Kultur und Kreativwirtschaft: Studie entlarvt Gorny-Lügen

Das Kulturstädteranking des  Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) entlarvt die Lügen der Kulturhauptstadtpropagandisten: Das Ruhrgebiet ist kein blühendes Kulturzentrum. Und  die Kreativwirtschaft ist als Branche hier ungefähr so bedeutend wie die  Heringsfischerei. Wundert das jemanden?

Eine Lüge wird auch nicht wahrer, wenn man sie ständig wiederholt: Genau das haben die Macher der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 und vor allem der ECCE-Chef Dieter Gorny über Jahre hinweg getan: Das Ruhrgebiet, so ihr Mantra, sei eines der wichtigsten kulturellen Zentren Deutschlands, Kultur der Motor des Wandels und die Kreativwirtschaft eine Jobmaschine des Strukturwandels. Die Motive waren klar: Man wollte für die Kulturhauptstadt trommeln. Und Gorny wollte Fördermittel für sein European Center for Creative Economy (ECCE) schnorren. Um Kreative ging es dabi nie – Kumpels mit Aufträgen und Jobs zu versorgen waren eher Gornys Ziele. Netzwerken – auf Kosten der Steuerzahler. Ein zynisches Geschäft, angesichts der prekären wirtschaftlichen Lage  derjenigen, die im Ruhrgebiet in der Kreativwirtschaft arbeiten und die sich nur verwundert die Augen rieben, wenn Gorny seine Kreativwirtschaftswundersprüche klopfte.

Das Kulturstädteranking des Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) zeigt nun auf: Das Ruhrgebiet ist kein kulturelles Zentrum und die Kreativwirtschaft eine randständige Branche:

Ein Ergebnis der Studie: Städte mit einer starken Wirtschaftskraft sind auch kuklturell attraktiv: Hier besuchen die Menschen die Theater, gibt es Jobs in der Kreativwirtschaft – Ausnahme: Berlin. Allerdings fließen dorthin mit Abstand die größten Unterstützungen des Bundes.

In der Pressemitteilung wir das dann wie folgt zusammengefasst: Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut  (HWWI) hat im Auftrag der Berenberg Bank die 30 größten  Städte Deutschlands im Hinblick auf ihr Kulturleben untersucht. Das Ergebnis: Stuttgart ist Kulturmetropole Nr. 1, Dresden, München und Berlin folgen auf den Plätzen 2, 3  und 4, während altindustrielle Städte wie Gelsenkirchen, Duisburg und Wuppertal das Schlusslicht bilden.

Doch nicht nur Duisburg und Gelsenkirchen scheiden schwach ab: Auch Bochum (Rang 22) und Dortmund (Rang 26) landen nur auf den hintere Plätze. In Essen sieht es besser aus: Rang 13. Gemessen wurden unter anderem die Zahl der Theater und Kinobesucher, die beschäftigten Künstler und die Kulturausgaben der Städte.

Besonders düster ist das Bild, was Jobs in der Kreativwirtschaft betrifft:

In München gibt es auf 1.000 Einwohner 8,1 Mitglieder der Künstlersozialkasse, der Kranken- und Rentenversicherung der meisten Menschen, die in der Kreativwirtschaft arbeiten. In Berlin sind es 9,6, in Köln 8,9.

Im Vergleich die Zahlen aus dem Ruhrgebiet: Duisburg 1, Gelsenkirchen 0,8, Bochum 2,0, Dortmund 1,9. Essen 2,3.

Es ist wie immer im Ruhrgebiet: Schönfärber und Schnorrer rufen einen angeblichen Hype aus, plündern die Kassen und stecken sich die Kohle in die eigenen Taschen. Gorny, Fesel, ECCE – Symbole für die Dummheit und den Zynismus der Politik im Ruhrgebiet, die seit jeher eher an bunten Broschüren als an der Wirklichkeit interessiert ist. Und was wird nach der Studie geschehen: Kulturdezernenten werden versuchen, die Ergebnisse zu relativieren, ECCE wird wahrscheinlich gar nichts sagen und hoffen, dass in ein paar Tagen niemand mehr über die Studie spricht und die Menschen im Ruhrgebiet haben sowieso längst aufgehört, sich für ihre Region zu interessieren.

Die ganze Studie gibt es hier.

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Helmut Junge
Helmut Junge
12 Jahre zuvor

Ich hatte es bisher nur vermutet.
Aber jetzt gibt es endlich!!! eine Untersuchung, die das aufbröselt.
Mal lesen.
Aber in der WAZ gab es nur einen winzigen Artikel im Kulturteil.
So kriegt hier niemand was davon mit und es wird vermutlich auch kaum einen aufregen. Den meisten Leuten ist nicht mal bewußt, was ihnen entgeht.

Allerdings kann zumindest theoretisch auch kein Schönredner mehr Märchen erzählen.
Aber bisher hat man sich in solchen Diskussionen auf die Kulturlandschaft Ruhrgebiet bezogen, also alle Städte zusammen genommen, und da steht das Ruhrgebiet nun mal besser da, als Stuttgart alleine.
Manchem gilt das Ruhrgebiet dann als eine große Stadt.
Es kommt immer auf die Art der Statistik an.

