Günter Grass und „letzte Tinte“, Stefan Laurin in der Pose des umbarmherzigen Grass-Entlarvers, die ganze Beißreflex-Debatte: Man weiß gar nicht, was man zuerst schweigen soll, weil’s nicht gesagt werden muss.
Da zitiere ich doch lieber aus dem jüngsten WAZ-Interview Britta Heidemanns mit Martin Walser (publiziert vor Erscheinen des Grass-Gedichtes):
„Walser:
Sagen wir mal so: Alles, was im Roman ‚Muttersohn‘ passiert, könnte man eine Tangente nennen an die Sphäre, an der Rechtfertigung daheim ist oder stattfindet. Das hat mehr mit Rechtfertigung zu tun als alles andere, was ich vorher geschrieben habe. Was ich vorher hatte, das war Rechthabenmüssen. In der Gesellschaft bist du diesem furchtbaren Wettbewerb ausgesetzt, dem Reizklima des Rechthabenmüssens. Wenn Sie das in Ihrem Beruf gelegentlich auch erleben…?
(Heidemann:) Ständig.
Walser:
Es ist mir allmählich mal auf die Nerven gegangen, recht haben zu müssen. Dieser Zwang! Richtig wäre es, wenn jemand etwas sagt, dass er auch sagt, was das Gegenteil ist von dem, was er jetzt sagt und auch alles nennt, was dagegen spricht. Das erst wäre die volle Auskunft. Nichts ist ohne sein Gegenteil wahr. Aus diesem für mich ermüdenden Rechthabenmüssen bin ich mit dem ‚Muttersohn‘ ausgestiegen. Eine Erlösung, für die ich selber habe sorgen müssen.“
Uupps, wahrscheinlich sollte man Walser besser nicht zitieren, der ist ja auch als Antisemit entlarvt worden. Na, dann noch ein Satz von Christa Wolf über Sprachmuster als Denkmuster, schei…, geht mal gar nicht, ist doch in den Feuilletons einst als als Stasi-Kollaborateurin enttarnt worden. Na, dann was von Brecht. Mist, der musste vor dem „Komitee für unamerikanische Umtriebe“ aussagen. Und wenn ich den zitiere, dann bin ich vielleicht antiamerikanisch? Man weiß es nicht …, diese Amis, die tragen einem alles so lange nach.
Man müsste irgendwie politisch korrekter … Vielleicht was von Erich Fried, als Jude geboren und sich selbst als Agnostiker, wenn nicht Atheist sehend. Verflucht, geht auch nicht, Fried hat schließlich sogenannte ‚israelkritische‘ Gedichte geschrieben und wurde oft als Antisemit, Israelhasser u.ä. etikettiert, dazu der Vorwurf des jüdischen Selbsthasses.
Ach, dann lese ich eben was von einem Schweizer Autoren. Die Schweiz, die war doch immer neutral. Und Sauber. Neutralseife fast, „99 % biologisch abbaubar“. Und die Schweiz, die hat quer durch die Bank Geheimnisse und schützt sie auch.
Und selbst sagen tue ich lieber nichts mehr. Ehrlich.
Gibt es da nicht diese Geschichte von einem ZEN-Schüler, der während einer Teepause neben dem Meister steht und fragt „Was denken Sie über uns verrückte Zen-Schüler?“ und der Meister antwortet: „Ich denke, ihr seid alle erleuchtet – bis ihr den Mund aufmacht.“
@ Gerd
„Und selbst sagen tue ich lieber nichts mehr. Ehrlich.“
Genau. Zen-Meister, oder der gute alte Spruch:
„Si tacuisses, philosophus mansisses.“
Mannomann … jetzt fällt mir auch noch „Bluna“ ein:
„Sind wir nicht alle ein bisschen Antisemit?“
( https://de.wikipedia.org/wiki/Bluna )
„Wenn es um Politik geht, sag lieber nichts“ war auch der liebste Spruch meiner Eltern. Ich glaube nicht, dass sie das von einem Zen-Meister hatten. 😉
@ Arnold Voß #2
hilf mir mal … ich weiss nicht, welcher Spruch jetzt richtig ist:
„Pack die Badehose ein …“
„Pack die Nazi-Keule aus …“
Ich hätte einen besseren, Andreas: Schweigen ist nicht immer Gold.
@ Arnold Voss #4
jetzt bin aber doch überrascht, über deine offenherzige Zustimmung zu Grass
Wer lesen kann der sollte lesen und dann zitieren. Auch als Freund Israels soll es möglich sein die aktuelle Politik der aktuellen israelischen Regierung zu kritisieren. Das hat Grass getan. Nicht mehr und nicht weniger. Muss man dann erst auf die israelische Tageszeitung HAARETZ verweisen die Grass bestätigt er ist kein Antisemit. Und bitte warum ist die Lieferung von deutschen UBooten die aus dem Mittelmeer ua. Iran mit Raketen erreichen können ein Muss der deutschen Staatsräson und darf nicht kritisiert werden.
Gerade von den Ruhrbaronen hätte ich mehr Gelassenheit in dieser „Debatte“ gewünscht.
@ Andreas Lichte # 4
Du weisst, dass ich Grass in diesem Falle nicht zustimme. Mein Problem ist nicht das Gedicht als solches, obwohl ich es antisemitisch finde, sondern das Greinen des alten Herren darüber, dass andere dazu nicht schweigen sondern das sagen.
Ein antisemitisches Gedicht macht seinen Autoren aber nicht gleich zum überzeugten Antisemiten. Da hat HAARETZ ganz recht. Der deutsche Antisemitismus hat sich so sehr als Vorurteil verfestigt, dass den meisten schon gar nicht mehr bewusst ist, was antisemitisch ist oder nicht.Ich würde mich nicht einmal selbst davon völlig ausnehmen wollen.
Wer aber die Existenz Israels,sprich seine Verteidigung bzw. Verteidigungsbereitschaft gegenüber seiner Vernichtungsdrohungen als Gefahr für den Weltfrieden sieht, und nicht den, der mit der Vernichtung droht, der verhält sich, absichtlich oder nicht, antisemitisch.
Erst recht tut er das, wenn er in Anbetracht der deutschen Geschichte den, der mit der Vernichtung droht, als Maulhelden verharmlost. Genau das haben die Deutschen schon einmal zu Anfang von Hitlers Karriere getan. Dass das dann auch noch Jemand tut, der 60 Jahre lange vergessen hat, die eigene Geschichte aufzuklären, macht die Sache noch ärgerlicher.
Und komme mir jetzt bitte nicht wieder mit der Nazi-Keule, Andreas. Die ist mittlerweile genauso ein Totschlagargument wie der antisemitische Generalverdacht. Ich bin als „Gottloser“ weder dem jüdischen Glauben noch dem jüdischen Staat sonderlich verbunden und ich halte Grass auch nicht für einen Nazi. Ich halte allerdings die Bedrohung Israels für sehr real wenn ich einfach nur einen unvoreingenommenen Blick auf die politische und religiöse Landkarte des Nahen Ostens werfe.
