Unser Autor hat weder gerne noch oft gekifft. Dass Cannabis verboten war, ist ihm entgangen.
Im Januar 1980 war ich mit meiner Klasse in der Skifreizeit. Als Frankfurter Schulkinder waren wir natürlich in einer stadteigenen Skihütten im Kleinwalsertal untergebracht. Es war ein typischer Pubertierendenausflug: Nachdem wir auf den Pisten Skifahren gelernt hatten sprühten wir uns bevor wir in die Dorfdisko gingen so sehr mit Deo ein, dass unser Sportlehrer beim Betreten in unseres Zimmers rief: „Hier stinkt es ja wie in einem andalusischen Wanderpuff“.
In der Diskohütte tranken wir dann Obstler und davor kiffte ich zum ersten Mal. Mein Mitschüler Johannes hatte Dope aus Frankfurt. Ich merkte nichts und mir wurde gesagt, ich müsste erst öfter kiffen, bis ich was spüren würde. Ich entschied, dass mir Alkohol allein deswegen sympathischer ist, weil er schneller und besser kalkulierbar wirkt. Bis zum Abitur kiffte ich jedes Jahr ein paar Mal. Meistens war es langweilig, ein paar Mal lustig und einmal, in einem Wald in Frankfurt-Niederrad, beeindruckend: Das erschien mir in meiner Dichtheit eine Wiese wie ein Fluss, doch das Dope war auch mit Opium gestreckt. Einmal bekam ich nach dem Kiffen einen Fressflash und machte mir ein Brötchen bestrichen mit grober Leberwurst, Ketchup, Mayonnaise und streute dann noch Parmesankäse drüber. Das war so lecker, dass ich solche Brötchen bis heute auch nüchtern ab und an esse.
Dass kiffen verboten war, interessierte niemanden. In Gladbeck kauften wir das Dope immer bei Schülern des konservativen Ratsgymnasiums. Dort war die Auswahl groß und die Gesetze des Marktes sorgten dafür, dass auch Preis und Qualität stimmten. Natürlich hat jemand auch mal versucht, einem einen mit Patschuli beträufelten Maggi-Würfel als Dope zu verkaufen, aber das kam selten vor. In der Regel waren die Ratsgymnasiasten ehrbare Kaufleute.
Nach dem Abitur kiffte ich nur noch selten. Von allen Drogen die ich jemals ausprobiert habe, war Haschisch die langweiligste. Und das traf auch auf seine Anhänger zu: Nicht nur dass Kiffer häufig Hippies waren, was ich, nachdem ich selbst keiner mehr war, natürlich zutiefst verachtete, viele von ihnen fand ich auch langweilig. Schlimmer war nur noch den Kult den sie um die Droge machten: Irgendwas mit Bewusstsein, Frieden und Natur. Da war auch immer eine gehörige Portion Arroganz dabei. Noch vor ein paar Jahren hörte ich ein Landtagsabgeordnete der Piraten auf einer Hinterhofparty in der Dortmunder Nordstadt darüber schwadronieren, wie sehr Kiffer doch Biertrinkern überlegen wären.
Ich fand es immer albern, einen Kult um Drogen zu treiben. Drogen müssen knallen und das wars auch schon. Die monatelange Debatte um die Legalisierung von Cannabis fand ich albern. Seid Jahrzehnten gibt es das Zeug an jeder Ecke zum Taschengeldpreis. Natürlich ist es nicht harmlos, aber wer in einer harmlosen Welt leben will, kann ja die vegane Wurst von Rügenwalder essen. Was wahrscheinlich viele Kiffer tun. Die Droge, um die sich der Staat kümmern sollte heißt Fentanyl. Fentanyl und andere Opioide haben das Zeug, Tausende Menschen im Jahr umzubringen und unsere Innenstädte in Slums zu verwandeln. Die Diskussion um die Cannabislegalisierung war für mich Polit-Public-Relation: Die Grünen, eine Verbotspartei, die in ihrem Umerziehungswahn keinen Menschen in Ruhe lassen kann, konnte sich einen liberalen Anstrich geben. Kiffer sind die Lieblinge der Grünen, die mit ihren Rauchverboten gezeigt haben, wie wenig sie sich sonst für Selbstbestimmnung interessieren. Und die SPD dachte wieder einmal, sie sei hip, wenn sie den Grünen hinterherrennt. Nun ist Cannabis legal und es wird Kiffer-Vereine geben. Das ist alles so spannend wie eine Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Darauf ein Bier.