Eva
Eva
12 Jahre zuvor

Äh, Stefan, habe ich da was falsch gelesen? Ich habe mir eben die Studie genauer angesehen und festgestellt, dass Bochum und Essen bei den meisten Auszählungen mittlere und nicht hintere Plätze einnehmen. Nur die „üblichen Verdächtigen“ Duisburg und Gelsenkirchen landen meistens hinten. Also scheint die kulturelle Situation im Ruhrgebiet nicht durchgängig schlecht zu sein.
Was bleibt, ist nur, dass im Ruhrgebiet im kreativen Bereich kaum Geld verdient wird. Geht ja auch schlecht, wenn die Entscheider im Ruhrgebiet lukrative Aufträge regelmäßig nach außerhalb vergeben (bestes Beispiel: Kulturhauptstadt). Dies ist tatsächlich ein selbst gemachtes, selbst verschuldetes Problem.

DH
DH
12 Jahre zuvor

Der Job der Kulturdezernenten („relativieren“) ist schnell gemacht, denn diese Studie „entlarvt“ nichts, sondern veranschaulicht lediglich den deutlichen Nachholbedarf bei Kulturproduktion und –rezeption in einigen Ruhrgebietsstädten. Diesen Nachholbedarf im Rahmen des Kulturhauptstadtprogramms thematisiert zu haben, ist nun gerade eines der wenigen Dinge, die man Gorny und Co. eben nicht vorwerfen kann.

DH
DH
12 Jahre zuvor

Stefan, es ist doch ganz einfach: Wenn ein Wirtschaftssektor, den alle sexy finden, im Ruhrgebiet unterentwickelt ist, und gleichzeitig jede Menge Hochschulen vor Ort junge Leute für diesen Wirtschaftssektor ausbilden, ist es auch für eine so genannte seriöse Wirtschaftsförderung mehr als legitim zu überlegen, wie ein solcher Sektor gefördert werden kann. Das hat mit „Lügen“ nichts zu tun. Fragwürdig sind die Strategien, die dafür entwickelt wurden.

„Geld abziehen“ ist im Übrigen das wesentliche Prinzip der Marktwirtschaft. Da müssen ohne Unterlass Bedarfe und Bedürfnisse behauptet und erfunden werden, die dann irgendein Geld kosten. In dem Feld, den wir Politik zu nennen gewohnt sind, ist es nicht anders.

der, der auszog
der, der auszog
12 Jahre zuvor

Dieter Gorny ist so etwas wie der Homöopath unter den Kultur- und Medienmanagern. Seine Erfolgsrezeptur beruht auf dem Placeboeffekt. Wissenschaftlich gesehen ist seine Arbeit absolut wirkungslos, außer, wenn man fest an ihren Erfolg glaubt.

@2
die Ursache für das schlechte Abschneiden Gelsenkirchens lassen sich übrigens relativ schnell ausmachen: 1. die derzeitige Bundesregierung, 2. die ehemalige Rüttgersregierung und 3. die Überbleibsel aus der Zeit von Ex-OB Wittke… 😎

DH
DH
12 Jahre zuvor

Stefan, natürlich macht Gorny genau das, was landauf landab passiert: Er sieht zu, dass sein Netzwerk versorgt ist. Aber wenn Du Gorny und Boros ernsthaft was willst, dann recherchier’ so, dass dabei mehr rumkommt als nur das immergleiche Gejammer über „Schnorrer“ und „Lügner“. Das ist langweilig. Auch beim geschassten Petzinka und den Vorwürfen gegen ihn hättet Ihr mehr machen können, wenn es Euch tatsächlich um Aufklärung ginge.

denk nach
denk nach
12 Jahre zuvor

Es ist wahr, das Kulturrezeption traditionell im Ruhrgebiet bei der Bevölkerung eher mau ist, das liegt an der Geschichte des Ruhrgebiets.
Es ist wahr, dass Städte und Bürger, die über genug wirtschaftliches Kapital verfügen, Kultur fördern und genießen können.
Es ist wahr, dass Bedarf suggeriert werden muß, um Gelder zu aquirieren.

Es ist falsch daraus zu schließen, dass das Ruhrgebiet kein kulturelles Zentrum ist, es ist nur keine Hochburg der Hochkultur.

Es ist falsch zu sagen, alles Quatsch, nur weil die Umsetzung zu wünschen übrig lässt. Falsche Strategien und Umsetzungen sagen nichts über die Qualität einer Idee aus.

Aber eins: Das kulturelle Angebot im Ruhrgebiet ist lebendig, vielfältig, impulsiv und faszinierend, allein der Bevölkerung fehlt die Muße, das Selbstbewusstsein + die Kohle, dies wahrzunehmen und zu genießen.

