Bei dem bereits seit Jahren umstrittenen Großprojekt ‚newPark‘ im Kreis Recklinghausen deutet sich aktuell (mal wieder) eine recht überraschende Kehrtwende an. Mitte Mai hatte der Kreistag in Recklinghausen ja bekanntlich noch mehrheitlich beschlossen das 503 Hektar große newPark-Areal in den ‚Rieselfeldern‘ nördlich von Dortmund für gut 23. Mio. Euro vom bisherigen Eigentümer RWE anzukaufen, nachdem das Land NRW zuvor eine Landesbürgschaft dafür endgültig abgelehnt hatte (wir berichteten).
Nun entsteht, wie Lokalzeitungen des Medienhauses Bauer aus Marl dazu heute berichten, offenbar tatsächlich noch einmal recht überraschend durchaus ernst zu nehmende Konkurrenz für den Kreis RE als Käufer der Fläche, ausgerechnet wohl aus den Reihen der örtlichen Bauernschaft, welche die Flächen aktuell überwiegend bereits/noch immer nutzen.
Kurzfristig wollen, zumindest laut einem entsprechenden Bericht der ‚Waltroper Zeitung‘, nun tatsächlich noch einige Landwirte, Rechtsexperten und Vertreter des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes in der Hebewerkstadt zusammenkommen um gemeinsam die Möglichkeiten auszuloten, eventuell hier noch ein Vorkaufsrecht für das Gelände in Anspruch zu nehmen.
Ein rechtlich ziemlich komplexer Weg, der aus Sicht der Landwirte am Ende aber wohl durchaus Erfolg haben könnte, wenn man denn letztendlich dann auch noch die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel zusammenbekäme.
Wie das Marler Medienhaus aktuell dazu ferner zu berichten weiß, werden derzeit rund 80 Prozent der gut fünf Millionen Quadratmeter landwirtschaftlich genutzt. Und die betroffenen Landwirte wollen diese Fläche offenbar unbedingt halten, um ihre Betriebe auch zukünftig noch entsprechend weiterentwickeln zu können.
Grundsätzlich kann die Landwirtschaftskammer NRW bei Verkäufen von landwirtschaftlichen Flächen an Nichtlandwirte offenbar prüfen, ob so ein Verkauf denn auch wirklich vertretbar ist. Dies gilt für kleine Grundstücksverkäufe an Einzelpersonen demnach genauso wie für besonders große Flächen wie etwa das aktuell umworbene newPark-Areal.
Die Kammer kann, dem Bericht zufolge, zumindest unter bestimmten Voraussetzungen hier nun noch ein entsprechendes Veto einlegen. Sollten nämlich die betroffenen Landwirte ebenfalls ein berechtigtes Interesse an einer Fläche wie der des newParks haben, besteht unter gewissen Voraussetzungen für diese hier nämlich ein Vorkaufsrecht gegenüber Nichtlandwirten.
Die betroffenen Landwirte müssten dann demnächst wohl nachweisen, dass sie die entsprechenden Flächen ‚dringend zur Betriebsaufstockung benötigen‘.
Heute Abend wird es in Waltrop deshalb offenbar eine Gesprächsrunde (leider unter Ausschluss der Öffentlichkeit) geben, wo die Landwirte ihr weiteres Vorgehen absprechen wollen.
Sollte die später noch zusammenkommende Runde dabei zudem endgültigen Entschluss kommen, dass sowohl die rechtlichen als auch die finanziellen Voraussetzungen für einen entsprechenden Anlauf gegeben sind, könnte in Kürze somit ein entsprechender, vermutlich recht langwieriger Rechtsweg beginnen.
Eine Entwicklung, welche den langjährigen newPark-Kritikern aus den Reihen der örtlichen Grünen und Linken offenbar aktuell sehr gefällt und unter ihnen auch bereits erste Wellen schlägt. Sie kündigten heute in ersten Statements zu den sich abzeichnenden Entwicklungen jedenfalls schon einmal ihre grundsätzliche Unterstützung für solche etwaigen Pläne der örtlichen Landwirte an.
