Kraftwerksstreit: Dattelner Grüne sorgen sich um das Geld von E.On – Gehen die Argumente aus?

Demo am Kraftwerk in Datteln. Foto: Brigitte Patzwaldt
Demo am Kraftwerk in Datteln. Foto: Brigitte Patzwaldt

Früher ging es bei der Auseinandersetzung rund um das juristisch noch immer gestoppte Kohlekraftwerk ‚Datteln 4‘ in erster Linie um dessen Gesetzeskonformität. Stimmt der Abstand des Meilers zur Wohnbebauung, können die Schadstoffgrenzwerte in der Umgebung eingehalten werden? Wie sieht es konkret mit der Gefährdung der Anwohner im Störfall aus?

Vieles wurde hier inzwischen nachgebessert. Ausgleichmaßnahmen wurden durchgeführt, Schallschutzfenster zugesagt, Aufforstungsmaßnahmen durchgeführt. Einiges konnte naturgemäß aber nicht verändert werden, da das Kraftwerk halt noch immer dort steht, wo es eben seinerzeit ab 2006 errichtet wurde.
Der neue Genehmigungsanlauf des Energiekonzerns läuft bekanntlich. Stadtverwaltung und Landesregierung werden dem Projekt keine Steine mehr in den Weg legen. Nach diversen Änderungen und Ausnahmeregelungen für das Kraftwerk welche inzwischen auch auf politischer Ebene durchgeführt wurden (Stichwort Zielabweichungsverfahren), deutet inzwischen wohl recht viel darauf hin, dass das Kraftwerk, dass lt. E.On aktuell zu rund 80% fertiggestellt ist, und das bereits rund 1 Milliarde Euro an Baukosten verschlungen hat, dann in zwei bis drei Jahren tatsächlich ans Netz gehen könnte. Auch wenn eine weitere Gerichtsentscheidung darüber noch zu erwarten sein dürfte, da sowohl der BUND als auch die benachbarte Stadt Waltrop weitere Klagen dagegen angekündigt haben.
Seitens der Grünen Wählergemeinschaft in Datteln, regt sich aktuell jedoch einmal wieder frischer Widerstand.

In einer kürzlich im Internet veröffentlichten Stellungnahme heißt es aktuell:
„… Mit Hochdruck und Tempo sollen weitere Millionen, die von den Stromkunden eingenommen werden, in das Kraftwerk gesteckt werden, das eh keine Zukunft mehr hat. Bei den kommenden Gerichtsverhandlungen könnte alles erneut und dann endgültig scheitern. Die unvernünftige Risikobereitschaft der Manager und das Weiterbauen ohne Rechtssicherheit hätten weites Geld verzockt. Die rasante Talfahrt der E.ON Aktie bekäme sicher noch mehr Schwung.
… Das Ende des fossilen Zeitalters kommt viel schneller, als wir alle gedacht haben. Die umfangreichen Sachstandsberichte im Rahmen der Klimarahmenkonvention lassen keine Zweifel mehr daran: Mehr als Dreiviertel der Öl-, Gas- und Kohlevorräte muss die Menschheit in der Erde belassen. Die reichen Industriestaaten müssen als erste ihre CO2 Emissionen drastisch zurückfahren, die gesamten Wirtschaftskreisläufe werden sich verändern müssen, ehrgeizige Ziele und Verhaltensänderungen sind nötig, wenn für den Menschen erträgliche Lebensbedingungen auf der Erde bleiben sollen. … Und der öffentliche Druck zum Rückzug aus der Kohle nimmt beständig zu. Geschäfte in der Kohleindustrie erscheinen inzwischen so unsicher, dass im Rahmen von Divestment immer mehr Institutionen und große Fonds ihre Geldanlagen aus diesem Sektor zurückziehen. Selbst Kommunen wie die Stadt Münster tun das bereits.
… Besonders pikant für Datteln und E.ON ist die Entwicklung in den Niederlanden. Das Nachbarland verfügt noch über zehn Kohlekraftwerke. Zwei mittlere Kraftwerke sollen vorerst bleiben. Bei fünf weiteren mittleren Kraftwerke hat man sich nach intensiven Verhandlungen geeinigt, dass drei Anfang des kommenden Jahres und zwei Mitte 2017 abgeschaltet werden…. Die Dattelner Grünen empfehlen den hiesigen E.ON bzw. Uniper Leuten dringend, sich angesichts solcher Vorgänge und Perspektiven ernsthaft damit zu beschäftigen, ob man nicht doch besser eine abwartende Haltung einnimmt und weitere Fehlinvestitionen vermeidet.“

Das ist schon eine bemerkenswerte Kehrtwende im Schwerpunkt der Argumentation. Es setzt sich damit eine Entwicklung fort, welche schon seit einiger Zeit zu beobachten ist: Die Kritiker verlagern den Schwerpunkt ihrer Kritik weg von den konkreten Gegebenheiten vor Ort. Weg vom Standort. Stattdessen sorgt man sich inzwischen offenbar in erster Linie um die Rentabilität des Projektes für den Energiekonzern, warnt diesen indirekt vor dem Verbrennen weiteren Geldes, mahnt diesen zu vorsichtigem Vorgehen.