Und eins: je öfter man etwas druckt, desto wahrer wird es…..so oder so.

trackback
12 Jahre zuvor

Links anne Ruhr (03.08.2012)…

Bochum/Dortmund: Schlemmerwoche: Bochum kulinarisch lockt Hungrige auf den Boulevard (Ruhr Nachrichten) – Während zeitgleich GourmeDO auf den Friedensplatz nach Dortmund lockt (siehe Ruhr Nachrichten Dortmund)… Duisburg (Love…

Heide
Heide
12 Jahre zuvor

Ich kann mir nicht helfen, aber ich werde, beim überfliegen der Studie, das Gefühl nicht los, das deren Autoren die Begriffe Kultur- bzw. Kreativwirtschaft bunt durcheinander würfeln ohne sich eigentlich im klaren darüber zu sein was welches ist.

Wolfgang Wendland
12 Jahre zuvor

Die Definition „künstler ist wer in der Künstlersozialkasse versichert ist“ hatte ich vor Jahren mal scherzhaft von mir gegeben… Aber solange man dazu gehört kann einem ja die Definition egal sein. Ein Treffen aller 729 Bochumer Künstler stelle ich mir spannend vor.;)

Frank Hartung
12 Jahre zuvor

Die Studie hat einen großen Haken: Die CurrywurstmitPommesMayoVerkäuferInnen im Ruhrgebiet und alle ZapferInnen auf den Bierständen in den Fußballstadien werden als Beschäftigte im Kulturbereich nicht mitgezählt – ebenso vermisse ich bei den Besucherzahlen z.B. die 80.000 Leute, die alle 14 Tage dem Kulturtempel Westfalenstadion ihre Aufwartung machen, um nur eine Stätte zu nennen. Aber ansonsten ist doch wohl niemand über das Ergebnis überrascht, oder?

Willi Lippens
Willi Lippens
12 Jahre zuvor

Diese lügnerischen Pseudowissenschafts-Schnorrer aus Hamburg! Können sich nicht mal selbst in die Top5 schreiben!! Aber halt!!! Vielleicht muss man ja dann in Hamburg genau deshalb weiter dran gearbeitet werden!!!! Wie auch speziell in Dortmund. – Und Bochum ist sich selbst ja super genug, das weiß man ja. *gähn aus Essen

Was geht Dich das an
Was geht Dich das an
12 Jahre zuvor

Und eine weitere Lüge genau dieser Art ist das Faszinosum Kreativquartier, welches es – zumindest im Ruhrgebiet – nicht gibt.

Werner Alberts
Werner Alberts
12 Jahre zuvor

Wer die Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse als Maßstab für die Kreativen einer Region nimmt, hat nicht alle Tassen im Schrank. Mitglied sind vorzugsweise die freiberuflich Tätigen. Die große Zahl der Festangestellten, die z.B. bei der BfA, im Versorgungswerk der Presse und privat versichert sind, wird nicht berücksichtigt. Die Studie kann man in die Tonne kloppen.

Milena
Milena
12 Jahre zuvor

Stuttgart Kulturmetropole No 1 – schon da hätte einem doch klar werden sollen, dass mit den Masststäben der Studie was nicht stimmt. Waren Sie mal in Stuttgart Herr Laurin? Und deshalb ist auch der Blick aufs Ruhrgebiet so verquast – wie der von Ihnen auf die ganze Kreativwirtschaftsfördermaschinerie.

Berlin und Hamburg auf den hinteren Plätzen, na klar. Weil da zwar viele, manche glauben fast alle wichtigen Künstler sind, die aber nicht alle, einige sagen die meisten nicht, viel Geld verdienen. Ja klar, darum geht es vor allem bei Kultur, ums Geld verdienen. Und bei Kreativwirtschaft geht es auch um Aufwertung von Vierteln, wenn ich das richtig verstehe, also dass Kreative ein Umfeld sich basteln und suchen, das auch für Normalos lebenswerter ist als Vorstadt oder Innstadt mit Bahn vor der Tür – und sonst nix.

Wie verbrettert muss man sein, so eine Studie wichtiger zu nehmene als eine der vielen Studien über „die glücklichsten Menschen“ die „beste“ Arbeit, die „schönsten“ Frauen oder die „klügsten“ Journalisten. Aber es kommt Ihnen eben ganz zupass, gell, dass es weiß Gott keine blühenden Landschaften sind hier.

Und zu dem Gorny Geheulsuse des Autors ist glaub ich bei RB alles gesagt. Gähnanfall schon bei der möchtegern reißerischen Überschrift. Ist übrigens auch ein Grund warum im Ruhrgebiet so wenig passiert, und (fast) alle abhauen, die was machen wollen (nicht nach Stuttgart!): Weil es außer Laurin noch viele gibt, die sich klammheimlich die Händchen reiben, weil nicht alles funktioniert, wie gewünscht. Hauptsache Pilsken und Wurst und Fussball, ne?

teekay
teekay
12 Jahre zuvor

Was bei der ersten Betrachtung auffaellt: Einerseits sind so verschiedene Staedte wie Duesseldorf, Koeln und Essen relativ dicht beieinander, andererseits gibt es dann die krassen Unterschiede zwischen Essen, Bochum und Duisburg. Sind denn die Unterschiede im Ruhrgebiet so gross? Und was macht Essen so viel besser (fuer das Ranking) als Bochum und warum ist Duisburg so weit abgeschlagen. ‚Kein Geld‘ usw. trifft doch erstmal auf alle zu…Und ob Stuttgart und Wuppertal wirklich quasi diametral entgegen gesetzt sind, also in Stuttgart ist alles super in Wuppertal ist alles kaese?!