So blickte Wolfgang Porrmann, ehemaliger Bürgermeisterkandidat der Waltroper Linken, kurz nach Bekanntwerden der Pläne am heutigen Vormittag bereits in die Zukunft: „Diesen Weg zur weiteren landwirtschaftlichen Nutzung der Rieselfelder kann ich nur unterstützen. Sollte das Geld nicht ausreichen kann ich mir sehr gut ein Genossenschaftsmodel vorstellen. Am Geld sollte der Erhalt dieser Fläche nicht scheitern. Ich wünsche den betroffenen Landwirten hier viel Erfolg.“
Auch Monya Buß, die Waltroper Fraktionsvorsitzende im Stadtrat bei den Bündnisgrünen, lobt aktuell die neue Initiative der Landwirte: „Ein absolut sinnvolles Vorhaben! Der Freiflächenverbrauch in NRW hat eine kritische Grenze überschritten, wir brauchen keine neuen Industrie-/Gewerbeflächen erschließen, solange wir Brachflächen noch und nöcher haben. Die Landwirtschaft im Ruhrgebiet ist jedoch schützenswert, insbesondere wenn es sich um ein so großes zusammenhängendes Areal wie die Rieselfelder handelt! Ein großes Lob an die Landwirte, die (nicht ganz uneigennützig – klar) mehr Weitsicht an den Tag legen, als der Kreistag Recklinghausen!“
Man darf somit gespannt sein, wie sich die Landwirte nach ihrem Treffen heute positionieren, und ob es ihnen gelingen kann die hohen Hürden für das mögliche Vorgehen zum Flächenerwerb zu nehmen. Es bleibt, so oder so, weiterhin spannend in Sachen ‚newPark‘!
Bauernaufstand in Recklinghausen. Und das im Luther Jahr.
Kann man den Bauern nicht einfach die Subventionen streichen? Dann sehen sie mal wie es ist, wenn man für sein Geld arbeiten muss und die Schnorrerei hat ein Ende 🙂
@Stefan: Warum nur habe ich mit einem solchen oder ähnlichen Kommentar von Dir zu diesem Thema gerechnet? 😉 😀 OK, zur Sache: Ich halte den newPark ja persönlich auch für so gar nicht notwendig, da schlicht die Nachfrage nach Industrieflächen aktuell nicht vorhanden ist. Habe ich hier ja schon häufiger geschrieben. Zudem erscheint es mir auch recht unsinnig, dass nun ausgerechnet der Kreis Recklinghausen, obwohl völlig pleite, dieses große finanzielle Risiko eingeht. Aber mal konkret zu den aktuellen Plänen bzw. der Idee der Bauernschaft: Das Ganze erscheint natürlich in deren aktuellem finanziellen Eigeninteresse erst einmal völlig verständlich. Man fragt sich ja nur, warum die Idee denn erst jetzt ernsthaft erwogen wird? Das Thema newPark liegt ja schon jahrelang in ähnlicher Form auf dem Tisch. Warum haben die Landwirte das nicht schon eher so oder ähnlich thematisiert? Natürlich haben sie wegen des drohenden Flächenverlustes schon seit Jahren ‚gejammert‘, aber die Idee mit dem Veto der Kammer ist doch neu, soweit ich weiß. Zumindest wurde sie offensichtlich bisher vorher noch nicht in die Debatten so laut mit eingebracht. Auch ich kann die aktuelle Argumentation der Bauern so noch nicht nachvollziehen. Schließlich gibt es ja Flächenstilllegungsprämien und ähnliche Subventionen für die Landwirtschaft. Warum diese landwirtschaftlichen Flächen da nun ausgerechnet unentbehrlich sein sollen, das erschließt sich mir noch nicht auf Anhieb. Höre mir die Argumentationen in den kommenden Tagen und Wochen aber auch gerne noch einmal in Ruhe an. Vielleicht kann ich das ja dann besser nachvollziehen. Auf den ersten Blick überzeugt mich das Vorhaben aber, ehrlich gesagt, so auch nicht…
Bei den vielen leeren Flächen im Ruhrgebiet ist es auch nicht nötig da noch ein Gewerbegebiet aufzumachen.
Sind jetzt schon 20 Jahre damit zugange.Ich glaube kaum das jetzt noch irgendjemand dort hin will.
Die Infrastruktur ist auch noch nicht fertig
#1-#4
Genauso ist es.
Landwirten werden konsequent Fördermittel oder Subventionen verweigert, wenn deren geplante Vorhaben aussichtslos erscheinen. Das ist gut so.
Genauso besonnen, hat die NRW Landesregierung das newPark Projekt geprüft. Eine von den newPark Akteuren erwartete, idiotensichere Bürgschaft, für ein Auge zu und durch Vorhaben, wurde nach sorgfältiger externer Prüfung, ebenso abgelehnt.
Auch das ist gut so.
Von Politikern gelobte und subventionierte Leuchtturmprojekte oder Meilensteine auf Kosten der Steuerzahler, haben wir in der Republik genügend.
Mir erscheint es so, dass die newPark Akteure an ihren Posten unbedingt festhalten möchten, um ihr Einkommen auf Kosten des Steuerzahlers zu sichern. Das verkaufen von positiven Nachrichten hat Frau Bergmann und ihr Team schon seit Jahren bestens verstanden. Gilt da der banale Spruch – Strahlemann und Söhne , sichert unsere Löhne-, wohl immer noch?
