Vornamen entscheiden über den Schulerfolg. Eine aktuelle Studie der Oldenburger Universität zeigt: Kinder, die Kevin oder Jaqueline heißen, werden schlechter benotet als ein „Maximilian“ oder eine „Emma“. Der Leipziger Namensforscher Peter Ernst im Interview über schlechte Ideen aus Hollywood und die Namens-Wahl der Oberschicht
Herr Ernst, nach einer neuen Studie kann ein Name über den Schulerfolg bestimmen. „Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose“, heißt es dort. Wie sehr bestimmen Namen über unser Leben?
Peter Ernst: Sie sind extrem wichtig. Namen stiften Identität und anders als eine Frisur tragen die allermeisten Menschen ihr Leben lang denselben Vornamen. Er ist auch das Erste, dass uns über einen Fremden gesagt wird. Und sofort entstehen bei bestimmten Namen Bilder im Kopf. Eltern sollten dies sehr ernst nehmen.
Nach welchen Kriterien entscheiden sich denn Eltern für einen Namen?
Das ist leider noch wenig erforscht. Grundsätzlich aber versteckt sich hinter einem Namen ein ganzes Programm. Alle Eltern wollen damit etwas bestimmtes ausdrücken, ihren Stil, ihre Erwartungen, ihr Wertesystem. Sie wollen dem Kind helfen und ihm alle Chancen eröffnen. Und geben ihm dann zum Beispiel den Namen Barack, weil sie Demokraten sind wie Obama. Der zweite Faktor sind religiöse Absichten. In katholischen Familie glauben die Eltern, der Name eines Heiligen könne die Eltern beschützen. Deswegen haben sie ihrem Nachwuchs früher, also vor allem im 19. Jahrhundert, auch häufig viele Vornamen gegeben – je mehr Heilige desto besser. Nun geht der Einfluss des Religiösen aber deutlich zurück.
Dafür scheint die Welt der Stars und Schauspieler wichtiger zu werden. Der Name Kevin wurde nach dem 90er-Jahre-Film „Kevin allein zu Haus“ so populär. Ist denn an dem Vorurteil der Lehrer etwas dran, dass die vielen Kevins aus bildungsfernen Schichten stammen?
Wir haben tatsächlich erste Hinweise darauf, dass gerade bildungsferne Schichten ihre Kinder nach Fernseh-Figuren taufen. Der Lebensalltag der Eltern spiegelt sich im Namen ihrer Kinder wieder. Wenn sie vor der Geburt viele Stunden vor dem Fernseher verbringen, werden sie automatisch auf Filmstars zurückgreifen. Genauso, wie bürgerliche Familien gerne auf historische Dichter- oder Musikernamen zurückgreifen. Aber diese Motivationsforschung ist noch jung und wir können keine exakten Aussagen treffen. Aber viele Studien belegen umgekehrt, dass fernsehnahe Worte wie Kevin oder Jaqueline häufig negative Assoziationen wecken.
Wer seinem Kind also zu guten Noten verhelfen möchte, verzichtet besser auf Anleihen aus Hollywood?
Ja, unbedingt. Der Erfolg eines Stars ist so kurzfristige, das kann stark nach hinten los gehen. Es kann eine Fortsetzung des Films geben in der der Held plötzlich zum Bösewicht wird und damit auch den Namen abwertet. Oder der entsprechende Schauspieler landet im Gefängnis. Die Welt der Schauspieler ist zu wechselhaft für einen lebenslangen positiven Namen.
Wie bewerten Sie ausgefallene Namen? Immer wieder weisen Standesämter Namen wie „Pipilotta“ oder Pepsicola ab.
Das ist einfach der Wunsch nach Distinktion. Gerade Familien, die weit verbreitete Nachnamen wie Müller oder Schmidt tragen neigen dazu, einen ganz besonderen Vornamen zu suchen wie etwa Thassilo Müller. Sie glauben, Auffallen wäre in jedem Fall gut und erhoffen sich dadurch bessere Chancen für ihr Kind. In Wirklichkeit wird es sich ein Leben lang erklären, immer wieder seinen Namen buchstabieren und Witze ertragen müssen. Ein Name wie Pepsi Cola ist ein Fluch. Das ist nur ein Egotrip der Eltern.
Kann denn ein besonderer Name nicht tatsächlich von Vorteil sein?
