Die gestrigen Kommunalwahl in Thüringen gilt als Gradmesser für die Landtagswahl im September. Die AfD konnte Erfolge erzielen, aber ein Durchmarsch gelang ihr nicht. Die Linke versinkt hingegen in der Bedeutungslosigkeit.
Nachdem ich meine Kreuzchen auf den Wahlzettel gemacht hatte, fiel mir auf, dass man mitunter zu viel oder zu wenig Wahlmöglichkeiten hat. Während man für die Bürgermeisterwahl meiner Heimatstadt nur die Wahl hat zwischen 2 Kandidaten hat, dem amtierenden Bürgermeister, ein Parteiloser, unterstützt von 2 lokalen Wählergemeinschaften, CDU, FDP, SPD und Grünen und dem AFD-Kandidaten, ist der Stimmzettel für Stadtrat und Kreistag im A2-Format und entsprechend vollgeschrieben. Kommt man unvorbereitet, dauert es schon ein Weilchen, die Wahlvorschläge alle zu lesen. Dass man seine drei Kreuze hier auf drei Personen u/o Parteien oder Listen verteilen kann, macht die Wahl dieser beiden Gremien durchaus komplex. Als wichtiges Stimmungsbarometer für die im September stattfindende Wahl des Landtages in Thüringen werden allerdings mehr die Ergebnisse der Landräte und Oberbürgermeister gewertet, wo die Anzahl der wählbaren Kandidaten begrenzt ist. Hier liegt in 10 Kreisen die CDU vorn, in 4 Kreisen die SPD und in einem Kreis bisher die AFD (Altenburger Land). Die AFD hat hier stimmenmäßig deutlich zugelegt, aber es war zum Glück kein Durchmarsch. Bisher wird kein weiterer Landrat oder Oberbürgermeister von ihr gestellt. Allerdings sind noch einige Stichwahlen abzuwarten, die dann am 9.6.2024 stattfinden. So auch im Kreis Altenburger Land, wo der AFD-Kandidat ganz knapp mehr Stimmen als der CDU-Kandidat bekommen hat. Bei den Landrats- und Oberbürgermeisterwahlen sieht die Stimmenverteilung also mehr Rot-Schwarz als Blau-Schwarz aus. Anders bei den vorläufigen Wahlergebnissen für die Kreistage und Stadträte der kreisfreien Städte. Thüringens Kreise sind tatsächlich entweder schwarz oder blau. In den Kreistagen sind bis auf die Ausnahme Hildburghausen (Freie Wähler) die Landtage entweder überwiegend mit CDU oder mit überwiegend mit AFD-Kandidaten besetzt. Allerdings liegt die CDU hier mit 12:9 in Führung. Ob es der AFD gelingt sich über scheinbar harmlose Kommunalpolitiker zu normalisieren und ihr Image zu pflegen? Es wird wohl nach dieser Wahl wahrscheinlicher.
Besonders interessierte mich der Wahlausgang in Themar, einer winzigen Kleinstadt in Südthüringen, die vor einigen Jahren durch große und leider sehr gut besuchte Rechtsrockkonzerte auf sich aufmerksam machte. Hier im Landkreis Hildburghausen kandidierte kein geringerer als Thommy Frenck . Und er will hier Landrat werden. Dieser Mensch veranstaltete die besagten Rechtsrockkonzerte und besitzt einen Shop mit Nazi-Utensilien und eine Gaststätte, wo das Schnitzel 8,88 € kostet. Ein waschechter Nazi also, der sich nun versucht ein bürgerliches Image zuzulegen. Ob das Bündnis weltoffenes Themar von Thomas dagegenhalten kann? Bisher leider nur teilweise: die meisten Stimmen erhielt zwar mit großem Vorsprung der Kandidat der Freien Wähler. Der Neo-Nazi darf aber als Zweitplatzierter in die Stichwahl. Hoffen wir, dass der große Vorsprung für den anderen Kandidaten sich hier bemerkbar macht.
Auch interessant war der Ausgang der Wahl in der Landeshauptstadt. Der nunmehr seit 18 Jahren (!) regierende Oberbürgermeister von Erfurt Andreas Bausewein (SPD) musste eine kleine Niederlage gegen den anderen Andreas von der CDU hinnehmen und nun in der Stichwahl um sein Amt fürchten. Obwohl Erfurt sich unter Bausewein wirtschaftlich sehr gut entwickelt hat und der OB ein eigenständiger Kopf ist, der auch den ideologischen Quatsch seiner Partei z.B. das Gendern nicht mitmacht, sondern eher für Realpolitik steht, wird es wohl mal Zeit für einen Wechsel. Erwartungsgemäß hat die AFD in den größeren Städten Thüringens (noch) nicht so viel zu melden. In Thüringen ist die AFD vor allem in ländlichen Regionen stark.
Eine Partei, und das ist für Thüringen bitter, spielt fast gar keine Rolle mehr bei dieser Wahl: Die Linke. Außer in Sömmerda und in ein zwei weiteren kleinen Gemeinden sucht man vergeblich das Dunkelrot der Linken auf der Landkarte mit den Wahlergebnissen. Selbst die FDP trat bei dieser Kommunalwahl mehr in Erscheinung, z.B. bei der Oberbürgermeisterwahl von Jena. Wahrscheinlich wird es hart für Bodo Ramelow, wenn er im September zur Landtagswahl antritt. Ob unser Ministerpräsident, der Realpolitiker Bodo Ramelow noch einmal ins Amt kommen kann, ist fraglich. Vermutlich wird es auch dann wieder keine einfachen Mehrheitsverhältnisse geben. Generell deutet die Kommunalwahl für Thüringen an: Es bleibt schwierig.