@ Erdmann Linde # 6
Natürlich kann man die Lieferung atomträgerfähiger deutscher U-Boote an Israel kritisieren. Wo aber war Grass, als die deutsche Industrie mit staatlicher Förderung/Duldung über Jahre für die Technik zum Aufbau waffenfähiger Atomanlagen im Iran sorgte. Ich kann mich an kein Gedicht von ihm zu diesem Thema erinnern.
Auch an keins zum brutalen Umgang des iranischen Präsidenten mit seinen Widersachern, obwohl dass vor nicht langer Zeit ein große Thema in allen Welt-Medien war. Sorry, Erdmann Linde, wer nach diesen Vorgängen glaubt, dass dieser Mann nur ein Maulheld ist, der hat den Blick auf die Realität schlicht verloren.
@ all
https://www.welt.de/print/wams/vermischtes/article13901851/Die-Endloesung-der-Israel-Frage.html
Nein, ich teile nicht alle Ansichten Broders, aber diesen Artikel kann ich uneingeschränkt empfehlen.
Ich habe in meinem Leben schon sehr häufig etwas gesagt, wofür es „Dresche“ gab. Als ich jung war, sogar körperliche Dresche. aber immer mit Worten.
Man muß nicht immer etwas sagen, aber wenn man sich doch dazu entschließt, eine Minderheitsposition einzunehmen und die zu verkünden, muß man das, was dann als Antwort kommt auch durchstehen.
So ist das eben. so sind die Regeln.
Insofern habe ich mit so einem Satz, „Das sollte man doch sagen dürfen“, meine Probleme.
Ja, man darf doch. Das machen doch auch viele.
Aber die anderen Menschen, die nicht dieser Meinung sind, dürfen dann doch auch!
Und das ist bei Herrn Grass geschehen. Der hat doch nicht allen Ernstes geglaubt, dass er ein Redemonopol besitzt. Oder doch?
Jedenfalls halte ich sein derzeitiges Gejammer für merkwürdig.
Merkwürdig ist nicht mal der treffenste Ausdruck.
Man „darf“ alles sagen.
Andere aber auch.
Ob der aber, der was sagt, und dafür Dresche kriegt schlechter dran ist, als der, der alles schluckt, ist außerdem noch nicht geklärt.
Ich ärgere mich gelegentlich sogar darüber, nichts gesagt zu haben.
Und Grass war doch auch der Meinung, dass es „raus“ muß, hat dann aber jahrzehnte gewartet, bis er nur noch wenig Tinte hatte.
Dafür durfte er sogar mit einem schlechten Gedicht ins Fernsehen.
Wer könnte das sonst schon?
Nachdem Arnold Voß in der Paraderolle „Der Gute Deutsche“ brillieren durfte, hier eine unangepaßte Position:
https://www.3sat.de/mediathek/index.php?display=1&mode=play&obj=30323
Der Kulturkritiker Denis Scheck nimmt Günter Grass in Schutz: Dieser habe sich in seinem Gedicht inhaltlich einmal mehr als Minenspürhund der deutschen Literatur erwiesen.
Denis Scheck: „[…] Mich interessiert überhaupt nur Lyrik, die sich vorwagt, in diese Tabuzonen, und die nicht nur den kleinsten gemeinsamen Nenner unserer politischen Überzeugungen wiederkäut.“
@ Tabuzone Lyrik
Danke für den Link.
Nettes Statement eines netten Mannes. Aber wer hält denn da jetzt die Differenz nicht aus? Grass? Oder seine Kritiker? Oder beide?
Sorry, aber das ist opportunes Geschwätz, denn zum Inhalt des Gedichtes, zu den Sachaussagen, also zu dem, um das es Grass aus gutem Grunde geht, kein Wort. Da will einer einfach nur selbst auffallen, in dem er sich „mutig“ vor den von den Medien „Verfolgten“ wirft.
Tabubruch ist Standard wenn man heutzutage auffallen will. Nur wo ist der Jetzt bei Grass? In der Kritik an Israel? Dass er sich das überhaupt traut? Sorry, wenn der Mann nicht Nobelpreisträger wäre, hätte kein Hahn nach diesem Gedicht gekräht.
Und was die Paraderolle des „Guten Deutschen“ betrifft: Gähn….Gähn…
Nur mal ein kleiner Querverweis:Jakob Augstein in spiegel online.Da ist dann erstmal ALLES gesagt.
Irgend einer Meinung, hier Grass´ Meinung, sollte man zustimmen oder widersprechen oder schweigen.
Das alles findet eigentlich weniger statt. Nicht weil es eine richtige und eine falsche Position gibt. Vielmehr weil es eine ideologisch korrekte und eine nicht korrekte Meinung gibt.
Anders gesagt: Grass Position wird von Anfang an nicht akzeptiert. Vielmehr heisst es, er sei Antisemit. Im Sinne eine gesellschaftlichen Vorurteils. Was er natürlich gedanklich vorwegnehmen konnte. Es war unklug, dieses zu sagen.
Genauer gesagt: Grass war so unklug, seine Meinung mit der Kommentierung der politisch moralischen Stimmungslage zu verknüpfen. Es war vielleicht unklug, die lyrische Form zu wählen.
Natürlich ist er kein Antisemit. Dafür gibt es keinen einzigen Beleg. Die Mühe, einen zu finden, macht sich niemand. Es genügt an die Stimmungslage anzuknüpfen. Eine gefährliche Verharmlosung von Antisemitismus.
Let´s get back to business… Wir schreiben das Jahr 2012!
@ Manfred Michael Schwirske
Sorry Manfred, der Mann ist nicht klug. Sonst hätte er einen solchen sachlichen Unfug nicht geschrieben. Weder in Gedicht- noch in anderer Form. Dass er sich dabei dem Antisemitismusvorwurf aussetzt, wusste er. Ja er wollte das wahrscheinlich auch, denn nur so war ihm die volle Aufmerksamkeit sicher. Und wenn dieser Mann etwas braucht, dann ist das Aufmerksamkeit.
Aber Mit-leser hat recht. Let´s get back to business.
Günter Grass hat ein Gedicht geschrieben, das in seiner Schlichtheit und Pose nicht nur politisch enttäuscht, sondern auch als Gedicht, als Wortkunstwerk. Nicht wenige seiner Kritiker schaffen es aber mit leichter Hand, Grassens Niveau deutlich zu unterbieten.
Dass es auch anders geht, beweisen zwei Beiträge von Adolf Muschg (Schweizer „Der Sonntag) und Thomas Steinfeld (Süddeutsche).
https://www.sonntagonline.ch/ressort/aktuell/2224/
https://www.sueddeutsche.de/kultur/debatte-um-grass-gedicht-auf-kosten-des-verstandes-1.1327756
@Gerd Herholz,
Es geht darum, zu erkennen, dass der Kaiser keine Kleider anhat. Nicht darum, dass das Kind selber keine Kleider nähen könnte.