Alderaner
Alderaner
12 Jahre zuvor

Dieter Gorny, war daß nicht der?, der Sonntags abends öfter mal Gruppen in der Zeche Bochum angekündigt hatte?
Dieter Gorny, war daß nicht der, der mit Hilfe von Investoren Viva gegründet hat und deutsche Musik verbreitern wollte? Der deutsche Musikanteil wurde immer kleiner. Dann wurde Viva an MTV verkauft. Dann Jahre später habe ich halt von der „Kulturhaupstadt“ 2010 gehört.
Und jetzt die Studie.
Hmm, sag ich da nur…

DEWFan
DEWFan
12 Jahre zuvor

@Stefan: auch Dortmund hat im Süden ausgedehnte bürgerliche Wohnquartiere. Auch der Nordosten der Stadt ist, mit Ausnahme von Scharnhorst, eher bürgerlich geprägt. Und Duisburg hat im Süden immerhin die 7-Seen-Platte, wird aber nur noch als Stadt der Loveparade-Katastrophe gesehn.

Was alle Rankings gemeinsam haben: Essen schneidet im ruhrgebietsinternen Vergleich (fast) immer am besten ab, und Gelsenkirchen landet immer ganz hinten, und immer hinter Dortmund 😉

Sicherlich profitiert Essen auch davon, dass es immer der „Schreibtisch des Ruhrgebiets“ war. Im Essener Raum ist das Einzugsgebiet besonders groß, weil es (fast) nur Großstädte als Nachbarn hat. Man kann auf einer 10 km Strecke 3 große Städte durchfahren. Dortmund hat eher ländliches Umland. Ist mir aber lieber, als mittendrin so „eingepfercht“ zu sein. In Dortmund kann man von der City aus mit dem Fahrrad in 30 min. den nächsten Bauernhof erreichen, das hat auch was.

Jens Schmidt
Jens Schmidt
12 Jahre zuvor

Wer die Kulturhauptstadt 2010 als mehr oder weniger Fake darstellt, hat meiner Meinung nach das Konzept missverstanden, wie es wohlgemerkt schon im Bewerbungsverfahren offen kommuniziert wurde. Die Kulturhauptstadt Essen für das Ruhrgebiet bediente sich bewusst des Ausdrucks „Industriekultur“. Jeder wusste, dass es im Finale mit Görlitz nicht um besser oder schlechter ging, da man Essen überhaupt nicht mit dem kleinen, aber dafür wunderschön herausgeputzten Städtchen an der polnischen Grenze vergleichen kann, sondern darum, welche Art von Stadt man haben wollte.

Und man muss auch noch dazu sagen, dass Essen nicht die erste Industriestadt war, die Kulturhauptstadt wurde. Der erste richtige Überraschungsknaller in dieser Hinsicht war Glasgow! Oder auch Rotterdam war mal Kulturhauptstadt, dass sich vom Stadtbild her teilweise vielleicht am ehesten mit Duisburg vergleichen lässt – als kriegszerstörte Hafenstadt, in der moderne Architekten etwas gewagt haben. Man sollte sich sowieso im Klaren darüber sein: Als Kulturhauptstädte bewerben sich Städte und werden gewählt, deren Kultur der Allgemeinheit nicht so selbstredend bekannt ist, dass sie es gar nicht mehr nötig haben. (Kulturhauptstadt Europas München oder Berlin – kann sich dieses Szenario ernsthaft jemand vorstellen?)

Wie dem auch sei: Solche Studien haben ein sehr konventionelles Verständnis von der Qualität der Kultur. Es sind die gleichen Leute, für die es schon vor 100 Jahren nur Berlin gab und die den „kulturlosen Wilden Westen“ verachteten oder die sich lapidar mit der Erkenntnis begnügen, dass eben Dresden und München und Hamburg schöner und kultivierter seien als Duisburg oder selbst der angebliche Parvenü Düsseldorf.

Hinzu kommt dieser unsägliche Statistikwahn – ich sehne mir einen Bundeskanzler herbei, der Statistiken ohne sinnvolle Aussagekraft verbietet! Gerade der Strukturwandel hat sehr viele Facetten, und die Umnutzung von Industriegeländen ist schon eine Kreativleistung an sich. Freilich ist die Kultur des Ruhrgebiets mehr eine, die sich nicht auf den ersten Blick erschließt, sondern die man sich mehr selbst erarbeiten muss. Aber vielleicht ist ja gerade dies ein Qualitätszeichen, denn ein Jahresabo für die Oper koofen oder sich ein Wochenende auf der Museumsinsel herumtrollen kann jeder!

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
12 Jahre zuvor

Die Studie des HWWI entstand im Auftrag der Hamburger Berenberg Bank. Und die sagt in ihrer PM dazu, dass es um „quantitative Faktoren“ geht und dass Kulturwirtschaft „ein expandierender Wirtschaftszweig und wichtiger Arbeitgeber in deutschen Städten“ sei.

