Im vergangenen August besetzte eine Initiative junger Menschen ein leerstehendes Schulgebäude an der Bärendelle in Essen. Ziel der Besetzer war es, ein Kulturzentrum zu gründen und die Diskussion über Leerstand im Ruhrgebiet anzufachen. Auf Beschluss der örtlichen Stadtverwaltung wurde das Gebäude nach kurzer Zeit durch ein Großaufgebot der Polizei geräumt (die Ruhrbarone berichteten). Seit der Räumung steht das Gebäude wieder leer. Die Stadtverwaltung stellte nach dem Polizeieinsatz mehrfach Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch, einige der Verfahren wurden mittlerweile eingestellt. Laut Angaben der ehemaligen Besetzer sind jedoch noch 22 Verfahren anhängig. Das Netzwerk-X, ein loser Zusammenschluss von Kulturschaffenden aus dem gesamten Ruhrgebiet, solidarisiert sich nun mit den Angeklagten und veranstaltet am kommenden Samstag ein Musik- und Theater-Festival im Drucklufthaus Oberhausen. Der Erlös der Veranstaltung soll den Freiraumaktivisten zugute kommen und könnte mögliche noch anstehende Prozesskosten decken. Mehr als 60 Künstler gestalten ein Facettenreiches Programm, verteilt auf drei Bühnen. Neben Live-Musik und DJ-Sets gibt es Lesungen und Performances. „Eine Nacht voller künstlerischer Brüche“, erklären die Veranstalter.
Nach der Räumung ist vor der Räumung
Seit der Räumung des Schulgebäudes an der Bärendelle im vergangenen August nimmt der Verfall des Objektes erneut seinen Lauf. Zwar hat sich mittlerweile eine Bürgerinitiative formiert, die sich für eine Nutzung der städtischen Immobilie einsetzt, aber die Essener Stadtpolitiker scheinen sich für deren Belange nicht sonderlich zu interessieren. Stattdessen wird lieber um den Millionenverschlingenden Erhalt der Messe geworben. Um Geld zu verdienen muss man schließlich erst einmal welches ausgeben. Dass die Bürgerinnen und Bürger der Stadt aber durchaus Vorbehalte gegen diese Marktlogik haben, zeigt nicht zuletzt der Bürgerentscheid, der den geplanten Messeumbau zunächst verhindert hat. Ob das nun vorerst gesparte Kapital nun aber in Kulturprojekte fließen wird, gar in subversive, ist unwahrscheinlich.
Projekt Affenhaus
Dass der Bedarf nach solchen Kulturprojekten aber weiterhin besteht, zeigt nicht zuletzt die neue Freiraum-Kampagne AFFE, die sich aus dem Dunstkreis der Bärendelle Besetzer formiert hat. Die „Aktion Für Freiräume Essen“ verkündet in einem Manifest, dass es ihr Interesse sei, „die Stadt mit [ihrem] Programm zu bereichern und Menschen zur kreativen Aneignung ihres Lebensraumes zu ermutigen.“ Man wolle einen kollektiven Ort entwickeln, einen Ort zum streiten und mit „verspielten Ordnungen statt Hierarchien.“ In einem Interview mit der Studierendenzeitung akduell erklären die Aktivisten, in der Wahl des Gebäudes für das geplante Affenhaus sei man flexibel und nicht etwa auf die Bärendelle festgelegt.
Solidarität auch mit Affen
Auch die Kampagne AFFE hat sich mittlerweile dem Netzwerk-X angeschlossen, und so erklären die Veranstalter des Festivals, dass die Spendengelder – sollten sie nicht für Prozesskosten benötigt werden – wahlweise auch der Kampagne AFFE zur Verfügung gestellt werden könnten. Denn bei aller Streitlust und künstlerischen Ausdifferenzierung sind sich die Beteiligten doch zumindest in zwei Dingen einig – Freiräume sind Mangelware und jedes Tier – sei es nun Bär, Affe oder das gemeine Menschenwesen – verdient im politischen Dauerregen doch zumindest zeitweilig ein Dach über den Kopf.
Festival-X, am 1.2.2014 im Drucklufthaus-Oberhausen: Über das Programm des Festivals kann man sich unter netzerk-x.org informieren. Die Veranstaltung beginnt um 21Uhr, der Soli-Eintritt beträgt 7 Euro.
Weitere Infos:
netzwerk-x.org – Kulturnetzwerk für Kunst und Soziales, Ruhrgebiet
kampagne-affe.de – Freiraum Kampagne, Essen
buergerinitiative-baerendelle.de – Initiative zur Nutzung des ehemaligen Schulgebäudes an der Bärendelle, Essen
Schön das es so was Heut(zu)tage gibt,
das Netzwerk X ist überall sehr beliebt,
schafft, was Demokratie nicht gelingt,
die Zeit, das man auch bei uns beginnt.
Video von der Veranstaltung
DJ Crack Seven
auch nur ein Künstler der low society
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