Klage gegen Nuhr: „Ich bin ein Peschmerga Allahs“

Aktueller Screenshot vom Tokas Facebook-Profil
Aktueller Screenshot von Tokas Facebook-Profil

Am vergangenen Samstag demonstrierten rund 30 Leute gegen den Kabarettisten Dieter Nuhr in Osnabrück. Organisiert wurde die Demo von Erhat Toka, der vor kurzem Strafanzeige gegen Nuhr gestellt hat. Dieser habe auf der Bühne wiederholt gegen den Islam gehetzt. Doch Toka ist selbst kein unbeschriebenes Blatt: Auf Facebook outet er sich als Fan neurechter Verschwörungstheoretiker. Auch der Verfassungsschutz interessierte sich schon für eine von ihm mitgegründete Partei.

Unter Humorlosigkeit leide er nicht, schreibt Erhat Toka in einem Post auf Facebook: „Jeder der mich kennt, weiss, dass ich lustig bin. Ein Beispiel: Was heisst gehbehindert auf arabisch? – Is-Lam“. Mit seiner Anzeige gegen Dieter Nuhr sorgt der Osnabrücker derzeit für ein breites Medienecho. Besonders gestört hat ihn der Satz: „Der Islam ist nur dann tolerant, wenn er keine Macht hat. Und dafür müssen wir unbedingt sorgen.“

Ja, die Meinungsfreiheit. Diese macht auch der Journalist und Verschwörungstheoretiker Christoph Hörstel für sich geltend. Auf Facebook outet sich Erhat Toka als Fan des Mannes, den die Jerusalem Post einen „mutmaßlichen Holocaust-Leugner“ nenntHörstel bezeichnet die Äußerung Merkels, dass die Sicherheit Israels (das Hörstel „Un-Staat“ nennt) deutsche Staatsräson sei, eine „Politik des Hochverrats“. Und bei 9/11 habe der CIA seine Finger mit im Spiel, und auch „Chemtrails“ hat Hörstel im Repertoire.

Auch der Verschwörungstheoretiker „KenFM“ scheint zu Tokas bevorzugten Informationsquellen zu gehören (siehe Screenshot). Der ehemalige Radiomoderator wurde 2011 beim RBB entlassen. „KenFM“ ist zudem einer der führenden Köpfe der neurechten „Friedensmahnwachen“.

Auf seiner Website gibt Toka, der eine Kampfkunstschule leitet, zudem den Gotteskrieger. Angesichts der aktuellen Ereignisse schreibt er dort: „Ich bekomme seit Tagen Drohmails und lache mich schrott. Aber wer es wie ein Mann klären will, kommt vorbei und wir reden. Oder kämpfen. Je nachdem, was ihm beliebt. Also spart euch die Bedrohungen. Ich bin ein Peschmerga Allahs. Wir schauen dem Tod ins Auge.“

2001 kandidierte Toka bei der Kommunalwahl in Osnabrück mit der von ihm mitgegründeten Partei „Muslimisch Demokratische Union“, die vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Anlass dazu gab eine „Fatwa“ eines islamischen Gelehrten, die über die Website der MDU veröffentlich wurde. Dort hieß es: „Jeder, der in der Demokratie aktiv ist und andere zum Mitmachen anregt, ist in einer großen Gefahr“. Toka, der im Bundesvorstand der inzwischen aufgelösten MDU war, distanzierte sich später von der Fatwa. Einige hätten diese wohl „in den falschen Hals“ gekriegt.

Unterm Strich wirkt Erhat Toka also nicht gerade wie jemand, der politisch besonders sensibel ist. Dennoch hat er natürlich das Recht, gegen echte oder vermeintliche Beleidigung oder „Hetze“ gerichtlich vorzugehen. Das ist allemal besser als die Dinge, dem Tod ins Auge schauend, kämpfend zu klären.

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WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

Meinungsfreiheit ( Meinungsäußerungs- Meinungsverbreitungsfreiheit, Medienfreiheit)…..