Auf deutsch: Eine Bank will anhand *greifbarer* Fakten ausloten, wo sich Investitionen in Kultur- und Kreativwirtschaft lohnen. Und wo sie sich, siehe Dortmund mit über 80 Mios für U-Turm und Zentrum für Kreativwirtschaft und Gorny und BlaBlaBla und… eben nicht lohnen. That’s all.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
12 Jahre zuvor

Exakt. Und man möchte den Politikern mit primär-chronischen „Visionen“ diese Studie auf ihren Rathaustisch knallen, mit dem passenden Zitat „It’s the economy, stupid“.

Arnold Voß
Arnold Voß
12 Jahre zuvor

@ Klaus Lohmann + Stefan Laurin

Die politische Schlussfolgerung aus einem Mangel an Investitionswürdigkeit kann aber eben auch heißen: dann müssen wir diese Investitionswürdigkeit mit allen Mitteln herstellen. Dazu gehören dann eben auch symbolische Projekte wie der U-Turm und darin das ECCE, die natürlich eine Menge kosten und erst mal nichts einbringen.

Die Frage die sich dann realökonomisch stellt heißt kurz und knapp: Kann man in der Kreativwirtschaft zur Zeit überhaupt einen neuen Standort kreieren oder ist der diesbezügliche Investitionskuchern schon im Wesentlichen in Deutschland räumlich verteilt?

Diese Frage scheint sich allerdings in Dortmund, ja im ganzen Ruhrgebiet, niemand systematisch gestellt, geschweige denn beantwortet zu haben. Auch nicht Gorny, und das, wenn man die Studie ernst nimmt, aus gutem Grunde.

Aber selbst wenn man die Studie für mangelhaft hält, gibt es schon ein sehr kostspieliges Beispiel für einen Kreativwirtschaftsflop, der zeitlich gar nicht weit weg und räumlich sogar ganz nahe liegt: der Designstandort Weltkulturerbe Zollverein. Also in der Stadt, die in obiger Studie im Ruhrgebietsmaßstab sogar weit aus besser wegkommt als Dortmund.

Jens Schmidt
Jens Schmidt
12 Jahre zuvor

Wenn ich das Wort Kulturwirtschaft schon höre! Ich muss mir wohl jetzt wirklich mal das Buch „Kulturinfarkt“ holen… Die großen deutschen Kulturschaffenden der vergangenen Jahrhunderte waren gerade deshalb so kreativ, weil sie nicht so mühelos auf einen so saturierten Betrieb zurückgreifen konnten. Aber „kreativ“ ist ja auch so ein Wort – heute sind das die Werber und nicht die, die unsere Gesellschaft wirklich mit neuen Gedanken bereichern! Im Ruhrpott gibt es genau so viel Kultur – nur vielleicht nicht immer so mundgerecht serviert wie der Einheitsbrei, mit dem die Großkopferten sich füttern lassen. Man schaue sich nur die Musikszene an… Viele Theateraufführungen und Museen erhöhen natürlich den Lebenskomfort, aber letztlich sind sie „Brot und Spiele“ und nichts, was wirklich die Welt verbessert.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
12 Jahre zuvor

@Arnold: Die Ausgaben der Ruhr-Kommunen für Kultur/Kunst/Kreatives liegen – also die „Produktion“ innerhalb dieser messbaren Kategorien der Studie – ja durchaus in einem mittleren, akzeptablen Bereich. Aber die Rezeption durch die Bevölkerung ist unter aller Sau.

Fragen, die sich automatisch stellen, aber hierzulande geradezu ängstlich vermieden wurden: Waren die bisherigen Ausgaben bedarfsorientiert, also investiert mit Blick auf die Zukunft? Haben die Leute überhaupt noch Bock auf Herbert Knebel, LWL-Museen und T-Shirts mit Grubenlampen-Aufdruck?

Ich persönlich wüsste auf solche Fragen sofort Antworten, aber die würden bedeuten, den gesamten Kultur-Overhead im RVR-Gebiet inkl. der RemoteControl-Schwätzer ala Scheytt, Pleitgen und Große-Brockhoff in die Wüste zu jagen und den Investoren frische Ideen und Köpfe zu präsentieren.

