jüdischen Frau, die wie eine „zweite Mutter“ für Levent Önder wurde.

Trotz der Hamas-Agenda: Der Mord an allen Juden ist in dieser Programm.

Glaubhaft ist diese Erklärung deshalb – für mich persönlich – nicht.

Levent Önder:

Lieber Leser,

in den vergangenen Tagen hat ein Posting von mir hohe Wellen geschlagen und ich möchte mich dafür entschuldigen und erklären.

Unter dem Eindruck der Meldungen über ein zerstörtes Krankenhaus mit vielen Toten und Verletzten insbesondere vieler Kinder unter den Opfern, war ich erschüttert und sehr aufgewühlt. Meine Gefühle brachen unkontrolliert aus mir heraus, noch bevor es eine Aufklärung zum genauen Sachverhalt gab. Das hätte so nicht passieren dürfen – aber gerade für mich als Vater sind solche Bilder schwer zu ertragen. Ich habe ein großes Herz und bin sehr emphatisch. Und ich ließ mich hinreißen. Leider. In solchen Momenten ist es besser nichts zu schreiben. Das hätte ich machen sollen. Im Nachhinein ist man immer klüger. Ich schrieb leider Dinge, die ich schnell bereut habe und von selbst wieder löschte. Ich möchte mich dafür bei allen Menschen, die ich dadurch verletzt habe aufrichtig entschuldigen. Wer mich kennt, weiß, dass ich Fehler einsehe und kein Probleme damit habe, mich zu entschuldigen.

Noch etwas zu meiner Geschichte: Ich bin als Muslim nicht nur in einer türkischen Familie groß geworden, sondern auch in einer jüdischen.

Wie kommt das? Als meine Mutter in den 80ern alleine in Deutschland war, während meiner Vater für zwei Jahre zum Militärdienst musste, hatte sie niemanden, der auf mich aufpassen konnte, während meine Mutter arbeiten musste. Dort gab es eine jüdische Arbeitskollegin mit einer gleichaltrigen Nichte, die ebenfalls Mutter war. Und so kam es, dass meine Mutter mich als Baby in der früh dort hinbrachte, zur Arbeit ging und mich sehr spät wieder abholte. Diese Frau wurde wie eine zweite Mutter für mich und meine Mutter und sie wurden beste Freundinnen.

Die Freundschaft war so innig, dass sie über 43 Jahre hielt, bis sie leider im letzten Jahr verstarb. Als meine Ziehmutter an ihren Nieren erkrankte, gab es – wie der Zufall will – nur eine Person die als Spenderin in Frage kam:

Meine Mutter. Meine Mutter zögerte nicht und spendete ihre Niere, aus Dank für all die Jahre der Unterstützung. Wir sprachen natürlich auch regelmäßig über Politik und Geschichte und waren uns einig darin, dass es die radikalen Kräfte – auf beiden Seiten – sind, die es zu verurteilen gilt. Ich vermisse die Zeit und die Gespräche mit ihr. Auf Grund dieser Vergangenheit und meinem religiösen Hintergrund, wird es niemals rassistische oder antisemitische Parolen von mir geben. Wie denn auch? Ich bin in beiden Religionen und Kulturen groß geworden und sehr stolz beides kennengelernt zu haben. Solange Toleranz existiert, so lange wird es immer Respekt geben.

Schon unser Problem Muhammed (saw) sagte uns, dass wir die Kultur, Herkunft und Religion des Gegenübers nie beleidigen sollten, denn dies führe stets zu einer Gegenreaktion mit noch mehr Hass. Daran sollten wir uns ebenfalls halten. Ich auch.

Ich werde mich in Zukunft wieder auf die lokalen Themen fokussieren und die Außenpolitik der großen Bühne überlassen. Was bringt es sich aufzuregen, wenn der Kanal für seine Gefühle Social Media ist? Man kann nur verlieren. Daher werde ich versuchen noch mehr positive Themen zu schreiben und zu posten, um zumindest meine Welt positiver zu gestalten und zu beeinflussen.

Und nochmals: Ich bitte alle, die ich verletzt haben sollte aufrichtig um Verzeihung. Wer mich kennt, der weiß, dass mein Freundeskreis kunterbunt ist und ich immer als Mensch, der ich bin, sehr geschätzt werde. Ich möchte, dass man mich immer so in Erinnerung behält.

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vormals SvG
vormals SvG
1 Jahr zuvor

Schon unser Problem Muhammed (saw) sagte uns,…“
Immerhn hat der Mann das Problem erkannt.

Aimee
Aimee
1 Jahr zuvor

Als Entschuldigung wäre wesentlich gewesen, wenn er geschrieben hätte, dass das Krankenhaus vom islamischen Dschihad bombardiert wurde und seiner Community den Rat gegeben hätte; glaubt nicht alles!

So ist es eben die muslimische Variante „… dass mein Freundeskreis kunterbunt..“ der deutschen Gesellschaft nach der Shoah, die alle mindestens einen Juden versteckt hatten.

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