Morgen soll das Ruhrparlament über die Zukunft des Kraftwerksstandortes Datteln entscheiden. Die Informationsbasis der Regionalpolitiker ist dünn: Sie haben veraltete Gutachten vorgelegt bekommen.
Mehrere Gutachten sollen auf der morgigen Sitzung des Ruhrparlaments dessen Mitglieder dazu bewegen, den Bau von Kraftwerken auf dem Standort des Eon-Kraftwerks in Datteln durch ein Zielabweichungsverfahren doch noch zu ermöglichen. Gelingt dieses Verfahren nicht, könnte es zu einem Abriss des bereits weitgehend gebauten Eo-Kraftwerks kommen. Zumindest theoretisch. Hinter den Kulissen versuchen SPD und Grüne im RVR und im Land händeringend nach einem Kompromiss und versuchen vor allem Zeit zu gewinnen.
In den Prognos-Gutachten geht es teilweise um den künftigen Energiebedarf in Deutschlands und den Anteil der regenerativen Energien an der Stromproduktion.
„Dagegen steigt die installierte Leistung der erneuerbaren Stromerzeugungsanlagen im Betrachtungszeitraum deutlich. Insgesamt können bis zum Jahr 2030 rund 159.540 Mega-Watt (MW)
(Jahr 2010 rund 54.570 MW) an erneuerbarer Kraftwerksleistung installiert sein, dies entspricht fast einer Verdreifachung gegenüber dem Jahr 2010.“
In einer neueren Variante des weiter fortgeschriebenen Gutachtens kommt Prognos zu ganz anderen Zahlen, die dem Ruhrparlament nicht vorliegen:
„Dagegen steigt die installierte Leistung der erneuerbaren Stromerzeugungsanlagen im Betrachtungszeitraum deutlich. Insgesamt können bis zum Jahr 2030 rund 168.720 MW (Jahr 2010 rund 54.190 MW) an erneuerbarer Kraftwerksleistung installiert sein, dies entspricht einer Verdreifachung gegenüber dem Jahr 2010.“
Auch den Anteil der Kernenergie an der Stromproduktion hat Prognos in der neuen Variante seines Gutachten revidiert.
Ursprünglich ging Prognos von einer Kraftwerksleistung von 45.080 MW und einer gesicherte Kraftwerksleistung von 39.530 MW aus.
Ende Oktober sieht das Institut das anders und berechnet eine installierte Kraftwerksleistung von 57.140 MW und eine Gesicherte Kraftwerksleistung von 50.740 MW bei der Kernkraft.
Die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke ist der Grund für die veränderten Zahlen. Ein Nebeneffekt der von den Stromversorgern so begehrte Laufzeitverlängerung ist jetzt allerdings, das neue Kraftwerke zum Teil nicht mehr notwendig sind. Kernenergie und regenerative Energien machen die Neubauten oft überflüssig.
Es wäre nur schön, wenn die Ruhrparlaments-Mitglieder die Zahlen auch bei ihrer Entscheidung berücksichtigten könnten und aktuelle Versionen der Energiegutachten hätten.
Man wird dann wahrscheinleich mit diesen neuen Versionen der Gutachten in Händen irgendwie zu einem Kompromis kommen.
Mir fällt auf dass wenn es geht über die Wirtschaft in Revier eine negative Stimmung herrscht. In Holland gibt es aber nur Lob fur die Deutsche Wirtschaft.
Man sieht aber auch dass der Motor des wirtschaftlichen Wachstums mehr im Süden Deutschlands liegt. In der „Volkskrant“, einer der grösseren Zeitungen gibt es z.B. ein „special“ über „Familienbetrieb“ Trumpf, ein Milliarden Betrieb aus Ditzingen exportiert u.A Machinen für Blechbearbeitung. So soll es in Schwaben und Bayern noch mehr technisch hochwertige Betriebe geben. Man interviewt einen Professor Hentschel (Stuttgart) der „Verwissenschaftlichung der Wirtschaft“ als Deutsche Spezialität nennt. Er macht das sehr annehmlich.
Das Ruhrgebiet muss sich natürlich umstellen. Gibt es auch hier nicht Möglichkeiten für technisch hochspezialisierte Betriebe gerade in der Industrie für
erneuerbare Energie? Deutschland geht in dieser Industrie doch voran in Europa?
@ Jan Luiten: Die Unternehmen im Ruhrgebiet haben nach einer RWI-Studie unterdurchschnittliche Forschungsausgaben. Es sieht hier nicht aus Zufall so aus wie es aussieht.
In Bayern und Schwaben gab es keine eigene Grundstoffen, man war dort schon immer auf Kreativität in Unternehmen angewiesen. Im Ruhrgebiet muss man diese Unternehmerkultur wahrscheinlich noch entwickeln, brauchte man doch „nur“ die Kohle aus dem Boden zu hohlen.
Es muss aber doch genug Talent im Ruhrgebiet geben? Universitäten sind da, hochausgebildete Leute…….
Man muss einen Weitblick haben wohin das Ruhrgebiet sich entwickeln kann. Durch eine gezielte Industriepolitik kann man dann das Investieren in Forschung stimulieren. Gibt es Politiker / Unternehmer mit solchem Weitblick?
@Jan: Ja, die gibt es. Der Initiativkreis Ruhr hat gerade die Aktion „Innovation City“ gestartet. Milliarden sollen in die Bereiche neue Energien und Klimaschutz gesteckt werden. Ist eine gute Sache. Aber Tatsache bleibt: Wir haben viel zu wenig Jobs und alles geht viel zu langsam.
[…] Eon-Kraftwerk: Rettung durch alte Gutachten? (Ruhrbarone) – […]
Gleiches Recht für Milchbauern, Hausbesitzer und Straßenkinder!
Recht und Gesetz – Regeln und Vorschriften sind für alle gleich. Nicht mehr und nicht weniger. Ansonsten gilt ja auch 1/3 Benzin 2/3 Diesel…
So langsam aber sicher sollte sowohl die gegenwärtige Regierung aus SPD und Grünen als auch E.On anerkennen, dass das Projekt illegal ist. Die derzeitige Situation bestünde erst gar nicht, wenn nicht schon im Jahr 2009 die alte Regierung aus CDU und FDP mit ihrer „Lex E.ON“ Klimaschutzzahlen zugunsten des Konzerns gekippt hätte.
Es sollte endlich Schluss sein mit irgendwelchen juristischen Winkelzügen, um den Klimakiller Kohle weiter künstlich am Leben zu halten: geht das Kraftwerk wie geplant 2012 in Betrieb, wird es über Jahrzehnte Treibhausgase in die Atmosphäre pusten und den Klimawandel weiter verschärfen. Der aber zerstört jetzt schon millionenfach Leben und Lebensgrundlagen in den armen Ländern, durch zunehmende Dürren, Tropenstürme, Überschwemmungen oder den steigenden Meeresspiegel. Dabei brauchen wir dieses Kraftwerk nicht. Deutschland exportiert jährlich den Strom von sieben Großkraftwerken ins Ausland – von Versorgungslücke kann also keine Rede sein. Richtg wäre es, den Ausbau der erneuerbaren Energien zügig voranzutreiben. Das schafft nicht nur Millionen Arbeitsplätze, sondern ist auch angesichts der Folgen des Klimawandels für die Menschen in den armen Ländern ohne Alternative. Wer Kohlekraftwerke in Deutschland baut, handelt unverantwortlich und zynisch.