@ Erdmann Linde # 13
https://post-von-horn.de/2012/04/07/was-zu-grass-gesagt-werden-muss/
darin auch ein paar sehr treffende Wort zu Jakob Augstein.
Ach nein, nicht auch bei den Ruhrbaronen ein „NIX darf man mehr sagen“-Artikel. Samt der Meute, die diese anziehen. Ja, man darf auch als „Freund“ Israels dummes Zeug über Israel schreiben. Sogar in literarisch unterirdischer Gedichtform. Aber man muss sich nicht wundern, wenn das dann auch als dummes Zeug erkannt wird. Die, die am lautesten schreien, man dürfe Israel nicht „kritisieren“ sind zu einer tatsächlichen Kritik leider selten in der Lage. Da kommt nur bauchgefühliges Ressentiment hoch. Und ja, diese angebliche „Kritik“ bedient, ob gewollt oder nicht, allzuoft antisemitische Muster. Und ja, wenn jemand sinngemäß schreibt, Israel plane den Holocaust am iranischen Volk, dann kann man zumindest mal fragen, ob das nicht ein ganz bisschen antisemitisch ist.
# 18 Helmut: Sehr kryptisch, lieber Helmut. Ich antworte versuchsweise:
Grass ist kein Kaiser. Und keiner seiner (u.a. bloggenden) Kritiker (in welcher Variante auch immer) sollte sich als „Kind“ verstehen. Sapere aude.
Auch Grass näht ‚bloß‘ ein Textgewebe, diesmal sehr fadenscheinig, aber viele seiner Kommentatoren stricken ihr dickeres Ding auch mit der sehr, sehr heißen Nadel.
Kaum wirkliche Textlektüre, kaum zunächst der Versuch von Textverständnis.
Der Anti-Grass-Reflex verbaut die eigene Reflexion.
Nimm nur den „Maulheld(en)“, der Grass immerzu so verkürzt vorgeworfen wird, er schreibt aber: „das von einem Maulhelden unterjochte und zum organisierten Jubel gelenkte iranische Volk“, da steht also immerhin auch, dass Mahmud Ahmadinedschad das iranische Volk unterjocht und dann ein eher sehr platter Bezug zu den „Jubelpersern“ (s. Wikipedia)
Aber was heißt „unterjochen“, wenn man’s denn wissen will?
Siehe Duden:
„gefügig/willenlos machen, in Unfreiheit halten, niederhalten, unterdrücken, zu Sklaven machen; (gehoben abwertend) knechten“
Ist doch ziemlich deutlich, oder?
Von der Kunst des Verstehens (Hermeneutik) wird jedenfalls bei den meisten Kritikern vor dem Verriss kein Gebrauch gemacht. Kunst des Verstehens, das heißt auch: sich der eigenen Vorurteile und Vorverständnisse bewusst zu sein oder zu werden.
Einer meiner Lehrer hat mir einmal beigebracht:
Es ist Deine Pflicht vor der Kritik an einem Text, den Text so gut wie möglich aus sich heraus erst einmal zu verstehen, in all seinen Facetten und Widersprüchen zu entfalten und Dir verständlich zu machen. Erst nach wiederholter Textlektüre, erweitertem Textverstehen, der folgenden tieferen Textanalyse, solltest Du zu interpretieren beginnen und Text/Autor (öffentlich) angreifen.
Also: Mich stört nicht, dass Grass angegriffen wird, sondern mich stört, wie unwürdig er angegriffen wird.
Ansonsten habe ich oben ja schon gesagt:
„Günter Grass hat ein Gedicht geschrieben, das in seiner Schlichtheit und Pose nicht nur politisch enttäuscht, sondern auch als Gedicht, als Wortkunstwerk“ und verweise z.B. weiter auch auf Muschg und Steinfeld.
@Gerd, da ist es wieder. Das unscharfe in einer Diskussion, was alles so schwierig macht. Du formulierst „Nicht wenige seiner Kritiker schaffen es aber mit leichter Hand, Grassens Niveau deutlich zu unterbieten.“ wobei Du aber im Unklaren läßt welche Kritiker und welche Kritik Du meinst, aber dann empfindest Du, dass meine Antwort „kryptisch“ wäre.
Was erwartest Du anderes als eine unkonkrete Antwort, wenn Du unkonkrete Bemerkungen machst. Hätte ich fragen sollen, ob Du mich meinst? Ich bin ja doch auch Kritiker.
Auch in Deiner Replik auf meine „Kryptik“ wirst Du nicht konkreter. Nur erweiterst Du den erwähnten Kreis auf die „bloggenden “ Kritiker. Das ist Kryptik. Deine.
Ich weiß wirklich nicht, worauf du Dich beziehst, und kann deshalb nur unbestimmt antworten.
Wen meinst Du?
Meinst Du mich? Wenn ja, sag mir wo. Dann kann ich auch präzise darauf eingehen.
# 20: Pascal, ich verstehe ja, dass Sie hier ihre Vorurteile abreagieren und einfach mal drauflos phantasieren wollen.
Aber mein Problem z.B. ist nicht ein „NIX kann man mehr sagen“, sondern dieses „Man kann zu jeder Zeit anscheinend wirklich ALLES über jeden sagen“ – ohne groß nachzudenken oder gar zu recherchieren und abzuwägen.
Mir geht – siehe oben – dieses Reizklima der Rechthaberei, des Rechthabenmüssens, der fahrlässigen Diskreditierung und Pauschalisierung auf die Nerven.
Grassens Gedicht ist literarisch schwach und politisch platt. Brecht in „Über Lyrik: „Flach, leer, platt werden Gedichte, wenn sie ihrem Stoff seine Widersprüche nehmen, wenn die Dinge, von denen sie handeln, nicht in ihrer lebendigen, d.h. allseitigen, nicht zu Ende gekommenen und nicht zu Ende zu formulierenden Form auftreten. Geht es um Politik, so entsteht dann schlechte Tendenzdichtung.“ (Der Text geht noch weiter.)
Aber das Niveau vieler Debatten(?)beiträge zu Grassens Gedicht geht noch weit unter dessen Gedicht-Niveau und zeugt von einem IQ nicht über Zimmertemperatur.
Mann, bin ich froh, dass wir alle nicht an der Macht sind.
# 22: Helmut, lass uns nicht zu kompliziert werden.
Ich beziehe mich auf deinen unklaren Bezug zu des Kaisers neuen Kleidern.
Wenn ich jemanden persönlich meine (das weißt Du aus allen Diskussionen hier), dann scheue ich mich nicht, ihn oder sie anzusprechen und stecke auch die Reaktionen so oder so ein.
Oben in meinem Artikel sage ich doch, um was es mir geht:
„Günter Grass und ‚letzte Tinte‘, Stefan Laurin in der Pose des umbarmherzigen Grass-Entlarvers, die ganze Beißreflex-Debatte: Man weiß gar nicht, was man zuerst schweigen soll, weil’s nicht gesagt werden muss.“
Zum Grass-Gedicht habe ich einiges nachgereicht. Zur Kritik an Stefans Trugbildern zu Grassens vermeintlichem Glück, will ich einfach nicht mehr machen.
