Oliver Keymis ist Kulturpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag und zugleich dessen Vizepräsident. Im Ruhrbarone-Interview fordert Keymis mehr Engagement der Revier-Unternehmen für die Kulturhauptstadt.
Ruhrbarone: Die Eröffnungsfeier des Kulturhauptstadtjahres in der Schalke Arena fällt aus. Bei uns im Blog gab es einige Kommentatoren, die das begrüßt haben.
Oliver Keymis: So eine Haltung verstehe ich nicht. Es wäre für das Ruhrgebiet wichtig gewesen, fulminant in das Kulturhauptstadtjahr zu starten. Im Augenblick sieht es so aus, als ob diese Chance vertan wäre. Ich hoffe, dass man noch was retten kann.
Ruhrbarone: Das ZDF könnte die gesamten Kosten einer solchen Show übernehmen.
Keymis: Das ZDF war bereit sich mit zwei Millionen Euro an den Kosten zu beteiligen. Das ist eine Menge Geld. Hinter den Gebühren stecken Menschen wie meine Mutter, die keine tausend Euro Rente hat und ordnungsgemäß ihre Rundfunkgebühren zahlt. Gerade die öffentlich-rechtlichen Sender müssen sorgsam mit den Gebührengeldern umgehen.
Ruhrbarone: Um Thomas Gottschalk und den kompletten "Wetten Dass…-Tross" einmal im Jahr nach Mallorca zu verfrachten reicht es.
Keymis: Das Problem ist doch nicht in erster Linie das ZDF oder, wie es bei den Ruhrbaronen stand, Fritz Pleitgen. Das Problem ist doch, dass offenbar die Unternehmen des Reviers die Kulturhauptstadt haben hängen lassen.
Ruhrbarone: Wir haben die schwerste Wirtschaftskrise seit bestehen der Bundesrepublik. Wie soll ein Unternehmen, wie beispielsweise ThyssenKrupp, das tausende Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt hat und vielleicht bald Massenentlassungen vornehmen wird, seinen Mitarbeitern erklären, dass sie Geld für Kultursponsoring ausgeben?
Keymis: Auch in der Krise schütten die Unternehmen Dividenden und Boni aus – dafür ist immer Geld da. Gerade gestern Abend lieferte die Sendung "Hart, aber fair" in der ARD dafür einige eindrucksvolle Beispiele. Für die MitarbeiterInnen und eine einmalige Groß-Veranstaltung von nationaler und internationaler Bedeutung wie das Kulturhauptstadtjahr RUHR.2010 soll nun plötzlich kein Geld mehr da sein? Der Landtag von NRW hat in einem gemeinsamen Beschluss aller vier Fraktionen noch im Dezember 2008 zusätzliche 10,6 Mio. EURO für die 53 Kommunen beschlossen, die gemeinsam das Kulturhauptstadtjahr RUHR.2010 gestalten.
Wo sind die großen Unternehmen oder auch die namhaften Unternehmer des Ruhrgebiets? Die Albrecht-Brüder? Wo ist Evonik – jetzt, wo noch Hilfe benötigt wird! Wir reden von rund sieben Millionen Euro, die in der RUHR.2010-Kasse fehlen – das ist für Sie und mich eine Menge Geld, aber es gibt im Ruhrgebiet genug ‚einfluss-reiche‘ Persönlichkeiten, die eine solche Summe ohne Schmerzen aufbringen könnten.
Noch 7 Monate bis das Kulturhaupstadtjahr überhaupt erst anfängt, und schon schiebt die Politik die Schuld für das Scheitern auf andere.
– ohne Worte
Ach ja, die Aldi-Brüder.Ich glaube, die könnten die gesamte Kulturhauptstadt aus ihrer privaten Portokasse finanzieren. Aber was haben die beiden mit dem Ruhrgebiet zu tun, außer dass sie in Mühlheim an der Ruhr wohnen? Obwohl, sie werden selbst da selten gesichtet. Aber immerhin zahlen sie ihre Steuern dort,oder? Und das wird nicht wenig sein.
Paternalismus reloaded, dieses Mal von den Grünen. ? Solche um ?Hilfe!? ersuchenden Statements lesen wir jetzt leider zuhauf; dabei gibt es auf Oliver Keymis? Frage ?Wo sind die großen Unternehmen oder auch die namhaften Unternehmer des Ruhrgebiets?? eine einfache Antwort: Im Initiativkreis Ruhrgebiet, und der ist Mit-Gesellschafter der RUHR.2010. Von Anfang an.
Wer (wie Oliver Keymis) das mangelnde finanzielle Engagement der Wirtschaft beklagt und gleichzeitig der Meinung ist, dass die Unternehmen ?eine solche Summe ohne Schmerzen aufbringen könnten?, muss sich daher, anstatt moralisch zu argumentieren, mit der Frage beschäftigen, warum die Unternehmen diese zusätzlichen sieben Millionen nicht investieren. Ist ?Wandel durch Kultur. Kultur durch Wandel? womöglich nur eine regionalökonomische Schönwetterstrategie ? oder liegt?s doch an der Programmatik, die den Unternehmen ein weiter reichendes Engagement bei RUHR.2010 lediglich als simples (konjunkturabhängiges) Kultursponsoring ? und nicht als Investition in den Standort Ruhrgebiet ? erscheinen lässt?
Dirk, kann es sein, dass sie die Frage am Ende ihres Kommentars für sich schon beantwortet haben? Dass sie nur eine rhetorische ist?
Arnold, es reicht wahrscheinlich ein kurzer Blick darauf, wie RUHR.2010 um ?Partner? wirbt ? https://www.essen-fuer-das-ruhrgebiet.ruhr2010.de/partner/sponsoren/einleitung.html
? und auch Ihre Frage ist beantwortet. (-: