So viele Prozesse, wie sie gewinnen würde, kann Necla Kelek gar nicht führen. Seit mehr als sieben Jahren ist über sie ein bösartiges Gerücht in Umlauf. Es wurde 2010 von Lamya Kaddor in die Welt gesetzt und wird seitdem ständig in Medien, Wissenschaft und Politik wiederholt.
Necla Kelek soll über Muslime gesagt haben, sie hätten eine Neigung zur Sodomie. Das hat sie nie gesagt. Trotzdem hält sich diese Behauptung hartnäckig.
Unser Gastautor Jörg Metes hat die Geschichte des Gerüchts von Lamya Kaddors erster Pressemitteilung im Jahr 2010 bis heute so eingehend, wie es leider nötig ist, nachgezeichnet. Die ziemlich lange Geschichte einer ziemlich üblen Nachrede aus ziemlich schlecht unterrichteten Kreisen – darunter Jakob Augstein, Wolfgang Benz, Cem Özdemir und viele andere – in 17 Akten und 51 Fußnoten.
Inhalt
V. Bevor die Wahrheit ihre Schuhe angezogen hat …
VI. … hat die Lüge einmal die Welt umrundet
X. Das Gerücht fasst in der Forschung Fuß
XI. Das Gerücht setzt sich fest.
XII. Das Gerücht verstrickt sich in Widersprüche
XIII. Das Gerücht verstrickt sich in weitere Widersprüche
XIV. Das Gerücht verschwindet nicht
XV. Das Gerücht hat seine Blase gefunden
XVI. Die Blase will nicht platzen
XVII. Das Prinzip der gefühlten Wahrheit
I. Der Anlass (↑)
Um Männer und Tiere ging es gar nicht. Es ging um Männer und Frauen. Es ging um den Islam. Es ging um das Menschenbild des Islam und um seine Sexualmoral. „Ich sehe“, sagte Necla Kelek, „nach diesem Menschenbild, von der [sic!] ich vorhin gesprochen habe – was ‚der Islam‘ übrigens auch vorgibt, in der Erziehung – da gibt es ein Menschenbild, was konstruiert ist“. Es war der 16. Juli 2010, und Necla Kelek sagte es in einem Interview mit dem ZDF.
Sie sprach ins Unreine, sie versprach sich, ihre Wortstellung war nicht ganz korrekt, und man brauchte vielleicht einen Moment, um zu verstehen, was sie meinte. Länger aber brauchte man eigentlich nicht, und wenn es, wie wir sehen werden, bis heute Leute gibt, die es nicht verstanden haben: dann stimmt da etwas nicht.
„Da gibt es“, sagte Kelek also – der Wortlaut wird noch wichtig, „ein Menschenbild, was konstruiert ist: Die Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren, und besonders der Mann nicht. Und der ist ständig eigentlich herausgefordert und muss auch der Sexualität nachgehen. Er [halten wir fest: der Mann als solcher, ganz egal welcher Religion, und auch nicht etwa nach Keleks eigener Ansicht, sondern nach der des Islam – J.M.] muss sich ‚entleeren‘, heißt es, und wenn er keine Frau findet, eben dann ein Tier, oder eine andere Möglichkeit, wo er auch dem nachgehen muss. Und das hat sich im Volk so durchgesetzt, das ist ein Konsens, wo auch die älteren Damen, und Frauen, immer davon sprechen: ‚wenn du dich jetzt so kleidest, er muss ja, er kann nicht anders‘.“
Es war der 16. Juli 2010, die Sendung hieß „Forum am Freitag“, und es ging um Männer und Frauen. Es ging um Männer ohne Frauen. Es ging um Männer im sexuellen Notstand und darum, dass Männer im sexuellen Notstand nach islamischer Lehrmeinung („das ist ein Konsens“) zu allem fähig sind. Es ging darum, dass eben deshalb „der Islam“ (Kelek deutete mit den Fingern eigens noch Anführungszeichen an) auch Geschlechtertrennung vorschreibt: Männer darf man nicht in Versuchung führen, und Frauen, die das trotzdem tun, sind selber schuld.
Um Männer und Tiere aber oder gar um ein irgendwie besonderes Verhältnis muslimischer Männer zu Tieren ging es nicht. Und nie und nimmer hat Necla Kelek, wie von jetzt an immer wieder zu lesen sein wird, Muslimen hier „kollektiv Sodomie unterstellt“ (so etwa Till-Reimer Stoldt von der Welt, 2011), beziehungsweise „behaupte[t], bei Muslimen habe die Sodomie Tradition“ (Daniel Bax von der Tageszeitung, 2015), beziehungsweise gar „erklärt, dass der Islam Sex mit Tieren lehrt“ (Jakob Augstein vom Spiegel, 2016).
Das ist alles gelogen.Doch wieso ist es dann immer wieder zu lesen?
Wie ist das Gerücht, Necla Kelek würde „muslimischen Männern einen grundsätzlichen Hang zur Sodomie unterstellen“ (Lamya Kaddor, 2016) in die Welt gekommen?
Wie konnte es sich verbreiten? – Der Fall ist interessant. Die Übertragungswege sind interessant. Das Gerücht kursiert in Kreisen, die man für klüger gehalten hätte.
Journalisten, Politiker und selbst Wissenschaftler zitieren Kelek seit nunmehr sieben Jahren mit etwas, das sie gar nicht gesagt hat. Von einem „Sodomie-Vorwurf gegenüber muslimischen Männern“ liest man bei einer Soziologin aus Frankfurt (Naime Cakir, 2014), von „Keleks sodomitische[r] Fantasie“ bei einem Religionswissenschaftler aus Marburg (Christoph Wagenseil, 2016[1]).
Die meisten zitieren nach Hörensagen. Sie haben das Interview nicht einmal gesehen. Irgendetwas ist ihnen zu Ohren gekommen, irgendetwas Ähnliches geben sie weiter.
Und als allererste weitergegeben – wenn nicht überhaupt erfunden – hat es Lamya Kaddor. Der Fall ist wirklich interessant.
II. Die Pressemitteilung (↑)
„Als eins von vielen Beispielen für [Necla Keleks] oft entwürdigende Art, über muslimische Frauen und Männer zu sprechen, sei nur eine Äußerung aus einem Interview mit dem ZDF genannt: “ – in die Welt kommt das Gerücht fünf Tage nach Ausstrahlung des Interviews am 21. Juli 2010, und zwar auf dem Weg einer Pressemitteilung des Liberal-Islamischen Bundes e.V. in Duisburg.[2] Der Liberal-Islamische Bund ist da ein noch ganz neuer Verein, Lamya Kaddor hat ihn erst zwei Monaten zuvor gegründet, und diese Pressemitteilung ist – sieht man von der Gründungsmitteilung ab – seine erste überhaupt. Ihr Gegenstand ist eine bevorstehende Ehrung für Necla Kelek: die Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP will Kelek einen Preis verleihen, und nach Kaddors Meinung hat Kelek diesen Preis nicht verdient.
In seiner Urfassung ist das Gerücht einfach ein Falschzitat: Kaddor hat Keleks Worten ein ganz bestimmtes hinzugefügt, einige andere weggelassen und das Ganze in Anführungszeichen gesetzt. „[Es] sei nur“, teilt also der Liberal-Islamische Bund mit, „eine Äußerung aus einem Interview mit dem ZDF genannt: ‚Der muslimische Mann muss ständig der Sexualität nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier… Das hat sich im Volk durchgesetzt, das ist Konsens.'“
Wo es bei Kelek um Männer und Frauen aus Sicht des Islam ging, geht es in Kaddors Bearbeitung jetzt um Männer und Tiere, und zwar aus Keleks angeblich eigener Sicht. Es geht jetzt sogar speziell um – eben dieses Wort hat Kaddor hinzugefügt – „muslimische“ Männer und Tiere.
Es ist der 21. Juli 2010, das Gerücht ist in der Welt, und Lamya Kaddor wird von nun an dafür sorgen, dass es auch in der Welt bleibt.
III. Die Besessene (↑)
Ob Kaddor im Juli 2010 weiß, was sie tut? Ob ihr bewusst ist, dass sie lügt? Womöglich hat sie nur eine sehr lebhafte Phantasie. Ihre Entrüstung wirkt echt. Ihre Entrüstung ist groß. Ihre Entrüstung ist so groß, dass sie bald in Besessenheit umschlagen wird. Die Pressemitteilung des Liberal-Islamischen Bundes ist erst der Auftakt. Es ist kein erfolgreicher Auftakt, die Presse macht aus der Mitteilung nichts, doch Kaddor lässt sich nicht beirren. Einzelne Blogger immerhin sitzen dem Falschzitat auf.[3] [4] Einer von ihnen beschwert sich per Mail beim ZDF, und das ZDF nimmt sich der Beschwerde an. Man habe, schreibt die Redaktion von „Forum am Freitag“ zurück, „Verständnis dafür, dass die Aussagen von Frau Kelek über die Sexualität des Mannes verärgern“.[5] Die Redaktion übt Selbstkritik. Lamya Kaddor hat sehr gute Kontakte zur Redaktion. Bereits zwei Wochen nach Necla Kelek bekommt Kaddor ihrerseits Gelegenheit, sich in „Forum am Freitag“ zu äußern. Kaddor nutzt sie, um Kelek „Islamhetze“ vorzuwerfen.[6] Es ist der 30. Juli 2010, und es sind noch drei Monate bis zu dem Tag, an dem Kelek den Preis der Friedrich-Naumann-Stiftung offiziell entgegennehmen soll. Und wie es aussieht, lautet die Antwort schon jetzt: nein. Lamya Kaddor weiß wohl eher nicht, was sie tut.
IV. Die ersten Schritte (↑)
Die nächsten, die dem Gerücht aufsitzen, sind die Autorin Hilal Sezgin, auch sie ein Mitglied des Liberal-Islamischen Bundes, der Journalist Christoph Heinlein – damals beim Netzportal news.de, heute bei der Süddeutschen Zeitung – sowie der Bundestagsabgeordnete Serkan Tören (FDP). Am 30. August 2010 wird Hilal Sezgin im Fernsehmagazin „Kulturzeit“ auf 3sat interviewt, man gibt ihr das Stichwort Necla Kelek, und Sezgin meint: „Sie hat auch neulich im ZDF etwas über die allgemeine Haltung der Muslime zur Sodomie gesagt, dass die Männer sich entleeren müssten, und dass das auch in der ganzen muslimischen Gesellschaft weithin anerkannt sei.“[7] Am 2. September 2010 erscheint auf news.de ein Artikel von Christoph Heinlein, für den Heinlein sowohl mit Lamya Kaddor gesprochen hat als auch mit Serkan Tören, nicht aber mit Necla Kelek. Tören, der durch Heinlein überhaupt erst von dem Fall erfährt, lässt sich mit den Worten zitieren: „Das geht schon in Rassismus über“. Heinlein macht daraus die Überschrift „FDP-Politiker wirft Kelek Rassismus vor“. Und in der Unterzeile schreibt er: „Muslime müssen Sex haben – notfalls mit Tieren? Äußerungen der Sarrazin-Unterstützerin Necla Kelek sorgen für Ärger.“[8]
Und anonyme Denunzianten gibt es natürlich außerdem. Auf Youtube etwa hat schon am 20. August 2010 ein Benutzer, der sich „Clearproof“ nennt, die Interviewstelle, auf die es ankommt, hochgeladen. Ab Minute 0:40 hört man Necla Kelek genau die Worte sagen, die wir bereits kennen. Der Titel aber, den „Clearproof“ dem Video gegeben hat, lautet: „Hasspredigerin Necla Keleks absurdes Gedankengut: Sodomie ist mit ihrem Glauben vereinbar“. Und der Untertitel lautet: „Sie erhält in Kürze den Friedenspreis der FDP Friedrich-Naumann-Stiftung“.[9]
V. Bevor die Wahrheit ihre Schuhe angezogen hat … (↑)
Es folgt der Studienrat und Landtagsabgeordnete (Bündnis 90/Die Grünen) Ali Bas aus Ahlen. 2007 hat Bas den AK Grüne MuslimInnen NRW gegründet und ist seither auch dessen Sprecher. Am 27. Oktober 2010 startet Bas eine virtuelle Unterschriftensammlung im Netz. Der dazugehörige Aufruf ist überschrieben mit „Keine Auszeichnung für Diffamierungen! – Kein Freiheitspreis für Necla Kelek!“, und im Text heißt es unter anderem: „So hat sie kürzlich in einem Interview muslimischen Männern einen gesteigerten Sexualtrieb, der im schlimmsten Fall zu Sodomie führt, unterstellt.“[10] Am 5. November 2010 erklärt der AK Grüne MuslimInnen NRW per Pressemitteilung, „rund 1.300 Bürgerinnen und Bürger“ hätten den Aufruf unterstützt. Und in dieser Pressemitteilung ist das Gerücht noch einmal mutiert; das, was Necla Kelek in Wahrheit nie gesagt hat, hat sie der Pressemitteilung zufolge jetzt gar schon mehrmals gesagt: „Kelek behauptete in mehreren Gesprächen mit dem ZDF, dass muslimische Männer aufgrund ihres angeblich gesteigerten Sexualtriebes Sodomie praktizieren würden.“[11]
Die Friedrich-Naumann-Stiftung weiß das alles richtig einzuordnen. Sie verleiht Necla Kelek trotzdem ihren Freiheitspreis, am 6. November 2010 in der Frankfurter Paulskirche. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland wiederum weiß es nicht; ebenfalls am 6. November veröffentlicht nun auch er eine Erklärung, in der er die Preisverleihung verurteilt. Kelek habe, so erklärt er, „erst kürzlich in einem ZDF Forum am Freitag Interview den angeblich gesteigerten Sexualtrieb von muslimischen Männern und die Sodomie als islamische Handlung deklariert“.[12] Zwei Tage später, am 8. November 2010, nimmt der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, die „Vergabe des Freiheitspreises an eine einschlägig bekannte Islamhasserin“ gar zum Anlass, seine Mitgliedschaft in der FDP ruhen zu lassen.[13] Und weitere sechs Tage später erscheint in der Welt am Sonntag ein Interview, das der Journalist Till-Reimer Stoldt mit Lamya Kaddor geführt hat. Kaddor wiederholt noch einmal wörtlich ihr Falschzitat: „Ich zitiere mal eine Aussage von ihr: ‚Der muslimische Mann muss ständig der Sexualität nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier … Das hat sich im Volk durchgesetzt, das ist Konsens‘.“ Und Till-Reimer Stoldt bestätigt ihr: „Klingt arg zugespitzt.“ Und Lamya Kaddor gibt zurück: „Zugespitzt? Das ist jenseits von Gut und Böse! Abgesehen davon gilt Sodomie im Islam als streng verboten. Es ist doch nicht jeder Mann unter 1,3 Milliarden Muslimen weltweit ein Sodomit!“[14]
VI. … hat die Lüge einmal die Welt umrundet (↑)
Nein, es ist nicht jeder Mann unter 1,3 Milliarden Muslimen weltweit ein Sodomit. Und vor allem: nein, Necla Kelek hat auch nichts dergleichen je gesagt. Halten wir es noch einmal fest. Dass Kelek dergleichen gesagt hätte, ist nur ein Gerücht. Es ist eine Lüge.
