Köln, Düsseldorf und Dortmund: Was bringen Waffenverbotszonen?

Die Kampstraße in der Dortmunder Innenstadt Foto: Lucas Kaufmann Lizenz: CC BY-SA 4.0


In Köln und Düsseldorf gibt es bereits Waffenverbotszonen. In Dortmund wird überlegt, sie einzuführen. Eine gute Idee?

Dortmund hat wohl die attraktivste Innenstadt des Ruhrgebiets. Innerhalb des die City umschließenden Wallrings finden sich neben Einkaufszentren die Filialen bekannter Modemarken, locken zahlreiche Restaurants und große Kulturveranstaltungen und bald auch wieder der „größte Weihnachtsbaum der Welt“ Besucher an. Und die kommen nicht nur aus dem Ruhrgebiet. Auch für viele Sauerländer steht eine Einkaufstour in der Westfalenmetropole regelmäßig auf dem Programm.

Doch Dortmund ist auch bei der Kriminalität herausragend. Nach der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) handelt es sich um die viertgefährlichste Stadt Nordrhein-Westfalens. Die PKS weist für das vergangene Jahr 8901 Straftaten in Dortmund aus. Nur in Köln (9578 Taten), Düsseldorf (9223 Taten) und Krefeld (8990 Taten) sind die Kriminellen noch aktiver. Dabei konnte die Polizei in der Ruhrgebietsstadt zeitweise auf Erfolge verweisen. Denn 2017 war die Lage noch deutlich schlimmer. Damals wies die PKS für Dortmund 10.903 Verbrechen aus. Die Stadt lag nach Köln und Düsseldorf auf Platz drei des NRW-Kriminalitätsrankings. Doch nun drohen neue Rekorde. Die Polizei prüft, ob sie Waffenverbotszonen einrichten will.

Vor allem zwei Wohnviertel bereiten den Ordnungshütern seit langem Kopfzerbrechen, nämlich die Nordstadt und die Innenstadt. Die Polizei denkt nun darüber nach, in diesen Quartieren Waffenverbotszonen einzuführen. In ihnen ist das Mitführen ansonsten legaler Waffen wie Messer mit einer feststehenden Klinge von mehr als vier Zentimeter Länge verboten.

Die Nordstadt ist einerseits der Stadtteil des Ruhrgebiets mit den meisten Gründerzeithäusern. Studenten, Künstler und Migranten leben hier Tür an Tür, nirgendwo in der Stadt ist die Kultur- und Kneipenszene spannender. Doch auch illegale Prostitution, eine offene Drogenszene und Gewalt prägen das Leben in dem Stadtteil. Die Nordstadt ist traditionell auch ein Rückzugsort für gesellschaftliche Randgruppen wie Alkoholiker und Drogenabhängige. Die Probleme von Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit, öffentlichem Alkoholkonsum und nicht zuletzt dem Aufeinandertreffen der unterschiedlichsten Migrantengruppen haben nach Angaben der Polizei Auswirkungen auf die Kriminalitätsbelastung.

Alleine in der Nordstadt kam es von Januar bis September dieses Jahres zu 77 Straftaten, bei denen ein Messer eingesetzt oder sein Einsatz angedroht wurde. Im gesamten Jahr 2021 waren lediglich 61 Straftaten, die im Zusammenhang mit einem Messer standen. Ein großer Teil der Messertaten hat mit dem Drogenhandel zu tun. Und die Nordstadt liegt verkehrsgünstig, ein Vorteil, den auch Kriminelle zu schätzen wissen: „Ein großer Anteil der Gruppe der kriminell auffälligen Zuwanderinnen und Zuwanderer, insbesondere im Bereich des Betäubungsmittelhandels,“, teilt die Polizei auf Anfrage mit, „hält sich in der Nordstadt auf“.

Auch die Innenstadt hat sich zu einem Kriminalitätsschwerpunkt entwickelt. Raub, Körperverletzung, Diebstähle und das auch am helllichten Tag prägen zunehmend den Alltag der City. Am schlimmsten ist die Lage auf der Kampstraße, die parallel zur wichtigsten Fußgängerzone Dortmunds, dem Westenhellweg, verläuft. Die Kampstraße ist ein stadtplanerischer Problemfall: Eine irgendwie öde Fußgängerzone, zum Teil dann doch für Autos befahrbar, liegt sie nur wenige Minuten vom Hauptbahnhof entfernt.