Vielleicht hat bei den Ruhrbaronen jemand eine Ahnung, oder fragt mal nach, welche Summen die newPark Planung bisher gekostet hat und was der Steuerzahler für die Erschließung noch zu erwarten hat.
Da bin ich ja mal gespannt.
@Toni: Nur in einem Versager-Land wie NRW und einer Versager-Region wie dem Ruhrgebiet braucht so ein Projekt Jahrzehnte. Den Luxus auf Industrieansiedlungen und Jobs zu verzichten können sich NRW und das Ruhrgebiet nur leisten, weil sie von Süddeutschland durchgefüttert werden. Kein Wunder wenn die Menschen hier wegziehen. Zukunft findet anderswo statt.
@ #3 Robin, Stefan hat mit seinem lakonischen Kommentar #2 doch genau den Grund angegeben. Wenn die Bauern Subventionen für Flächen erhalten, die sie n i c h t nutzen, ist doch Flächenerwerb eine gute Strategie Geld ohne volkswirtschaftliche Leistung zu bekommen. Das ist ein einfaches Kalkül, mehr Fläche, ergo mehr Ertrag. Da kann man recht einfach die Finanzierung und deren Rendite bzw. Tilgung berechnen. Wenn man diese Bauern-Subventionen wegfallen lässt, werden am Ende nicht einmal nennenswert Arbeitsplätze abgebaut 😉
Den anderen Systemegoismus, den der lokalen Politik, der sich nur für ein paar wenige Menschen in Euro und für ein paar andere in Publizität und Wiederwahl äußert, also am Ende doch wieder in Existenzsicherung, ist doch hier auch schon thematisiert worden.
Egal, wer das Areal kauft, es ist und bleibt (volks)unwirtschaftlich 😉
So oder so (New Park oder New Agrar-Subventions-Masche), es wird einfach nur (un)produktiv Blindleistung erzeugt, sprich es werden Ressourcen vernichtet.
Wahrscheinlich bekommen wir am Ende subventionierte agrarische Leerflächen mit subventioniertem Breitbandanschluss und der oft angesprochenen Bundesstrasse, die auf dem Acker endet 😉
Ach nee, noch schlimmer, es werden noch ein paar subventionierte Windräder von den Bauern aufgestellt, die dafür zusätzlich Geld für die Nutzung der Flächen bekommen.
Rinderwahnsinn 😉
@ #6 Zukunft?
Im Ruhrgebiet (also known as "Pottemkim") ist doch touristische ROSTALGIE angesagt 😉
Tourismus, Landwirtschaft, überhöhte Staatsquote und Schulden … warum muss ich nur an Griechenland denken? *Kopfkratz*
@abraxasrgb: Das Ruhrgebiet ist Griechenland mit schlechtem Wetter 🙂
Spannend finde ich ja auch den Ansatz, dass von vielen NewPark-Kritikern bisher häufig ja auch gerade mit dem Gelände als wertvollem ‚Naherholungsgebiet‘ für das Revier argumentiert wurde, welches nicht verloren gehen dürfe usw.. Da scheint nun also, ähnlich wie auch bei Datteln 4, eine Art Strategiewechsel bei den Kritikern stattzufinden, wenn plötzlich mit der dringenden Notwendigkeit für die Landwirtschaft argumentiert wird. Ich versuche in den nächsten Tagen mal mit ein paar Betroffenen aus verschiedenen Bereichen hier am Ort direkt über die neuen Entwicklungen zu sprechen. Bin gespannt, was sich da dann für ein Bild ergibt…
@Robin Patzwaldt: Das Hauptziel ist klar: Erhalt der eigenen Immobilienwerte – koste es auch noch so viele Arbeitsplätze. Blöd nur, dass die Immobilien irgendwann an Wert verlieren, wenn die Städte keine Geld mehr haben, die Infrastruktur aufrecht zu erhalten und die wirtschaftliche Schwäche immer größer wird.
@Stefan: Das mit den wirtschaftlichen Eigeninteressen dürfte ja dann auch nur die paar betroffenen Landwirte direkt betreffen. Die NewPark-Kritiker die ich bisher in den letzten Jahren persönlich kennengelernt habe, haben aber in diesem Bereich gar keine Immobilien. Daher bin ich ja mal gespannt, ob diese Argumentation von diesen jetzt auch so übernommen wird usw.. Wie gesagt, bisher war die Argumentation gegen den NewPark im Kern eine ganz Andere (wertvolles Naherholungsgebiet, keine Nachfrage usw.) . Ob man da jetzt wohl grundsätzlich die Argumentatzion in diese Richtung wechselt, nur weil es vielleicht eine Art 'juristischer Kniff' werden könnte?