Das mag man ja durchaus so sehen und auch öffentlich empfehlen. Man kann es aber auch als klammheimliche Abkehr von den alten Argumenten betrachten, als eine eher allgemeingültige Kritik an allen Kohlekraftwerken im Lande.

Es scheint so, als wäre der Dampf aus der Auseinandersetzung inzwischen heraus. Wenn sich die örtlichen Grünen tatsächlich schon in erster Linie um das Geld des Energiekonzerns zu sorgen scheinen den sie seit Jahren schon in die Schranken weisen möchten und dessen Bauprojekt man eigentlich juristisch unbedingt verhindert sehen möchte, dann wirkt das schon ein wenig bizarr.

Denn das ist dann doch wohl eindeutig eine rein unternehmerische Entscheidung von E.On.
Um die Wirtschaftlichkeit eines Projekts müssen sich Unbeteiligte doch eigentlich gar keine ernsthaften Sorgen machen. Das hat der Investor selber zu entscheiden. Oder kümmern sich die Dattelner Grünen auch sonst darum welcher neue Betrieb im lokalen Gewerbegebiet sonst noch ein scheinbar besonders hohes unternehmerisches Risiko birgt? Wohl kaum!

Man könnte glauben den Kraftwerkskritikern im Kreis Recklinghausen gehen angesichts der sich verändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Kraftwerksprojekt hier schlicht die konkreten Argumente aus.

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Stefan Laurin
Admin
9 Jahre zuvor

In der rot-grünen Koalitionsvereinbarung haben SPD und Grüne noch mit den knapper werdenden fossilen Ressourcen den Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl begründet. Ich denke mal die Inhalte und Programme der Grünen kommen von einer sehr flexiblen Werbeagentur 🙂

WALTER Stach
WALTER Stach
9 Jahre zuvor

Robin,
es ist nicht e i n e weitere Gerichtsentscheidung zu erwarten, sondern es wird mehrer Verfahren vor dem VG bzw. OVG geben.

Ich rate dazu, zu den möglichen Verfahrensausgängen keine Prognosen abzugeben. E.ON und die Stadt Datteln waren sich 2009 absolut (!!)sicher, vor dem OVG Münster nicht zu unterliegen. Sie haben sich bekanntlich gewaltig geirrt.

Dass die Grünen in Datteln jetzt öffentlich adressiert an E.ON die Frage aufwerfen. ob E.ON unter betreibswirtschaftlichen Erwägungen mit Blick auf die Energiewende, hier konkret auf den offenkundig sich schneller als bisher zu erwartenden Abschied von der Kohleverstromung in Deutschland, weiterin den Endausbau und dann den Betrieb von Datteln IV gegenüber seinen Aktionären weiterhin rechtfertigen kann, mag man als Nicht-Grüner politisch für verfehlt halten.

Das ändert a.)nichts an den von den Grünen in Datteln angesprochenen Problematik, die für jedes in der Energieproduktion in Deutschland tätiges Unternehmen existiert, das auf Kohlekraftwerke gesetzt hat und weiterhin setzt einhergend mit der unernehmerischen Annahme, daß der Staat ggfls. mittels Subventionen dauerhaft zumindest für eine "schwarze Null" sorg und das ändert b.) selbstverständlich nichts an dem Weiterbestehen einer Vielzahl planungsrechtlich bzw. immsionsschutzrechtlich relvanter Gründe, die u.a. die Stadt Waltrop, die Interessengemeinschaft Meistersiedlung, der BUND gegen das Kraftwerk an diesem Standort vorgebracht haben , die Gegenstand entsprechender Klagebegründungen sind bzw. demnächst werden und die dann Inhalt diverser Auseinandersetzungen in den Verfahren vor dem VG bzw.OVG sein werden.
PS
Ich gehe davon aus, daß auch bei E.ON, bei RWE und anderen registriert worden ist, daß vor einigen Tagen die ALLIANZ angekündigt hat, sich von allen Investments zu verabschieden, die sie bisher in die Kohleverstromung gesteckt hatte oder die bis vor kurzem noch in der mittelfristigen Planung der ALLIANZ dafür vorgesehen waren.
"E.ON-höre die Signale"!!!
Darf ich das sagen, dürfen die Grünen in Datteln das sagen?
Ja, sicherlich.
Bewirken wird das jedoch bei E.ON nichts.

Insofern, Robin, da stimme ich zu, kann gefragt werden, was das denn soll

Aber bekanntlich gibt es ja oftmals politische Aktionen seitens aller Parteien, von denen man weiß, daß sie in der Sache nichts bewirken, aber sehr wohl dazu dienen können, auf sich, auf seine Existenz, auf seine grundsätzlichen politischen Position öffentlich aufmerksam zu machen.

