„Igitt, eine Frauenzeitschrift!“ tönt es aus den Redaktionen der Männerzeitschriften. Die Illustrierte „Brigitte“ konnte bei der Auslosung um Presseplätze im NSU-Prozess einen Platz ergattern. Na und?
„Ich erwarte, dass Sie Ihrer Verantwortung in der Presselandschaft gerecht werden und den Platz an Reuters, AFP oder die FAZ abtreten. (…) ‚Schuster, bleib‘ bei deine Leisten!’“ So und so ähnlich klingt es, wenn die Herren der Schöpfung ihre Pole-Position bedroht sehen. Und die (männliche) Ordnung wieder hergestellt wissen wollen.
Neben der Brigitte werden auch Medien wie RTL2, die BILD-Zeitung und die junge Welt in München vertreten sein. Dass ausgerechnet auf die „Frauenzeitschrift“ eingehauen wird, spricht Bände. Man kann dem Magazin einiges vorwerfen. Aber doch nicht, dass es in einem transparenten Losverfahren gewonnen hat. Erst war das Geschrei groß, das Oberlandesgericht München möge doch bitte für Fairness bei der Vergabe sorgen. Das ist passiert, und jetzt passt es wieder keinem.
Bei aller Kritik: Die Brigitte schafft es im Gegensatz zur BILD, mehr als 200 Zeichen in einem Artikel unterzubringen. Und von RTL2, gegen dessen „RTL2 News“ selbst das Boulevardmagazin taff wie die Tagesschau wirkt, ist wohl wenig mehr zu erwarten. Dann wäre da noch das DDR-Blättchen junge Welt, das uns wahrscheinlich bald den israelischen Geheimdienst Mossad als Drahtzieher der NSU-Morde präsentieren wird. Kurz: Auch sonst keine guten Aussichten.
Frauen stellen 51 Prozent der Weltbevölkerung. Was also ist daran auszusetzen, wenn sich eine Zeitschrift, die sich primär an Frauen richtet, mit dem Prozess befasst? Nicht vergessen, neben der Brigitte werden noch 34 andere deutsche Medien exklusiv berichten. Mit einer Auflage von über 500.000 Exemplaren kommt dem Magazin schon eine gewisse Bedeutung zu, zudem ist es vollständig in Blindenschrift erhältlich.
Und das Gefeixe über ein gestern erschienenes Porträt des Magazins über die Zschäpe-Anwältin Anja Sturm ist scheinheilig. Der Artikel kommt immerhin weniger geschmacklos daher als etwa die einfühlsame Homestory der taz über deren Mandantin; Hier erfährt der Leser neben „intimsten Details“ sogar Zschäpes Schuhgröße und Gewicht.
Die Forderung nach einer Platzabgabe an eine „seriöse“ (zu deutsch: von Männern gemachte) Publikation ist gelinde gesagt anmaßend. Lasst sie doch erst mal machen.
Die Kritik an Brigitte ist überzogen, Deine an Bild aber auch: Bild hat hunderte von Reportern, arbeitet investigativ und hat zahlreiche Skandale aufgedeckt. Frag mal bei Christian Wulff nach. Peinlich finde ich das Welt, FAZ, taz, Süddeutsche und Zeit nicht dabei sind aber „Hallo-München“ und „Top FM“, die bislang nicht durch die Qualität ihrer journalistischen Arbeit aufgefallen sind.
Da finde ich es eher irritierend, dass von den türkischen Medien (außer den Zeitungen Sabah, Hüriiyet und die Evrensel) auch der Nachrichtensender Al Jazeera (Studio Istanbul) ausgelost wurde. Hat da eigentlich keiner hingesehen und festgestellt, das Al Jazeera – nur weil Studio Istanbul angegeben wurde – kein türkische Agentur ist?
Prozesse sollen öffentlich sein. Die Öffentlichkeit ist vielschichtig. Es ist deshalb OK, dass auch unbekanntere Journalisten/Medien vom Prozess berichten.
Vielleicht führt dies ja auch wieder zu einer Erdung der Juristen inkl. der zugehörigen Community.
Bei einer Verlosung einen Preis zu gewinnen ist ja nichts ehrenrühriges. Aber wenn ich als Glatzenträger, an einer Verlosung teilnehme, bei der es einen Langhaarschneider zu gewinnen gibt, kann ich mir die Frage gefallen lassen:
Was soll das? Naheliegend wäre die Annahme, dass so ein Gewinn an einen nahen Verwandten, vornehmlich mit schönem langem Haar weitergereicht wird. Ob Brigitte den zugelosten Platz im NSU-Prozess an den großen Bruder Stern weiterreicht? Schöner allerdings fände ich noch, auf dem Platz die letzte, gerade posthum mit dem Henri-Nannen-Preis ausgezeichnete Ausgabe der FTD zu legen, sozusagen in Andenken an einen verstorbenen Bruder.