Vor allem jugendliche Intensivtäter fielen in der Innenstadt durch zahlreiche Straftaten auf: 2021 kam es zu 73 Raubüberfällen. Erst im Frühjahr reagierte die Polizei auf die Entwicklung und setzte in der Innenstadt das Mittel der „strategischen Fahndung“ ein: Wie auch in der Nordstadt kann die Polizei dort nun ohne Anlass jeden kontrollieren.

Die Lage verschlimmert sich in Dortmund. „Warum es in der Innenstadt zu diesen von einer hohen Gewaltbereitschaft geprägten Delikten gekommen ist, ist Gegenstand unserer Ermittlungen“, sagte Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange Ende Oktober. Die Polizei will nun schnell und konsequent handeln: „Für mehr Sicherheit schöpfen wir die geeigneten Mittel des Rechtsstaats aus und prüfen weitere Schritte. Ob in ausgewählten Bereichen die Voraussetzungen für eine mobile Videobeobachtung oder für eine Waffenverbotszone vorliegen, werden wir ebenfalls sorgfältig prüfen.“

Das Land hat gute Erfahrungen mit Waffenverbotszonen gemacht, teilt das Innenministerium auf Nachfrage mit: „Durch die Einrichtung einer Waffenverbotszone ist es für die Polizei einfacher geworden, präventiv einzuschreiten, zu kontrollieren und Verstöße wegen des Besitzes verbotener Waffen zu sanktionieren.“ Doch sollten die Erwartungen an den Nutzen der Maßnahmen nicht zu hoch sein: „Trotz hoher Kontrolldichte wird es keine Garantie dafür geben, dass dadurch einzelne Straftaten gänzlich ausgeschlossen werden können.“

Seit 2021 kann das Land Waffenverbotszonen einrichten. In mehreren Bundesländern wie Bremen oder Hamburg gehören sie zu den üblichen Mittel polizeilicher Vorbeugung.  Auch in den Städten Köln und Düsseldorf gibt es sie bereits. Die Bundespolizei verbot zudem im Februar dieses Jahres in den Hauptbahnhöfen von Dortmund, Gelsenkirchen und Bochum Waffen dabei zu haben.

Nach Angaben der Kölner Polizei ist es an den sogenannten Ringen und der Zülpicher Straße seit Dezember 2021 verboten, Waffen wie Messer oder Schlagstöcke mit sich zu führen. Die Waffenverbotszone komme bei den Bürgern gut an. Viele würden sich wünschen, dass sie ausgeweitet werde. Bis zum 24. Mai wurden allein in diesem Jahr 26 Messer sichergestellt: 14 auf der Zülpicher Straße, 12 auf den Ringen.

Wer mit einem Messer oder einer anderen Waffe, die man anderswo legal mit sich führen darf, in einer Waffenverbotszone erwischt wird, muss sich nicht nur für immer von ihr verabschieden: Die Waffe wird von der Polizei einkassiert und zerstört. Es droht auch noch ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro und die Polizei erfasst den Namen des Täters.

„Die Waffenverbotszone in der Altstadt ist für uns Teil eines Gesamtkonzepts“, sagt Thorsten Fleiß, Leiter der Polizeiinspektion Mitte in Düsseldorf. In der Landeshauptstadt wurde ebenfalls im Dezember 2021 eine Waffenverbotszone eingerichtet. Seitdem wurden 8000 Menschen kontrolliert und 115 Messer sichergestellt. Kontrolliert würden Gruppen, die aggressiv auftreten. So würden die Täter aus der Anonymität gerissen. Die Polizei arbeitet in Düsseldorf eng mit dem Ordnungsamt und Streetworkern zusammen, erteilt Betretungsverbote für die Altstadt über drei Monate und unternimmt sogenannte Gefährderansprachen. Ob durch die Waffenverbotszone gesunken ist, kann Fleiß noch nicht sagen: „Durch die Pandemie und die zeitweiligen Besucherrückgängen haben die Statistiken an Aussagekraft verloren. Aber jedes Messer, das wir aus dem Verkehr ziehen, macht die Straßen sicherer.“

Jedes Messer, dass wir aus dem Verkehr ziehen, macht die Straßen sicherer.“

Der Artikel erschien in einer ähnlichen Fassung bereits in der Welt am Sonntag.