Lamya Kaddor weiß nicht, was sie redet, sie leidet an einer fixen Idee, und Ali Bas und Aiman Mazyek wissen es ebensowenig. Und Leute, die nicht wissen, was sie reden, sind natürlich das, was ein Gerücht als Nährboden braucht. Doch in unserem Fall – und das macht ihn so interessant – sind diese Leute nun ausgerechnet Journalisten, Politiker und sogar Wissenschaftler.
Der nächste ist Till-Reimer Stoldt selbst. Er übernimmt Kaddors Falschzitat im Wortlaut und verwendet es für einen weiteren Artikel in der Welt, der zwei Monate später, am 14. Januar 2011, erscheint. Stoldt schreibt in ihm, dass Kelek Muslimen „kollektiv Sodomie unterstellt“. Er schreibt, dass sie ihnen Ähnliches sogar „immer wieder“ unterstellt. Stoldt zufolge „versteigt sie sich immer wieder zu Äußerungen, die noch von den lautesten Kulturmuslimen als diffamierend empfunden werden: ‚Der muslimische Mann muss ständig der Sexualität nachgehen. Er muss'“ – und so weiter und so fort, siehe Kaddor.[15] Ein Buch aber, das Stoldt im selben Artikel bespricht und empfiehlt, hat Lamya Kaddors Ehemann Thorsten Gerald Schneiders herausgegeben, seines Zeichens Magister der Islamwissenschaft und Redakteur beim Deutschlandfunk. Und Schneiders ist dann auch der nächste, der das Gerücht weitertragen wird. Und der übernächste ist Cem Özdemir.
VII. Selektierte Wahrheit (↑)
Necla Kelek hat, erinnern wir uns auch daran noch einmal, nicht gesagt: „Wenn er keine Frau findet, eben dann ein Tier“, sie hat gesagt: „Wenn er keine Frau findet, eben dann ein Tier, oder eine andere Möglichkeit“. Wer beim Zitieren „oder eine andere Möglichkeit“ weglässt, zitiert schon falsch. Und Necla Kelek hat auch nicht gesagt: „das ist ein Konsens“, sondern: „das ist ein Konsens, wo auch die älteren Damen, und Frauen, immer davon sprechen: ‚wenn du dich jetzt so kleidest, er muss ja, er kann nicht anders‘.“ Wer beim Zitieren nach „Konsens“ einen Punkt macht und den Rest weglässt, zitiert erst recht falsch. Der Konsens, von dem Kelek sprach, ist nicht der, dass Männer sich in Tiere entleeren, der Konsens ist der, dass Frauen sich vor Männern verhüllen müssen. Natürlich müssen sie sich vor allen Männern verhüllen, nicht allein vor muslimischen. Das ist eigentlich leicht zu verstehen. Diejenigen aber, die Necla Kelek bis hierher falsch zitiert haben, verstehen es trotzdem nicht. Der einzige, der es sehr wohl verstanden haben dürfte, ist Thorsten Gerald Schneiders; er gibt das Gerücht nicht bloß gutgläubig weiter, er schürt es wissentlich:
„2010 wurde ihr“, schreibt Schneiders über Kelek, „der Freiheitspreis der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung zugesprochen, nur wenige Tage, nachdem sie im ZDF erklärt hatte (wörtliche Transkription):“ – Schneiders schreibt es in einem Aufsatz, der im April 2011 in einem wissenschaftlichen Sammelband erscheint. Doch in der von ihm angekündigten „wörtlichen Transkription“ fehlen gleich eine ganze Reihe von Wörtern. Von den beiden entscheidenden Sätzen bleibt nur übrig (die Auslassungspunkte sind von ihm): „‚Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, eben dann ein Tier […] und das hat sich im Volk so durchgesetzt, das ist ein Konsens.'“[16] Und da Schneiders alles andere davor bis in die Versprecher hinein korrekt und vollständig zitiert, muss man annehmen: Schneiders weiß, dass er Keleks Äußerung verfälscht; er lässt es eben darauf ankommen.
VIII. Alle in eine Front (↑)
Cem Özdemir bringt das Gerücht im Mai 2011 in der FAZ unter, in einem Aufsatz über Integration und Islam. Ein „Sturm der Entrüstung“, meint Özdemir, vermutlich sogar im Ernst, würde „durchs Land gehen“, wenn jemand „über Christen behaupten würde: ‚Die Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren […]'“. Özdemir weiß definitiv nicht, was er redet, auch er hat Keleks Äußerung verkürzt und verfälscht, und auch er behauptet von der verfälschten Version wieder: „Mit diesen Worten hat Necla Kelek 2010 in einem ZDF-Interview die Sexualität des muslimischen Mannes beschrieben.“[17] Das Gerücht beginnt, sich in eine alternative Wahrheit zu verwandeln. Im Juli 2011 ist es einmal mehr Lamya Kaddor, die es ausstreut, jetzt in ihrem persönlichen Blog.[18] Und im Februar 2012 findet es auch Eingang in die Wikipedia, dank der Bemühungen eines Beiträgers namens „Zentaur“. „Zentaur“ hat Thorsten Gerald Schneiders‘ Aufsatz gelesen. „Zentaur“ hat das Interview mit Lamya Kaddor in der Welt gelesen. „Zentaur“ kümmert sich in der Wikipedia, wie ein Blick in seine Beitragsbilanz zeigt, überhaupt vorwiegend um Angelegenheiten von Schneiders und Kaddor. Und dem Aufsatz von Schneiders entnimmt er nun die verfälschte Transkription, dem Interview mit Kaddor entnimmt er den Befund, dass Kelek „den Boden einer seriösen, geschweige denn wissenschaftlich fundierten Islamkritik längst verlassen“ habe (Kaddor), und dem neuen Abschnitt, den er damit im Artikel „Necla Kelek“ erstellt, gibt er die Überschrift: „Sodomie-Streit“.[19]
IX. Das Gerücht fasst Fuß (↑)
Das Gerücht fasst Fuß. Es entwickelt sich fort. Es reichert sich mit neuem Hörensagen an. Bei einer Veranstaltung mit Necla Kelek will jemand gehört haben, wie Kelek zu ihrer Äußerung selbst Stellung genommen und sich von ihr distanziert hat. Er meldet es anonym im Netzportal Politically Incorrect. Die Information wandert weiter in die Wikipedia, ebenfalls im Februar 2012, und erweist sich spätestens im März 2012 als falsch. Im März 2012 nämlich gibt Kelek tatsächlich eine Stellungnahme ab, und darin distanziert sie sich keineswegs; sie bezeichnet im Gegenteil das, was mit ihrer Äußerung seit nun bald zwei Jahren geschieht, als das, was es eben ist: als Zitatverfälschung und üble Nachrede.[20] Es hilft nur nichts.
Im April veröffentlicht Thorsten Gerald Schneiders einen weiteren Aufsatz, in dem er seine gekürzte Transkription erneut für eine wörtliche ausgibt und schreibt: „Necla Kelek rückt die muslimischen Männer in den Bereich der Sodomie. In einem Interview mit dem ZDF erklärt sie (wörtliche Transkription)“ – et cetera et cetera.[21] Im August verfasst Lamya Kaddor einen Text für den Deutschlandfunk, in dem es heißt: „[Kelek] unterstellt Muslimen schon mal pauschal den Hang zur Sodomie“.[22] Und ab Oktober 2012 ist das Gerücht dann auch bei Wolfgang Benz zu lesen. „So mutmaßte sie“, schreibt Benz in einem neuen Buch, „im Zweiten Deutschen Fernsehen im Sommer 2010 über die Sexualität des Menschen und insbesondere über die des Mannes und noch spezieller über die des muslimischen Mannes. Der Mensch habe generell nicht die Fähigkeit, seine Sexualität zu kontrollieren, der männliche Mensch noch weniger (…)“. Benz kennt augenscheinlich weder das Interview selbst noch Keleks Stellungnahme dazu. „Auch wenn sie später davon abrückte“, schreibt er weiter, „(…) muss Necla Kelek sich vorhalten lassen, dass solche Äußerungen unseriös sind“.[23] Nichts von dem, was Benz schreibt, stimmt; tatsächlich ist Kelek ja von überhaupt nichts abgerückt, geschweige denn von Äußerungen, die sie gar nicht gemacht hat. Wieso aber schreibt Benz es dann? Woher hat er es? Er nennt zwar eine Quelle, Thorsten Gerald Schneiders nämlich, doch selbst die ist Schwindel: Bei Schneiders steht von einem Abrücken Keleks nichts. Und als Erklärung bleibt fast nur: Benz hat das in Wahrheit überhaupt alles – die angebliche Äußerung, das angebliche Abrücken, die angebliche Quelle – nur aus der Wikipedia.
X. Das Gerücht fasst in der Forschung Fuß (↑)
Das Gerücht fasst in der Forschung Fuß, insbesondere in der Vorurteilsforschung. Im Dezember 2012 taucht es bei einer Fachtagung in Berlin zum Thema Muslimfeindlichkeit gleich in zwei Vorträgen auf: zum einen in einem Vortrag von abermals Thorsten Gerald Schneiders,[24] zum anderen in einem Vortrag der Frankfurter Soziologin Naime Cakir. Während Schneiders weiterhin seine eigene verfälschte Transkription benutzt, um Kelek anzudichten, dass „sie muslimische Männer pauschal in den Bereich von Sodomie rückt“, benutzt Cakir das Falschzitat von Till-Reimer Stoldt in der Welt – jenes Falschzitat also, das Stoldt, wir erinnern uns, wiederum ungeprüft von Lamya Kaddor übernommen hat. An einer Aussage, die Kelek nie gemacht hat, glaubt Cakir aufzeigen zu können, dass „[Kelek] diffamierende Stereotypien transportiert“.[25] Und zuletzt finden beide Vorträge Aufnahme in einen vom Bundesinnenministerium herausgegebenen Tagungsband.
Und im März 2013 erscheint ein Buch des Historikers und Migrationsforschers Klaus Jürgen Bade. Wie Wolfgang Benz ist Klaus J. Bade emeritierter Professor, wie Benz ist er wissenschaftlicher Beirat im „Jahrbuch für Islamophobieforschung“, und wie Benz kann oder will auch er Keleks Äußerung nicht korrekt wiedergeben. Auch Bade stellt das, was Kelek ausdrücklich als eine Vorstellung des Islam beschrieben hat, als Keleks eigene dar. Er gerät außer sich. Er spricht von Keleks Worten als von „dahingestammelten Entgleisungen“ und „ordinären Kollektivdenunziationen“. Er bezeichnet ihre Worte, ironischerweise wortwörtlich, als „eine das oft literarische Niveau ihrer meist perfekt lektorierten Texte wieder einmal in holperigem Sprachduktus eigentümlich kontrastierende Sexualisierung des muslimischen Mannes zu einer Art Triebwesen“.[26] Aber immerhin: mit Bades Buch hat das Gerücht dann auch einen Tiefpunkt erreicht.
XI. Das Gerücht setzt sich fest (↑)
Das Gerücht setzt sich fest. Es setzt sich in Kreisen fest, in denen man es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Journalisten, Politiker und Wissenschaftler, die gar nicht daran denken, es zu überprüfen, tragen es in die Öffentlichkeit. Bald begegnet es einem auch in der Tageszeitung (bei Kübra Gümüsay, Mai 2013)[27] oder auf einer Netzseite der Friedrich-Ebert-Stiftung (Lamya Kaddor, Mai 2013)[28] oder in Christ und Welt (schon wieder Kaddor, Juli 2013).[29] Es begegnet einem in einem Buch von Khola Maryam Hübsch (März 2014)[30] oder auch in der Dissertation der bereits erwähnten Naime Cakir (Juli 2014). Cakir zitiert Kelek darin erneut falsch; sie verkauft das Falschzitat als einen „Sodomie-Vorwurf gegenüber muslimischen Männern“ und als Beispiel für Keleks überhaupt „menschenverachtend[e] Äußerungen“.[31] Der Schwindel ist nun endgültig alternative Wahrheit. Cakir hat für ihre Dissertation sogar ein magna cum laude bekommen.
Und im Dezember 2014 findet das Gerücht sich gar noch bei Ruprecht Polenz, dem damaligen Vorsitzenden des ZDF-Fernsehrats. Polenz hat eine kleine Satire verfasst und stellt sie auf seiner Facebook-Seite vor. Die Satire hat die Form eines Veranstaltungsprogramms; Polenz hat sich eine Veranstaltung namens „Pegida mit den Müttern und Vätern der Bewegung“ ausgedacht. Und seine Schlusspointe ist es, Necla Kelek auf dieser Veranstaltung die Abschlussrede halten zu lassen: „Nekla [sic!] Kelek: ‚Rettet die Schafe – Islam und Sodomie'“.[32] – Drei Monate zuvor hat derselbe Polenz in einem Interview noch seine Besorgnis bekundet über das, was er „Rudeljournalismus“ nannte: „Kleinigkeiten“, hat er beklagt, „werden hysterisch aufgebauscht, Menschen medial (vor)verurteilt“.[33] Das Gerücht setzt sich in Kreisen fest, in denen man einfach auch keine Scham kennt.
XII. Das Gerücht verstrickt sich in Widersprüche (↑)
Das Gerücht verstrickt sich in Widersprüche. Während Necla Kelek Muslime ganz bestimmt nicht „pauschal in den Bereich von Sodomie rückt“ (Thorsten Gerald Schneiders), tun andere das schon eher. Den anderen aber wird es nicht vorgeworfen. Es wird zum Beispiel dem Spiegel nicht vorgeworfen. Im August 2014 erscheint der Spiegel mit einer Titelgeschichte über den Islamischen Staat. Dieser Geschichte zufolge hat ausgerechnet der Islamische Staat tatsächlich ein Sodomieproblem: „Auf den Viehmärkten“, heißt es in ihr, „müssen die Hinterteile der Ziegen und Schafe mit Lappen verhüllt sein, denn beim Anblick der unbedeckten Genitalien könnten Männer auf sündige Gedanken kommen.“[34] Es läge nahe, nun wenigstens auch dem Spiegel vorzuwerfen, dass er „diffamierende Stereotypien transportiert“ (Naime Cakir 2012, nur eben über Kelek). Bezeichnenderweise aber macht es keiner.