[…] und zwar an eine niveauvolle, die immerhin 3,6 Millionen Leser erreicht. Brigitte muss einen Vergleich zur Berichterstattung über den Fall durch die selbst erkorene Qualitätspresse nicht scheuen, und das Geringschätzen […]
Brigitte statt SZ – passt. Ich habe mich amüsiert über das Gejaule der Süddeutschen.
Wer soll eigentlich beurteilen, welche Medien gut genug für eine Berichterstattung sind? Das Gericht etwa? Dann wäre auch der letzte Damm gebrochen, der einen Straf- vom Schauprozess unterscheidet. Und was die Presse erst geschrieben hätte, wenn das Gericht die Medien nach Qualitätskriterien unterschieden hätte.
Und wieso soll eigentlich eine wie auch immer geartete Qualität entscheiden? Warum nicht Quantität. Die taz hat weniger Leser als die Anzeigenblätter der meisten Großstädte. Brigitte hat Millionen Leser, RTL 2 Millionen Zuschauer, denen man das Recht auf eine Berichterstattung nicht durch zweifelhafte Qualitätsargumente nehmen darf.
Das Gericht hat das einzige Richtige gemacht, es hat jedem Los innerhalb einer Gruppe die gleiche Chance gegeben. Und die Medienlandschaft entpuppt sich in großen Teilen als heuchlerischer Verein, exemplarisch zur Zeit in Zeit Online zu betrachten.
@ Nansy:
So what? Durch das Losverfahren sollten ja allgemein Plätze für _ausländische_ Medienvertreter bereitgestellt werden, nicht explizit für türkische (nur das die halt geklagt haben). Es sind auch schwedische (Svenska Dagbladet), französische (Radio France 2), niederländische (NOS) und schweizer (NZZ) Medien akkreditiert. Und Al Jazeera als pan-arabischer Sender mit englischem und arabischem Programm ist ja nicht irgendeine Klitsche…
Unabhängig davon: So ganz verstehe ich das Brigitte-Bashing jetzt auch nicht. Es ist gut, dass bei solchen Dingen nicht nach diffusen Kriterien wie „Qualität“ oder „Anspruch“ entschieden wird. Und die Medienvertreter sollten sich vielleicht mal ins Gedächtnis rufen, dass es hier nicht um sie geht, sondern um den Strafprozess.
Und diesen Humorelfmeter einfach liegen lassen? Der Weltgeist wollte es eben so.
Die Forderung nach einer Platzabgabe an eine „seriöse“ (zu deutsch: von Männern gemachte)
Das nenn ich mal seriöse Argumentation und überzeugt mich, nichts gegen die Brigitte zu haben. Sueddeutsche und FAZ sind schließlich von gleicher Qualität wie die Brigitte, nur halt von Männern und auch nur für Männer gemacht – seriös eben.
[…] Platz der taz “weggenommen”. (Die Ruhrbarone wiesen auch darauf hin, dass die taz schlimmere Homestories über die Anwälting von Beate Zschärpe schreibt als die Brigitte.) Außerdem ist es auch durchaus […]
Ich muss mich doch sehr wundern, dass hier die „junge Welt“ als überregionale, täglich-erscheinende linke Zeitung, die überdurchschnittlich von Intellektuellen gelesen wird, in einem Atemzug mit BILD und rtl2 genannt wird. Dass eine antifaschistische Zeitung, die die insgesamt höchste Auflage in der DDR hatte, einen Platz dort verdient hat, ist wohl unzweifelhaft. Ansonsten kann ich mich dem Text anschließen.
@Leonie; Die Junge Welt ist ein antisemitisches Schmierblatt und hoffentlich bald Geschichte.
@Stefan: So ein Schwachsinn, Das ist ekelhafte Stimmungsmache und nicht wahr. Und naja, nach den neuen Aboerfolgen wird sie wohl kaum bald Geschichte sein. 😉
@Stefan: So ein Unsinn! die „junge Welt“ ist höchstens gegen den Zionismus, der mit dem Judentum rein gar nichts zu tun hat und schlicht und ergreifend rassistische Ziele verfolgt! Es ist völlig richtig dagegen Stimmung zu machen und öffentlich zu sagen, was daran NICHT richtig ist.
Herzlichster Gruß einer jüdischen (nicht zionistischen und schon gar nicht antisemitischen) Mitbürgerin!