der, der auszog
der, der auszog
12 Jahre zuvor

In Gelsenkirchen hat man das Ranking bereits zur Kenntnis genommen. Sowohl bei der Stadt als auch bei der WAZ, dem Presseorgan der Stadt. In der Rubrik: „Am Ende der Woche“ und unter der Überschrift „Einen hab’ ich noch – Und wieder mal ein Ranking“ stellt es Friedhelm Potthoff, Redaktionsleiter der WAZ, als positiv dar, dass es Gelsenkirchen immerhin unter die 30 größten Kulturhauptstädte des Landes geschafft hat. Zitat: „Immerhin ist die Stadt in diese Liste überhaupt aufgenommen worden. Ist doch schon ein Erfolg, denn viele tauchen da gar nicht auf.“ Ob Potthoff die Liste überhaupt richtig gelesen hat, wird man bezweifeln dürfen, denn die Tatsache, dass Gelsenkirchen in diesem Ranking auftaucht, hat nichts damit zu tun, dass wir eine von 30 Kulturhauptstädten sind, sondern dass Gelsenkirchen zu den dreißig größten Städten der Republik gehört. Trotz dieser Falschdarstellung kommt er zu dem Schluss. „Also, sehen wir das mal positiv.“ Schönmalerei vom Feinsten. Wen der Chef der Lokalredaktion mit „wir“ meint, führt er nicht weiter aus. Vielleicht sind es wir, die Bürger dieser Stadt, die sich von ihrem Tageszeitungsreporter sagen lassen müssen, dass man gefälligst das schlechte Abschneiden Gelsenkirchens bei diesem Ranking als positiv zu bewerten hat. Vielleicht meint Friedhelm Potthoff mit wir aber auch die WAZ im Schulterschluss mit der Stadtverwaltung Gelsenkirchen, denn im folgenden Satz verweist er auf den Sprecher der Stadt, Martin Schulmann, der die Ansicht vertritt, dass man Gelsenkirchen nicht mit anderen Kulturmetropolen vergleichen könne und dürfe. Eine Erklärung allerdings, warum man Gelsenkirchen in kultureller Hinsicht nicht mit Städten wie Dresden, München oder Berlin vergleichen darf, gibt Schulmann nicht. Potthoff auch nicht. Dafür scheinen sich beide einig, dass ein Vergleich mit anderen Ruhrgebitesstädten, namentlich Essen, Dortmund und Bochum angebrachter wäre. Die Tatsache, dass selbst diese Städte im Schnitt besser abschneiden als Gelsenkirchen kommentiert man kurzerhand mit „na und?“

Während sich in den mittlerweile 30 Kommentaren hier bei den Ruhrbaronen zeigt, dass sich über das Ranking durchaus diskutieren und streiten lässt, wird es in den Stadtverwaltungen, zumindest in der Gelsenkirchener Stadtverwaltung, mehr oder weniger belächelt zu den Akten gelegt. Der Stadtsprecher erklärt seinen Bürgern, dass sie Gelsenkirchen kulturell nicht mit Städten außerhalb des Reviers vergleichen dürfen und schon ist das Thema erledigt. Vermutlich würde auch die Lokalredaktion der Gelsenkirchener WAZ in einem Vergleich aller Lokalredaktionen der 30 größten Städte Deutschlands, relativ bescheiden abschneiden, denn statt das Ranking für eine öffentliche Diskussion zu nutzen, spielt die größte Zeitung im Ruhrgebiet und eine der größten Deutschlands lediglich den Wasserträger für die örtliche Stadtverwaltung. Aber vielleicht kann und darf man die WAZ auch gar nicht mit anderen großen Verlagshäusern in Frankfurt, München oder Hamburg vergleichen, sondern nur mit NRZ und wer da sonst noch an Tageszeitungen im Ruhrgebiet anzutreffen ist.

Den WAZ Artikel gibts hier: https://www.derwesten.de/staedte/gelsenkirchen/einen-hab-ich-noch-und-wieder-mal-ein-ranking-id6945071.html

Jens Schmidt
Jens Schmidt
12 Jahre zuvor

@Der, der auszog: Ich denke, man kann das Ruhrgebiet nur als Ganzes mit Berlin vergleichen und die Ruhrgebietsstädte mit den Berliner Stadtbezirken. Denn Maßstab muss doch sein, dass innerhalb dieses Ballungsraumes jeder eine zumutbare Entfernung bis zum nächsten Opernhaus etc. hat. Und das wäre gegeben gewesen, selbst wenn Duisburg seine Oper geschlossen hätte, da es in Düsseldorf und Essen Opernhäuser gibt; in Berlin sind schließlich auch schon zu Recht überflüssige Theater geschlossen worden!

Trotzdem wäre es immer noch unfair, uns mit der hochsubventionierten Frontstadt und Hauptstadt zu vergleichen. Hier wurde hart gearbeitet, und NRW war mal dank des Ruhrpotts Geberland! Wir sind halt nicht nur der Schreibtisch des Ruhrgebiets, wie Düsseldorf, aber das ist nicht unsere Schuld! Und auch heute noch trägt der Ruhrpott den Soli mit…von den Hilfen für andere europäische Länder ganz zu schweigen. Ja verdammt, für wen sollen wir denn noch den Lastesel spielen?! Und zum Dank heißt es dann, der gemeine Kohlenkumpel sei ungebildet. Das erinnert mich an die Schulzeit, wo die, von denen andere die nicht gemachten Hausaufgaben schnell in der Schule abschrieben, zum Dank als Streber beschimpft wurden.