Im Dezember 2014 kommt stattdessen das nächste Buch von Thorsten Gerald Schneiders heraus. Im Februar 2015 erscheint das nächste von Lamya Kaddor. In Kaddors Buch findet sich „die sogenannte Islamkritikerin Necla Kelek, die gerne mal im Interview mit dem ZDF allen muslimischen Männern pauschal eine Neigung zur Sodomie unterstellt“, schließlich auf Seite 162,[35] in Schneiders‘ Buch ist es schon auf Seite 10 so weit: „Necla Kelek rückt die muslimischen Männer in den Bereich der Sodomie. In einem Interview mit dem ZDF erklärt sie (wörtliche Transkription): – – -“ und so weiter und so fort.[36] Doch während Kaddor ihrem Wahn weiterhin ganz formlos freien Lauf lässt, will Schneiders den seinen weiterhin als Wissenschaft verstanden wissen: „mittels diskursanalytischer Ansätze“, schreibt sein Verlag, untersuche Schneiders „vorgetäuschte Islamkritik, die nur so tut, als verfolge sie seriöse Absichten“.[37] Der Übergang von der Vorurteilsforschung zur Verleumdung ist ein fließender.
XIII. Das Gerücht verstrickt sich in weitere Widersprüche (↑)
Das Gerücht verstrickt sich in Widersprüche, und das von Jahr zu Jahr mehr. Der eine erzählt es so weiter, der andere so. Ali Bas zufolge hätte Necla Kelek muslimischen Männern einen stärkeren Sexualtrieb unterstellt, Cem Özdemir zufolge eine schwächere Triebkontrolle, Lamya Kaddor zufolge gar eine besondere Neigung zur Sodomie an sich. Keiner weiß, wovon er redet. Am wenigsten weiß es Kaddor; sie spielt auch mit sich allein noch Stille Post. Und aus der einen angeblichen Äußerung Keleks (Kaddor 2010) werden so nach und nach viele: bald soll Kelek die Äußerung „schon mal“ machen (Kaddor 2012), schließlich sogar „gerne mal“ (Kaddor 2015).
Das Gerücht dementiert sich gewissermaßen selbst. Fünf Jahre, nachdem Lamya Kaddor es in die Welt gesetzt hat, besteht nicht einmal Einigkeit darüber, welche Worte man Necla Kelek denn nun genau in den Mund legen will, selbst zwischen den Eheleuten Kaddor und Schneiders nicht. Und neue Fassungen kommen weiter hinzu. Dürfte man zum Beispiel einer Fassung von Daniel Bax vom August 2015 glauben, dann hätte Kelek jetzt sogar „behaupte[t], bei Muslimen habe die Sodomie Tradition.“ Dürfte man Bax glauben, dann hätte Kelek mit dieser Behauptung sogar schon während des Interviews für Verstörung gesorgt, nämlich bei ihrem Interviewer: „Der muslimische Mann ‚müsse sich entleeren, und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier‘, erzählte sie einem konsternierten ZDF-Moderator.“ [38] Doch natürlich darf man Bax nicht glauben. Wenn es der Rufschädigung nur dient, erfindet er eben auch noch einen konsternierten Moderator.
XIV. Das Gerücht verschwindet nicht (↑)
Weil es der Rufschädigung dient, verbreiten Journalisten, Politiker und Wissenschaftler das Gerücht weiter. Sie stecken in einer Filterblase. Ihr Bild von Necla Kelek macht sie sicher, dass das Gerücht stimmt, das Gerücht wiederum macht sie sicher, dass ihr Bild von Necla Kelek stimmt. Filterblasen gibt es viele, aber diese ist etwas Besonderes. Hier stecken Leute in einer fest, die von sich selbst denken, dass sie gegen Vorurteile und Gerüchte und Blasen gerade ankämpfen.
Sie reden sich um Kopf und Kragen. Während Cem Özdemir die Tatsache beklagt, dass es gegen Necla Kelek keinen „Sturm der Entrüstung“ gegeben hat, will Klaus Jürgen Bade sehr wohl von „massiven Protesten“ wissen. Das Gerücht dementiert sich selbst. Lamya Kaddor weiß von massiven Protesten wiederum nichts; im Herbst 2016 wird sie vielmehr ihren Unmut darüber äußern, dass es eben keine gab. „Die Soziologin Necla Kelek“, wird sie schreiben, „erklärt im öffentlich-rechtlichen ZDF ganz nebenbei alle Männer einer bestimmten Gruppe zu Sodomisten [sic!]. Großes Aufheben wird darum nicht gemacht. Es bleibt einfach so stehen.“[39]
Weil es der Rufschädigung dient, behauptet Kaddor es weiter und weiter. Sie gibt die Hoffnung nicht auf. Im Februar 2016 schreibt sie in einer Fachzeitschrift für Pädagogik, dass Kelek „in einem Interview mit dem ZDF muslimischen Männern einen grundsätzlichen Hang zur Sodomie unterstellen durfte“[40], im April 2016 erklärt sie es fast wortgleich einer Interviewerin von der Zeit: „Sie durfte sogar muslimischen Männern unkommentiert Sodomie unterstellen.“[41] Es ist mittlerweile bald sechs Jahre her, dass Necla Kelek die Aussage, die Kaddor ihr unterstellt, nicht gemacht hat. Und eigentlich hätte das Thema, über das Kaddor für die Fachzeitschrift schreiben sollte, gelautet: „Vom Klassenzimmer in den Heiligen Krieg – Warum Jugendliche islamistische Fundamentalisten werden“. Doch Kaddor kann an nichts anderes mehr denken. Sie ist zur Stalkerin geworden.
XV. Das Gerücht hat seine Blase gefunden (↑)
Das Gerücht hat keine große Verbreitung gefunden, aber immerhin eine Blase, in der es ungestört kursieren kann. Die Blase ist stabil. Es gibt aus ihr kein Entkommen. Im Mai 2016 etwa wird Jakob Augstein in sie hineingezogen, durch welchen Zufall auch immer. Er wird sehr spät in sie hineingezogen. Er wird, vielleicht auch deshalb, ganz besonders wütend. Er zitiert Kelek in seiner Spiegel-online-Kolumne ganz besonders falsch. Er nennt ihr Denken menschenfeindlich. Er unterstellt ihr Rassismus. Er will auf diese Weise vielleicht wiedergutmachen, dass er das nicht schon längst getan hat.[42]
Aber dann geschieht etwas Unerwartetes. Seine Zitatfälschung fliegt auf. Zum ersten Mal, seit das Gerücht in Umlauf ist, fällt jemandem auf, dass es nicht stimmen kann. Der Autor Tilman Tarach sieht sich die zitierte Stelle im Original an. Er stellt fest, dass Augstein falsch und verleumderisch zitiert, und weist es ihm in einem Blogbeitrag nach.[43] Der Nachweis ist zwingend. Augstein müsste, wenn er bei Verstand wäre, sein Falschzitat sofort berichtigen oder ganz zurücknehmen. Aber Augstein ist nicht bei Verstand. Es gibt aus der Blase kein Entkommen. In Erwiderung auf Tarach geht Augstein vielmehr zum offenen Rufmord über, nicht an Tarach, sondern an Necla Kelek: „Ich empfehle unbedingt“, schreibt er auf Facebook, „das Originalvideo mit Necla Kelek zu sehen, in dem sie erklärt, dass der Islam Sex mit Tieren lehrt.“[44] Und unter denen, die ihm per „Gefällt mir“ Beihilfe leisten, befinden sich auch drei, die wir bereits kennen: Ali Bas, Daniel Bax und Ruprecht Polenz.
XVI. Die Blase will nicht platzen (↑)
Es gibt aus der Blase kein Entkommen. Die Illusion, dass sie wissen, wovon sie reden, ist für die, die in der Blase stecken, das einzige, was sie letztlich haben. Sie alle hätten an Augsteins Stelle wohl nicht anders reagiert. Sie alle bräuchten im Grunde einfach Hilfe. Aber würden sie sie überhaupt annehmen? Die Blase ist stabil; wer in ihr steckt, kommt gar nicht auf die Idee, dass er im Unrecht sein könnte. Und am tiefsten steckt in ihr natürlich Lamya Kaddor.
Als Lamya Kaddor ihr Gerücht im September 2016 das nächste Mal neu verbreitet, scheint sie für einen Moment sogar zu ahnen, dass sie Probleme hat. Vielleicht hat sie die Sache mit Augsteins Falschzitat ja mitbekommen. Vielleicht ist ihr für einen Moment ja bewusst geworden, dass sie selbst Necla Kelek seit Jahren unentwegt falsch zitiert. Selbst Stalker können Momente der Klarheit haben. Man weiß es nicht. Doch wie auch immer: Wenn Kaddor einen solchen Moment hatte, dann war er jedenfalls nur kurz.
„Weil es so schwer ist“, schreibt Kaddor im September 2016, „die Aussage korrekt zu paraphrasieren, zitiere ich sie im Wortlaut.“ Sie schreibt es in ihrem Buch „Die Zerreißprobe“. Sie schreibt es, als wolle sie etwas gestehen. Man ist gespannt. Es kann nur einen Wortlaut geben, und der ist trotz aller Falschzitierungen ja bekannt und verifizierbar. Man erwartet diesen Wortlaut. Man hält es nicht für möglich, dass Kaddor Keleks Aussage nach dieser Ankündigung schon wieder falsch zitiert. Aber sie tut es. Was Lamya Kaddor als Wortlaut ankündigt, ist nicht der Wortlaut; es ist die von ihrem Ehemann durch Auslassungen verfälschte Version dieses Wortlauts, aus welcher Kaddor dann auch noch die Auslassungszeichen weggelassen hat.[45] Es ist, als wollte Kaddor endlich einmal die Wahrheit sagen, wäre dazu aber einfach nicht mehr in der Lage.
XVII. Das Prinzip der gefühlten Wahrheit (↑)
Das Gerücht hat eine Blase gefunden, in der es ungestört kursieren kann. Necla Kelek hat sich zu alldem seit 2012 nicht mehr geäußert; es ist vielleicht besser so. Lamya Kaddor ist noch keine 40, und sie hat Energie. Sie wird noch viele Jahre Gerüchte verbreiten, nicht nur über Kelek, sondern auch über andere.[46] Nicht zu wissen, was man redet, ist ein Geschäftsmodell, gerade in geisteswissenschaftlichen Kreisen. Im Januar 2017 wird Kaddor ihr Gerücht über Kelek in einer wissenschaftlichen Aufsatzsammlung über „Salafismus in Deutschland“ unterbringen,[47] im Oktober 2017 in einer Aufsatzsammlung über „Islam und Bildung“.[48] Und für die Aufsatzsammlung vom Oktober wird Cem Özdemir auch noch das Vorwort schreiben und als einzige unter vierzehn Autoren Kaddor namentlich und lobend hervorheben.
Andererseits hat das Geschäftsmodell natürlich auch Grenzen. Ebenfalls im Oktober 2017 verliert Cem Özdemir in München einen Prozess gegen Otto Schily; dieses Mal ist es Schily, dem Özdemir eine Aussage unterstellt hat, die dieser nicht gemacht hat. Zu Özdemirs Rechtfertigung vertritt sein Anwalt eine Art Prinzip der, wie die Süddeutsche Zeitung es ausdrückt, „gefühlten Wahrheit“: es komme nicht auf die eigentliche Aussage an, sondern darauf, wie sie verstanden wird. Das Landgericht München I hat erwartungsgemäß einen anderen Wahrheitsbegriff und folgt diesem Prinzip nicht.[49]
Das Prinzip der gefühlten Wahrheit ist natürlich das, was auch das Gerücht über Necla Kelek in Umlauf hält. Nach dem Prinzip der gefühlten Wahrheit schreiben Leute, die nicht wissen, was sie schreiben, ganze Aufsätze und Bücher. Der promovierte Medienwissenschaftler Raphael Rauch, früher Redakteur beim ZDF, heute beim SRF, schafft es im September 2017 sogar, das Gerücht ausgerechnet in einer „Zeitschrift für Medienethik und Kommunikation“ unterzubringen, in einer Formulierung, die er wiederum von Thorsten Gerald Schneiders übernommen hat.[50] Der eine schreibt es vom andern ab. Die Blase ist klein, aber stabil.
Das Gerücht wird weiterwandern, gerade in einer bestimmten akademischen Halbwelt. Im Dezember 2017 landet es in einem Buch des Wiener Philosophen Georg Cavallar. „Zu Keleks haltlosen, undifferenzierten und polemischen Verallgemeinerungen“, schreibt Cavallar, „gehörte etwa die Aussage, […] der typische Muslim ‚müsse sich entleeren, und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier‘. Das habe sich ‚im Volk so durchgesetzt‘.“[51] Er schreibt es unter Berufung auf Wolfgang Benz und Daniel Bax. Er schreibt es aus, wie man sieht, schierer Dummheit. Doch er lehrt eben auch Philosophie und Pädagogik an der Universität Wien.
So viele Prozesse, wie Necla Kelek gewinnen würde, kann sie gar nicht führen. Das Gerücht hat seine Blase gefunden, und aus der wird es sich nicht mehr entfernen lassen. Und der einzige Trost, der Necla Kelek am Ende bleibt, ist: es wird aus dieser Blase auch kaum mehr nach außen dringen. Die Hoffnung auf einen Sturm der Entrüstung gegen Kelek hat sich zerschlagen. Die Blase ist klein. Man verkauft sich das Gerücht vorwiegend nur noch gegenseitig. Im wesentlichen haben die Insassen der Blase sich nur noch gegenseitig als Leser.
Sie wissen nicht, was sie reden, doch es will ja auch kaum jemand wissen.
Fußnoten
[1] Christoph Wagenseil / Verena Maske, Islamkritik und Rassismus. Ein Briefwechsel über einen Essay von Ahmad Mansour, Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e.V., 17.08.2016, http://www.remid.de/blog/2016/08/islamkritik-und-rassismus-ein-briefwechsel-ueber-einen-essay-von-ahmad-mansour/
[2] Liberal-Islamischer Bund, Zur Verleihung des Freiheitspreises der Friedrich-Naumann-Stiftung an Necla Kelek, 21.Juli 2010. https://web.archive.org/web/20100929152149/http://www.lib-ev.de:80/?document=pe20100721kelek
[3] Dontyoubelievethehype, Und der diesjährige Freiheits-Oscar geht an …, 22. Juli 2010, http://dontyoubelievethehype.com/2010/07/und-der-diesjaehrige-freiheits-oscar-geht-an/
[4] Dr. Maryam Dagmar Schatz, Lamya Kaddor und Necla Kelek, 23. Juli 2010, http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=15445
[5] Dontyoubelievethehype, Antwort vom ZDF, 29. 07.2010, http://dontyoubelievethehype.com/2010/07/antwort-vom-zdf
[6] Necla Kelek, Chaos der Kulturen, Köln: Kiepenheuer & Witsch (2012), S. 180
[7] 3sat Kulturzeit, Hilal Sezgin im Gespräch mit Tina Mendelsohn, 30. August 2010, https://youtu.be/RaVwZRqAR2A?t=3m36s
[8] Christoph Heinlein, FDP-Politiker wirft Kelek Rassismus vor, news.de, 2. September 2010, http://web.archive.org/web/20110511200649/http://www.news.de/politik/855071706/fdp-politiker-wirft-kelek-rassismus-vor/1/
hier: http://www.youtube.com/watch?v=kYWA-INbTSE&feature=results_video&playnext=1&list=PL1D40C9FF95499162 – Youtube hat das Video im Frühjahr 2018 gelöscht: »Dieses Video wurde entfernt, weil es gegen die Youtube-Richtlinien zu Belästigung und Mobbing verstößt.«
[10] https://www.petitionen24.com/kelek
[11] gruene-muslime.de, Petition gegen die Verleihung des Freiheitspreises an Necla Kelek ein starkes Zeichen, 5. November 2010. http://web.archive.org/web/20160331042332/http://gruene-muslime.de/PM_Petition.pdf
[12] „Freiheitspreis“ für Vorurteile und Spaltung zwischen Muslimen und Nichtmuslimen, 6. November 2010. http://islam.de/16838.php
[13] Zentralrat der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek lässt FDP-Mitgliedschaft ruhen, 20. November 2010. http://islam.de/16921.php
[14] Till-R. Stoldt, Frei, mutig, muslimisch. Interview mit Lamya Kaddor, Welt am Sonntag, 14.11.2010. https://www.welt.de/print/wams/nrw/article10920248/Frei-mutig-muslimisch.html
[15] „Nebenbei versteigt sie sich immer wieder zu Äußerungen, die noch von den lauesten Kulturmuslimen als diffamierend empfunden werden: ‚Der muslimische Mann muss ständig der Sexualität nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier… Das hat sich im Volk durchgesetzt, das ist Konsens.‘ Wie viel Überzeugungskraft besitzt wohl solch eine ‚Reformatorin‘ unter Gläubigen, denen sie kollektiv Sodomie unterstellt?“ – Till-R. Stoldt, Luthers Kopftuch, Die Welt, 14.01.2011. https://www.welt.de/kultur/article12152083/Taugen-Islamkritiker-zur-Erneuerung-des-Islam.html
[16] „2010 wurde ihr der Freiheitspreis der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung zugesprochen, nur wenige Tage nachdem sie im ZDF erklärt hatte (wörtliche Transkription): ‚Ich sehe nach diesem Menschenbild, von der ich vorhin gesprochen habe, was der Islam auch vorgibt – in der Erziehung, da gibt es ein Menschenbild, was konstruiert ist. Die Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren, und besonders der Mann nicht, und der ist ständig eigentlich herausgefordert und muss auch der Sexualität nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, eben dann ein Tier […] und das hat sich im Volk so durchgesetzt, das ist ein Konsens.'“ – Thorsten Gerald Schneiders, Grundzüge der Islamfeindlichkeit in Deutschland, in: Martin H. W. Möllers und Robert Chr. van Ooyen (Hrsg.), Migration, Integration und europäische Grenzpolitik, Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft (2011), S.263-286 (hier: 271)
[17] „Man stelle sich auch einmal vor, welcher Sturm der Entrüstung durchs Land gehen würde, wenn er Folgendes über Christen behaupten würde: ‚Die Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren, und besonders der Mann nicht. Der ist ständig eigentlich herausgefordert und muss auch der Sexualität nachgehen, er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier oder eine andere Möglichkeit. Das hat sich im Volk so durchgesetzt, das ist so Konsens.‘ Mit diesen Worten hat Necla Kelek 2010 in einem ZDF-Interview die Sexualität des muslimischen Mannes beschrieben.“ – Cem Özdemir, Wir sind doch keine statistischen Ausreißer, FAZ, 27.05.2011. http://www.faz.net/-gsf-z6og
[18] Lamya Kaddor, Freiheitspreis für Necla Kelek setzt falsches Signal, 06.07.2011. http://web.archive.org/web/20160315234951/https://lamyakaddor.jimdo.com/2011/07/06/freiheitspreis-f%C3%BCr-necla-kelek-setzt-falsches-signal/
[19] ‚Zentaur‘, Bearbeitung des Wikipedia-Artikels „Necla Kelek“, 27.02.2012. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Necla_Kelek&diff=prev&oldid=100207703
[20] Necla Kelek, Chaos der Kulturen, Köln: Kiepenheuer & Witsch (2012), S. 180
[21] „Um das gewünschte Bild der Muslime zu verdeutlichen, werden Klischees und Vorurteile zum Teil erschreckend unverhohlen breitgetreten. Necla Kelek rückt die muslimischen Männer in den Bereich der Sodomie. In einem Interview mit dem ZDF erklärt sie (wörtliche Transkription): ‚Ich sehe nach diesem Menschenbild, von der ich vorhin gesprochen habe, was der Islam auch vorgibt – in der Erziehung, da gibt es ein Menschenbild, was konstruiert ist. Die Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren, und besonders der Mann nicht, und der ist ständig eigentlich herausgefordert und muss auch der Sexualität nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, eben dann ein Tier […] und das hat sich im Volk so durchgesetzt, das ist ein Konsens.‘ (Forum am Freitag, 16.7.2010)“ – Thorsten Gerald Schneiders, Die dunkle Seite der Islamkritik, in: Schneiders (Hrsg), Verhärtete Fronten, Wiesbaden: Springer VS (2012), S.77-96 (hier: 80)
[22] „Kelek nimmt mit ihren kruden Thesen – sie unterstellt Muslimen schon mal pauschal den Hang zur Sodomie – nicht das erste Mal Einfluss auf deutsche Politik und Behörden.“ – Lamya Kaddor, Ein Beschneidungsverbot wäre Intoleranz, deutschlandfunkkultur.de / Politisches Feuilleton, 24.08.2012. http://www.deutschlandfunkkultur.de/ein-beschneidungsverbot-waere-intoleranz.1005.de.html?dram:article_id=219530
[23] „So mutmaßte sie im ‚Zweiten Deutschen Fernsehen‘ im Sommer 2010 über die Sexualität des Menschen und insbesondere über die des Mannes und noch spezieller über die des muslimischen Mannes. Der Mensch habe generell nicht die Fähigkeit, seine Sexualität zu kontrollieren, der männliche Mensch noch weniger. Er sei ständig sexuell gefordert und müsse dem entsprechen. Der Mann müsse sich entleeren, sagte Frau Kelek, und wenn er keine Frau finde, dann nehme er eben ein Tier. Das habe sich im Volk so durchgesetzt, darüber bestehe Konsens. Auch wenn sie später davon abrückte und dem Interviewer die Schuld gab, dass er sie durch die Gesprächsführung zu einer solchen Aussage gedrängt habe, muss Necla Kelek sich vorhalten lassen, dass solche Äußerungen unseriös sind und dass eine medienerfahrene Expertin wie sie sich fragen lassen muss, ob es nicht töricht sei, sich auf solche Fragestellungen überhaupt einzulassen.“ – Wolfgang Benz, Die Feinde aus dem Morgenland, München: C.H. Beck (2012), S. 114
[24] „warum Kelek so umstritten ist, verdeutlicht beispielsweise eine öffentliche Äußerung, in der sie muslimische Männer pauschal in den Bereich von Sodomie rückt. In einem Interview mit dem ZDF erklärte Necla Kelek (wörtliche Transkription): (…) „ – Thorsten Gerald Schneiders, Islamkritik – Deckmantel für feindliche Bestrebungen und notwendiges Korrektiv, in: Bundesministerium des lnnern (Hrsg), Tagungsband Muslimfeindlichkeit – Phänomen und Gegenstrategien, Berlin 2012, S. 104-112 (hier: 105, Fußnote)
[25] „Sogar Necla Kelek, die sich als Islamkritikerin einen Namen gemacht hat, versteht sich als Sprachrohr der schweigenden säkularen nicht organisierten Muslime, obgleich sie diffamierende Stereotypien transportiert, wie wir dies aus der folgenden Aussage entnehmen können: „Der muslimische Mann muss ständig der Sexualität nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier… Das hat sich im Volk durchgesetzt, das ist Konsens“ (vgl. Kelek in Forum am Freitag, 16.07.2010; Kelek zitiert nach Stoldt in Die Welt, 14.01.2011).“ – Naime Cakir, Vom „Nutzen“ der Islamdebatte, in: Bundesministerium des lnnern (Hrsg.), Tagungsband Muslimfeindlichkeit – Phänomen und Gegenstrategien, Berlin 2012, S. 97-103 (hier: 100, Fußnote)
[26] „Kelek schreckt in ihrer ‚Islamkritik‘ mitunter auch nicht vor ordinären Kollektivdenunziationen zurück. Das galt z.B. im Juli 2010 für eine das oft literarische Niveau ihrer meist perfekt lektorierten Texte wieder einmal in holperigem Sprachduktus eigentümlich kontrastierende Sexualisierung des muslimischen Mannes zu einer Art Triebwesen in einem ZDF-Interview, das auf YouTube hängt und in dem kopftuchtragende Frauen als ‚Islam Bitches‘ (islamische Schlampen) bezeichnet werden: ‚Die Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren, und besonders der Mann nicht. Der ist ständig eigentlich herausgefordert, er muss sich ‘entleeren‘ heißt es – und wenn er keine Frau findet, eben dann ein Tier oder eine andere Möglichkeit, wo er auch dem nachgehen muss.‘ Wegen dieser dahingestammelten Entgleisungen in einem anderen Interview zur Rede gestellt, besserte Kelek, wieder eigentümlich holpernd, nach: ‚Das ist ein Ausschnitt aus einem langen Interview, wo ich versuche zu erklären, dass vom Koran her der Mann der Frau übergestellt ist.'“ – Klaus J. Bade, Kritik und Gewalt: Sarrazin-Debatte, „Islamkritik“ und Terror in der Einwanderungsgesellschaft, Schwalbach/Ts (Wochenschau Verlag) 2013
[27] „‚Die [islamisch erzogenen, Anm. der Red.] Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren‘, sagte Necla Kelek im ZDF und fuhr fort: ‚Besonders der Mann nicht, und der ist ständig eigentlich herausgefordert und muss auch der Sexualität nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier […].‘ Tja, wenn selbst ‚die Türkin‘ (und wenn sie Lust hat, auch ‚die Muslimin‘) Kelek erzählt, dass muslimische Männer ihre Sexualität an Tieren entleeren, dann muss es halt stimmen.“ – Kübra Gümüsay, Die deutschen Haustürken, Die Tageszeitung, 1. Mai 2013, http://www.taz.de/!5068331/
[28] „Am 16. Juli 2010 gingen Keleks Ressentiments im ZDF ungefiltert über den Sender: ‚Die [muslimischen] Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren und besonders der Mann nicht, und der ist ständig eigentlich herausgefordert und muss auch der Sexualität nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier […].'“ – Lamya Kaddor, Taktlos!, sagwas.net / Forum Berlin – Ein Projekt der Friedrich Ebert Stiftung, 30. Mai 2013, http://web.archive.org/web/20140702143327/https://sagwas.net/taktlos/
[29] „Kelek wird selbst von wissenschaftlicher Seite seit Jahren ein erheblicher Anteil an der Verbreitung von Islamfeindlichkeit beigemessen, etwa weil sie Muslimen schon mal frei von der Leber weg im ZDF pauschal einen Hang zur Sodomie unterstellt.“ – Lamya Kaddor, Die Heiligen Krieger von Dinslaken, Christ und Welt, Ausgabe 24/2013 (6.6.2013), http://web.archive.org/web/20160317202935/http://www.christundwelt.de/themen/detail/artikel/die-heiligen-krieger-von-dinslaken/
[30] „Völlig diskreditiert hat sich die von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG als ‚Hasspredigerin‘ bezeichnete Kelek mit einer Aussage während eines skandalträchtigen ZDF-Interviews, in dem sie behauptete, das islamische Menschenbild gehe davon aus, der muslimische Mann könne seine Triebe nicht beherrschen und müsse sich ständig entleeren, notfalls bei einem Tier.“ – Khola Maryam Hübsch, Unter dem Schleier die Freiheit – Was der Islam zu einem wirklich emanzipierten Frauenbild beitragen kann, Ostfildern (Patmos Verlag) 2014
[31] „[Keleks] öffentliche Präsenz und die vielen erhaltenen Ehrungen wirken angesichts menschenverachtender Äußerungen, wie dies am Sodomie-Vorwurf gegenüber muslimischen Männern zu sehen ist, mehr als befremdlich: ‚Der muslimische Mann muss ständig der Sexualität nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier… Das hat sich im Volk durchgesetzt, das ist Konsens.‘ (Kelek im Forum am Freitag, 16.07.2010; vgl. auch Kelek in Stoldt, die Welt 14.01.2011)“ – Naime Cakir, Islamfeindlichkeit: Anatomie eines Feindbildes in Deutschland, Bielefeld (transcript Verlag) 2014, S.199
[32] Ruprecht Polenz, Facebook, 21.12.2014, https://www.facebook.com/ruprecht.polenz/posts/946027672075535?match=bmVrbGEga2VsZWssa2VsZWssbmVrbGE%3D
[33] Manuel Schumann, „Rudeljournalismus“ schadet unserer Demokratie – Ruprecht Polenz über die Macht der Medien, Politiker in sozialen Netzwerken und die Strategie der selektiven Mobilisierung, Telepolis, 27.09.2014, https://heise.de/-3367504
[34] Markus Feldenkirchen, Christoph Reuter, Mathieu von Rohr, Jörg Schindler, Samiha Shafy und Christoph Sydow: Das Kalifat des Schreckens, Der Spiegel 34/2014 vom 18.08.2014 – http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-128743740.html