Gut ist aber, dass Stefan als zentrale Figur der Ruhrbarone und mit Arbeit reichlich eingedeckter Verantwortlicher kritische Stimmen zu seinem Artikel in Kommentaren und Sidekicks wie von Shehadeh, mir oder Kommentatoren zulässt. Das zeugt von Souveränität, die viele nicht haben.
Ansonsten, würde ich die Diskussion nur ungern weiter personalisieren. Diese Personalisierung ist jetzt schon ein Mangel der Debatte. Mir geht’s vor allem um den Rahmen der Debatte, um das fehlende Niveau der Streitkultur.
Und dieses Thema, dieses „Reizklima des Rechthabenmüssens“ wird uns länger beschäftigen als Grassens schlechtes Gedicht.
Grassens verdrehtes „J’accuse“-Pathos im Gedicht ist als Simulation von intellektuellem Mut närrisch, aber die vollkommene Entwertung seiner Person und seines Werkes ist kein bisschen besser.
„Ich halte Günter Grass nicht für einen Antisemiten. Ich weiß, wovon ich spreche“, Avi Primor, ehemaliger Botschafter Israels in Deutschland.
Primor kritisiert Grass auch, hier das Interview: https://www.tagesschau.de/ausland/grass128.html
@Helmut:
Das habe ich ja verstanden und es stimmt ja auch. Zu Grass‘ Gedicht wäre auch eigentlich nichts zu sagen außer das, was Sie richtig erkannt haben. Wobei ich „platt“ dann doch etwas schwach finde. Das Problem ist ja, dass die von Grass vorgebrachte, ungerechtfertigte Pseudokritik in der Gesellschaft virulent ist. Die hat Grass sich nicht ausgedacht, er macht sich nur zum Sprachrohr des Mobs, der ja „nichts mehr sagen darf“.
„Mir geht – siehe oben – dieses Reizklima der Rechthaberei, des Rechthabenmüssens, der fahrlässigen Diskreditierung und Pauschalisierung auf die Nerven.“
Genau dieses Klima herrscht nämlich viel weniger in der Debatte um Grass als in der Debatte um Israel. Grass wird nicht diskreditiert, es wird darauf hingewiesen, dass seine Argumente gegen Israel einen Mangel an Qualität aufweisen, der in der Meinung über Israel weit verbreitet ist. Wäre Grass damit alleine, hätte dieses Gedicht tatsächlich niemanden zu interessieren. Aber solange Millionen von Menschen auf so ein Gedicht sagen: „Recht hat der Mann, und mutig ist er.“, dann ist das ein Problem über das man reden muss. Denn das zeigt nur zu deutlich, dass viel zu viele Menschen eine Meinung zu Israel haben, die zu einhundert Prozent aus Gerüchten, Bauchgefühl und Ressentiment besteht. Und Gerüchte, Bauchgefühl und Ressentiment sind zumindest eng verknüpft mit diesem Antisemitismus, der ja angeblich eine Keule ist. Wer schwingt die eigentlich? Der Jude selbst? Oder seine Handlanger? Während unter so ziemlich jedem Artikel über Israel, der im Internet publiziert wird sich der antiisraelische Mob in Furchtbarkeiten überbietet, wittert ausgerechnet Grass eine Kampagne.
Was ich Ihnen übel genommen habe war aber nicht dieser erste Teil des Artikels sondern der zweite. Hätten Sie unter das Walser-Zitat einfach geschrieben, dass Ihnen bewusst ist, dass Walser Antisemitismus vorgeworfen wurde, dann hätte ich mich überhaupt nicht dazu hinreißen lassen, hier zu kommentieren. Aber dieses lamentieren darüber, dass ja niemand mehr zitierfähig sei, weil alle so furchtbar politisch korrekt sind. Zitieren Sie wen Sie wollen, wenn Sie zitierenswertes finden, aber weisen Sie nicht extra darauf hin, dass Ihnen das ja eigentlich von der Moralpolizei verboten ist. Wozu auch? Niemand stellt die literarischen Leistungen Brechts, Wolfs, Frieds und Walsers in Frage. Aber literarische Leistung schützt nun einmal nicht davor, für fragwürdigen oder gefährlichen Unsinn, den man redet, kritisiert zu werden. Und wenn man direkt meint, mit einem schlechten Gedicht die ganze Welt belästigen zu müssen, dann ist das Echo eben groß.
Entschuldigung, ich hatte natürlich Gerd gemeint.
@ Gerd Herholz # 21
„Nimm nur den “Maulheld(en)”, der Grass immerzu so verkürzt vorgeworfen wird, er schreibt aber: “das von einem Maulhelden unterjochte und zum organisierten Jubel gelenkte iranische Volk”, da steht also immerhin auch, dass Mahmud Ahmadinedschad das iranische Volk unterjocht ..“
Ja, korrekt, da steht also immer noch dass er das iranische Volk unterjocht, Gerd. Ein „Maulheld“ der andere „unterjocht“. Das wäre genau der Teil der Textanalyse der eigentlich interessant ist. Ein Maulheld der ein ganzes Volk unterjochen kann, ist nämlich kein Maulheld. Da hilft leider auch dein Verweis auf den Duden nicht.
Auf dem Begriff des Maulhelden allerdings basiert der wesentliche Teil der politischen Argumentation des Gedichtes: Das der iranische Präsident eigentlich keine Bedrohung für Israel darstellt, bzw. seine Vernichtungsdrohungen letztlich nicht ernst genommen werden brauchen, dagegen aber die Drohung Israels, notfalls militärisch gegen eine weitere atomare Aufrüstung des Irans vorzugehen. Noch kürzer: Israel und nicht der Iran bedroht den Weltfrieden.
Am Ende kommt so pure Demagogie heraus, Gerd. In welcher schlechten oder guten Gedichtform das jetzt vorgetragen wird ist dabei völlig egal. Ich empfehle, und bitte nimm das nicht besserwisserisch, diesen Text unter dem Sprachgebrauch politischer Propaganda zu lesen. Und zwar in doppelter Weise: Als Propaganda gegen das „unkritisierbare“ Israel und als Propaganda für den „mutigen“ Autor selbst. Dann lösen sich die inneren textlichen Widersprüche und die sachlichen Halbwahrheiten bestens wieder auf.
@ Arnold Voß #28
was ist eigentlich dein M O T I V :
– hier Recht behalten zu müssen
– Günter Grass als „Antisemiten“ zu diffamieren?
“Ich halte Günter Grass nicht für einen Antisemiten. Ich weiß, wovon ich spreche”, Avi Primor, ehemaliger Botschafter Israels in Deutschland.
Primor kritisiert Grass auch, hier das Interview: https://www.tagesschau.de/ausland/grass128.html
@ Andreas Lichte
Hast du hier irgendwo gelesen, dass ich Grass für einen Antisemiten oder für einen Nazi halte?
Ach ja, habe ich das mit deinem Link jetzt richtig verstanden, dass eigentlich nur ein Jude richtig einschätzen kann, wer Antisemit ist und wer nicht?
