Mit der Berufung des Wirtschaftsförderers zum neuen Flughafen-Chef besinnt sich Dortmund wieder aufs Pöstchen-Schieben. Zuletzt waren Stellen mehrfach mit externen Bewerbern besetzt worden. Die machten allerdings nicht immer eine glückliche Figur.
Die Nachricht überraschte selbst Insider: Mehrere Tage rätselten Aufsichtsratsmitglieder des Flughafens, warum sie zu einer Sondersitzung eingeladen worden waren. Jetzt ist klar, was sie absegnen sollen: Die Berufung von Wirtschaftsförderer Udo Mager (Aktuelles Jahresgehalt: 142.000 Euro) zum neuen Flughafen-Chef. Die Besetzung bricht mit einer erst jungen Dortmunder Tradition: Fachleute statt verdienter Stadt-Mitarbeiter oder Parteifunktionäre auf gut dotierte Posten zu setzen.
Den Anfang hatte ausgerechnet Magers Vorgänger, der aktuelle Flughafen-Chef Markus Bunk, gemacht. Er hatte vor gut fünf Jahren den ehemaligen SPD-Angestellten Manfred Kossack als Geschäftsführer des Flughafens abgelöst. Anschließend wurden auch die Stellen des Geschäftsführers von Entsorgung Dortmund und Westfalenhallen mit Bewerbern von außen besetzt. Pikanterweise hatte Mager auch Interesse am Westfalenhallen-Posten signalisiert. Das Rennen machte damals aber Sabine Loos, die vorher bei der Kölner Messe Fachkompetenz gesammelt hatte.
In der Stadtverwaltung ist jedoch schon seit Monaten ein offenes Geheimnis, dass Politik und Verwaltung nicht mit allen externen Geschäftsführern glücklich sind. Insbesondere Bunk gilt als Fehlbesetzung. Der hatte zwar exzellente Management-Erfahrungen bei den Flughäfen in Frankfurt und Saarbrücken gesammelt, soll aber – so seine Kritiker – die speziellen politischen Aufgaben eines Geschäftsführers des defizitären Dortmunder Flughafens unterschätzt haben. Dass er auch kaum neue Airlines anlocken konnte und sich das Millionenloch unter seiner Regentschaft nicht verkleinerte, wurde ihm ebenfalls angekreidet.
Bunk hatte den Job schlichtweg unterschätzt: Ein Dortmunder Flughafen-Chef muss in erster Linie politische Mehrheiten für unpopuläre Entscheidungen wie die Verlängerung der Start- und Landebahn oder die längere Betriebszeiten besorgen. Er trat dabei in zu große Fußstapfen. Keiner konnte so gut mit der Politik kungeln wie sein Vorgänger Kossack. Er hielt die SPD auf Pro-Flughafen-Linie und organisierte die nötigen Stimmen bei der CDU, weil die Sozialdemokraten keine Mehrheit mehr im Rat hatten. Mit seiner kumpelhaften Art stellte er sogar die lautesten Kritiker ruhig.
Kossack war sich auch nicht zu schade, dort hin zu gehen, wo es weh tat: Nämlich zur sehr aktiven Bürgerinitiative gegen Fluglärm. Bunk ließ sich bei diesen Diskussionen gern vertreten oder der Flughafen glänzte komplett mit Abwesenheit. Ursula Wirtz von der Bürgerinitiative kritisiert die Berufung Magers jetzt, weil er kein Fachmann für die Luftfahrt sei. Sie und ihre Vereinsmitglieder werden mit Mager aber wieder einen stärkeren Gegner bekommen.
Für die Akquise von Airlines hat Mager ein gutes Team. Allen voran Marketing-Manager Guido Miletic, der seit Jahren im Unternehmen ist, über sehr gutes Fachwissen verfügt, und zuletzt Ryanair an den Dortmunder Flughafen gelockt hat. Mager wird sich deshalb auf die wirklichen Zukunftsaufgaben konzentrieren können. Und davon hat er eine Menge vor der Brust.
Er muss die Dortmunder Politik bei der Stange halten. Bei der Bezirksregierung Münster und der rot-grünen Landesregierung muss er längere Start- und Landezeiten durchsetzen und – das heikelste Kommando – bei der EU muss er für Gut-Wetter sorgen: Schon seit Jahren läuft ein Verfahren wegen unzulässiger staatlicher Subventionen für den Flughafen. Geht das verloren, steht Dortmund faktisch vor der Pleite. Im schlimmsten Fall würde die EU die Stadt dazu verdonnern, die Millionendefizite, die bislang die Dortmunder Stadtwerke decken, aus dem städtischen Haushalt zu bezahlen. Und zwar nicht nur in Zukunft, sondern auch rückwirkend für die letzten sieben bis zehn Jahre.