[35] „die sogenannte Islamkritikerin Necla Kelek, die gerne mal im Interview mit dem ZDF allen muslimischen Männern pauschal eine Neigung zur Sodomie unterstellt und sogleich hinterherschiebt, dass das Konsens in islamischen Gesellschaften sei.“ – Lamya Kaddor, Zum Töten bereit: Warum deutsche Jugendliche in den Dschihad ziehen, München/Berlin: Piper (2015), S. 162
[36] Thorsten Gerald Schneiders, Wegbereiter der modernen Islamfeindlichkeit, Wiesbaden: Springer VS (2015), S.10
[37] Verlagsankündigung Springer VS – http://www.springer.com/de/book/9783658079734#
[38] „Echten Ärger gab es nur einmal, als sie in einem Interview so weit ging, zu behaupten, bei Muslimen habe die Sodomie Tradition. Der muslimische Mann ‚müsse sich entleeren, und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier‘, erzählte sie einem konsternierten ZDF-Moderator.“ – Daniel Bax, Angst ums Abendland, Frankfurt am Main: Westend Verlag (2015), S. 125
[39] „Auch in Deutschland reibt man sich die Augen. Die Soziologin Necla Kelek erklärt im öffentlich-rechtlichen ZDF ganz nebenbei alle Männer einer bestimmten Gruppe zu Sodomisten. Großes Aufheben wird darum nicht gemacht. Es bleibt einfach so stehen“ – Lamya Kaddor, Die Zerreißprobe, Berlin: Rowohlt Berlin (2016)
[40] „Im Fall Necla Keleks ging das so weit, dass sie in einem Interview mit dem ZDF muslimischen Männern einen grundsätzlichen Hang zur Sodomie unterstellen durfte.“ – Lamya Kaddor, Vom Klassenzimmer in den Heiligen Krieg – Warum Jugendliche islamistische Fundamentalisten werden, in: Lehren & Lernen, Heft 2/2016, S. 25–30, Neckar Verlag Villingen-Schwenningen
[41] „Sie durfte sogar muslimischen Männern unkommentiert Sodomie unterstellen. Sie sagte damals, der muslimische Mann kreise ständig um Sexualität und wenn seine Frau seinen Bedürfnissen nicht nachkomme, nehme er eben ein Tier.“ – ‚Viele Muslime wenden sich innerlich von Deutschland ab‘: Interview mit Lamya Kaddor von Andrea Backhaus, Zeit online, 11. April 2016, http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-03/integration-islamophobie-deutschland/komplettansicht
[42] „Die Soziologin Necla Kelek hat lange vor Jan Böhmermanns Ziegenficker-Gedicht im ZDF über Muslime gesagt: ‚Die Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren, und besonders der Mann nicht. Der ist ständig (…) herausgefordert und muss auch der Sexualität nachgehen (…) – und wenn er keine Frau findet, dann eben ein Tier…‘ Dumm und dauergeil, so ist er, der Muslim.“ [Auslassungen im Original] – Jakob Augstein, Gerüchte über Muslime, Spiegel online, 9. Mai 2016: http://www.spiegel.de/politik/ausland/rassismus-in-europa-geruechte-ueber-muslime-kolumne-a-1091398.html
[43] Tilman Tarach, Wenn der Augstein zweimal schwindelt, achgut.com, 10.05.2016: http://www.achgut.com/artikel/wenn_der_augstein_zweimal_schwindelt
[44] „Ich empfehle unbedingt, das Originalvideo mit Necla Kelek zu sehen, in dem sie erklärt, dass der Islam Sex mit Tieren lehrt. Ja, das nenne ich Rassismus. Es ist, was man auf US-amerikanisch Hate-Speech nennt. Ein zersetzendes, menschenverachtendes Gift, das die multikulturellen Gesellschaften des Westens gefährdet.“ – Jakob Augstein, Facebook, 10.05.2016, Augstein hat das Posting nach Erscheinen dieses Artikels gelöscht. Screenshot:
[45] „Weil es so schwer ist, die Aussage korrekt zu paraphrasieren, zitiere ich sie im Wortlaut. ‚Ich sehe nach diesem Menschenbild, von dem ich vorhin gesprochen habe, was der Islam übrigens auch vorgibt. In der Erziehung, da gibt es ein Menschenbild, was konstruiert ist. Die Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren, und besonders der Mann nicht, und der ist ständig eigentlich herausgefordert und muss auch der Sexualität nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, eben dann ein Tier, oder eine andere Möglichkeit, wo er auch dem nachgehen muss. Und das hat sich im Volk so durchgesetzt, das ist ein Konsens, wo auch die älteren Damen, und Frauen, immer davon sprechen: ‚wenn du dich jetzt so kleidest, er muss ja, er kann nicht anders‘.“ – Lamya Kaddor, Die Zerreißprobe, Berlin: Rowohlt Berlin (2016) / (durchgestrichen sind die Passagen, die Kaddor aus dem tatsächlichen Wortlaut weglässt)
[46] „Frau Kaddor lügt explizit“, schreibt die Islamismusexpertin Sigrid Herrmann-Marschall über Aussagen, die Kaddor über sie gegenüber der Süddeutschen Zeitung macht – Sigrid Herrmann-Marschall, Wer braucht schon Belege?, Vorwärts und nicht vergessen (Blog), 5. August 2017: https://vunv1863.wordpress.com/2017/08/05/wer-braucht-schon-belege/
[47] Lamya Kaddor, Vom Klassenzimmer in den Heiligen Krieg – Warum Jugendliche islamistische Fundamentalisten werden (Nachdruck aus: Lehren & Lernen 2/2016, s.o.), in: Ahmet Toprak, Gerrit Weitzel, Salafismus in Deutschland – Jugendkulturelle Aspekte, pädagogische Perspektiven, Wiesbaden: Springer VS (2017), S. 91-102
[48] Lamya Kaddor, Vom Klassenzimmer in den Heiligen Krieg – Warum Jugendliche islamistische Fundamentalisten werden (Nachdruck aus: Lehren & Lernen 2/2016, s.o.), in: Heiner Barz, Klaus Spenlen (Hrsg.) Islam und Bildung – Auf dem Weg zur Selbstverständlichkeit, Wiesbaden: Springer VS (2017), S. 141-152
[49] Gerichtsurteil: Otto Schily gewinnt gegen Cem Özdemir, sueddeutsche.de, 25. Oktober 2017: http://www.sz.de/1.3724403
[50] „In einem Interview rückte die Islamkritikerin Necla Kelek muslimische Männer diffamierend in die Nähe von Sodomie“ – Raphael Rauch, 10 Jahre „Islamisches Wort“ und „Forum am Freitag“, in: Communicatio Socialis, Zeitschrift für Medienethik und Kommunikation in Kirche und Gesellschaft Nr. 3/2017, S. 391-405, hier: S.402
[51] Georg Cavallar, Islam, Aufklärung und Moderne, Kohlhammer (Urban-Taschenbücher), Dezember 2017
Korrektur
In der ursprünglichen Fassung dieses Artikels hieß es an dieser Stelle: »In nicht einem der Bücher und Aufsätze, die Necla Kelek bis hierher veröffentlicht hat, taucht das Thema Sodomie auch nur auf.« Das ist nicht richtig; tatsächlich taucht das Thema an einer Stelle auf, in einem einzelnen Satz in Keleks Buch ›Himmelsreise‹ nämlich (Köln 2010, Seite 141). Kelek gibt in diesem Satz die Aussage eines türkischen Sexualtherapeuten über männliche Jugendliche in der ländlichen Türkei wieder.
Update 16.12.2018: Einige Fußnoten wurden auf den neuesten Stand gebracht.
[…] die Anhänger des Gerüchts bleibt die gefühlte Wahrheit wichtiger als die Fakten. In einem Gastbeitrag für die Ruhrbarone hat Jörg Metes am Sonntag nachgewiesen, wie Lamya Kaddor seit sieben Jahren über Necla Kelek eine infame Unwahrheit verbreitet. Kelek […]
Großartig!
Was für eine groteske Klamotte.
Und noch kein Kommentar?
Ich muß zugeben, der Text ließ auch mich zunächst ratlos zurück. Nicht nur weil ich von dieser Farce noch gar nichts mitbekommen habe, sondern auch weil es etwas dauerte bis ich mir sicher war, die Schraube des Wahnsinns wird hier nochmal eine Umdrehung weitergedreht.
Am Anfang steht dieses Zitat:
„Da gibt es ein Menschenbild, was konstruiert ist: Die Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren, und besonders der Mann nicht. Und der ist ständig eigentlich herausgefordert und muss auch der Sexualität nachgehen. Er muss sich ‚entleeren‘, heißt es, und wenn er keine Frau findet, eben dann ein Tier, oder eine andere Möglichkeit, wo er auch dem nachgehen muss. Und das hat sich im Volk so durchgesetzt, das ist ein Konsens, wo auch die älteren Damen, und Frauen, immer davon sprechen: ‚wenn du dich jetzt so kleidest, er muss ja, er kann nicht anders‘.“
Diese Aussage hat einen Sturm im Wasserglas ausgelöst. Gestritten wird,
was wortwörtlich gesagt wurde,
oder was das Gestolpere wohl bedeuten möge,
und abweichende Auffassungen werden jeweils der Lüge bezichtigt.
Niveau geht anders.
Die von Kelek beschriebene Denke ist auch in Mitteleuropa nicht völlig unbekannt. Teile der feminstischen Szene tragen sie gerne als Schwert gegen DEN Mann als solchen vor sich her, männliche Arschlöcher nutzen sie als Schild, mit dem sie ihre Übergriffigkeit glauben verteidigen zu können. Der zusätzliche Aspekt sind die armen Viecher, die kommen im mitteleuropäischen Märchenland nicht vor und bieten darum – und wahrscheinlich NUR darum – die Möglichkeit der zeilenfüllenden Skandalisierung.
Die hingestolperte Aussage ist nach meiner Wahrnehmung in ihrer Substanz von gewohnter Kelek-Qualität, es ist auch richtiges dabei. Die anschließende "Islam-Diskussion" ist ebenfalls von gewohnter Qualität, schlecht informiert, oberflächlich, alle Antworten schon kennend, selbstherrlich, wahrscheinlich letztlich am Thema völlig desinteressiert, lediglich der Selbstdarstellung dienend.
Werfe ich nochmals einen Blick auf das Zitat, fällt neben der animalischen Ergänzung die behauptete Geschlossenheit von Erzählern, Publikum allgemein und Publikum das bereit ist der Erzählung inhaltlich zu folgen auf. Muslime sprechen zu Muslimen über Muslime und DER Muslim und DIE Muslima glaubt den Quatsch. ÜBER Muslime? Ja. Eine Erzählung in einem geschlossenen Milieu kann natürlich rethorisch allgemeiner formuliert sein, kann aber eo ipso letztlich nur über sich selber sprechen. (Das kennen wir u.a z.B. von AfD-Fans, die für Deutschland, DIE Deutschen und in Wirklichkeit aber ebenfalls nur von sich selbst sprechen.)
Zusammenfassend und etwas überspitzt formuliert hätte Kelek also gemeint:
DIE Muslimen erzählen, DIE Muslime besteigen alles was nicht bei drei auf den Bäumen ist und DIE Muslimen glauben das auch noch.
Wer mag, darf sich über dieses Kondensat aufregen.
Für mich ist die Frage "stimmt das?", oder "was davon stimmt?", spannender.
Wie bereits geschrieben ist mir auch aus der muslimischen Welt die Fama vom notgeilen Mann bekannt. Die Sodomie-Volte war mir bisher nicht untergekommen. Leider gibt der verlinkte Spiegelartikel zwar nicht die Lendenschurz tragenden Ziegen her, aber dafür bekommt man einen von Gemüsegurken sexuell belästigten Sarkawi und die Info, dergleichen stieß in Syrien auf ein dermaßenes Unverständnis, weswegen Personal aus Nordafrika und Europa rekrutiert werden mußte.
Zu konstatieren wäre also, es gibt die Erzählung vom notgeilen Mann, es gibt Erzähler die diese Erzählung in psychotischer Weise weitertreiben und man kann auch für letzteres ein einige tausend Köpfe zählendes, williges Publikum insbesondere in der Ferne finden.
Demnach hätte Kelek Sarkawi und seine gestörte Entourage entgegen den Tatsachen zum Prototyp DES Muslimen hochgejazzt und diffamierenden Unsinn erzählt.
Und tatsächlich – das hat sie
auch.
Die muslimische Community ist damit aber mitnichten aus dem Schneider. Wenn mir meine muslimischen Freunde sagen, das was Sarkawi tut und erzählt, das ist nicht Islam, dann stimmt das und es stimmt nicht.
Die Kehrseite der Medaille erzählt eine schwierigere Geschichte. Abgesehen von der (von Gemüsegurken) gestörten Sexualität von Sarkawi und Co bleibt deren Denken unwidersprochen und gilt sogar als irgendwie besonders fromm. Es gibt nach meiner Kenntnis kein populäres liberales Leitbild, keine populäre liberale Erzählung des Islam, das die benötigten roten Linien, um frömmlerischen Irrsinn zurückzuweisen zu können, mitbringt. Im Gegenteil, ein von Petrodollars verblödeter Islam ist weltweit zunehmend populär und gilt solang als vorbildlich, solange man nicht selbst in die Mündung des Schnellfeuergewehrs schaut.
Dabei liefern Sarkawi und Co hinreichende Argumente Formen des Islam klar zurückzuweisen.
Ein von Gemüsegurken sexuell Belästigter mag Ansprüche auf eine Führungsposition erheben, die Zuweisung eines Therapieplatzes erschiene aber auch Muslimen naheliegender. Ein womöglich auch von Gelbfrüchten Attakierter, alles um sich herum Massakrierender mag den Djihad predigen, aber auch Muslimen ist verständlich, so jemand bräuchte dringend professionelle Hilfe in der geschlossenen Abteilung.
Kelek liegt mal wieder daneben und knallt für Aufregung sorgend die Türen zu. Immerhin kann man dannn wissen, wo überhaupt die Türen sind.
Ob der Halbsatz nun drinsteht oder nicht, das ändert in keiner Weise den Inhalt der Aussage von Frau Kelek. Ich wundere mich über die Leute, die Zeit haben seitenweise über Frau Kelek und Frau Kaddor zu schreiben. Irgendwie liegt der Verdacht nahe, dass erstere darunter "leidet", dass man in letzter Zeit so wenig über sie spricht – oder hat sie ein neues Buch im Hinterhalt? Die ganze Debatte ist einfach lächerlich und reine Zeitverschwendung. Warum druckt ihr so etwas ab?
Erik Lars Myr: Ob man etwas kritisiert oder es sich zu eigen macht ändert den Inhalt der Aussage also "in keiner Weise"? Meinen Sie das eigentlich ernst? Oder haben Sie die Recherche überhaupt nicht gelesen?
Eine solche Arbeit, wie sie hier von Jörg Metes vorgelegt wird, verdient höchsten Respekt, wenn nicht Bewunderung. Dies allein schon deshalb, weil sie ein Musterstück einer selten gewordenen Aufklärung mittels wahrhafter Wissenschaftlichkeit darstellt. Dies ist im Gegensatz zur bloßen Meinungsäußerung bekanntermaßen nicht ohne zeitraubende und nicht immer vergnügliche harte Arbeit zu haben. Bedeutsam ist Metes Arbeit zudem, weil sie Strategie und Formen einer hierzulande herrschenden Kritik an der Kritik des politischen Islams entlarvt und zugleich die berufsethische Selbsvergessenheit von großen Teilen sowohl des Journalismus als auch einer gesinnungsethisch betriebenen Wissenschaft offen legt.