# 26/27 Hallo Pascal, ich werde gleich sofort mit Argumenten kommen.
Vorher möchte ich nur sagen, dass ich Ihr „Entschuldigung, ich hatte natürlich Gerd gemeint“ quasi als urkomischen Tenor der ganzen Debatte sehe: „Ähh, Entschuldigung, ich hatte natürlich ??? gemeint.“
Zur Sache.
Sie schreiben: „Zu Grass’ Gedicht wäre auch eigentlich nichts zu sagen außer das, was Sie richtig erkannt haben. Wobei ich ‚platt‘ dann doch etwas schwach finde.“
„Platt“ können Sie „schwach“ finden,aber ich stelle doch den Bezug zu einem Text Brechts deutlich her, ein Text, der – angewendet auf Grassens Gedicht – eben dieses Gedicht vollkommen beschreibt: „Brecht in ‚Über Lyrik‘: ‚Flach, leer, platt werden Gedichte, wenn sie ihrem Stoff seine Widersprüche nehmen, wenn die Dinge, von denen sie handeln, nicht in ihrer lebendigen, d.h. allseitigen, nicht zu Ende gekommenen und nicht zu Ende zu formulierenden Form auftreten. Geht es um Politik, so entsteht dann schlechte Tendenzdichtung.‘
(Der Text geht noch weiter.)“
Sie schreiben:
„Das Problem ist ja, dass die von Grass vorgebrachte, ungerechtfertigte Pseudokritik in der Gesellschaft virulent ist. Die hat Grass sich nicht ausgedacht, er macht sich nur zum Sprachrohr des Mobs, der ja ’nichts mehr sagen darf‘. “
Eine atemberaubende Argumentation. Auch da setzen Sie wieder Wertung, Meinung vor Argumentation. Grass als Sprachrohr des Mobs? Jesses!
„Mob“: Schauen Sie mal unter Wikipedia:
Der Ausdruck Mob (englisch „mob“ aufgewiegelte Volksmenge; von lateinisch: mobilis = beweglich, wandelbar[1]) bezeichnet – manchmal pejorativ – eine Masse aus Personen des einfachen Volkes bzw. eine sich zusammenrottende Menschenmenge mit überwiegend niedrigem Bildungs- und Sozialniveau (abwertend auch gemeines Volk, Pöbel, Plebs, Gesindel, Pulk, Schar genannt). In der englischen Sprache wird diese Originalbezeichnung Mob auch für eine Bande bzw. für die Bandenkriminalität verwendet[2]; in den USA auch für die Mafia.
Sie meinten aber wahrscheinlich, dass Grass das Sprachrohr der sog. ’schweigenden Mehrheit‘ sei, oder?
Jedenfalls zieht selbst dann Ihr Argument nicht. Angesichts dieses Vorwurfs war selbst Broder in einem Interview viel souveräner gegenüber Grass und meinte sinngemäß, niemand könne davor sicher sein, dass rechtsradikale Idioten (oder andere, G.H.) einen Text für ihre Zwecke zu instrumentaliseren versuchen.
Sie schreiben: „Grass wird nicht diskreditiert…“. Ich bitte Sie!
Lesen Sie denn die Artikel und Kommentare hier und anderswo nicht? Neben der berechtigten und bitter nötigen Kritik an Grassens Gedicht, gibt es eine Unzahl diskreditierender Wortmeldungen und „Gesinnungsbloggerei“ (ein schönes Wort von Herrn Haas), und das ist milde ausgedrückt.
Genau dazu und nur dazu dazu schrieb ich in einem Kommentar an Helmut: „Grassens verdrehtes ‚J’accuse‘-Pathos im Gedicht ist als Simulation von intellektuellem Mut närrisch, aber die vollkommene Entwertung seiner Person und seines Werkes ist kein bisschen besser.“
Sie schreiben dann über „Bauchgefühle“ und ich denke, es sind vor allem Ihre eigenen. Mir bleiben sie in und durch Ihren Text tatsächlich völlig unverständlich.
Zusätzlich schreiben Sie:
„Und Gerüchte, Bauchgefühl und Ressentiment sind zumindest eng verknüpft mit diesem Antisemitismus, der ja angeblich eine Keule ist. Wer schwingt die eigentlich? Der Jude selbst? Oder seine Handlanger?“
Ist das ironisch gemeint?
Ich jedenfalls würde nie von „der Jude“ oder „seine Handlanger“ schreiben. Da rufen Sie Nazi-Vokabular auf, das Sie wahrscheinlich ironisch brechen wollten (nehme ich zu Ihren Gunsten an), aber die Brechung wird nirgends deutlich, so dass der Kommentar-Leser diese Vokabeln Ihnen zurechnen muss.
Sie schreiben: „Niemand stellt die literarischen Leistungen Brechts, Wolfs, Frieds und Walsers in Frage.“
Naja. Da lesen Sie mal nach zu Fried und den Reaktionen auf seine israelkritischen Gedichte nach, zur Debatte um Christa Wolf, zur sogenannten Walser-Bubis-Debatte.
Da wird gerne das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.
Und das hat eben nicht immer nur mit dem Antisemitismus-Vorwurf zu tun.
Böll galt nach „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ quasi als Terrorist, Botho Strauß wiederum wurde wegen anschwellender Bocksgesänge abgemahnt, Peter Handke bekam in der sog. „Serbien-Kontorverse“ sein Fett ab, der österreichische Autor und „Österreichhasser“ Thomas Bernhard war immer ein Nestbeschmutzer (wie gut, dass der Dreck ein Nest erst so richtig zusammenhält).
Was ich sagen will: Schriftsteller sind eigentlich immer politically incorrect, müssen es sein, wenn sie vom Scheitern der Menschen erzählen.
Selbst, wenn Einzelwerke einzelner Schriftsteller in dieser Political Incorrectness schlecht geschrieben sind, sollte nicht gleich der ganze Mensch, Schriftsteller und sein Werk diskreditiert werden.
Die Alternative ist, siehe # 21:
Von der Kunst des Verstehens (Hermeneutik) wird jedenfalls bei den meisten Kritikern vor dem Verriss kein Gebrauch gemacht. Kunst des Verstehens, das heißt auch: sich der eigenen Vorurteile und Vorverständnisse bewusst zu sein oder zu werden.
Einer meiner Lehrer hat mir einmal beigebracht:
Es ist Deine Pflicht, vor der Kritik an einem Text, den Text so gut wie möglich aus sich heraus erst einmal zu verstehen, in all seinen Facetten und Widersprüchen zu entfalten und Dir verständlich zu machen. Erst nach wiederholter Textlektüre, erweitertem Textverstehen, der folgenden tieferen Textanalyse, solltest Du zu interpretieren beginnen und Text/Autor (öffentlich) angreifen.
Also: Mich stört nicht, dass Grass angegriffen wird, sondern mich stört, wie oft er auch unwürdig angegriffen wird.