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Ralf
Ralf
2 Jahre zuvor

In Dortmund gab es laut Kriminalstatistik der Polizei Dortmund 9394 Straftaten pro 100 000 Einwohner und Dortmund liegt damit nach Köln auf Platz 2 und nicht auf Platz 4

https://dortmund.polizei.nrw/sites/default/files/2022-02/PKS_Pressekonferenz_Tischpapier%20Dortmund%20_%202021_1.pdf

Ralf
Ralf
2 Jahre zuvor

@Stefan Laurin

Düsseldorf 9240 Delikte pro 100 000 Einwohner, Krefeld 9008, Köln 10148 und Dortmund 9401 nach zu lesen in der Excel Tabelle des BKA

Und dann Vergleiche mal die Veröffentlichten Statistiken der jeweiligen Polizeibehörden ,im Jahr 2020 lag Dortmund sogar auf Platz 1 und darüber hatte selbst die Ruhrnachrichten drüber berichtet.

Ralf
Ralf
2 Jahre zuvor

@Stefan Laurin Ich Mich ebenfalls auf 2021 wie die Ruhrnachrichten und das BKA auch und wenn du die Statistik des Landes NRW meinst dort steht vor den oben von Dir genannten Städte PP ,das bedeutet das für Dortmund zb Dortmunder und Lünen Zahlen zusammengefasst sind, bei Köln zb Köln und Leverkusen daher die niedrigen Zahlen. Für Dortmund ohne Lünen sind die Zahlen höher ebenso für Köln und so ist es auch in der BKA Liste und in der Statistik der Polizei Dortmund zu finden.

So gesehen haben Wur beide Recht nur das die BKA Liste die Richtigere ist und nicht zb 2 Städte zusammengefasst sind nur weil wie in Dortmund die Polizei auch für die kleinere Stadt Lünen zuständig ist, daher Veröffentlicht die Dortmunder Polizei immer 2 Statistiken einmal für Dortmund und einmal für Lünen, warum das Land es nicht so macht keine Ahnung.

abraxasrgb
abraxasrgb
2 Jahre zuvor

Es gibt übrigens den interessanten Effekt, dass die Anzahl der Gewaltdelikte auf der Straße zurück geht, wenn das Führen von Schusswaffen unter anderen Bedingungen freier wird. Wie z.B. in tTschechien, oder bei Einbruchsdelikten, wie in Österreich beim häuslichen Besitz.
Hört man aber in Deutschland nicht so gerne …

Helmut Junge
Helmut Junge
2 Jahre zuvor

@ abraxasrgb, das müßtest du belegen. Dagegen spricht nämlich die Kriminalitätsrate in den USA, wo jeder eine Waffe tragen darf.

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
2 Jahre zuvor

„Es gibt übrigens den interessanten Effekt, dass die Anzahl der Gewaltdelikte auf der Straße zurück geht, wenn das Führen von Schusswaffen unter anderen Bedingungen freier wird.“
Hätte richtiger lauten müssen:
Es gibt übrigens den interessanten Effekt, dass die Anzahl der Gewaltdelikte auf der Straße zurück gehen kann, wenn das Führen von Schusswaffen unter anderen Bedingungen freier wird, wie Tschechien und einige US-Gliedstaaten zeigen.
Wobei unklar ist, welche Mechanismen hier relevant sind.

abraxasrgb
abraxasrgb
2 Jahre zuvor

#7 Helmut … dafür gibt es einige Evidenzen. Z.B. ist die Schußwaffendelinquenz gerade in den USA dort am Höchsten, wo das verdeckte Führen (concealed carriage) verboten ist.
Es gibt Länder, die ein ähnlich liberales Waffenrecht, wie die USA haben (in denen es übrigens kein einheitliches Waffenrecht gibt) und in denen die Delinquenz niedriger ist. Es gehört zu den oft behaupteten kausalen Zusammenhängen, dass legale Waffen und Kriminalität positiv korrelieren. Ist nach meinem Informationsstand, ein Mythos.

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