Sicher sind die geschilderten Mechanismen, die nicht nur bei diesem Thema vorherrschend sind, für jemanden, der sich seit langem damit beschäftigt, leider nicht neu. Die aggressiv-denunziatorische Abwehr von Kritik und die Sabotage rationaler Diskussion, die längst Bestandteil des öffentlichen Raums sind, können jedem begegnen, der sich in einem Bildungs- oder Politikdiskurs befindet – bevorzugt mit dem fast immer falsch benutzten Vorwurf des „Rassismus“ (anstelle von „Fremdenfeindlichkeit“) und/oder „Rechtspopulismus“.
Eine dringend zur Lektüre empfohlene Ergänzung zu dem hier präzise analysierten Fall ‚Lamya Kaddor‘ stellt der Artikel von Thierry Chervel „Stakkato der Infamie“ im Perlentaucher v. 18.12.2017 dar, vor allem wegen der an dessen Ende formulierten politischen Bedeutung solcher Vorgänge.
Es geht bei dem von Jörg Metes mustergültig durchleuchteten Skandal, der exemplarisch für ein vergiftetes, aufklärungsfeindliches und demokratiegefährdendes Diskussionsklima steht, das systematisch von den Kriikern einer Islamkritik, die ihrerseits nicht auf die Religion, sondern auf die politische Ideologie einer nichtsäkularisierten Religion abzielt, erzeugt wird.
Immerhin kann man es als Fortschritt ansehen, dass Aufklärer, Religions- und Ideologiekritiker nicht mehr ermordet, sondern höchstens ihrer beruflichen Grundlage sowie ihres Rufes beraubt werden. Obwohl selbst dies angesichts eines solchen Fanatiker bestätigenden Klimas nicht völlig auszuschließen ist.
Es ist zu hoffen, dass Necla Kelek sich weiterhin ihren Mut bewahren und ihre Gegener, die nicht selten unter der falschen Flagge des Links-Liberalismus segeln, entlarven kann.
Immerhin steht diese Aufklärerin nicht allein. Kritische Muslime wie Hamed Abdel-Samad, Seyran Ates, Güner Yasemin Balci, Fethi Benslama, Kamel Daoud, Ayaan Hirsi Ali, Ahmad Mansour, Boualem Sansal, Bassam Tibi, u.v.m. teilen mittlerweile ihr Schicksal.
Sie alle sind ob ihres Mutes nicht nur zu bewundern, sondern aktiv zu unterstützen – zuvorderst durch eine politische Linke, die noch nicht vergessen hat, was Aufklärung und ‚Linkssein‘ bedeutet. Bereits 1966 wusste der Lyriker Ernst Jandl:
manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht velwechsern
werch ein illtum !
Dank gebührt daher Autoren wie Jörg Metes und Thierry Chervel. Gleichwohl dürften sie desillusioniert genug sein, um zu meinen, die wohlfeilen und politisch korrekten Kritiker der Aufklärung erreichen zu können. Ebensowenig wie die sich im Relativismus bequem einrichtenden Realitätsverleugner. Gerade solchen wie Herrn Wolfram Obermanns könnte eine gründliche Lektüre inklusive (Sebst-)reflexion den eigenen Erkenntniswiderstand zum aufbrechen und zu einer klaren Positionierung verhelfen. Es geht, verehrter Herr Obermanns, auch im zur Rede stehenden Fall um antidemokratische und antiaufklärerische Tendenzen in unserer Gesellschaft, beileibe nicht um „groteske Klamotten“! Nein, Herr Obermanns, mitnichten geht es um zu interpretierende Worte, sondern um Strategien, die man Dank Metes und mehr noch bei Chervel klar erkennen kann. Vielleicht doch noch ein bis fünf mal lesen?
Ein kommunikativer Binnenraum der Muslime? Mitnichten! Man könnte Ihnen reichlich nichtmuslimische Autoren nennen, die das von Kelek beschriebene dominierende Menschenbild inklusive Geschlechterverhältnis und Sexualitätsstruktur der vordemokratischen, patriarchalen und tribalistisch organisierten Gesellschaften des islamischen Zivilisationsraums bestätigen.
Eine Verballhornung der Kelekschen Worte, die Sie als vermeintliches „Kondensat“ ausweisen, und die in einer Sprache, die nicht ihre Muttersprache ist, gesprochen wurden, sollte man sich allein aus Anstand verbieten.
„Leider gibt der verlinkte Spiegelartikel zwar nicht die Lendenschurz tragenden Ziegen her…“
Ach ja? Unabhängig vom Wahrheitsgehalt darf ich zitieren: „Auf den Viehmärkten müssen die Hinterteile der Ziegen und Schafe mit Lappen verhüllt sein, denn beim Anblick der unbedeckten Genitalien könnten Männer auf sündige Gedanken kommen.“ (Das Kalifat des Schreckens, Der Spiegel 18.8.2014, Nr. 34)
Halten wir also fest: Was nicht sein darf, das nicht sein kann !
Immerhin aber wird konzidiert, dass es „kein populäres liberales Leitbild, keine populäre liberale Erzählung des Islam [gibt], das die benötigten roten Linien, um frömmlerischen Irrsinn zurückzuweisen zu können, mitbringt.“
Das lässt eine Hoffnung auf Erkenntnis und Wissenserweiterung aufkeimen, die jedoch sogleich wieder erstickt wird: „Kelek liegt mal wieder (!) daneben und knallt für Aufregung sorgend die Türen zu“
Dass der Bote für die Botschaft verantwortlich gemacht wird, hat eine leidige Tradition. Dass man aber die Verantwortlichkeiten in ihr krasses Gegenteil verkehrt, um das eigene Vorurteil zu bestätigen, ist schon bedenklich. Wer macht da die Türen zu? Die Keleks und Abdel-Samads oder die unter „liberaler“ Flagge segelnden Kaddors und Tariq Ramadans?
@Erik Lars Myr: Weil es immer lohnenswert ist, die Charakterlosigkeit der im Selbstbild gut Seienden vor Augen geführt zu bekommen. Egal ob es sich um salonkommunistische, latent antisemitische Berufserbensöhnchen oder pseudoliberale Vorzeigemuslimas geht.
@Wolfram Obermanns, jetzt reg dich mal ab. vielleicht hilft es dir, wenn ich sage, daß ich solche Geschichten schon seit meiner Jugend gehört hatte, als noch kein einziger Moslem in Deutchland wohnte, und daß ich eine solche Geschichte, bzw. es war als Witz gemeint, über schottische Schafhirten gehört hatte, übrigens von einem Mann mit schottischen Wurzeln.
Daß sind in europa Witze, alle lachen, und niemand regt sich auf.
Aber wenn so etwas über Moslems gesagt wird? Denk mal darüber nach, warum dann jeder gesagte, oder nicht gesagte Buchstabe entscheidend ist.
@ #5 Hans-R. Schiesser
Ihnen gilt mein zweifacher Dank.
Einmal weil Sie unter ihrem Klarnamen schreiben und sich nicht als Burkademokrat hinter einem Alias verschanzen, zum anderen weil Sie für mich den Ziegenlendenschurz gefunden haben. Das Lesen auf mobilen Mäusekinos bringt, zumindest für mich, offensichtlich mehr Probleme mit sich, als ich gedacht hätte.
Sie werden es ahnen, die für Sie enttäuschende Absage an ihre Ausführungen folgt auf dem Fuße.
Ziegenlendenschurz hin oder her bleibt a) die Gemüsegurke für mich noch durchgenknallter und b) die dokumentierte Tatsache, diese Form des Islam erscheint Muslimen als Islam eines G
estörten. Richtig ist aber auch, wie Sie festgestellt haben – ich aber auch, wie Sie vielleicht als aufmerksamer Leser bemerkt haben könnten – man findet zuhauf Gestörte, die da trotzdem mitmachen (wollen).
Inwieweit Sie darum denken meine Argumentation in irgendeiner Weise widerlegt zu haben, erschließt sich mir also nicht.
Fr. Kelek hat sich im besprochenen Zitat umständlich, stolpernd ausgedrückt. Das darf man. Daraus mache ich Ihr auch keinen Vorwurf, warum auch. Nur, wer sich an einer politischen Diskussion beteiligt, muß sich schon an seinen eigenen Worten messen lassen und nicht an dem was die Verehrer der Person gerne gehört hätten. Meine Kurzfassung des Zitats halte ich nach wie vor für zutreffend. Auch meine ( als solche klar erkennbar gemachte) interpretatorische Eingrenzung des Menschenbildes als Aussage ÜBER Muslime halte ich auch nach ihrem Ausführungen für ohne weiteres haltbar, einfach schon darum weil Sie kein Gegenargument nennen.
Was bleibt m.E. übrig:
– Kelek hat daneben gegriffen. Nach meiner Kenntnis nicht zum ersten mal.
– Der kleine Augstein als Nebenerwerbsantisemit ist ohnehin keine belastbare Quelle und
– Kaddor sollte nicht nur sorgfältiger lesen, denn die zitiert tatsächlich falsch, sondern auch präziser argumentieren.
– Islamkritik ist in Deutschland erlaubt und wird es auf absehbare Zeit auch bleiben.
– Islamkritik ihrerseits ist ebenfalls nicht der Kritik entzogen, selbst wenn es die Säulenheiligen betrifft. Da werden sich Rechte und Linke vielleicht auch nochmal dran gewöhnen.
– die mediale Diskussion zur Immigration im Allgemeinen und zur muslimischen im Besonderen verharrt auf niedrigem Niveau.
– niemand kann mir verbieten mich darüber zu amüsieren, statt aufzuregen.
– ich habe keinen Anspruch darauf, daß mein Amusement auf Gegenliebe trifft.
Noch was?
Bestimmt.
@ #7 Helmut Junge
Ich rege mich nicht auf. Warum auch.
Ich stelle fest, die Soziologin haut Sprüche raus, die nicht wissenschaftlich sind. Da auch Soziologinnen sich privat äußern dürfen, ist das nicht weiter zu beanstanden. Als Leser sollte man es aber richtig einordnen können. Das hat Mertes m.E. nicht getan, sonder pflegt eher seinen Fankult. Das darf der wiederum auch. Nur in einem Blog wie diesem hier nicht notwendiger Weise unwidersprochen.
Heute, am 20.12.2017 auf WELT online+:
"Die Geschichte einer Verleumdungskampagne"
Das Thema war heikel, es ging um Sexualität im Islam: Lamya Kaddor verbreitete über Jahre ein angebliches Zitat der Religionskritikerin Necla Kelek – doch zitierte sie falsch. So nahm eine Verleumdungskampagne ihren Lauf…
Brilliant, fabelhaft, extrem klar formuliert!
Danke an den Autor für die umfangreiche Recherche und Informationssammlung!
Leider gibt das Video auf YouTube keine andere Möglichkeit, als Frau Lamya Kaddor Recht zu geben. Insofern ist der Versuch hier und die merkwürdige Unterstützung durch Thierry Chervel auf Perlentaucher ein merkwürdiges Unterfangen. s.: https://youtu.be/kYWA-INbTSE
Mir scheint, die Sache ist einfacher und komplizierter zugleich.
Die einfache Sache: Kaddor (und nicht nur sie) hat sich darüber aufgeregt, dass Kelek beim Islam Sex mit Tieren assoziiert. Sie hat sich offensichtlich um die logischen Zusammenhänge dieser Assoziation nicht groß geschert, es genügte ihr die Nachbarschaft der Reizwörter. Das ist ärgerlich und es zeigt auch etwas, aber nicht das, was Metes meint. Es zeigt, dass die Sucherei nach "Stellen", wo jemand die Maske fallen gelassen habe, zu nichts Gescheitem führt. Man verliert bei dieser Praxis die Fähigkeit, eine Position zu erfassen und zu kritisieren. Daran würde sich durch noch so vollständiges Zitieren nichts ändern, diese Zitier-Geschichte scheint mir bloße Spiegelfechterei. Die Unsitte, inkriminierende "Stellen" zu suchen, ist verbunden mit einer extremen Moralisierung der Diskussion: Wie kann sie nur Ziegenficken und islam in einem Atemzug nennen, "das sagt doch schon alles". Auch dies scheint mir ein schädlicher und ärgerlicher Zug, von dem freilich Metes' Philippika keineswegs frei ist (und Chervels noch weniger).
Komplizierter: Was hat Kelek denn eigentlich gesagt? Sie hat etwas gesagt, was sie in vielen Zeitungsartikeln wiederholt. Meine Paraphrase: Im islamischen Kulturkreis glaubt man (erziehungsbedingt), dass Männer ihrem Sexualtrieb wehrlos ausgeliefert sind, "das ist Konsens". Und so begründet man, dass Frauen sich verhüllen müssen.
Dass ist natürlich, da hat Metes recht, etwas anderes als die Behauptung, "muslimische Männer" seien nun mal so. Aber was ist das denn für eine Aussage und stimmt sie denn? Mir ist die Auffassung, Männer hätten nun mal einen starken Sexualtrieb und Frauen sollten deshalb gefälligst aufpassen, diesen nicht unziemlich zu reizen, durchaus vertraut, allerdings aus dem christlich geprägten "Kulturkreis" meines Heimatlandes Deutschland. Helmut Junge hats ja auch schon erwähnt. Und sehr Ähnliches kenne ich zum Beispiel von den kaum islamisch angehauchten Soziobiologen, die uns denselben Kram mit "wissenschaftlichen" Argumenten auftischen. Sollen wir im Ernst glauben, dass diese Auffassung a) in islamisch geprägten Kulturen "Konsens" sei, b) typisch Islam sei, c) der Grund für die Verhüllungsforderungen gegenüber Frauen sei? Mir scheint, bei diesen Sachen geht es viel eher um Geschlechtersegregation und Herrschaft des Männerbunds als um Sex, Trieb oder Ähnliches. Zugegeben, derzeit haben Geschlechtersegregation und Männerbund im "Westen" keine so gute Presse, "im Islam" schon eher; aber besonders lange ist das noch nicht so.
Wieso sollte man das Phantasma (und darum geht es hier) des unaufhaltsamen und nicht im mindesten wählerischen männlichen Triebs, das hier als Rechtfertigungsfigur auftaucht, exklusiv einem Kulturkreis zuschreiben? Der Augenschein spricht doch sehr entschieden dagegen. Einerseits: Sollen denn beispielsweise Tansu Çiller und ihre Wähler und Wählerinnen, fraglos Muslime, diesen "Konsens" geglaubt haben? Andererseits: Wie kommt es, dass diese Auffassung auch in islamisch völlig unbeleckten Kreisen vertreten wird?