" Das Ruhrgebiet ist Griechenland mit schlechtem Wetter".
Der Satz klingt gut, und ich mußte schmunzeln. Er ist aber dennoch Quatsch, denn das Ruhrgebiet ist von Anfang an als Provisorium angelegt worden.
Griechenland nach meinem Quellenstudium (Recherchen) aber offenbar nicht, auch wenn es neuerdings so behandelt wird.
#13 Helmut, Du meinst die haben noch mehr Denkmalschmutz angesammelt als das RGB? 😉
abraxasrgb, ich meine entdeckt zu haben, daß es zwei grundsätzlich verschiedene Arten von Denkmalschutz gibt. Die eine, die für Griechenland mehr als für das Ruhrgebiet gilt, entstand deshalb, weil antikes Material vor dem privaten Zugriff geschützt werden mußte, damit es also nicht zweckentfremdet irgendeiner Wiederverwendung als Baumaterial oder als Vorgartenskulptur mißbraucht würde. Und die zweite Denkmalschutzidee entstand genau aus dem gegenteiligen grund. Nämlich weil es niemand gebrauchen konnte, und der Abriß samt Sanierung selbst für die betroffenen Komunen zu teuer war, so daß man solche Hinterlassenschaften einmal als Denkmal erklärt, nicht entsorgen mußte.
Das tifft auf viele Industrieruinen im Ruhrgebiet zu. Daß diese Industrieruinen von gr0ßen Teilen der Bevölkerung als attraktive Freizeitkulisse angenommen wurden, ist für mich genau so Mysteriös, wie die Freude am absingen von Steigerliedern und die Bergarbeiternostalgie überhaupt.
Ich für meinen Teil finde nur solche Denkmale attraktiv, deren Material, falls es freigegeben wäre, sofort in Privatbesitz genommen würde. Und solche Denkmäler findet man in Griechenland häufiger als hier bei uns. Das mag an den Griechen liegen, die es offenbar nicht stört, alles herumliegen zu lassen.
@Helmut,
völlig d´accord, deshalb auch das Wortspiel Denkmalsch(m)utz … was z.B. an den alten Siedlungen in direkter Nachbarschaft zu den letzten produzierenden Stahlwerken, wie in Ab-Bruchhausen für jemanden, der bei allen Sinnen und Verstand ist, erhaltenswert ist, will mir beim besten Willen nicht einleuchten.
Einige der Denkmäler finde ich OK und auch persönlich interessant und sogar schön, aber diese Inflation in der Anzahl ohne sinnvolles Profil?
Sozialpsychologisch ist diese Rostalgie der Region Ruhr plausibel: Wer keine Zukunftsperspektive hat, der verklärt eben (s)eine Vergangenheit. Das dabei Sachverhalte glorifiziert werden, die es so nie gab, gehört zu den Kollateralschäden des kollektiv Bewusstseins.
Die heutigen Industriedenkmale sind schon in den letzten Jahrzehnten ihrer Betriebszeit viel zu lange subventioniert worden, so dass wir heute vor den strukturellen Problemen stehen, die politisch euphemisiert als Strukturwandel bezeichnet werden. Der wirkliche Wandel ist immer noch nicht in vielen Köpfen angekommen geschweige denn willkommen.
Aber wenigstens ist in Ruhr-Griechenland derzeit das Wetter OK 😉
Stefan Laurin`s Beiträge sollte man einfach ignorieren. Man kann ja verschiedene Meinungen vertreten.
Aber seine unsachlichen Beiträge sind flüssiger wie Wasser, also überflüssig. Ich hoffe weiterhin auf nieveuavolle und sachliche Kommentare.
@#17 Herbert: Der war aber jetzt supi-"nieveuavoll", Ihr Kommentar…
[…] die Landwirtschaftskammer NRW bei Verkäufen von landwirtschaftlichen Flächen an Nichtlandwirte, wie bereits berichtet, offenbar prüfen, ob so ein Verkauf denn auch wirklich vertretbar ist. Dies gilt für kleine […]
[…] Landwirte aus der Region auf die Idee das Grundstück mit einem Vorkaufrecht vielleicht doch lieber selber kaufen zu […]
[…] werden aktuell für alle Beobachter immer undurchsichtiger. Das Gezerre um ein mögliches Vorkaufsrecht der Flächen für lokaler Landwirte gegenüber dem Kreis RE verlagert sich immer mehr in Richtung […]