Kollegah & Farid Bang: Der neue Faschismus ist multikulturell

Kollegah Foto: Pistenwolf Lizenz: CC BY-SA 3.0


Wer Ausschwitz mit einem Fitnessstudio vergleicht, obwohl er weiß, was dort geschehen ist, hat jeden Anspruch auf Respekt verwirkt. Egal ob er sich für eine Künstler hält oder nicht. Er hat sich freiwillig und absichtlich von jeder Zivilisation entfernt und auf die Seite derer gestellt, die dort das Zyklon B in die Gaskammern geleitet und abschließend die Leichen verbrannt haben.  Er ist niemand anderes als die, die dort gefoltert, gemordet und an lebenden Menschen experimentiert haben. Er gehört zur neuen  SS des neuen Faschismus.

Dieser neue Faschismus ist in ganz Europa auf dem Vormarsch und er ist genauso antisemitisch und rassistisch wie der alte. Er benutzt die gleichen Symbole, die gleiche menschenverachtende Sprache, die gleichen Lügen und hat die gleiche Aggressivität.  Wobei auf ihrer brüllenden Seite wieder einmal das martialische und auf der einflüsternden das smarte Outfit  vorherrscht. Der Unterschied zum alten Faschismus liegt einzig und allein in der Hautfarbe unter der braunen Soße: Sie ist nicht mehr nur weiß sondern bunt.

Der neue Faschismus ist Multikulti und hasst zugleich Multikulti. Er rappt, das aber genauso rassistisch und antisemitisch, als wären die Texte von Julius Streicher geschrieben worden. Er nutzt die Symbole und Begriffe des  Pop  um primitivsten Populismus zu betreiben. Seine Akteure fühlen sich als Opfer, obwohl sie Täter sind. Sie geben sich als Demokraten, sind aber voller Vernichtungs- und Gewaltphantasien gegenüber Andersdenkenden. Und alle zusammen singen das hohe Lied des Respekts, um in der Realität zu hassen was das Zeug hält.

Das einzige was ihnen noch fehlt ist ein Führer und das ist nicht nur eine Frage des (noch) fehlenden Personals, sondern ein Kern Dilemma des neuen Faschismus. Wer nach Identität sucht, findet selten einen Führer der auch zu anderen Identitäten passt. Der neue deutsch-türkische Faschist liebt Erdogan, aber der mag nun mal nicht die Biodeutschen, egal ob sie Faschisten sind oder nicht. Der weiße bio-deutsche Faschist könnte sich dagegen in Ermangelung eines neuen Hitler  auf Putin einigen. Der aber will in Russland weder osmanische noch germanische Einflüsse.

Der holländische Rechtspopulist Geert Wilders ist nicht nur weiß, sondern setzt sich energisch für die Rechte von Schwulen und Lesben ein, und die französische Rechtsaußenchefin ist eine Frau, was für den  islamofaschistischen  Durchschnittschauvie eine Zumutung darstellt.  Dafür will Geert Wilders die Muslime genauso außer Landes haben wie die AFD in Deutschland,die Lega Nord in Italien und Victor Orban in Ungarn. Der neue Faschismus kommt also mit seiner eigenen Identität nicht klar und muss einen Feind finden, der eine über alle kulturellen und religiösen Unterschiede hinausreichende innere Integrationskraft besitz.  Der  die neuen farbigen Faschisten mit den alten  weißen verbindet.

Wer eignet sich da besser als das ewige Feindbild des Juden, der die Welt beherrscht, und die mehr oder weniger offen ausgesprochen Hoffnung auf einen neuen Holocaust, der dieses Mal als  Vernichtung des Staates Israel ersehnt wird. Deswegen verkauft sich Judenhass so gut und kann beim Rap auch noch als Kunstform verkleidet und hoffähig gemacht werden. Deswegen sind Kollegah und Farid Bang und die letzte Echo Preisverleihung nur ein weiterer Vorbote für etwas, was  wir nur dann verhindern können, wenn wir mit aller Macht dagegen vorgehen: ein faschistisches Europa.

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ke
ke
6 Jahre zuvor

Ausschwitz Vergleiche, NS-Vergleiche sind für mich fast nie passend, da die Dimension nicht passt.

Die Geschichte zeigt aber immer wieder, wie Freiheit eingeschränkt wird und wie Diktaturen entstehen. Ebenso gab es viele Experimente, die die Mechanismen zeigt. Deshalb kann heute auch niemand sagen, dass er die Anfänge in versch. Ländern nicht bemerkt hat (z.B. Kinder in Kampf-Uniformen, Extremer Nationalismus, Unterdrücken von Meinungsfreiheit, Klima der Angst, Führer-Kult verbunden mit einer Ideologie, bewaffnete Mensche auf der Strasse, Überwachung, Inhaftierungen von Journalisten, Verfassungsänderungen, …).
Hier muss unser Staat und unsere Gesellschaft wachsam und sein und auch handeln. D.h. kein Generalverdacht, sondern gezielt dort handeln, wo die bekannten Gefährder sind.

Jetzt ist das Jahr 2018. Wir haben viele Informationen aus vielen Ländern. Es wird kompliziert.

