Kölner Steuerrückzahlung: Unvorhersehbarer Einzelfall

Wenn’s unterirdisch werden soll, ist auf die Kölner Politik Verlass. Die Frohsinns-Metropole ist ausgewiesener Spezialist für Löcher jeglicher Art: Ganz gleich, ob es darum geht, ein komplettes Stadtarchiv in der Baugrube zu versenken oder wie jetzt ein gigantisches Haushaltsloch zu buddeln, das mittlerweile zu einer finanzpolitischen Kraterlandschaft ausgefranst ist: 330 Millionen Euro Miese insgesamt, 90 Millionen Euro mehr als berechnet. Der Nothaushalt ist kaum noch zu verhindern. Von unserem Gastautor Bernd Wilberg.

Gabriele Klug, seit Ende 2010 Kölns erste grüne Stadtkämmerin, hat eine Haushaltssperre verhängt, unter anderem werden 14.000 städtische Mitarbeiter in einen zweitägigen Zwangsurlaub geschickt, spart Geld und Energie, heißt es dazu. Ja, es wirkt jetzt alles ein bisschen panisch.

Bei Hintergrundgesprächen in der Kämmerei war immer viel von »Nachhaltigkeit« in der grünen Finanzplanung die Rede. Auswirkungen auf die Praxis sind bislang freilich nicht zu erkennen.

Und es geht immer noch schlimmer. Am 2. November ließ Klug jetzt mitteilen, dass 116,2 Millionen Euro an Gewerbesteuer aus den zurückliegenden Jahren an einen Finanzdienstleister zurückgezahlt müsse, zuzüglich Zinsen in Höhe von 20,6 Millionen Euro. Hoppla! Auch wenn das nicht Klugs Fehler sein sollte: Dieser »unvorhersehbarer Einzelfall« reiht sich nahtlos in die Katastrophenmeldungen der Kämmerei ein.

Der immer wahrscheinlicher werdenden Nothaushalt wäre nicht nur das Aus für viele soziale und kulturelle Angebote, sondern ebenso wohl für die Stadtkämmerin. CDU und FDP fordern schon den Rücktritt, auch in der rot-grünen Koalition rumort es nun. Denn auch Klugs Krisenmanagement ist katastrophal: Es scheint, als wolle sie die all die Horrormeldungen häppchenweise verabreichen, in der Hoffnung, dass sie leichter zu verdauen sind. Auch, wenn jetzt noch mal 12 Millionen Euro im sozialen Bereich eingespart werden müssen. Die Kölner nehmen all das bislang mit resignierter Gelassenheit hin. Die Empörung endet als Folklore. Da passt’s schon, dass jetzt die Karnevalssession startet. Das wird sich auch Frau Klug gedacht haben. Denn was macht sie? Jedenfalls keine neuen Vorschläge, wie gespart werden kann. Sie spart sich lediglich die kommende Sitzung des Finanzausschusses – und fährt in Urlaub.

Bernd Wilberg ist Redakteur der Stadtrevue.

 

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Stefan Laurin
Admin
11 Jahre zuvor

Wenn es für Gabriele Klug in Köln eng wird, könnte sie es bei ihren Fähigkeiten im Ruhrgebiet noch weit bringen. Wenn sie in die SPD eintreten würde könnte es zur OB reichen!

Himynameis
Himynameis
11 Jahre zuvor

Ach ja, die kriegen wir im Ruhrgebiet schon unter.. irgendeine halbstädtische Versorgungsgesellschaft findet sich bestimmt. 60k/Jahr + schönen Dienstwagen, versprochen!

Stefan Laurin
Admin
11 Jahre zuvor

@Himynameis: Mit 60K kommt Du bei diesen Jobs aber nicht aus. Das Ruhrgebiet ist arm, aber nicht wenn es um die Bezahlung von Geschäftsführern von Unternehmen im städtischen Bereich geht 🙂

DerHarry
DerHarry
11 Jahre zuvor

#1 | Stefan Laurin

„Wenn es für Gabriele Klug in Köln eng wird, könnte sie es bei ihren Fähigkeiten im Ruhrgebiet noch weit bringen. Wenn sie in die SPD eintreten würde könnte es zur OB reichen!“

Ich frage mich, und dies hier nicht zum ersten Mal, wie ernst kann ich jemanden nehmen, der von sich behauptet, Journalist zu sein und Sätze wie den vorstehenden komponiert?

Stefan Laurin
Admin
11 Jahre zuvor
Reply to  DerHarry

œDerHarry: Aus dem Wikipedia-Eintrag zu Bochums Oberbürgermeisterin:
„In die Kritik geraten ist Ottilie Scholz durch ein Cross-Border-Leasing des Bochumer Kanalnetzes, das sie 2003 als Stadtkämmerin abschloss. Kritiker werfen Ottilie Scholz vor, sie habe sich mit dem Abschluss des Cross-Border-Leasing-Vertrags über ein dagegen gerichtetes Bürgerbegehren unzulässig hinweggesetzt und dadurch ein immenses Verlustgeschäft für die Bochumer Steuerzahler gemacht.[1].
Im Juli 2009 erfuhr die Öffentlichkeit durch eine Prüfung des Landesrechnungshofes NRW, dass nach dem Ausbau der sogenannten Westtangente in Bochum in der Stadtverwaltung zahlungsbegründende Unterlagen fehlten, obwohl deren Aufbewahrungsfrist noch nicht abgelaufen war. Der Landesrechnungshof verlangte daher, dass die Stadt Bochum Landesfördermittel in Höhe von rund 35.000.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in wahrscheinlich eben solcher Höhe an das Land NRW zurückzahlen müsse. Die Bochumer CDU forderte deswegen umgehend ihren Rücktritt, weil sie zum einen dem Stadtrat mitgeteilt hatte, der Prüfbericht sei noch nicht im Rathaus, obwohl dieser bereits drei Tage vorgelegen hatte, und zum anderen den Vorgang lange Zeit vor dem Rat der Stadt Bochum verschwiegen habe.“

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