Die fundamentale Bedeutung dieses ausdrücklich in der Verfassung der Bundesrepublik verankerten Menschenrechtes a.) für jeden Menschen und b.) für das Funktionieren einer freiheitlichen Demokratie scheint r Erhat Toka nicht verstanden zu haben. Dieses Unverständnis teilt er allerdings mit vielen,vielen anderen Bundesbürgern, wenn diese sich mit Gedanken, Ideen, mit Kritik, mit Satire auseinandersetzen müssen, die ihnen fremd sind, die ihrer regiliösen Überzeugung entgegen stehen, die liebgewonnne Rituale verspotten, die nicht „main-stream-gemäß“ sind, die mehrheitlich und in den Medien als rechts- oder linksradikal eingestuft werdent und und und…..!!

An diesen Zustand ist stets zu erinnern, wenn „man“ mit dem erhobenem Zeigefinger aus einem aktuellen Anlaß auf jemanden verweist, der diese Meinungsfreiheit nicht verinnerlicht zu haben scheint.

Im übrigen kann man „im Regelfall“ darauf bauen, daß die Gerichtsbarkeit in Deutschland ( bis hin zum BVerVG) das Rechtsgut Meinungsfreiheit zu schätzen und zu schützen weiß.
Es ist die Ausnahme, daß das BVerVG bei einer sog. Grundrechtsabwägung einem anderen Grundrecht Vorrang einräumt -sh. u.a.in besonderen Fällen der vorrangige Schutz der Unverletztlchkeit der Intimsphäre eines Menschen gegenüber der Meinungs-/Pressefreiheit.

Ich weiß nicht, ob Erhat Toka dieses Rechtsverständnis der Gerichte in Deutschland bekannt war als er sich entschlossen hat, den Rechtsweg gegen Nuhr zu beschreiten.

Alles in allem ist der Fall Toka-Nuhr eine Lapalie, aufgeblasen zu einem öffentlichen Ereignis wegen der aktuellen Konflikte weltweit mit radikal-fanatischen Islamisten.
Auch eine solche Lapalie in der Sache erscheint mir jedoch , wie jede vergleichbare in der Vergangenheit, geeignet, an Grundsätzliches zu erinnern -nicht nur gegenüber Erhat Toka.

Nansy
Nansy
10 Jahre zuvor

@Walter Stach: Solche Art „Lapalien“ ziehen schnell andere „Lapalien“ nach sich, wenn man ihnen nicht frühzeitig entgegentritt oder widerspricht – aber ich glaube, das wollten Sie in ihrem letzten Satz auch so ausdrücken….

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

-2-Nancy
O.K.
Aber….
Wie oft behaupten etablierte Akteure aus Staat und Gesellschaft, wenn sie sich betroffen fühlen, daß das entsprechende Tun der Anderen nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt wird?
Daran gemessen schien mit die Causa Toka – Nuhr ehe als Lapalie, aus der aber aufgrund der aktuellen Gegebenheiten zwangsläufig mehr geworden ibzw. mehr gemacht worden ist.

Roman
10 Jahre zuvor

Erstmal geht es hier doch um nichts anderes, als um eine Strafanzeige. Die Chancen stehen gut, dass die Staatsanwaltschaft überhaupt keine Anklage erheben wird.

Arnold Voss
Arnold Voss
10 Jahre zuvor

Die Strafanzeige gegen einen Prominenten, und das ist Dieter Nuhr, ist vielleicht juristisch eine Lappalie, aber nicht medial. Diesbezüglich ist sie das genaue Gegenteil und so war sie vom Anzeigensteller sicher auch gemeint. Es geht ihm offensichtlich um mediale Aufmerksamkeit für sich als Kämpfer für die Rechte der muslimische Minderheit in Deutschland.

Puck
Puck
10 Jahre zuvor

Natürlich ist die Anzeige gegen Nuhr eine Lappalie – erstmal.
Man kann allerdings davon ausgehen, daß sie unabhängig von der Aussicht auf Erfolg vor allem gestellt wurde um mediale Aufmerksamkeit zu erregen und Nachahmer zu animieren – gerne auch solche, die sich Nurhs Programm gar nicht angesehen haben. Wie das ausgehen kann war sehr schön zu besichtigen bei der Sache mit den Mohammed-Karrikaturen, das fing auch als Lappalie an und am Ende tobte ein Mob aus Ignoranten, die vermutlich mehrheitlich nicht in der Lage waren, Dänemark auf der Landkarte zu finden.