Im gestrigen Demo-Ticker gab es einen interessanten Eintrag:
"Dortmund, 15.12 Uhr: Da stößt man schon mal an intellektuelle Grenzen. Einige Nazidemonstranten würden gerne „Ausländer raus!“ rufen. Deshalb müssen sie von Michael Brück ermahnt werden. Denn es wäre doppelt doof, ausgerechnet dann zu skandieren, wenn ein großer Teil des Umzuges aus… nun ja… Ausländern besteht, ganz abgesehen davon, dass der Spruch verboten worden ist…"

Die aktuelle Gemenge-Lage ist also komplex, und sie überfordert. Dies wird insbesondere in Syrien deutlich, wo gefühlt jeder gegen jeden kämpft.

Für mich wird es deshalb insbesondere wichtig, dass klar definiert wird, wofür man steht und wohin die Gesellschaften gehen wollen. Dies sollte möglichst widerspruchsfrei geschehen. Unserer Regierung und auch den großen gesellschaftlichen Gruppen (z. B. Kirchen) würde eine klare Richtung und ein zumindest für 4 Wochen stabiler Kompass, der in eine Richtung zeigt, helfen.

Irgendwie fällt mir jetzt das "Wir wählen die Freiheit" von Konrad Adenauer ein und gleichzeitig die Passage
"Freiheit, Freiheit,
Wurde wieder abbestellt"
aus Westernhagens "Freiheit"

Hoffnungsvoll ist für mich nur, dass ich den Eindruck haben, dass auch eher linke Aktivisten so langsam mitzubekommen scheinen, dass Faschisten nicht weiß und westeuropäisch/amerikanisch sein müssen. Es gibt sie aber natürlich auch.

philtre
philtre
6 Jahre zuvor

wilders ist schwul?? da finde ich nach kurzer google-recherche gar nix zu? wikipedia sagt, er ist mit einer frau verheiratet… aber klar: er hat sich für die lgbt-emanzipation eingesetzt. außerdem: er ist bekennender israel-freund! (auch das sagt mir wikipedia) irgendwie passt er so gar nicht rein in des autors konstruktion des neuen faschismus…
zum eigentlichen thema: ich glaube, kollegah und farid bang wollen einzig provozieren. das tun sie ziemlich geschmacklos, aber erfolgreich. all diese kommentare bringen eine wahnsinnige pr! (auch campinos kritik kam irgendwie bieder rüber, wie er sich auf seine glorreiche punker-jugend berufen hat) ich glaube nicht, dass es zielführend ist, die in eine faschistische querfront zu schreiben. im gegenteil: die sehen sich doch nur bestätigt in ihrem "lonely-soldier-rebel"-image…
der neue faschismus kommt mit seiner eigenen identität nicht klar? das kommt daher, dass das gar keine einheit ist! da gibts ganz viele verschiedene strömungen! und noch nicht mal alle schlechten menschen sind faschisten (umgekehrt schon!). natürlich gibts immer wieder koalitionen, aber doch kein gemeinsames ansinnen. auch der antisemitismus ist doch gar nicht verbindend (siehe wilders, aber auch bei kollegah bin ich mir damit gar nicht so sicher… vielleicht ist das "nur" pr)

Ines C.
Ines C.
6 Jahre zuvor

Danke für den Artikel. Ja genau meine Befürchtung seit ich anfing mich mit Hannah Arendts Totalitarismus-Theorie zu beschäftigen. Ein Augenöffner war: er ist weder konservativ noch patriotisch, auch nicht wirklich nationalistisch – die eigenen Bürger wurden in Deutschland und der Sovjetunion genauso skrupellos geopfert wie alle anderen. Deshalb sind alle Allianzen möglich, die ein gesunder Menschenverstand ausschließt. Putin ist ein ziemlich aussichtsreicher Kandidat, scheint's. Und ja, jetzt handeln in Arendts Sinn!
A propos irre Allianzen: Schwesta Alice disst übrigens als Chorus-Girl in der jungen Freiheit mit professionellen Punchlines zurück. Und natürlich -zwinker, zwinker- alles nicht so gemeint, künstlerisch-politische Freiheit- sonst müsste sie ja die Opfer-Verhöhnerin von Storch und die Judenhasser in der Württemberger AfD auch nach Marokko wünschen.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

Ich weiß ja nicht, ob die an vielen Stellen benutzte Gleichsetzung mit dem NS angemessen und zielführend ist. ME schießt sie bei vielen der geannten Beispiele deutlich übers Ziel hinaus.

Dafür sehr schön dargestellt finde ich die innere Widersprüchlichkeit der verschiedenen rechten Bewegungen.

