Laschet grenzt sich von AfD ab: „Wir müssen heute wieder das Grundgesetz verteidigen“

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) grenzt sich von AfD ab (Foto: Roland W. Waniek)
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) grenzt sich von AfD ab (Foto: Roland W. Waniek)

 

Am gestrigen Tag, an dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke der arg wahlgebeutelten Ost-CDU in Thüringen eine Tolerierung als Minderheitsregierung anbietet, schlägt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) keine 400 Kilometer weiter westlich, im rheinischen Bonn, ganz andere Töne an. Er beklagt, dass man Pressefreiheit, Unabhängigkeit der Justiz und europäische Orientierung Deutschlands heute wieder verteidigen muss. Die AfD nennt er nicht, aber jeder weiß, wer gemeint ist.

„Siebzig Jahre Grundgesetz und wir müssen plötzlich Dinge, die wir als selbstverständlich erachtet haben, wieder erklären.“ Und das nur, weil Parteien im Parlament sitzen würden, die das alles in Frage stellten. Jedes einzelne Grundrecht würde zur Debatte und mit parlamentarischen Anträgen in Frage gestellt.

Dies sei nicht nur in Deutschland so, sondern gleichzeitig ein weltweiter Trend, sagte Laschet auf der Feier anlässlich des 25. Jubiläums des BICC (Bonn International Center for Conversion) im Haus der Deutschen Welle in Bonn. Für den potentiellen Kanzlerkandidaten der Union eine willkommene Gelegenheit, seine Sicht auf grundsätzliche und globale Fragen darzulegen und sich über die Grenzen seines Bundeslandes hinaus zu positionieren.

Gesellschaften werden brüchig

Laschet zieht 30 Jahre nach der Wiedervereinigung und dem Ende des Ost-West-Konflikts für sich die Lehre, dass man scheinbar alle zehn bis zwanzig Jahre selbst die einfachsten Dinge wieder von Null auf erklären müsse. Nichts sei in einer Gesellschaft gesetzt und gesichert, alles könne plötzlich wieder brüchig werden.

Armin Laschet (CDU): „Dies hätte ich mir nie im Leben vorstellen können!“ (Foto: Roland W. Waniek)
Armin Laschet (CDU): „Dies hätte ich mir nie im Leben vorstellen können!“ (Foto: Roland W. Waniek)

 

Im Ausland sieht Laschet die gleiche Entwicklung. Dies zeige sich in der Art und Weise, wie der Präsident der Vereinigten Staaten mit der Pressefreiheit umginge. Mit seinen 65 Millionen Followern auf Twitter hätte er sich eine eigene Parallel-Öffentlichkeit geschaffen, in der er die Washington Post, CNN und die New York Times als „Fake News“ bekämpft. Laschet wörtlich: „Dies hätte ich mir nie im Leben vorstellen können!“

Mein Land First

Ähnliches sei beim Brexit der Fall. Die Entscheidung „Mein Land First“ sei meist verbunden mit einer innenpolitischen Zuspitzung. Es erfolge eine Polarisierung der Gesellschaft, eine Abgrenzung gegen Fremde und ein zunehmender Rassismus.

Auch in der EU, vor allem in Osteuropa, erlebe man, dass viele Errungenschaften neu stabilisiert werden müssen, von denen man dachte, sie erfolgreich erkämpft zu haben. Man müsse einer Spaltung Europas entgegen treten.

Friedensdividende ist futsch

Von der erhofften Friedensdividende nach Ende des Ost-West-Konflikts, sei nicht mehr viel übrig geblieben. Man hätte heute mit 1,7 Billionen Dollar die höchsten Militärausgaben seit dem Fall der Berliner Mauer. Der vom BICC herausgegebene Militarisierungs-Index bestätige diesen gefährlichen Trend.

Laschet konstatiert, dass wir – im Gegensatz zu der Zeit vor 1989 – nicht mehr in einer starren Welt mit zwei großen Kontrahenten leben, sondern in einer völlig fragilen Welt mit vielen unterschiedlichen Akteuren. Dazu gehörten auch nicht-staatliche Player, die im Besitz hochgefährlicher Waffen seien.

Armin Laschet (CDU): "Den Krieg in Syrien spürt man bis in unsere Städte und Dörfer im Münsterland und im Sauerland“ (Foto: Roland W. Waniek)
Armin Laschet (CDU): „Den Krieg in Syrien spüren wir bis in unsere Städte und Dörfer im Münsterland und im Sauerland.“ (Foto: Roland W. Waniek)

 

Dies alles wühle die heutige Welt auf und führe zu Kriegen wie in Syrien. Deren Folgen seien Flüchtlingsbewegungen, die „man hinein bis in unsere Städte und bis in die letzten Dörfer im Münsterland und im Sauerland“ spüre. Plötzlich erreichten uns die Probleme weit entfernter Konflikte.

Gleiches erlebe man derzeit bei der Klimapolitik: „Käme es wirklich zu den Klimakatastrophen, würde das Millionen Menschen in die Flucht treiben.“ Die Gefahr großer Migrationsbewegungen sei real.

Weltgesellschaft ist uneinig

Aber die zusammen wachsende Weltgesellschaft sei sich nicht einig, wie sie mit diesen Herausforderungen umgehen solle. Diese Uneinigkeit führe zu Nationalismus und Radikalisierung. So gäbe es auch in Deutschland wieder offenen Antisemitismus. Alte Geister würden wieder wach, wenn die Lage für die Menschen unübersichtlich, unsicher und global gefährdet erscheint.

Die heutigen Bedrohungen seien nicht mehr monokausal wie im Ost-West-Konflikt, sondern stammten aus vielen unterschiedlichen Quellen. Früher sei alles im Zweifel einfacher gewesen. Daher sei es in diesen Zeiten wichtig, Institutionen und Projekte zu haben, die sich der Friedens- und Konfliktforschung widmen.

Neue Akademie gegründet

Laut Laschet hat seine Regierung die Gründung einer nordrhein-westfälischen Akademie für internationale Politik beschlossen. Sie wird ihren Sitz im Umfeld des UN-Campus und des Auswärtigen Amtes in Bonn haben. Dort soll wissenschaftliche Exzellenz konzentriert werden. Internationale Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen werden über ein Fellowship-Programm eingeladen, dort zusammen zu arbeiten.

 

Über das BICC – Bonn International Center for Conversion: https://www.bicc.de/

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Gerd
Gerd
5 Jahre zuvor

Wie lächerlich ist denn sowas? Wer regiert den alternativlos per Ordre de Mutti, setzt Recht außer Kraft, beschränkt das Sagbare und lässt Kommunikationskanäle am Rechtsweg vorbei von Privaten zensieren?

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