Der Türkische Bund NRW kritisiert die Zusammensetzung des neuen Kabinetts in Düsseldorf. „In der Ministerriege von CDU und Grünen gibt es keine Ministerin, keinen Minister mit Migrationshintergrund. Das ist ein Rückschlag für all diejenigen, die sich für Chancengerechtigkeit, politische Partizipation und Integration einsetzen“, erklärt der Vorsitzende Serhat Ulusoy.
In ihren Wahlprogrammen und im Wahlkampf hätten alle demokratischen Parteien versprochen, sich auch in ihren eigenen Reihen für mehr Vielfalt einzusetzen. Der Anteil der gewählten Landesparlamentarier mit Einwanderungsgeschichte ist in dieser Legislatur zwar von 5 Prozent auf 9 Prozent angewachsen. Jedoch habe die neue Landesregierung um Ministerpräsident Hendrik Wüst sowie Mona Neubaur das historische Momentum nicht genutzt, ein echtes Kabinett der Vielfalt zu präsentieren. „Angesichts des Anteils von Migrantinnen und Migranten an der Gesamtbevölkerung von 31 Prozent, darunter 15 Prozent Wahlberechtigte, ist einer politischen Repräsentanz im Parlament und vor allem im neuen Kabinett keine Rechnung getragen worden“, bedauert Serhat Ulusoy.
Und er ergänzt: „In der Ministerriege von CDU und Grünen gibt es keine Ministerin, keinen Minister mit Migrationshintergrund. Der Posten des Staatssekretärs für Integration wurde nicht wieder besetzt und fehlt somit gänzlich. Das ist für ein Bundesland wie NRW im Jahr 2022 höchst unbefriedigend und ein Rückschlag für all diejenigen, die sich für Chancengerechtigkeit, politische Partizipation und Integration einsetzen.“
Die Legitimation politischer Entscheidungen steige in der Bevölkerung – und somit auch unter Migrantinnen und Migranten –, je mehr sie an solchen Prozessen beteiligt seien. Dazu zähle neben der aktiven Teilnahme an Wahlen auch die Repräsentanz in Entscheidungsgremien.
Denn Politik habe auch mit Sichtbarkeit zu tun.
Einige andere Bundesländer, aber auch die Bundesregierung, gingen mit gutem Beispiel voran. Im Unterschied zu Schwarz-Grün in Düsseldorf habe das die neue Landesregierung in Schleswig-Holstein verstanden und auch Parlamentarier mit Einwanderungsgeschichte zu Ministern berufen.
„Auch wenn es sich hart anhört: Viele Bürgerinnen und Bürger in NRW haben den Eindruck, dass CDU und Grüne in NRW MigrantInnen die kalte Schulter zeigen, noch bevor das Kabinett mit der Arbeit richtig begonnen hat“, führt Ulusoy abschließend aus.
Am Sonntag hatte die „BILD“-Zeitung gemeldet, dass die konservative türkische Zeitung „Hürriyet“ den neuen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst wegen seiner Personalpolitik massiv angegriffen hatte: „Autor Murat Tosun schreibt in einer Samstagskolummne, Migranten machten fast ein Drittel der Bevölkerung in NRW aus. Doch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst habe diese „bei der Regierungsbildung nicht genug beachtet und keinem Migranten einen Ministerposten gegeben“, notiert „Bild“-Chefreporter Nikolaus Harbusch.
Hintergrund: Der Türkische Bund NRW ist die regionale Gliederung der „Türkischen Gemeinde in Deutschland“, die sich 1995 mit dem Ziel gegründet hat, als Interessenvertretung türkeistämmiger Menschen gegenüber Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung zu wirken. Vorsitzender des Türkischen Bundes NRW ist Serhat Ulusoy, stellvertretende Vorsitzende sind Şeref Çağlar, Inci Çilek, Halide Özkurt, Sadık Cicin, Erkan Temizkanoglu, Eyüp Tuzkaya sowie Sabriye Supcun.