Wiederum nicht eindeutig finde ich die Gemeinsamkeit im Antisemitismus. Ja, bei vielen ist das so und führt zu merkwürdigen Frontenbildungen. Andere Rechtspopulisten berufen sich ja aber gerade zwecks Ausgrenzung anderer auf eine "christlich-jüdische" Tradition (in Ignorierung der Tatsache, dass die über weite Strecken in der Verfolgung der einen durch die anderen bestand) und üben sich in angeblicher Solidarität. Dieses Schwanken zwischen Antisemitismus einerseits und Verzweckung von angeblicher Solidarität mit Juden und Israel zwecks Islamfeindlichkeit andererseits kann man ja sehr schön in der AfD beobachten. Und schließlich machen einzelne Juden bei der fröhlichen rechtspopuslitischen Ausgrenzerei ja selbst mit (wie auch anders, sind ja – wie alle Minderheiten – nicht per se bessere Menschen).

Also auch der Antisemitismus ist eher Teil der Widersprüchlichkeit bei den diversen Rechten und nicht das einigende Band.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

Pim Fortuyn war schwul, vielleicht haben Sie die durcheinander gebracht.

fdleben
fdleben
6 Jahre zuvor

wow. sie haben dann auch das letzte mal afd gewählt? die npd scheint für sie wahrscheinlich nicht so interessant zu sein.

gibt es denn für irgendeine ihrer aussagen irgendeinen belegbaren beweis?

dass rassismus nicht nur von weißen kommt behauptet heute im 21. Jahrhundert niemand mehr. ich bin gespannt, wie sie diese behauptung begründen wollen. mit ernsthaften argumenten wohl kaum.

ich hoffe sie verstehen und sehen irgendwann einmal, wie rechtsextrem es ist, den "multi kulti", buntheits- und vielfaltsbegriff der linken mit dem "faschismus!!!111!!!" geschrei der afd gleichzusetzen und zu verbinden. so etwas schreibd pi-news schon seit jahren und die sind klar rechtsextrem.

wenn sich der ruhrbaron auf die gleiche seite stellen möchte wie afd, npd, csu und somit typisch weiß-deutsch-rassistisch argumentiert, muss sich nicht wundern..

also ich bin seit diesem post ernsthaft der überzeugung, das sie so etwas wie ein neo-nazi sind. pi-news halt. kleines, armes, rechtes gesocks. verpiss dich aus deutschland und mach so dieses land friedlicher, sicherer, demokratischer und freier. danke!

Helmut Junge
Helmut Junge
6 Jahre zuvor

@fdleben, wenn ich Sie richtig verstehe, ist die lichtreflexion der menschlichen Haut ein Maßstab für rassistiche Verhalten. Sie brauchen jetzt nur noch ein Gerät, das diese Reflexion genau mißt. und dann haben den den Schweregrad des Rassismus leicht ermittelt. Sind Sie denn wenigstens ausgebildet diese Meßwerte richtig zu ermitteln und dann auszuwerten?
Eigentlich brauchten Sie dann gar nicht mehr zu diskutieren, sondern könnten direkt urteilen.
Eine wunderbare Idee.

Ines C.
Ines C.
6 Jahre zuvor

#8 Tom Wolfes "Back to Blood" ist eine sehr gute Nachhilfelektüre zum Thema nicht-weißer Rassismus.
Hannah Arendts Analyse totalitärer Bewegung macht ziemlich klar, dass dort keine Inhalte oder Werte gelten. Außer der Herstellung totaler Hegemonie und Vernichtung derer, die willkürlich als "die Anderen" definiert werden. Die Strukturparallele von stalinistischer und Nazi-Herrschaft, die sie herausgearbeitet hat, sprechen für sich. Indikator – und Beginn- der Menschenfeindlichkeit ist der Wille zur Vernichtung jüdischer Bürger. Next step ist das Entwerten und in Folge das Vernichten anderer als Opfer auserkorener Gruppen: von Homosexuellen bis zu eigenen Parteimitgliedern.

Durch die völlige Wertfreiheit dieser Bewegungen sind Allianzen möglich, die zu schrill für den gesunden Menschenverstand scheinen: auf "patriotischen" AfD-Konferenzen wird nur russisch gesprochen, AfD-Mitglieder solidarisieren sich mit iranischen Muslimen zur Israelvernichtung, Alt-Linke verbrüdern sich mit Rechtsextremen und Margarete Stokowski schreibt grad mit brennender Feder Verteidigungs-Hymnen fürs rechtsnationale muslimische Patriarchat.
Der neue Faschismus ist – nicht so viel anders als der alte- multikulturell. Und Ihr "verpiss dich aus deutschland" ein sehr beredtes Beispiel dafür, wie er praktisch angewendet wird.

Und grad musste ich in der FAZ lesen, dass meine -dogmatisch multikulturell präferierende Kirche mit SPD-Bischof- nicht mehr "für die Juden schreien" will, wie Dietrich Bonhoeffer geboten hatte.
Die einzige Stimme im Echo-Ethikbeirat, die die Verhöhung von Juden auf deutscher Bühne am Holocaust-Gedenktag ablehnte, kam von der Vertreterin der katholischen Kirche. Bin echt erschüttert.

trackback

[…] Schweigen des Publikums auf der ECHO-Preisverleihung im April 2018, auf der die Rapper Kollegah und Farifd Bang in der Kategorie Hop-Hop nominiert waren und niemand – mit Ausnahme des Tote-Hosen-Frontmanns […]

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