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

Für mich bleibt die Sache Toka -Nuhr – Strafanzeige eine Lapalie. Daran ändert auch das momentane, kurzlebige meidale Getöse nichts. Im übrigen ein Getöse, zu dem Toka mit der Anzeige der Auslöser war. Das Getöse selbst haben die Medien erzeugt. Warum? Der Sache -der Meinungsfreiheit-wegen oder….?

Eine Lapalie für mich -ich habe versucht, das zu begründen-, wenn ich diesen Fall einordnen in den alltäglichen Umgang mit der Meinungsfreiheit durch die Gesellslchaft mit ihr, egal um welche Teilen der Gesellschaf iund um welche ihrer Protagonisten es sich jeweils handelt, immer dann, wenn sie sich in ihren „Grundwerten“ verletzt fühlen.

D a liegt für mich d a s Problem!!

Daß es unter den Muslimen offenkundig viele Menschen gibt, die bei einer Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Schutz ihrer Religion/der Achtung ihres Glaubens grundsätzlich dem Religiösen mehr Gewicht zumessen, ist hinlänglich bekannt. Daß es auch unter den Christen viele gibt, die…….
kann nicht geleugnet werden.
Ich kann nicht erkennen, daß sich diesbezüglich die „Abwägung“ zwischen…. zu Gunsten der Meinungsfreiheit absehbar verändern wird.
Damit ich nicht mißverstnden werden:
Es ist der Meinungsfreiheit wegen immer angebracht, auch eine solche Lapalie aufzugreifen, wenn das dem Zweck dient, h damit ein grundsätzliches , nicht nur bei vielen Muslimen existentes Problem in unser Gesellschaft anzugehen.

der, der auszog
der, der auszog
10 Jahre zuvor

@Walter

auch wenn ich mich wiederhole: Der Islam gehört zu Osnabrück wie Christian Wulff und die Neue Osnabrücker Zeitung.

Man kennt sich. Zumindest im Teutoburger Wald, wo die NOZ das lokale Flaggschiff ist und Toka mit seiner Partei bei den letzten Kommunalwahlen an den Start ging. Toka braucht als Kommunalpolitiker Aufmerksamkeit und um die zu bekommen, erstattete er Anzeige gegen Nuhr wegen Gotteslästerung oder so ähnlich, kündigte zudem eine Protestakion vor Nuhrs Auftritt in Osnabrück an und wandte sich anschließend an die NOZ in der Hoffnung, dass die anbeißt. Die NOZ biss an, interviewte Toka und wollte Dieter Nuhr mit dem Interview, der Anzeige und der angekündigten Demo konfrontieren. Nuhr hatte kein Bock, für die angekündigte Salafistendemo die Werbetrommel zu rühren und bat die NOZ um einen Pressetermin für die Woche nach seinem Auftritt. Da hatte wiederum die NOZ keinen Bock drauf und um Nuhr unter Druck zu setzen, brachte sie das Interview mit Toka vor dem Gig.

„Die Frage ist: Braucht ein Land, das solche Zeitungen hat, überhaupt noch Islamisten? “

Dieter Nuhr auf Faceboók:
https://www.facebook.com/nuhr.de?fref=ts

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

Der, Der…
danke für die Aufklärung.
Ich könnte ja für mich feststellen, daß der von mir verwandte Begriff Lapalie falsch war. Hätte ich richtigerweise „von einer Posse im Osnabrücker-Land“ sprechen sollen?
Wir leisten ja mit dieser Diskussion unseren Beitrag, damit das, was Herr Toka offenkundig beabsichtigte, über das Onsbrücker-Land hinaus gelingt!!

Anregung:
Laßt uns weiter diskutieren über Meinungsfreiheit,Medienfreiheit , ihren Inhalt, ihre Schranken, ihr Verhältnis zu anderen grundrechtlich geschützen Rechtsgütern, auch in Bezug zu den Religionen/Kirchen, aber ohne Toka-Nuhr.

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[…] nur "wir sind", sondern "wir sind gegen" war über alle Jahrtausende Gemeinschaftsbildend. Die aktuelle Diskussion um die Klage gegen Dieter Nuhr zeigt das ganz gut. Warum wird Wut nicht so oft geteilt, wie Trauer? Haben wir unbewusst Ängste, […]

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