# 28 Arnold:
Naja, Arnold, um Deine Interpretation durchzuhalten, musst Du, wie Du es auch machst, den ‚Unterjocher‘ kleinreden, bis er hinter dem „Maulhelden“ verschwindet. Nur so kannst Du Deine Argumentation durchhalten:
Bei Grass steht aber:
„Es ist das behauptete Recht auf den Erstschlag,
der das von einem Maulhelden unterjochte
und zum organisierten Jubel gelenkte
iranische Volk auslöschen könnte,
weil in dessen Machtbereich der Bau
einer Atombombe vermutet wird.“
Wir finden also den Maulhelden, den Unterjocher, den Manipulierer Mahmud Ahmadinedschad und auch die iranische „Atombombe“, die allerdings zunächst nur „vermutet wird“.
Das ist viel mehr, als Du gerne überlesen möchtest.
Weißt Du, ob die iranische Atombombe wirklich schon gebaut ist?
Was ich weiß, ist, dass der Krieg gegen den Irak genau mit dem Argument, Irak habe Atomwaffen, systematisch vorbereitet wurde und sich das Ganze als Lüge herausstellte. Man darf also aus historischer Erfahrung mit Fug und Recht vor dieser offensichtlichen Zweck-Argumentation warnen, zumal Irak und die ganze Region jetzt vollkommen destabilisiert am Boden liegen. Da wurde der Teufel gründlich mit dem und vom Beelzebub ausgetrieben.
Da allerdings endet dann meine Analyse und Interpretation zugunsten Grassens.
Grass hätte deutlich machen sollen, nein: müssen, dass selbst, wenn der Iran noch keine Atombombe hätte, die iranische Führung wiederholt mit der Auslöschung Israels drohte.
Und jetzt würde für mich eine politische Diskussion abseits aller Pöbeleien beginnen und dazu habe ich so viele Fragen, die nicht nur Grass ausblendet oder eben völlig unzulänglich und fehlerhaft anreißt, sondern auch das Gros der Anti-Grassisten:
– Was wissen wir genau und ohne Desinformation über iranische Atomwaffen?
– Was wissen wir genau und ohne Desinformation über israelische Atomwaffen?
– Welche militärisch-industriellen Lobby-Interessen spielen eine Rolle?
– Welcher politische und militärisch-präventive Druck kann und muss auf den Iran ausgeübt werden, um einen Angriff auf Israel niemals zu wagen?
– Wie kann man trotz der Abschreckungsszenarien einen Friedensprozess in Gang setzen? Wer hätte daran ein oder kein Interesse?
– Wie kann und muss das Existenzrecht Israels – insbesondere aus deutscher Verantwortung – politisch und praktisch gesichert werden. Dafür trete ich nämlich ein.
– Wie kann verhindert werden, dass mit dem Existenzrecht Israels geostrategische Interessen der USA verknüpft werden, die gar nicht auf die Sicherheit Israels zielen, sondern auf die Rohstoffe im Nahen Osten?
– Wie kann verhindert werden, dass die Bedrohung Israels durch den Iran zu einem Stellvertreterkrieg der Großmächte führt.
-Welche Anteile an christlich/jüdischen/muslimischen Konflikten müssen aus religionenkritischer Sicht betrachtet und diskursiv entschleiert werden.
– Wie könnte man aufgeklärte Opposition im Iran unterstützen?
– Wer bestimmt mit welchem Recht, was ‚gute‘ und was ‚böse‘ Atommächte sind? Welche (materiellen) Interessen sind da im Spiel?
– Müsste nicht eigentlich nur jene Regierung anderen Regierungen Atomwaffenverzicht vorschreiben dürfen, die selbst auch eigene Atomwaffen tätig abschafft und damit integer argumentieren kann?
Puuhh, lieber Arnold, jetzt bin ich am Ende meiner literarisch-politisch-argumentativen Möglichkeiten angekommen. Jetzt müsste ich erst einmal wieder mit Israelis sprechen, mit Iranern im Exil, müsste eigentlich reisen, nachlesen, recherchieren, mich einarbeiten und zunächst einmal den Mund halten. Aber das gilt ja nicht nur für mich, sondern auch für viele hier und anderswo, die alles zu allem immer schon wissen.
Puuh , Gerd. Da brauche ich etwas Zeit um präziser zu antworten. Aber zum vermeintlichen Kleinreden des „Unterjochers“ und zum Gedichttext gleich ein paar Worte:
Es geht um den logisch nicht nachvollziehbaren Widerspruch zwischen dem was die Handlungslogik eines Maulhelden und die eines brutalen Diktators ausmacht. Die Macht eines Diktators basiert im Wesentlichen darauf, dass er das was er androht, auch tut bzw. dafür auch schon genügend und immer wieder Beweise geliefert hat. Das hat der Präsident des Irans bislang zu genüge tan, oder siehts du das anders?
Nun weiter im Text: Ein Erstschlag der das unterjochte iranische Volk auslöschen könnte ist selbst mit einer (einzigen) Atombombe unmöglich. Was nichts daran ändern würde, dass das eine fürchterliche Sache wäre und ebenso fürchterliche Folgen haben würde. Andersherum jedoch lässt sich Israel mit einer einzigen Atombombe fast komplett auslöschen, Gerd.
Das nennt man in Fachkreisen ein One-Strike-Country. Der Erstschlag ist hier zugleich der Letztschlag. Aber das scheint „Militärexperten“ wie Grass nicht zu interessieren bzw. wäre das für ihn offensichtlich nicht ganz so fürchterlich wie der Erstschlag auf den Iran der.
Und weiter im Text: Eine Atombombe wird im Iran nicht vermutet sondern als möglich angenommen weil der Iran an atomwaffenfähigen Nuklearanlagen arbeitet. Letzteres ist wiederum keinen Vermutung, sondern Tatsache.
Die Realisierung wird von Geheimdiensten, was auch immer man von deren Informationen zu halten hat, einhellig auf noch mindestens ein Jahr geschätzt. Wenn das allerdings Jemand für eine nicht bedrohliche Aussage hält, der steckt nicht in der Haut derer, denen mit der Vernichtung gedroht wird.
Ich möchte nicht in einem Land wohnen auf das schon in einem, ja selbst in zwei oder drei Jahren ein mehrfach!! angekündigter und bislang nicht dementierter atomarer Angriff möglich sein könnte. Angekündigt von einem der brutalsten Diktatoren den die Welt zur Zeit kennt, der zugleich fanatischer Islamist ist und einem islamistischen Regime vorsteht, das die Hamas und die Hisbollah und den syrischen Diktator Assad systematisch unterstützt, weil sie zur regionalen Großmacht werden will.
Vielmehr wäre ich , wenn dieses Land meine Heimat wäre, sehr froh, wenn es selbst über Atomwaffen verfügen würde. Sehr froh sogar, Gerd. Und es wäre mir dabei völlig egal, ob irgendein Mensch in irgendeinem anderen Land das aus seinem gesicherten warmen Sessel als Bedrohung für den Weltfrieden ansehen würde. Habe ich mich rein textlich klar genug ausgedrückt, Gerd?