> Frauen stellen 51 Prozent der Weltbevölkerung.
Relevanz? Das hat doch nichts mit der Qualitätsdebatte oder der Reichweite der Brigitte zu tun. Genauso kann ich den Playboy oder den „Blinker“ nominieren, weil 49% der Weltbevölkerung Männer sind. Und die ja bekanntlich Playboy lesen, während sie angeln. m(
> Aber wenn ich als Glatzenträger, an einer Verlosung teilnehme, bei der es einen Langhaarschneider zu gewinnen gibt, kann ich mir die Frage gefallen lassen:
Was soll das?
+1
Ich kann hier eigentlich nur mutmaßen, dass die großen Verlage möglichst viele ihrer U-Boote ins Rennen geschickt haben, um wenigstens einen Platz im Lostopf zu ergattern.
Daß die „Brigitte“ mindestens so seriös ist wie „Bild“ oder RTL2 stimmt und die Aufregung über den Platz im Gerichtssaal ist maßlos übertrieben. Allerdings frage ich mich – wie Kom Tummer – was diese Frauenzeitschrift bewogen hat, sich überhaupt zu bewerben. Ich kann mir nicht vorstellen, daß dort über die gesamte Dauer des Prozesses Berichte zum Prozess erscheinen, wie das z. B. beim SPIEGEL zu erwarten ist, und das ist ja wohl der Sinn eines festen Platzes im Gerichtssaal. Der Kernkompetenz der Brigitte liegt halt woanders.
Daß Brigitte eine Frauenzeitschrift ist, befeuert sehr wahrscheinlich die Gehässigkeit, mit der die Debatte geführt wird.
Eine Akkreditierung von „Schöner Wohnen“ hätte man aber genau so seltsam gefunden.
Der Fehler von Anfang an war der zu kleine Gerichtssaal. Das Erstaunen des Gerichts über das Medieninteresse ist mit Verlaub ein wenig weltfremd. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß sich da nix geeigneteres gefunden hätte.
Auch kann ich mir nicht vorstellen, daß es keine Möglickeit gegeben hätte, für türkische Medien einfach 5 Stühle dazu zu stellen, die dann nach welcher Methode auch immer hätten vergeben werden können.
@ Aada 15
Der Zionismus hat mit dem Judentum nichts zu tun? Er verfolgt rein rassistische Ziele? Und sie sind eine jüdische Mitbürgerin? Für wie blöd halten sie die Leute hier, Aada?
haha. dass jetzt ausgerechnet das schmierblatt brigitte mit seinem megaspiessigen frauenbild für eine empörte aufschreidebatte herhalten muss ist ja lustig. wer dieses drecksblatt jemals in der hand hatte weiss dass jede art von spott darüber gerechtfertigt ist.
Die Münchener hätten sich mal ein Vorbild am Duisburger Love-Parade-Prozess nehmen sollen! Dort wird nämlich gerade nach einer geeigneten Mehrzweckhalle gesucht, auch außerhalb der Stadtmauern. Dann würde das Problem der Raumknappheit sich nämlich von alleine erledigen. So meckert am Ende immer einer – der, der nach einem neuen Auswahlverfahren zu kurz gekommen ist, findet natürlich alles himmelschreiend ungerecht.
ich verstehe zwar nicht, wieso man keinen größeren Verhandlungsraum nehmen konnte oder Live-Übertragung in einen anderen Raum, um alle unterzubringen…
aber da alle sich die Plätze teilen werden, werden alle dabei sein.
Öff-Rechtliche sind dabei, Kabel1 für ganz Pro7Sat1, RTL2 für ganze RTL-Gruppe..
Die Brigitte ist im Gruner + Jahr Verlag, sodass z.B. der stern da sicher auch mitdrin ist….
die SZ ist zwar nicht dabei, aber das SZ-Magazin, womit wiederum die SZ dabei ist…
Allerdings muss wegen eines Fehlers das Losverfahren wiederholt werden !
Ich wär dafür, die Verhandlung bei einem kompetenteren Gericht zu führen. Das OLG München landet ein Fettnäppfchen-Treffer nach dem anderen… und die Verhandlung hat nicht mals begonnen.
[…] auf Kosten von anerkannten überregionalen Medien anzubieten. Auch hilft es in meinen Augen nichts, die Brigitte zu verteidigen – auch ihre Berücksichtigung und allein ihre Bewerbung halte ich für eine Frechheit, die mich […]
[…] Lasst Brigitte in Ruhe […]
[…] Lasst „Brigitte“ in Ruhe! | Ruhrbarone […]