Leichenschau im ZDF: Muss das sein?

Screenshot/Heute Journal
Screenshot/Heute Journal

Haben sie gestern Abend auch das Heute Journal  gesehen? Wenn nicht, haben sie was verpasst – und zwar einen der unappetitlichsten Beiträge seit langem.

„Wir müssen das Töten beenden“, setzt Marietta Slomka zur Moderation an. Es geht um Syrien, Bürgerkrieg. Dann folgt ein Beitrag, der es in sich hat. Gezeigt wird eine Reportage aus dem syrischen Aleppo, wo der Krieg besonders viele Tote forderte. Die Kameras begleiten Menschen an einen Fluss, der regelmäßig Leichen anschwemmt. „Sie nennen ihn den Fluss der Märtyrer“, weiß die Stimme aus dem Off.

„An diesem Morgen finden sie vier Tote, darunter einen kleinen Jungen, etwa 10 jahre alt, die Hände gefesselt, der Kopf gespalten.“ Die Kameras halten gnadenlos drauf, wie das tote Kind aus dem Fluss gezogen wird. An einem Seil, das an seinen Fuß befestigt wurde. Der gespaltene Kopf ist auch zu sehen. Dann zeigen sie weitere Leichen, die hinten auf einem Lastwagen liegen, zur Identifizierung. Sie halten auf die Gesichter derjenigen, die ihre Angehörigen erkannt haben, darunter Kinder.

Muss das sein? Muss man dem Fernsehpublikum um 21.45 Uhr eine Wasserleiche mit gespaltenem Kopf präsentieren? Muss man Leute dabei filmen, wie sie die Leichen ihrer Verwandten und Freunde zu Gesicht bekommen? Hätte es nicht gereicht, das Grauen in Worte zu fassen? Und: Ist dies mit der Würde des Toten und der Trauer der Angehörigen vereinbar? Natürlich müssen die Lebensrealitäten der Menschen vor Ort abgebildet werden. Aber was da im ZDF gezeigt wurde, war einfach nur geschmacklos.

Auch Moderatorin Slomka nimmt das augenscheinlich sehr mit. Aus dem geplanten interview mit Westerwelle wird ein Kreuzverhör, das der so sicher nicht erwartet hat. Westerwelle faselt, Slomka lässt Dampf ab. Und im Fluss in Aleppo werden weiter tote Kinder angeschwemmt.

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Stefan Laurin
Admin
11 Jahre zuvor

Ja, das muss sein. Solche Bilder sind die Stärke des Fernsehens: Ereignisse zu dokumentieren ist wichtig.

Ulf
Ulf
11 Jahre zuvor

Es war mal ein Tabu, zur Abendbrotzeit im TV echte Leichen zu zeigen. Aber keine Sorge: Auch an gespaltene Schädel werden wir uns gewöhnen – ohne uns den Appetit verderben zu lassen. Unsere Fähigkeit zur Abstumpfung hat noch immer funktioniert.

Andreas
Andreas
11 Jahre zuvor

Das Interview ist doch vorher aufgezeichnet, also ein direkter Zusammenhang zwischen dem Film und dem Interview besteht nicht (unbedingt).

Davon abgesehen, dass eine solche Dokumentation wichtig ist, kann man ihr mMn mit ‚kompatibleren‘ Bildern entsprechen

Also bitte!
Also bitte!
11 Jahre zuvor

Also bitte! schlimm ist nicht, das es gezeigt wird sondern das es passiert!

Simone
Simone
11 Jahre zuvor

Endlich mal Klartext und nicht so verwaschene Andeutungen!!!
Schlimm nur, das man immer mehr abstumpft 🙁

Jan
Jan
11 Jahre zuvor

Ja, muss sein – und insbesondere wenn danach unser Außenminister seine üblichen „abwarten und Tee trinken“-Phrasen dreschen kommt.

Jürgen
Jürgen
11 Jahre zuvor

Ich bin da unsicher. Einerseits muss es sein, um den Wahnsinn im Verhalten der Menschen zueinander, wie es sich in Bürgerkriegen wie in Syrien, immer entwickelt, klar zu zeigen. Andererseits führt dies einfach auf Dauer zur Abstumpfung. (Aber was heißt „auf Dauer“?)

Gerade zu Syrien gibt es zahlreiche Videos im Netz, die grausame Szenen der Hinrichtung von „Gegnern“ oder auch der Opfer (z.T. fürchterlich entstellt) jeglicher Bürgerkriegspartei und Bürgerkriegsmiliz zeigen. Nur sind diese Bilder nur dem zugänglich, der sie sucht.

Zeigt man nun Bilder wie in dem oben erwähnten Bericht öffentlich, kann sich niemand aus der Politik mehr auf den Punkt der Unwissenheit zurückziehen. Oder grundsätzlicher: Was für eine Reaktion folgt aus diesem öffentlichen Beitrag mittelfristig? Führt dies dazu, dass die Bürgerkriegsparteien und -milizen in Syrien sich in ihrem Handeln zügeln? Werden beispielsweise die syrischen oppositionellen Bürgerkriegsparteien von ihren westlichen Partnern massiv darauf eingeschworen, selber auf Folter, standrechtliche Erschießungen und Misshandlungen ihrer Gegner und der vermeindlich mit diesen Gegnern sympathisierenden Bevölkerungsteile zu verzichten?

Achim
Achim
11 Jahre zuvor

Syrien wird inzwischen von mehr als 20 verschiedenen bewaffneten
Gruppen terrorisiert. Eine militärische Intervention benachbarter
regionaler Mächte wie Saudiarabien oder der Türkei kann die Situation allerdings immer noch weiter verschlimmern…

Achim

Jürgen
Jürgen
11 Jahre zuvor

@#8:Mehr als zwanzig? Noch ein Grund mehr, keinerlei Waffen oder Geld dahin zu schicken.

Gibt es eine Liste mit den Namen aller bisher aufgetauchten Gruppierungen?

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