Und noch was. Mir würde nicht im Traum einfallen, mich selbst zu einem „Freund Israels“ zu ernennen. Ich habe prinzipiell keine Länder/Völker zum Freund sondern nur einzelne Menschen.
@ Gerd Herholz #32
sehr guter Kommentar, insbesondere dein Fragenkatalog …
wenn man den gelesen hat, weiss man, dass das nächste – diesmal faktisch richtige – Gedicht zum Thema eigentlich nur von einem – abtrünnigen – Mossad-Agenten kommen kann (oder von Arnold Voß, was in etwa das gleiche ist)
Mit anderen Worten: was auch immer Grass geschrieben hätte, es hätte „falsch“ sein müssen.
So gesehen bewerte ich es positiv, dass ÜBERHAUPT irgendjemand – wie Grass – die U-Boot-Lieferung an Israel in Frage stellt.
Das war nur eine kleine Meldung: https://tagesschau.de/ausland/israel1214.html
„(…) Nach Informationen von Militärexperten sind die deutschen U-Boote vom Typ „Dolphin“ mit Mittelstreckenraketen ausgerüstet. Diese haben eine Reichweite von 1500 Kilometern und können mit nuklearen Sprengköpfen ausgerüstet werden. Die U-Boote würden Israel in die Lage versetzen, einen atomaren Zweitschlag zu führen, für den Fall, dass das Land mit Atomwaffen angegriffen werden würde.“
Als ich das las, hab ich sowas gedacht wie:
„Ach – schon total normal – alltäglich –, dass man ohne wenn und aber die nukleare Aufrüstung unterstützt?“
@ Gerd Herholz
Bin gespannt, ob du mit mir als abtrünnigen Mossad-Agenten weiter diskutieren möchtest. 😉
@ Andreas Lichte # 34
Nach dem atomaren Erstschlag Irans, was die völlige Vernichtung Israels bedeutet, hat Israel noch kurz vorher die Möglichkeit zu einem atomaren Zweitschlages. Coole Argumentation, Andreas. Gut das du kein Militärberater geworden bist. 😉
Übrigens bist du mir noch die Beantwortung meiner Frage aus # 30 schuldig. Oder antwortest du Mossad-Agenten-Ähnlichen-Menschen grundsätzlich nicht? Sorry, ich könnte mich kugeln.
@ Arnold Voss
gut, dass du „Militärberater“ und „Mossad-Agent“ geworden bist …:
„Rechthabenmüssen“ in seiner pursten Form, die du hier verkörperst, siehe Gerd Herholz’ Artikel.
(keine Ahnung, ob Gerd Herholz noch weiter mit dir reden möchte – ich nicht)
# 35 Arnold: Meinst Du mich, Arnold, oder wegen des Bezuges Andreas Lichte?
Wie auch immer: Gerne diskutiere ich mit Andreas weiter – und mit Dir natürlich auch – schon, weil Du so ein harter Brocken bist, der einen fordert.
Aber für heute gehe ich wohl ins Österliche: Jesus ist auferstanden, da wird dich doch für mich auch was drin sein. 😉
zu # 36: So, wie ich Andreas und diese Tagesschau-Meldung verstanden habe, geht es darum, dass Israel durch die seegestützten U-Boot-Atomwaffen noch die Möglichkeit des atomaren Zweitschlags hätte, weil die U-Boote eben irgendwo im Mittelmeer… und vom möglichen Erstschlag Irans nicht erreicht würden.
Aber das sind Szenarien, da hört nun wirklich jede Rechthaberei auf und es gruselt einen. Genau diese Szenarien müssen ja in Wirklichkeit vermieden werden.
Statt über solche Szenarien zu phantasieren, werde ich lieber mehr über meine Fragen unter # 32 nachdenken und nachforschen. Aber mit Grass hat das dann nicht mehr viel zu tun.
@ Gerd Herholz
Andreas will es leider nicht mehr. Für ihn ist Jemand der seiner Argumentation nicht folgt ein Rechthaber in der pursten Form. Er selbst dagegen ist natürlich kein solcher, denn er hat ja Recht ohne dafür extra so ein eingebildeter Rechthaber sein zu müssen.
Ja diese atomaren Szenarien sind gruselig. Ich werde über deine Fragen ebenfalls noch mal nachdenken. Wir lesen voneinander. Noch einen schönen Restfeiertag. Und wenn du Jesus sehen solltest. Schöne Grüße. 😉
Fazit: Deutschland ist mit seiner Streitkultur und Israel mit seiner Regierung zu Genüge gestraft. Ein hochverdientes 1:1.
# 40 DH: Genau. Hoffentlich gibt’s kein Rückspiel.
Kein Rückspiel. Aber das Problem bleibt ungelöst.
Dazu:
https://www.koop-frieden.de/dokumente/iran-erklaerung.pdf
@ Manfred Michael Schwirske (42),
ich weiß zwar nicht, warum Sie diesen Link eingestellt haben, und welche Meinung Sie dazu haben, aber ich hab ihn durchgelesen.
Dabei fiel mir auf, dass die Initiatoren zwar zu einem hohen Prozentsatz die Forderung der iranischen Regierung vertreten, aber kein Wort über die auch sehr wichtigen Ausgangsinteressen der restlichen Welt, insbesondere Israels verlieren.
Als Schlichter sind sie damit schon einmal ungeeignet, weil Schlichter immer das Vertrauen beider Seiten haben müssen. Sonst können sie ihre Aufgabe nicht umsetzen.
Also, entweder diese Initiatoren müßten in dieser Hinsicht noch etwas üben, oder ihr Anliegen ist nicht die Schlichtung dieses doch recht komplizierten Konflikts.
Was aber dann?
@ Manfred Michael Schwirske
Danke für den Link
„Das iranische Volk will – alle Indizien sprechen dafür – weder einen Krieg
noch iranische Atombomben. Es wehrt sich allerdings gegen jede
militärische Bedrohung von außen. Israels Atomarsenal und die
militärische Einkreisung Irans durch die USA, die inzwischen in nahezu
allen seinen Nachbarländern Militärbasen errichtet haben, sind wichtige
Ursachen für die Rüstungsanstrengungen Irans. Mit der Tolerierung von
Israels Atomwaffenarsenal bei gleichzeitiger Bekämpfung des iranischen
Atomprogramms tragen USA und EU die Hauptverantwortung dafür, dass
kaum ein Oppositionspolitiker im Iran es wagt, die Atompolitik der
Islamischen Republik in Frage zu stellen.“
Die Opposition traut sich nicht weil die bösen USA das Land umzingeln und I s r a e l das Land bedroht. Auch im sonstigen Text Kein Wort davon, dass der Iran eine religöse Diktatur ist in der die Opposition zum großen Teil im Gefängnis darbt oder unter Hausarrest steht. Kein Wort von den Vernichtungsdrohungen des Iran gegenüber Israel. Das ist so grotesk, dass es einem die Sprache verschlägt. Das iranische Volk hat in diesem Land nichts zu wollen, weil es in einer Diktatur lebt, Michael.