Werner Alberts
Werner Alberts
12 Jahre zuvor

Was soll die Hetze gegen Gorny, Scheytt oder Pleitgen? In einer Zeit, in der zuallererst an Ausgaben für Bildung und Kultur gespart wird, kann man solchen Leuten nur zu Dank verpflichtet sein. Immerhin haben sie es geschafft, aus dem großen Topf doch noch gute Brocken für den Kulturbereich herauszufischen. Dass sie dabei nicht allen elitären und absurden Ansprüchen gerecht werden – geschenkt.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
12 Jahre zuvor

@Werner Alberts: Dass im Ruhrgebiet an den reinen Ausgaben für Kultur und Bildung gespart würde, widerlegen sowohl die Studie als auch solche blinden Leuchttürme wie z.B. der U-Turm (dessen explodierenden Kosten dann wiederum notwendige Ausgaben für Infrastruktur-Maßnahmen im Bildungssektor zum Opfer fallen). Da werden aus Ihren „guten Brocken“ schnell stinkende Klumpen, die selbst nicht-elitären Ansprüchen nicht gerecht werden, wie man an den miserablen Besucherzahlen sehen kann.

elvira
elvira
12 Jahre zuvor

Der Pott ist eine verdammt spannende Kulturlandschaft, man muss einfach mal hingehen und gucken, scheiß drauf, ob Firmen hier ihr Geld versenken wollen und scheiß drauf, ob ’ne Bank Investmentanalyse auf zweifelhaften Analysedaten aufbaut.

Aber dieses ewige Kaputtgerede kann einem schon die Laune verderben. Und wenn man sich mal die Leute anschaut, die sich tagtäglich krummlegen, damit es trotz wenig Mitteln gute Kunst und Kultur gibt, sollte man vielleicht mal wieder etwas Respekt bekommen.

Van Gogh hängt heute überall, zu seiner Zeit konnte er von seiner Kunst nicht leben (und hunderte anderer Künstler, Schriftsteller etc.). Durchgeknallte Sammler oder Spekulatöre zahlen kosmische Summen – für Öl auf Jute!
Kunst und Kreativität entsteht nicht aus monitärem Antrieb, auch wenn es schön wäre, wenn man von seiner kreativen Arbeit leben könnte.

Und Dortmund -sorry- ist bei weitem lebenswerter als ein aufgeblasenes Essen oder die Dauerbaustelle Bochum, trotz U, Gorny – oder gerade deswegen 😉

Und der Pott ist tausendmal besser als die zisilierten „Hochkulturburgen“ ;-)))

Das sind mal Harte Standortfaktoren 😉

Arnold Voss
12 Jahre zuvor

@ Elvira

Spannend war die Kullturlandschaft im Ruhrgebiet auch schon vor Ruhr 2010, und das nicht nur in Dortmund sondern, bei näherem Hinschauen, fast flächendeckend.

Jens Schmidt
Jens Schmidt
12 Jahre zuvor

@Klaus Lohmann: Dass die so genannten Leuchtturmprojekte nicht immer der Königsweg waren, darauf kann man sich doch verständigen und für die Zukunft daraus lernen. Sie entsprachen halt dem Zeitgeist der großkotzigen Wolfgang-Clement-Ära; und entgegen Clements Selbstbild war seine Politik eben nicht rundum gut für die Wirtschaft! Auch in Duisburg hat sich die Stimmung gewandelt; nachdem OB Adolf Sauerland ja wie besoffen von den vielen Investoren war, die hier den Baukran geschwungen haben, liegen nun Bescheidenheit und Entschleunigung im Trend.

Und das ist meiner Meinung nach auch unter ökonomischen Gesichtspunkten besser. Denn viele Investoren, die sich den Großprojekten annehmen, schauen nur auf den schnellen Profit und nicht auf die Folgen für den sensiblen Organismus Stadt. Und es war schon problematisch, wie teilweise die Stadtverwaltung keinen eigenen Standpunkt entwickelte, sondern sich zum Narren eines knallharten und unseriösen Teils der Immobilienbranche machen ließ. Vieles lässt sich gestalten und ist keineswegs „alternativlos“.

der, der auszog
der, der auszog
12 Jahre zuvor

@#32 Jens

Warum soll es unfair sein, die Ruhrgebietsstädte mit anderen Städten beim Thema Kulturangebot zu vergleichen? In Sachen Arbeitslosenzahlen, verhandene Grünflächen, Sportplätze, Kitaplätze, Anzahl der Sportvereine etc. lassen sich Rurhgebietsstädte ja auch mit anderen Städten der Republik vergleichen. Es hat wahrscheinlich niemand hier den Anspruch in Sachen Kultur die Nummer eins zu sein. Aber die obligatorischen hinteren Plätze, die die Ruhrgebietsgemeinden in den meisten Rankings belegen, sind schon recht deprimierend, besonders, wenn die Situation trotz schlechter Ergebnisse immer schön gemalt wird.

