Die Ruhr-Uni Bochum befindet sich mitten im Wahlkampf um das Studierendenparlament (StuPa). Die Wahlen dazu werden in der nächsten Woche stattfinden. Die antretenden Listen flyern und plakatieren bereits fleißig auf dem Campus, um für sich zu werben. Für viele Studierende wird dies ihr erster Urnengang sein. Die „Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung“ (bsz), das Sprachrohr des Asta und somit der Studierendenschaft, soll eigentlich neutral darüber informieren. Eigentlich.
Nach der Abwahl des linken Astas bei der vergangenen StuPa-Wahl versprach der neue, sich „pragmatisch“ nennende Asta, die bsz neutraler zu gestalten. Dieser besteht zur Zeit aus der Liste der Naturwissenschaftler und Ingenieure (NAWI), der Internationalen Liste (IL), der Juso Hochschulgruppe (Jusos) und der Liste der Geistes-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften (GEWI). Er löste den bis dato regierenden linken Asta aus Grüner Hochschulgruppe, Linker Liste (Lili) und der Liste Schöner wohnen in Bochum (Swib) ab.
Die bsz sei in der Vergangenheit zum Verlautbarungsorgan politischer Interessengruppen geworden, so die Begründung der geplanten Erneuerung. Dies wolle man ändern, die Redaktion der Zeitung wurde im September 2012 fast komplett ausgetauscht. Doch die Berichterstattung zur anstehenden Wahl vom 14.1. bis 18.1. erweckt nicht den Eindruck, als spielten Objektivität, Pragmatismus und Service-Orientierung eine Rolle. In der Ausgabe vom vergangenen Mittwoch beschäftigt sich fast die komplette Seite vier mit der Wahl. Autor des Artikels ist der ehemalige Asta-Vorsitzende Kolja Schmidt (Jusos).
Asta links, Opposition rechts
Bis zur Hälfte bleibt der Artikel, der sich just an dieser Stelle eher in einen Kommentar verwandelt, denn auch neutral. Dann folgt, was gerade für Erstsemester-Studierende besonders wichtig ist: Die Vorstellung der Listen. Bereits rein optisch werden diese in Spalten unterteilt, auf der linken Seite stehen die Listen, die (mit Ausnahme der Swib) momentan den Asta stellen. Auf der rechten Seite sind die Oppositionslisten aufgeführt. Es beginnt links:
Die NAWI kümmere sich „vor allem um eine bessere Finanzierung der Fachschaften, einen transparenten Haushalt der Studierendenschaft und mehr Service für die Studierenden der RUB.“ Die Vertreter der IL „entschieden sich im letzten Jahr, keinen AStA mehr mit der anti-religiösen und antideutschen Linken Liste zu stellen und haben im letzten AStA vor allem in den Bereichen Kultur und Service mitgewirkt. Des Weiteren setzen sie sich für die Belange internationaler Studierender ein.“ Die Juso-Hochschulgruppe „hat im letzten AStA schwerpunktmäßig in den Bereichen Hochschulpolitik und Kultur gearbeitet. Die Initiative für die Abschaffung der Latinumspflicht und die RUB-Fußballliga waren wichtige Themen ihrer Arbeit.“ „Die GEWI setzt sich für eine pragmatische und ideologiefreie Vertretung der Studierenden ein und hat in diesem Sinne im AStA mitgewirkt.“
Soweit, so hofberichterstatterisch. Schauen wir mal, was die Opposition so treibt:
Die Grüne Hochschulgruppe „tat (…) sich (im letzten Jahr) damit hervor, ihrem Funktionär im AKAFÖ den Job sichern zu wollen und ihre ehemaligen PartnerInnen von der Internationalen Liste als WahlbetrügerInnen zu diffamieren.“ Die Piraten „positionieren sich halt ungern…(…)“. Die FDP-nahen Julis: „Schwer zu sagen, wofür sie stehen. Im letzten StuPa glänzten sie vor allem durch Abwesenheit.“ „Auch zwei neue Listen haben sich zur Wahl angemeldet. Diese beiden Listen machen schon durch ihre Namen deutlich, dass sie eher als Spaßlisten zu betrachten sind: DOPE und B.I.E.R.“
Kopfschütteln, auch in der Redaktion
Der Artikel, der nur in der Print-Version als Kommentar gekennzeichnet ist, schließt mit dem Appell:
„Ganz wichtig für die ParlamentarierInnen, die die Studierenden im nächsten Jahr vertreten sollen, bleibt nach wie vor eine breite Basis der Unterstützung und damit eine hohe demokratische Wahlbeteiligung. Macht mit!“
Sieht so die neue Objektivität der bsz aus? Der Artikel sorgte auch intern für Kopfschütteln, heißt es aus bsz-Kreisen. In der nächsten Woche will die bsz jeder Liste eine Seite einräumen, um sich und ihre Arbeit vorzustellen. Nach diesem tendenziösen Artikel in eigener Sache des Juso-Funktionärs Kolja Schmidt, dürfte dies für so manchen Unentschlossenen keine Rolle mehr spielen: Die neue bsz wird erst am kommenden Mittwoch, also zu einem Zeitpunkt, an dem die StuPa-Wahl schon zur Hälfte vorbei ist, erscheinen.
Hinweis: Der Verfasser dieses Artikels ist auch nicht unvoreingenommen: Er war im vergangen Jahr Redakteur der bsz, Mitglied der Linken Liste und tritt nun für die Liste D.O.P.E. an.