Ja und Nein. Ein ungewöhnlicher Name kann tatsächlich das Interesse an einer Person steigern. Generell aber ist die Wirkung eines Namens von so vielen Faktoren abhängig, dass sie nicht für ein ganzes Leben abgeschätzt werden kann. In den 1970er Jahren waren italienische Namen wie Luca, Andrea oder Mario beliebt. Heute heißen die Kinder Louisa und Theobald, vor zehn Jahren wären sie dafür in der Schule belächelt worden. Noch dazu werden Namen sehr regional populär und auch unbeliebt – in einem katholischen Dorf in Bayern heißen die Menschen anders als in Berlin, im Norden anders als im Süden.
Was raten Sie Eltern, die heute ein Kind bekommen?
Ich würde dazu raten, sehr sorgfältig zu überlegen, Ihr Kind muss ein Leben lang damit herum laufen. Sie sollten unbedingt vermeiden, witzig sein zu wollen. Entscheidend ist der Wohlklang. Es sollte nicht nur ein Vokal vorkommen wie bei Yoko Ono, und bei einsilbigem Nachnamen sollte der Vorname nicht zu lang sein, das wirkt unharmonisch. Am sichersten ist es, dem Kind mehrere Vornamen zu geben, dann kann es sich später einen aussuchen. Wenn ich Anna Maria Christina heiße kann ich selbst wählen, welcher zu mir und meinen Vorstellungen am besten passt. Nur beim amtlichen Unterschreiben muss ich alle angeben und das ist ja selten. Ein wohlklingender seltener Name ist immer sehr angenehm.
Aber was ist selten? Die meisten Eltern suchen nach einer Rarität und müssen dann im Kindergarten feststellen, dass plötzlich die halbe Klasse Theo heißt.
Ja, weil es fast unmöglich ist aus dem Trendbezug herauszutreten. Auch wir Forscher können keine Prophezeiungen machen, dazu ist eine Mode von viel zu vielen Dingen beeinflusst: Die Stimmung im Land, die Urlaubsvorlieben oder ein Ereignis können die Hitlisten sofort beeinflussen. Sollte Russland plötzlich eine sympathische demokratische Präsidentin namens Olga erhalten, hätten sie weltweit mehr Olgas. Ich warte nur darauf, dass wir bald viele kleine Lady Gagas in den Kindertagesstätten haben. Und genau diese direkte Verknüpfung mit einer bestimmten Person ist auch problematisch. Zu eindeutig zuzuordnende Namen wie Kevin sind schnell mit Vorurteilen belastet. Oder denken Sie an die vielen Adolfs nach dem zweiten Weltkrieg, die haben es ein Leben lang schwer.
Wie heißt denn Ihr eigenes Kind?
Mein Sohn heißt Albert. Das hat nicht mehr als zwei Silben und passt also zum einsilbigen Nachnamen Ernst. Uns gefiel der Klang und außerdem ist Albert ein Heiliger. Als zweiten Vornamen haben wir Eduard gewählt, nach einem sehr geliebten Onkel der Mutter.
Und ich dachte immer Namen sind Schall und Rauch.
> Forscher Peter Ernst: „Versuchen Sie nie, lustig zu sein“
Det war jetzt fies 😉
Das ist jetzt vielleicht Korinthenka**erei, aber das Zitat „Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose“ stammt laut Spiegel Online von einem Lehrer, der an der Oldenburger Studie teilgenommen hat, und nicht von den Autoren selbst. Weiterhin bezieht sich das Zitat auch nicht auf die hier angesprochene, recht neue Folgestudie, sondern auf eine bereits vor einem Jahr erschienene Studie der gleichen Arbeitsgruppe.