Würde man so ein Ranking im Ruhrgebiet ernst nehmen, statt es als unseriös abzuwiegeln, könnte man beispielsweise feststellen, dass Gelsenkirchen ein relativ hohes Angebot an Opern- und Theatersitzplätzen hat und in dem Ranking immerhin noch Platz 22 belegt. Schaut man sich allerdings die Zahlen zum Index Kulturrezeption an, aus denen ersichtlich wird, wie die Bevölkerung das Kulturelle Angebot der Stadt annimmt, dann ist Gelsenkirchen absolutes Schlusslicht. In Gelsenkirchen gibt es mehr Opern- und Theaterplätze, als die Stadt benötigt. Im benachbarten Bochum macht man sich derzeit Gedanken über ein neues Musikzentrum, dort scheint es also zu wenig Opernsitzplätze zu geben. Vernünftiges Kulturmanagement im Ruhrgebiet könnte eigentlich auch so aussehen, dass die Städte Gelsenkirchen und Bochum im Bereich Oper zusammenarbeiten. Gelsenkirchener haben wahrscheinlich überhaupt kein Problem damit, wenn die ungenutzten Opernplätze im MIR von Bochumern besetzt würden, genauso wie Bochumer kein Problem damit haben, dass Gelsenkirchener im Bochumer Opelwerk arbeiten. Hier könnten die Gornys und Fesels mit ihrer Arbeit ansetzen. Aber das Problem sind die eigenen Leuchturmprojekte, die es gilt um jeden Preis durchzuboxen und bei denen es scheinbar keinen Platz für vernünftige Kooperationen gibt.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
12 Jahre zuvor

@“der, der auszog“: Völlig richtig.

Wenn es um die Bedeutung von Ruhrgebiets-Einkaufsmeilen im nationalen Wettbewerb geht, werden hier völlig irrationale Zahlen von Maklerfirmen, die Eigenwerbung betreiben, regelmäßig als „Erfolgsfaktor“ bejubelt. Wenn es um Anstrengungen im Bildungssektor geht, werden simple Studentenzahlen und hoffnungslose 2-Mann-Ausgründungen aus dem IT- und Bio-/Medizin-Sektor vergöttert, die nichts mit beruflichem und wirtschaftlichen Erfolg zu tun haben.

Wenn eine Studie diese Simplifizierung der wirtschaftlichen Kennzahlen mal ins Negative für unsere Kommunen dreht, wird gleich gemeckert, als wäre der Rest der Republik vollblöd und hätte überhaupt keine Ahnung, welche „verdammt spannende Kulturlandschaft“ sich hier hinter den Hirnbrettern der Kulturschaffenden verbirgt.

Welchen Stellenwert das Adjektiv „spannend“ im Ruhrgebiet hat, konnte man vor knapp einem Jahr beim international renommierten Japan Media Arts Festival im U-Turm beobachten, als die städtischen Mitarbeiter den internationalen Gästen um 21 Uhr die Türen vor der Nase verschlossen, weil da für sie „Feierabend“ war.

Werner Alberts
Werner Alberts
12 Jahre zuvor

Og Gottogott, wie kleinkariert. Is wie mit dem Balken im eigenen Auge, das mit dem Brett vorm Kopp.

Jens Schmidt
Jens Schmidt
12 Jahre zuvor

@Der, der auszog: Völlig richtig, die Ruhrgebietsstädte sollten besser zusammenwirken, sollten sich als große „Ruhrstadt“ begreifen und damit als westliches Pendant zu Berlin. Aber das scheint so schwierig zu sein wie der große Traum der Vereinigten Staaten von Europa – obwohl damit, dass Ministerpräsidentin und fast alle Ruhrgebiets-Stadtoberhäupter von der gleichen Partei sind, eigentlich günstige Bedingungen vorhanden sein sollten, damit man sich nicht gegenseitig Steine in den Weg legt.

@Klaus Lohmann: Das Problem besteht meines Erachtens darin, dass das Ruhrgebiet, wenn es seine wirtschaftlichen Kennzahlen mit anderen Metropolen vergleicht, eigentlich gar nicht weiß, wo es anfangen soll (auch ökonomisch betrachtet). Wie sollen den hochverschuldete Städte, in denen die Leute wenig verdienen oder arbeitslos sind, sich gegenüber der Landeshauptstadt Düsseldorf mit ihren zahlreichen Firmenzentralen behaupten? Da fehlen die Steuereinnahmen, da kommen Imageprobleme hinzu, dann kann man weniger in die Kultur reinstecken, das wiederum schreckt das wohlhabende Klientel ab, es kommt eins zum anderen.

Die einzige Chance besteht deshalb darin, „arm aber sexy“ zu sein und die Menschen anzusprechen, denen Düsseldorf zu rausgeputzt ist und die die dortige Konsumlandschaft nicht anspricht. Also mehr Freie Szene, Subkulturen (ich sage nur Gothic und Elektro oder neuerdings Salsa in Duisburg), Umnutzung der alten Industriekultur… Nur ist das eben ein sehr langwieriger Weg und ohne Hilfe von außen (Auslaufen des Solidarpakts, Stadtfinanzen-Pakt, Ruhrsoli oder Rückübertragung finanzieller Lasten auf den Bund) angesichts der Ausgangslage verdammt schwierig. Helfen kann nur die Erkenntnis bei den Politikern, wie viele potenzielle Wähler in diesem Ballungsraum immer noch wohnen.

Gelder verbraten und bescheuerte Sparmaßnahmen durchgeführt werden übrigens anderswo auch. Als Hamburger weiß ich zu gut, wovon ich spreche. Oder ganz schlimm aktuell auch Bonn. Nur sind Hamburg und Bonn eben reiche Städte, die aus dem Vollen schöpfen können und damit nicht ihren wirtschaftlichen Niedergang riskieren.

tobias
tobias
11 Jahre zuvor

wer von wirtschaft redet zielt an den kreativen vorbei

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