Bei Bunk ist vieles davon liegen geblieben. Das ist ihm gar nicht vorzuwerfen. Er war schließlich angetreten, um einen Flughafen und nicht politische Herausforderungen zu managen. Die Politik zieht daraus nun ihre Lehren: Bei städtischen Töchtern kann es eben doch sinnvoll sein, einen erfahrenen politischen Strippenzieher an die Spitze zu setzen. Städtische Betriebe sind keine normalen Unternehmen, bei denen Fachwissen und betriebswirtschaftliche Kenntnisse ausreichen.
Das Experiment mit externen Bewerbern ist mit Bunk gescheitert. Die Frage ist: Was macht die Politik daraus? Besetzt sie – wie in der guten alten Zeit – Posten nun wieder mit ihren verdientesten (häufig nicht qualifizierten) Parteigängern? Oder findet sie einen Kompromiss? Wie bei Mager. Der ist nicht nur gut in Dortmund vernetzt, sondern auch ein hochqualifizierter städtischer Manager. Klüngel reloaded, nur mit besseren Mitteln.
Mager ein „hochqualifizierter städtischer Manager“?? Hust,…
Nun ja, er kann zumindest nach seinem „Manager“-Job beim dortmund-project mit gnadenlos geträumten „70.000 neuen Arbeitsplätzen“ nahtlos an die FH-Lügerei über prognostizierte Fluggastzahlen anknüpfen und so wie damals irgendwelche freundliche Gutachten zur Geldbeschaffung im Rat auf den Tisch legen.
An die 60 Mios, die damals für Häppchenparties, seltsam gestaltete Gründerwettbewerbe und Hochglanzflyer aus dem Fenster flogen, können sich so einige Dortmunder auch heute noch sehr ungern erinnern und eine politische Sympathie in der Bevölkerung, die für richtungsweisende Entscheidungen beim FH notwendig wäre, hat Mager nicht. Auch nie gehabt, wenn man nach der Leistungsbeurteilung der Wirtschaftsförderung in den letzten Jahren fragt.
Gibt es denn eine zitierbare Leistungsbeurteilung?
#2 | Heide: Einfach die Dortmunder Bevölkerung fragen, die muss es schließlich mit 13,5 Prozent Arbeitslosigkeit (Spitzenreiter, hey, hey) ausbaden: https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach-Regionen/BA-Gebietsstruktur/Nordrhein-Westfalen/Dortmund-Nav.html?year_month=201301
Und bevor der „Nachruf“ von Stefan schale Gefühle hinterlässt, weil er zu positiv für Mager ausfällt und sowas leicht als „Wegloben“ missverstanden werden kann;-), nur eine kleine Anekdote:
Man schwafelt allgemein und gern in Dortmund über fehlende Gewerbeflächen, dabei träumt seit über 10 Jahren ein voll erschlossenes Gebiet, direkt am Autobahnkreuz A40/45 und unweit der Uni und des TechnoParks, fast völlig leer vor sich hin, im Träumen höchstens gestört durch zwei „Altbauten“ aus Mitte/Ende der Neunziger und einem kleineren Neubau aus 2012. Das Areal wurde zuerst als TechnoPark-Erweiterung und später, als man dort einen größeren Nachfrage-Rückgang mit Leerstand verzeichnen musste, für den MedizinCampus-Wettbewerb NRW reserviert, den man dann prompt nicht gewinnen konnte.
Während man in SPD-Reihen seit der letzten Kommunalwahl – angeführt von OB Sierau – die eigenen Ortsvereine scharf macht, jede mögliche, unberührte Grünfläche auf Gewerbenutzung hin zu prüfen, verplempert die Ex-Mager-Behörde also Erschließungs-Investitionen und bestens gelegene Flächen, um lieber mit Phoenix-West zu protzen.
@Klaus: Ich sehe Mager und Ledune im Vergleich zu ihren Kollegen in den anderen Ruhrgebietsstädten – sie waren mit Abstand das beste Team, konnten allerdings auch nicht zaubern.
@Stefan: Ich sehe Mager und Ledune, mit denen ich zu dortmund-project-Zeiten selbst zu tun hatte, eher als unvermeidliche Konsequenz einer von ThyssenKrupp als Ersatz-„Wohltat“ aufgezwungenen McKinsey-Invasion nach dem Motto „Rede viel und tu so, als wär nix“.
[…] “freiwilligen Abschieds” haben wir uns schon vor einigen Tagen ausführlich im Artikel “Klüngel Reloaded” beschäftigt. Mager muss nun zahlreiche schwierige Aufgaben lösen: Den Flughafen aus den Schulden […]