Siehe auch hier:
Studie von 2009:
https://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,649421,00.html
Studie von 2010:
https://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,712948,00.html
Also wenn schon Doppelnamen:
Horst-Kevin – https://xn--hrdeamsee-07a.de/seite6.htm
oder Roswitha-Chantal(le)
Man merkt, dass die Forschung noch nicht ausgereift ist, denn richtig ueberzeugend finde ich die Argumente im Interview nicht. ‚Kevin allein zu Haus‘ ist ein Film von 1990 und so eine riesige Fernsehreferenz ist das ja nun auch nicht. Ausserdem laeuft der doch nicht staendig im Fernsehen-also warum nennt dann eine Mutter, sagen wir mal im Jahr 2007, ihr Kind ‚Kevin‘? Muesste es dann nicht total viele Dieters (Bohlen), Guenthers (Jauch) oder Harrys (Potter) geben wo die doch so bekannt und beliebt sind? Ich meine, dass dem Fernsehen zu viel Einfluss zugesprochen wird. Ist es denn nicht eher schiere Einfallslosigkeit und Ideenlosigkeit, dass man ’seinen‘ Kevin nach der Schwester ihr Kevin (wie man so sagt ;)…) nennt? Naja, es gibt da wohl noch viel zu erforschen…
Nachtrag: Und wo sind eigentlich die Jaquelines und Chantalles im Fernsehen?!
Für die, die es noch nicht kennen:
https://de.uncyclopedia.org/wiki/Kevinismus
„Sie sollten unbedingt vermeiden, witzig sein zu wollen.“
Sagt jemand, der Ernst heisst und seinen Sohn Albert genannt hat. Ich sehe schon den Eintrag im Klassenbuch: „Ernst albert“. Oder bei witzigen Lehrern: „Ernst albert unernst“.
Armes Deutschland.
Vielleicht heißen die Kevins ja gar nicht Kevin wegen wegen des Knirpses, den seine Eltern so toll lieb haben, dass sie ihn schonmal vergessen. Vielleicht war hier Kevin Costner der Namenspate. Klar: dadurch wird die ganze Sache nur noch schlimmer. Aber irgendwie wäre alles aufgeklärt.
Ich glaube nicht, dass sich jetzt alle Kevins der Welt umbenennen müssen. Falls jemand vor mir eine unausstehliche Patricia getroffen hat, habe ich auch Pech. Es könnte auch sein, dass jemand vor mir eine andere Dunkelhaarige gekannt hat, die blöd war, das hat auch schlechte Konsequenzen für mich. Es gibt so viele Faktoren, der Name ist nur einer davon.
Total alter Hut, die Nummer.
Vor etwa vierzehn Jahren, als die pseudowissenschaftliche, also die Chimäre der forensischen Linguistik aufkeimte,
https://de.wikipedia.org/wiki/Forensische_Linguistik
Literaturliste zur Einführung:
https://www2.bsz-bw.de/bibscout/E-K/E/ES/ES970-ES985/ES.970
also die Nummer, daß man etwa aus Textsequenzen von Selbstbezichtigungsschreiben von Attentätern auf deren sozio-kulturelles Umfeld im Nahschluß geschlossen werden könne,
hat man zur Begründung dieser Chimäre auch
auch, schwieriges Wort, Kohorten-Probabilitäten in Sachen der Namen zur Begründung der These beispielsgewandt aufgewandt.
Tatsächlich kann man schwach hinreichend signifikant nachweisen, daß die Verbreitung eines Vornamens N mit dem Lebensalter des Namensträgers korreliert.
Weil Namensgebung Moden unterliegt.
Und mit dessen soziodemografischen Feld zu korrellieren scheint.
Wobei das Definitionsfrage ist.
Da ist die Korrelation aber schon sehr schwach – im Faktor Rauschen.
Jedenfalls unterliegt Namensgebung Moden.
Das machen sich diese Pseudowissenschaftler zunutze.
Ich, bespielsweise bin in meinem beiden im Plastik-Pass eingetragenen Vornamen benannt mit: Thomas Johannes.
Tatsächlich lauten meine Vornamen Thomas Johannes Maria Jakobus.
(Scholastisch gesehen ist das ein Witz: Drei Apostel kabbeln sich um Maria, die ja eh gebenedeit und damit nicht vom Fach ist.)
Jetzt dürft Ihr mal raten, wie alt ich bin, welche Konfession die Benennenden haben, meine Eltern, welche Staatsangehörigkeiten ich habe, usf.
Und ob ich wirklich Bayer aus dem Hinterallgäu bin. (-:
Wie gesagt – alles Bullshit.
nun, vor 20 Jahren waren die Guidos die, die es in der Schule schwer hatten. Nun haben wir einen Außenminister und Vizekanzler Guido (als Anmerkung: bei dem man merkt, dass er es in der Schule schwer hatte). Wenn die ganzen Kevins herangewachsen sind, wird es auch den ein oder anderen Minister, Vorstandsvorsitzenden oder Professor Kevin X. geben.