Stefan Laurin
Admin
9 Jahre zuvor
Reply to  WALTER Stach

Im Kern ist auch schon egal, was aus Datteln IV wird. Wer im nördlichen Ruhrgebiet mit den viele klagefreudigen Spinnern investiert ist dumm. Das wird nach dem Theater um Datteln IV sowieso niemand mehr tun. Eon und RWE fahren wegen der Energiewende sowieso gegen die Wand und Tausende Jobs werden vernichtet. Bleibt nur das, was das Ruhrgebiet am besten kann: Um Hilfsgelder betteln 🙂

Gerd
Gerd
9 Jahre zuvor

"Wie sieht es konkret mit der Gefährdung der Anwohner im Störfall aus?"

Wie bitte? Das ist ein Kohle- und kein Kernkraftwerk. Mehr als abbrennen kann das nicht.

Alreech
Alreech
9 Jahre zuvor

Kleinste Liefermenge 2000 Liter, Lagerung in Flußnähe…
Kommt die Ammoniumhydroxidlösung per Schiff oder Bahn ?

Das Zeug ist zwar ein Gefahrstoff, aber ein ziemlich gutmütiger… die meisten Menschen habe sogar damit schon gearbeitet, er ist Bestandteil vieler Glasreiniger.
Ist ein altes Hausmittel, mit Salmiakgeist im Wasser werden Fenster streifenfrei sauber, ganz "ohne Chemie"…

Ottonormal
Ottonormal
9 Jahre zuvor

Investoren wenden sich ab von der Kohle. Eon merkt es nicht. Neben der ALLIANZ wenden sich auch weitere Investoren ab z.B. Rockefeller, der norwegische Pensionsfond AP4 und AMUNDI, AXA etc…..(Quelle HB vom 24.11.15 Seite 4) Sie tun dies weil sie keine Perspektive auf Rendite mehr sehen! Eon und die Landesregierung NRW wollen dies nicht sehen! Auch beim RWE-Kraftwerk in Hamm laufen die kommunalen Versorger weg, Unna, Trier, Mönchengladbach….Dabei habe ich den Aspekt Umwelt noch nicht beleuchtet. Datteln4 wird scheitern, es wird nicht benötigt, rentiert sich nicht, ist baurechtlich nicht zu halten, nur einige wenige fürchten um Ihre Pfründe….

Christian Völker
Christian Völker
9 Jahre zuvor

Klagen kosten Geld. Auch für den BUND, die Grünen, sonst wen. Wenn die Verfahren abgekürzt werden, weil das Offensichtliche zur rechten Zeit beschlossen wird, dann geht es uns allen besser. Unsere Gerichte werden entlastet und damit die öffentlichen Kassen, Arbeitskraft wird frei für sinnvollere Ressourcen, sowohl bei den Umweltschützern, als auch bei den Konzernen.

Datten IV ist das letzte Steinkohlekraftwerk in Deutschland, das noch ans Netz will. Es gibt noch ein privates Projekt für ein Industriekraftwerk von Dow Chemical in Stade, das aber nicht voran kommt und dessen Bau noch nicht begonnen ist, d.h. da ist noch nicht viel investiert worden. Für den EON Meiler in Stade gibt es Baurecht, aber keine Investitionsabsicht mehr. Wilhelmshaven ist dieser Tage in Betrieb gegangen, Hamburg Moorburg im Spätsommer, Mannheim im Frühjahr. Uentrop Block D wird abgerissen. Brunsbüttel, Lünen, Herne, alles vom Tisch. Jetzt bleibt noch ein Braunkohlemeiler, der in Niederaußem in Planung ist. Die Planung der Mibrag in Profen steht still. Das waren die letzten Meiler in Deutschland.

Eine juristische Klärung der Probleme in Datteln ist damit auch für Umweltschützer nicht mehr von besonderem Interesse, da es außer vielleicht Niederaußem keine zukünftigen Projekte mehr gibt, für die diese Entscheidung richtungweisend sein könnte. Da ist die Katastrophe, die sich gerade in Belgien mit dem Wiederanfahren von Doel und Tihange anbahnt ein lohnenderes Ziel oder eben auch das Vorgehen gegen Braunkohleaufschluß in Deutschland für tschechische Kraftwerke. Es geht einfach um die Konzentration auf lohnende Aktivitäten.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

Ups:

http://www.derwesten.de/wirtschaft/pannen-kraftwerk-datteln-droht-bahn-als-kunden-zu-verlieren-id11416061.html

Na, da ist wohl dann wohl wieder Druck im Streitkessel, wenn die Bahn wirklich abspringt;-)

Konstanze
Konstanze
8 Jahre zuvor

#3
ich höre hier nur Mamiiiiiiiii
Was soll des Geheule?
Einfach unglaublich wie Sie sich benehmen und rumheulen. Ich höre hieraus, "Keiner will mit mir spielen unmd mit mir bauen.° Ätzend…..

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