Kelek, darüber wäre zu reden, konstruiert hier einen geschlossenen Kulturkreis, wo angeblich diese merkwürdigen Dinge allgemein geglaubt werden. Mit den Begründungen schaut es nicht gut aus. Letztlich ist ihre Behauptung allein beglaubigt dadurch, dass sie selber von "da unten" kommt. Gut, gelegentlich beruft sie sich zum Beispiel auf "Untersuchungen des Bundesfamilienministeriums", in denen allerdings was ganz anderes steht, als sie behauptet. Man sollte Kelek für das kritisieren, was sie sagt. Kritikwürdiges gibt es da genug, ohne dass man Stellensucherei und Moralisierung betreiben müsste.
Bei all der achtenswert peniblen Recherche von Jörg Metes: Ja, die Beispiele für Verkürzungen, Falschzitate, schlampige Recherche und Blasenbildung sind schlagend. Insbesondere die sensationslüsterne Verkürzung auf das Thema Sodomie ist peinlich. Aber andererseits – un da ändern Metes' Recherchen recht wenig dran: Der Sinn von Necla Keleks Interview-Aussagen ist doch recht klar, wenn man sich das auf Youtube nochmal anschaut. Im Grundsatz sagt Kelek:
Es gebe ein vom Islam vorgegebenes, konstruiertes und anerzogenes Menschenbild, wonach insbesondere Männer ihrem Sexualtrieb de facto ausgeliefert seien und sich quasi natürlich entleeren müssten, egal ob in Frauen, Tiere oder anderswo hin – das sei in islamischen Gesellschaften konsensual Volksglaube. (Und deshalb dann eben die Aufforderung an die Frauen nach "züchtigem" Auftreten bis zur Verschleierung.)
Nein – sie spricht nicht nur von muslimischen Männern. Aber eben doch von einem spezifischen, konsensual-muslimischen Menschenbild, das Männer und ihr Sexualverhalten angeblich so definiert. Und sie selbst ist es doch, die hier den Aspekt der Sodomie – ganz ohne Not – ins Spiel gebracht hat (wo die nun im Islam ausdrücklich verboten ist). Was, zum Teufel, sollte das? Ein Ausrutscher, ein rhetorisch süffiger Schlenker um des Effekts willen? Und wirft das nicht ein ziemlich trübes Licht auf ihr Bild oder ihre Kenntnisse vom Islam?
@ #12 RP B
Danke für den Link.
Daß Kelek daneben liegt, war mir klar, daß sie einen derart blamablen Auftritt hingelegt hat nicht. Allerdings denke ich nun auch, Helmut hat recht und Serdan Sumuncu (sein Video wird mir direkt zum verlinkten angeboten) hat alles zu diesem Interview gesagt, was gesagt werden mußte.
Allerdings frage ich mich, wie muß man disponiert sein, um auf so Einlassungen zu Siegmunds Freud auf Biegen und Brechen subsequent als Apologet aufzutreten?
@ # 5 Wolfram Obermanns
In der Tat liegt es nahe, die in Rede stehenden Verhaltens- und Denkweisen aus unserer Perspektive (und auch der der wohl meisten Muslime !) als „gestört“, „durchgeknallt“ oder auch „pervers“ zu bezeichnen. Ebenso wie die Aktionen islamistischer Terroristen/innen. Was aber haben wir mit dieser Psychiatrisierung von Verhaltensweisen analytisch gewonnen? Außer einer Selbstvergewisserung der eigenen psychischen „Gesundheit“ nichts! In westlichen Gesellschaften ist es seit langem bekannt, dass psychische Defekte, sofern sie keine eindeutig körperlichen Ursachen haben, in einem – wenn auch nicht unmittelbar kausalem, sondern durchaus vermittelten! – Zusammenhang zu gesellschaftlichen Verhältnissen stehen. Auf diese Verhältnisse (Erziehung, Sozialisation) hebt Kelek ab. Sie schildert eine in vielen islamischen Lokalkulturen leider massenhaft verbreitete („durchgeknallte“) Einstellung zu Sexualität und Geschlechterbeziehung und wird darin von zahlreichen islamischen wie nichtislamischen Wissenschaftlern bestätigt. Diese psychosozialen Strukturen der Individuen sind selbstverständlich gesellschaftlich vermittelt (deswegen ja Sozial-isation), weswegen sie soziologisch und nicht psychologisch analysiert gehören. Übrigens kennen wir solche „Durchgeknalltheiten“ auch aus unserer eigenen Geschichte. Umgekehrt herrschten diese von Kelek für die Gegenwart (!) konstatierten sexual-repressiven und frauenfeindlichen Auffassungen nicht schon immer in islamischen Kulturen. Es hat also etwas mit der historischen Entwicklung dieser Stammesgesellschaften zu tun – vor allem mit ihrem historischen Niedergang seit mindestens 100 Jahren bei gleichzeitiger Konfrontation mit anderen, als bedrohlich empfundenen Freiheits- und Sexualitätsauffassungen (Globalisierung). Daher die re-aktionäre Abwehr und die interne Extremisierung des Islams. Dieses „heute“ wird von Kelek u.v.a. dargestellt und analysiert, sonst nichts! Natürlich redet sie „über“ Muslime und deren Gesellschaften, was denn sonst?
Kelek u.a. treffen damit ins Schwarze, aber viele hören das nicht gerne, weil sie an ihren vermeintlichen Gewissheiten festhalten möchten – menschlich verständlich, intellektuell inakzeptabel.
Ansonsten kann man Ihren Spiegelstrichen nur zustimmen.
@ # 12 RP B
Nicht lesen und nicht hören können, ist schon eine bedauernswerte Behinderung.
Im Video noch einfacher zu verstehen als in Textform ist, dass Kelek nicht ihre Meinung kundtut, sondern einen soziologischen Befund referiert.
Selbst wenn man diesen nicht teilt (Begründung?), bleibt die Falschheit der vermeintlichen „Wiedergabe“ (Zitierung) durch Kaddor und ihre Abschreiber bestehen.
Wahrlich sehr postmodern: nicht das Original hat recht, sondern die Fälschung.
Fake News are the truth news!
Wenn die Meinung nicht passt, ist der Wortlaut gleichgültig.
Ein interessanter Fall von Skotomisierung (= Realitätsverleugnung oder ‚eine offensichtliche Tatsache, die jemand psychisch nicht bewältigen kann/will‘)
Bei denjenigen, die hier Kaddors Position und ihre wiederholten Lügen unterstützen, unterstelle ich intellektuelle Zugangsprobleme. Weil das noch die freundlichste Interpretation ihres geschwurbels ist.
Hervorragende Arbeit – wissenschaftlich präzise und beeindruckend. Vielen Dank.
Von welchem antiliberalen Geist die Gegner Keleks besessen sind, demonstriert Hilal Sezgin in einer Facebook-Debatte, die sich um das Kelekt-Zitat dreht:
"Hilal Sezgin ich würde so gerne wissen in welcher welt tobias lebt, wo man witze über religionen machen kann, ohne dass rassismus involviert ist"
Witze über Religionen = Rassismus. In welcher Wahnwelt lebt denn diese Frau?
@ #16 Hans-R. Schiesser
Alles was Sie schreiben ist nicht falsch. Aber nach meinem Dafürhalten scheinen Sie eine dokumentierte Tatsache zu übersehen, auch in Syrien galt das Ethos des IS als "gestört".
Auch mit welcher Stringenz die Geschlechtersehestation eingehalten wird, ist in der muslimischen Welt sehr verschieden. Sie scheinen mir einen hermetischen Kulturbegriff wie Herder ihn vertreten hat nahe zu stehen. Den halte ich jedoch schon aus deskriptiven Gründen für obsolet.
Ansatz sollte die auch innerislamisch geteilte Kritik an einem hochmodernen, psychotischen, destruktiven und lebensfeindlichen Islam sein. Eine Spielart des Islam, die sich allerdings(!) weltweit immer noch eher zunehmender Popularität erfreut. Meiner Auffassung nach entspringt der Reiz für die islamistischen Distopien jedoch nicht sublimierter Erotik, sondern den katastrophalen Lebenssituationen in postkolonialen Staatsgebilden zweifelhafter Legitimität, deren primärer Zweck die Füllung der Taschen der Herrschaftsfamilien zu sein scheint.
Für ein Einwanderungsland wie Deutschland bedeutet dieses "Gepäck" der Immigranten eine große Herausforderung. Eine realistische Wahrnehmung der importierten Hypotheken scheint mir völlig zu fehlen. Eine praktikable Strategie zum Umgang gibt es auch nicht. Und Kelek, als Fachfrau, verfängt sich in notgeiler Rhetorik. Und mir stellt sich (ihre Argumentation spiegelnd) die Frage warum eine Soziologin psychologisiert. Das ist mit einer gewissen Zwangsläufigkeit auch inkompetent.
"Heute gestohlen, morgen schon in Polen", war mal ein gängiger Witz und Herr Schmidt erzählte live und im TV: "Wenn DU heute in Italien die Tasche geklaut kriegst, schimpfst Du nicht mehr über Italiener, sondern denkst: Jetzt sind die Polen auch schon in Italien angekommen." Gelächter groß, Aufregungsfaktor sehr überschaubar bis nicht vorhanden. Wenn man dies heute mit einer kleinen Änderung erzählen würde (ich nenne keine Namen)….
@ #19 Wolfram Obermanns
Mit dem hermetischen Kulturbegriff Herders habe ich rein gar nichts zu tun, noch weniger allerdings mit einem im gesamten Westen zunehmenden Kulturrelativismus.
Selbstverständlich wird der politisch extreme Islamismus von der Mehrheit der Muslime (noch?) kritisiert und abgelehnt. Dennoch erfreut er sich „zunehmender Popularität“. Ein gleichermaßen Radikalisierungs- wie Politisierungsschub, dessen Gründe hier nicht zu diskutieren sind, innerhalb aller (!) islamischen Länder bishin zu islamistischen Formen ist unübersehbar. Wie das? Mit „psychotisch“ ist da nicht viel erklärt. Vielmehr handelt es sich um eine politische Ideologie, die durchaus einen Realitätsbezug mit innerer Logik aufweist, auch wenn es uns und vielen Muslimen äußerst wundersam erscheinen mag. Auf der Basis einer immer schon politischen Religion (nichtsäkularisiert!) findet die islamistische Ideologie einen fruchtbaren Nährboden in den zerrissenen und z.T. rückentwickelten islamischen Ländern, deren immer schon politisch-ideologischem Religionsverständnis und deren Herrschaftsstrukturen. In der Tat hat das alles wenig mit „sublimierter Erotik“ zu tun. Zugespitzt: sowenig die RAF ohne „1968“ erklärbar ist, sowenig der Islamismus ohne den Islam.
Es könnte sein, dass wir uns näher sind, als es den Anschein hat. Um so erschreckender ist es, dass Sie der Verleumdung Keleks aufzusitzen scheinen und ihr mit den Verleumdern eine „notgeile Rhetorik“ unterstellen. Eine solche herrscht vielmehr in dem Menschenbild, von dem sie berichtet(!) Man muss Frau Kelek nicht mögen, aber eine Psychologisierung sozialer Phänomene – in diesem Fall Sozialisationsmustern – kann man der Soziologin beim besten Willen nicht nachsagen – weder im hier zur Rede stehenden Interview, noch in ihren Aufsätzen und Büchern. Es sei denn, wir wollen den Boten für die Botschaft verantwortlich machen.
Um nicht weiter in Themenflucht, (Vor-)urteilsbestätigungen und „Anti-Kelekschen“ Animositäten zu verfallen, sollte man sich in dieser Diskussion wieder auf den eigentlichen Skandal konzentrieren, den Jörg Metes (und T. Chervel) in dankenswerter Eindeutigkeit beschrieben und analysiert hat. Die Zerstörung öffentlicher rationaler Diskursmöglichkeiten durch „fake news“, „Meinung statt Wissen“, „alternativen Wahrheiten“, „Hate Speechs“, etc bilden den eigentlichen Rahmen, in dem diese rufmörderische Verleumdungskampagne der Kaddors, Schneiders, Özdemirs, Bades und Konsorten läuft und funktioniert.
Der Fall Kaddor zeigt exemplarisch, welcher realen Bedrohung unsere (immer noch mangelhaften) Demokratien gegenwärtig ausgesetzt sind.
Da kaut der Autor mit viel Fleiß das Thema häppchenweise vor, um unmissverständlich die Verfälschung offenzulegen. Mit welchem Ergebnis? Einige Kommentatoren sehen Kaddors Position bestätigt! Welche Motivation diese Kommentatoren antreibt, bleibt leider im Dunkeln.
Im YouTube-Video sagt Frau Kelek zur Einleitung, sie zeigt es mal „krass“ auf; sie überspitzt. Dann kommt der entscheidende Satz, „… da gibt es ein Menschenbild, was konstruiert ist“. Also, Frau Kelek spricht vorab von einem Konstrukt, einem konstruierten Menschenbild; welches nicht ihr Menschenbild ist! In ihren nachfolgenden Aussagen skizziert sie dann dieses Konstrukt, welches ihrer Meinung nach in der islamischen Welt heute weitgehend den Status quo verkörpert. In diesem Konstrukt wurde ein Menschenbild kreiert (ganz wichtig: nicht ein Bild über Muslime, sondern über den Menschen), wo der Mensch gnadenlos Opfer seiner Triebe ist; der Mann noch schlimmer als die Frau (traditionell war/ist bei europäischen Moralisten immer die Frau das triebhaftere Wesen). Und um diese Triebe nicht zu befeuern, müsse man nach der und der vorgegebenen Moral leben und handeln.
Das ist doch keine neue Erkenntnis, „business as usual“ bei Religionen. Den Mitmenschen mit dem Menschenbild eines sünd- und triebhaften Wesen die eigene Moralvorstellung aufzwingen. Genau das prangert Frau Kelek an. Da Fundamentalisten solche Wahrheiten aber nicht gerne hören und lesen, kommt es dann zur branchenüblichen Hetzjagd; auch „business as usual“.
Vielleicht lohnt es sich aber doch, mal aus der Filterblase rauszugucken, zum Beispiel was Lamya Kaddor selber dazu sagt: http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_82946676/islamfeindlichkeit-necla-kelek-sprach-doch-von-der-sodomie-des-muslimischen-mannes.html
Ich hab zwar nach wie vor kein gutes Gefühl bei der Skandalisierung dieses Zoophilie-Spruchs, es wäre weitaus sinnvoller, sich nicht auf dieses abseitige, aber saftige Thema zu stürzen. Man sollte Kelek wegen wichtigerer Dinge kritisieren. Aber was Kaddor hier aus der "Himmelsreise" zitiert, wirft doch tatsächlich ein neues Licht auf die ganze Passage (und übrigens auch ein Licht darauf, wie dieser ganze Kram überhaupt in das Video reingekommen ist). Und ich muss zugeben, als ich mir das Video weiter anguckte und erfuhr, dass in islamischen Ländern lt. Kelek möglicherweise deshalb keine wissenschaftlichen Leistungen zustande kommen, weil die Männer (!) ewig darum bemüht seien, dem beschriebenen Potenzideal nachzukommen, da wurde mir doch etwas schwummrig zumute.
Lieber Frank,
Sie schreiben:
"dass in islamischen Ländern lt. Kelek möglicherweise deshalb keine wissenschaftlichen Leistungen zustande kommen, weil die Männer (!) ewig darum bemüht seien, dem beschriebenen Potenzideal nachzukommen, da wurde mir doch etwas schwummrig zumute."
Nun, vielleicht möchten Sie uns auch mitteilen, welchen Grund Sie sonst für die kaum zu übersehende Rückständigkeit der islamischen Gesellschaften und Staaten sähen?
Haben Sie eigentlich jemals etwas vom protestantischem Arbeitsethos, von der Rolle der Sublimation für die Entwicklung von Gesellschaften , von dem Zusammenhang zwischen Triebverzicht und Kultur gehört?
Nein?
Haben Sie sich jemal überlegt, wie es bei den Saudis aussehen würde, wenn sämtliche Erfindungen der Kuffars, also von Carl Benz bis Bill Gates, dort von heute auf morgen verschwänden?
Also, auf geht's, Frank.
Sowohl Necla Kelek als auch Lamya Kaddor sind Frauen und kennen männliche Sexualität und männliche Sexualphantasien nicht aus eigener Erfahrung, sondern nur vom Hörensagen.
Wenn sie mal was darüber hören, durchwandert das dann die Filter, die sie sich in ihren Köpfen aufgebaut haben. Und weil sie beide schreiben können, schreiben sie ihre gefilterten Gedanken dazu auf.
Nur, warum soll ich mich als Mann damit befassen, was Frauen nur häppchenweise zugetragen kriegen, ich als Mann aber aus mir selber und aus offenen Gesprächen unter Männern viel unmittelbarer erfahre? Ich gehöre der ersten Männergeneration an, die ihre Freundin in eine Kneipe mitgenommen hat, und weiß genau, was die älteren Männer sich vorher, bevor Frauen dabei waren so erzählt haben. Als dann Frauen dabei waren, hat kaum noch jemand was erzählt.
Und wenn ich darüber nachdenke, was die sich dann für Phantasien machen, werden sie bald auch nicht mehr mitgenommen. So!
Wir Menschen sind genetisch hochgradig sexualisierte Wesen, die obendrein von Geburt an auf Zuwendung und Liebe angewiesen sind. Das war schon immer ein riesiges Einfallstor für jede Art von religiös motiviertem Irr- und Unsinn. Kein Wunder, dass es dazu immer wieder auch inter- und innerreligiösen Streit gibt, der keineswegs den Gesetzen der Rationalität und der fairen Debatte folgt. Warum auch, geht es dabei doch meistens um Deutungshoheit und Rechthabenwollen und nicht um freiheitlichen und menschenfreundlichen Umgang mit Liebe und Sexualität.
Mir wird ein wenig schummrig bei diesem Zusammenhang zwischen "der Potenz nachkommen" und fehlender Wissenschaftlichkeit. Wenn es stimmt, was @Arnold Voss schreibt, dass wir Menschen "hochgradig sexualisierte Wesen" sind, dies in unseren Genen festgeschrieben ist (ich habe keinen Grund, dies anzuzweifeln), dann hätten Muslime nie der Wissenschaft und den Fortschritt vorantreiben können. Ist zwar länger her, gab`s aber,was angesichts des heutigen Zustandes muslimischer Staaten in Sachen Wissenschaft schwer zu glauben ist. Und nicht zu vergessen: in den westlichen Staaten gibt`s im heutigen Wissenschaftsbetrieb eine nicht geringe Menge muslimischer Mitarbeiter.
#23 Sie meinen mit dem Artikel einen Blick IN die Filterblase von Frau Kaddor, wo bereits in der Überschrift die Verfälschung platziert ist.
Zu den wissenschaftlichen arabischen Leistungen: Frau Kelek führt im Video an, wenn man so ein Menschenbild verinnerlicht, misstrauisch seine Zeitgenossen und sich selbst beobachtet, man ist ja nach dem Konstrukt ein unkontrollierbares Triebwesen, wo bleibt da der Ratio? Sie räumt dennoch ein, dass sie hier große Zusammenhänge verknüpft.
Aber wo sind die bedeutsamen wissenschaftlichen Leistungen aus der arabischen Welt? Fakt ist, große Teile der islamischen Welt sind von westlichen und asiatischen Technologieimporten abhängig: Fahr- und Flugzeuge; Maschinen; IT-Equipment; Kommunikation; medizinische Geräte und vieles mehr. Was nicht bedeutet, dass Muslime keine Forscher sind. Muslimische Forscher finden in ihren Heimatländern nur oft keine Basis für Spitzenforschung; die Machthaber investieren lieber in die Religion (=Kontrolle) statt in den Fortschritt (=drohender Kontrollverlust). Gehen die muslimischen Forscher ins Ausland, gehören nicht wenige mit zur wissenschaftlichen Elite. Wenn wir jetzt auf Europa schauen, auf die lange Zeit des gesellschaftlichen „Befreiungskampfes“ gegen den Klerus und seinen Dogmen, dann ist doch die Vermutung einer Kausalität zwischen Religion, mächtigen Sittenwächtern und mangelnden Fortschritt kein Affront, sondern ein logischer Ansatz.
Abschließende Bemerkung zu der ganz eigenen Interpretation von Frau Kaddor zum thematisierten Interview. Wenn ich mir aus Gesagten eine gefühlte „Wahrheit“ kreiere, mal plastisch beschrieben einfach behaupte, Feuerwehrautos sind in Wirklichkeit gelb, dann kann ich auch die These aufstellen, dass, wenn ein DHL-Wagen vor einem Haus steht, es dort brennt. Etwas völlig Harmloses wird zur Katastrophe umgemünzt.
Das was Frau Kelek schildert, findet statt. Ob ihre Wortwahl gut oder weniger gut, ausgereift oder holprig daherkommt, spielt nur dann eine Rolle, wenn ich mich am Fakt vorbeischleichen möchte. In Afghanistan werden Knaben als Lustknaben missbraucht, obwohl es der Islam theoretisch verbietet. In allen islamischen Ländern ist die Vergewaltigung der Frau eine Schuld, die der Frau anlastet. Obwohl der Islam ja angeblich eine unglaubliche Frauenachtung lehrt. Männer dürfen mehrere Frauen "haben". Frauen aber nicht Männer. In allen Dingen hat Frau Kelek recht. Wie formuliert man Sodomie denn höflich? Wie reguliert man seine Sprache, wenn man deutlich machen möchte, dass der Islam den Mann als Begatter braucht. Als Zeuger tapferer Krieger. Der Islam ist eine Männerreligion, die alles der Sexualität unterordnet. Der Mann darf immer wenn er will, mit wem er will, so oft er will. Schwester, Ziege, Mutter, Nachbarsjunge. Alles geht. Ramadan? Sobald die Sonne weg ist, darf er. Die Frau hat ihre Tage? Er hat noch zwei.
@ #21 Hans-R. Schiesser
Ich denke schon, daß wir z.T. gegensätzliche Auffassungen vertreten, auch wenn es Schnittmengen bei unseren Einschätzungen gibt.
So sind wir einer Meinung, daß es keinen Islamismus ohne ihn ideell stützende Resourcen im Islam geben könnte.
Für mich ist, und dies dürfte für uns der casus knacksus sein an dem wir nicht überein kommen, an keiner Stelle irgendeine Art von Wissenschaftlichkeit an den Ausführungen von Kelek ausmachbar. Wo sehen Sie da Merkmale?
Ich erkenne lediglich Generalisierungen, die auch noch überzeitlich entgrenzt werden. (Bis über die Zeiten hinaus, als dem Islam von verklemmten viktorianischen (und darum wenig innovativen, gell die industrielle Revolution war nur fake 🙂 ) Christen vorgeworfen wurde, wegen seiner ungezügelten Sinnlichkeit den Anschluß verpaßt zu haben. Es ist ein Witz.)
Die Kampange gegen Kelek ist sicher falsch, das heißt aber nicht notwendigerweise, dass Kelek Recht hat.
Dass es islamische Menschen mit einem schlechten Männerbild gibt, wird wohl so sein, aber woran wäre festzumachen, dass "das" islamische Männerbild prinzipiell schlechter sei als "das" mitteleuropäische, wenn ich bspw. lese, dass wir hierzulande in eine "rape cultur" leben?
Bzw., müsste man "dem" Islam nicht zugute halten, dass in sehr islamischen Ländern sexuelle Übergriffe deutlich härter bestraft werden als hier (bis einschließlich Todesstrafe)? Dass da grundsätzlich die Frau als Schuldige bei Vergewaltigungen verstanden wird, ist nämlich falsch.
Soziale Konstrukte zu dekonstruieren, die man sich eben erst ausgedacht hat, ist natürlich besonders einfach.
@Mycroft: In islamischen Gesellschaften wird alles möglich strenger bestraft. Zum Beispiel werden Frauen und Mädchen als Opfer von Vergewaltigungen bestraft. Oder Homosexuelle werden einfach umgebracht. Oder man wird wegen eine Gedichtes ausgepeitscht. Natürlich kann man das dekonstruieren – etwas mehr Aufklärung und Zivilisation und etwas weniger Barbarei wären allerdings nützlicher.
Mir ist es eigentlich egal, was die da in den muslimisch-islamistischen Staaten so untereinander anstellen. Ich kann es nicht beeinflussen, geschwerige denn ändern. Mir macht aber mittlerweile Angst, dass viele Muslime hierzulande diesen barbarischen Riten keineswegs ablehnend gegenüberstehen.
Das habe ich gefunden: https://www.youtube.com/watch?v=kYWA-INbTSE&feature=share
Es kann nicht egal sein, was in anderen Staaten passiert. Wir leben in einer globalisierten Welt. Unsere Firmen haben Geschäftsbeziehungen, wir fliegen über internationale Hubs …
Auch wir sind schnell von anderen Lebensweisen etc. betroffen bzw. müssen uns bei immer mehr Staaten extrem darüber informieren, welche Gesetze existieren. Auch wenn es bspw. um die Einfuhr von Schmerztabletten in das Urlaubsland Ägypten geht.
Dann ist es natürlich noch zweifelhaft, ob uns die Lebensumstände der Bevölkerung vieler Staaten nicht doch interessieren sollte.
Die Sportverbände spielen eine besondere Rolle:
Für mich fehlt bspw. noch eine Aufarbeitung der WM78, wo Folterkeller in Stadiennähe keine Seltenheit waren. Die Verbände interessierte es nicht.
Hier beschreibt die Schachweltmeisterin Anna Muzychuk, warum sie ihren Titel nicht verteidigen wird:
https://www.welt.de/sport/article171931937/Schach-WM-2017-Anna-Muzychuk-gibt-Titel-auf-Kein-Mensch-2-Klasse.html
@Es ist für mich eine Sache der Rationalität, mich nur um Dinge zu kümmern, die ich unmittelbar beeinflussen kann. Oder beurteilen. Mal abgesehen davon, dass ich oft, Globalisierung hin oder her, nicht weiß, was nun richtig oder falsch, giftig oder ungiftig ist, TIPP oder nicht TIPP? Das Wissen der Menschheit soll sich alle paar Jahre verdoppeln. Das ist schön, hilft mir aber nicht unbedingt weiter, weil dadurch auch mein Unwissen wächst und wächst und wächst.
Unsere Zeit fordert Selbstbeschrenkung, in vielerlei Hinsicht, so denke ich!!! Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht, heißt es, jau!!
@Stefan Laurin:
Ich will die saudische Rechtsprechung nicht verteidigen, aber die Täter werden deutlich häufiger bestraft als die Opfer (bzw., nach dortiger Ansicht waren das genau keine Opfer, aber k.A., ob's stimmt, ich war nicht dabei). Es ist also offenbar nicht so, dass man dortzulande _standardmäßig_ "victim blaming" betreibt. Bei einem Männerbild, bei dem Männer grundsätzlich unfähig wären, ihre Sexualität zu steuern, würden die ja ständig "mildernde Umstände" geltend machen dürfen.
Nebenbei würde das bei (männlicher) Homosexualität ebenso gelten.
Mal abgesehen davon, dass nicht alle Moslems gleich sind oder das gleiche Männerbild haben, ist das Männerbild in der Rechtspraxis eher: "Männer haben Triebe, also müssen die hart bestraft werden." als "Männer haben Triebe, also haben Frauen schuld."
De facto stelle ich fest, dass sexuelle Übergrifflichkeiten und unterlassene Hilfe für die Opfer in S-Arabien und anderswo mit islamisch geprägter Rechtslehre sehr hart bestraft und keineswegs als "Kavaliersdelikt" o.ä. verharmlost wird. Umgekehrt stelle ich fest, dass man in D., den USA und anderswo mit mehr aufgeklärter Rechtslehre mit den Gesetzen, der tatsächlichen Rechtssprechung, der "Effektivität" der Strafverfolgung oder dem allg. Umgang mit sexuellen Übergriffen unzufrieden ist, weil die eher zu lax seien. (Nein, niemand fordert mWn die Todesstrafe, aber der Vorwurf, dass Vergewaltigung fast immer straffrei bliebe, ist im Raum.)
Ergo sind eher "wir" es, die eine "Männer sind halt so, da darf man nicht so streng sein"-Einstellung haben. Vor diesem Hintergrund bezweifele ich, dass Frau Kelek das islamische Männerbild verbessern kann.
Nebenbei, kennt jemand die Geschichte von Joseph und der Frau des Potiphar? Bibelversion: Frau ist die Böse, Mann das unschuldige Opfer, keiner glaubt ihm (Victim blaming) und er landet wegen versuchter Vergewaltigung im Knast. Moral: die Welt ist schlecht.
Koranversion: Frau ist zwar die Böse, Mann würde mitmachen, wenn er gerade keine Eingebung Gottes hätte, kann seine Unschuld hinterher beweisen, die anderen Frauen so: "Ja, ne, das Weib des Potiphar braucht wohl wen Jüngeren.", Frau Potiphar lässt den Vorwurf nicht auf sich sitzen, lädt die Frauen ein und lässt Joseph durchs Esszimmer gehen, worauf er den anderen so sehr den Kopf verdreht, dass die sich beim Obstschälen schneiden, Frau Potiphar: "Seht ihr? Bei so einer Sahneschnitte wäret ihr auch nicht besser." Darauf Joseph: "Ich will lieber doch ins Gefängnis…"
Moral: Sexuelle Übergriffe gehen meistens von der Person mit mehr Macht aus.
Oder: Burkhas für Männer wären auch nicht schlecht.
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