@ DH
Wenn du hier schon den Schiedsrichter versuchst, dann solltest du auch die Fouls benennen. Oder bist du auch der Meinung, dass ich mich hier wie ein Agent des Mossad verhalte?
… obwohl,vielleicht sollte ich es einfach zugeben, dass ich einer bin. Natürlich schon in Pansion. Dann ist das Jahrzehnte lange Versteckspiel endlich vorbei. 😉
@ Helmut Junge # 43
Das ist schon irre, Helmut. Grass nimmt in seinem Gedicht zumindest zur Kenntnis, dass es sich beim Iran um eine äußerst brutale Diktatur handelt, hält aber den Diktator für einen Maulhelden, um seine Drohung gegen Israel nicht ernst nehmen zu müssen. Die Initiatoren des von Schwirske eingestellten Friedensaufrufes nehmen in ihrem Text weder die Drohungen noch die Diktatur zur Kenntnis um sich dann vor allem den Forderungen des Irans anschließen zu können.
@ Arnold Voss,
klar, ich warte aber auf auf Schwirskes Antwort.
Es ist ja nicht seine Position. Wenn doch, sollte er das tun, was er von uns Anderen verlangt hat. Argumentieren.
Freund Dirk scheint Dich übrigens zappeln zu lassen. So was gehört unter Freunden oft auch zur „Streitkultur“.
Streitkultur, was für ein Wort!
@#45: Arnold, es ist nicht der Schiedsrichter, der üblicherweise ein Spiel kommentiert. (-:
Die Frage nach den Fouls ließe sich ohnehin nur sinnvoll beantworten, wenn Einigkeit darüber bestünde, welches Spiel (mit welchen Regeln) überhaupt gespielt wird. Ich bin mir sicher, es sind, um im Bild zu bleiben, gleich mehrere Spiele, die auch noch gleichzeitig auf demselben Platz stattfinden.
Zu Deiner abschließenden Frage: Geheimagentenverhaltensforschung fällt nicht in mein Spezialgebiet. Das, was wohl gemeint war, als ein Mitkommentator (?) keinen großen Unterschiede mehr zwischen Deinen Argumenten und denen eines durchschnittlichen Mossad-Agenten machen wollte, hat Moshe Zuckermann in der heutigen taz etwas ausführlicher erläutert:
https://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2012%2F04%2F10%2Fa0069&cHash=6cffee6e57
Nun muss man Zuckermann – aus Gründen, die ich hier aus Zeitmangel nicht darlegen und diskutieren kann – nicht in allen Punkten folgen: Aber die Degeneration der öffentlichen Debatte, sobald aus um Juden, Israel, Deutschland usw. geht, ist gegenwärtig ein nicht ernsthaft zu bestreitendes Faktum, genauso wenig wie die Instrumentalisierung und Banalisierung des Antisemitismus-Begriffs im politischen Alltagsgeschäft.
@ Gerd Herholz # 32
Wer Fragen stellt, soll auch eine Antwort bekommen. Ob ich sie alle angemessen und überzeugend beantworten kann, bezweifele ich, denn auch ich arbeite mit begrenzten Informationsmöglichkeiten. Aber ich versuchs mal in der angemessenen Kürze:
„Was wissen wir genau und ohne Desinformation über iranische Atomwaffen?“
Das wissen wahrscheinlich nicht mal die zuständigen Geheimdienste ganz genau. Aber sie wissen anscheinend relativ sicher, dass der Iran Atomwaffen bauen könnte wenn er es unbedingt will.Die bisherige Informationspolitik gegenüber den zuständigen Weltbehörden lässt allerdings deutlich werden, dass die iranische Regierung es sehr wahrscheinlich auch will.
„- Was wissen wir genau und ohne Desinformation über israelische Atomwaffen?“
Man kann davon ausgehen, dass Israel über Atomwaffen verfügt, wobei es wahrschheinlich kein großes Arsenal ist. Das die israelische Regierung diese Vermutung/Annahme bis heute nicht offiziell dementiert hat, ist natürlich im eigenen Abschreckungsinteresse.Deswegen fragen wohl auch die Großmächte offiziell nicht genauer nach. Andererseits hat das Land auch bislang Niemandem mit dem Einsatz dieser Atomwaffen gedroht.Auch nicht dem Iran.
„- Welche militärisch-industriellen Lobby-Interessen spielen eine Rolle?“
Sowohl bei der Aufrüstung Israels als des Irans kann man von einer militärisch industriellen Lobby ausgehen. In beiden Fällen übrigens auch nachgewiesen von seiten der deutschen Rüstungsindustrie. Aber natürlich nicht nur von ihr.
„- Welcher politische und militärisch-präventive Druck kann und muss auf den Iran ausgeübt werden, um einen Angriff auf Israel niemals zu wagen?“
Der Iran strebt eindeutig und schon länger die strategische Rolle eine führenden Regionalmacht an. Er ist zugleich eine religiöse Diktatur die den Gottestaat auch in den umliegenden muslimischen Ländern einführen will und sich deswegen auch religiöse mit Israel in einem erst einmal unversöhnlichen Verhältnis befindet.
Der präventive militärische und politische Druck muss deswegen erheblich und durchgreifend sein, d.h. die Drohungen des Westens müssen so überzeugend sein, dass sie von der iranischen Regierung auch ernst genommen werden müssen.
„- Wie kann man trotz der Abschreckungsszenarien einen Friedensprozess in Gang setzen? Wer hätte daran ein oder kein Interesse?“
Die einzige Chance für einen Friedensprozess besteht in einer beidseitigen offiziell-vetraglichen Erklärung auf Gewaltverzicht, die zugleich auch durch den Sicherheitsrat der UNO insofern beglaubigt wird, dass die dazu gehörenden Länder auch militärisch eingreifen, wenn eine der beiden Seiten sich nicht (mehr) an dieser Vereinbarung hält. Ein reine UNO-Friedensaktion würde bei diesen beiden Kontrahenten nämlich nicht ausreichen. Aber ich kann einfach nicht glauben, dass das politisch durchsetzbar ist.
„Wie muss das Existenzrecht Israels – insbesondere aus deutscher Verantwortung – politisch und praktisch gesichert werden. Dafür trete ich nämlich ein.“
Die Israelis können aus nachvollziehbaren Gründen keine Atombombe auf Seiten es Irans dulden, so lange nicht die Weltgemeineschaft dem Iran einen offiziellen Gewaltverzicht gegenüber Israel abgerungen hat. Sie werden vorher auch nicht ihre Atomwaffenarsenale offen legen. Erst recht nicht, wenn sie wider allen Annahmen über gar keine verfügen.
Das Existenzrecht Israels ist also im Falle des Iran nur dadurch zu sichern, dass die Weltgemeinschaft und insbesondere Deutschland dem Iran unmissverständlich klar machen kann, dass sie keinen Angriff auf Israel dulden bzw. diesen mit geeigneten d.h. auch militärischen Maßnahmen unterbinden wird.
Auch hier glaube ich nicht, das die Weltgemeinschaft mit Ausnahme der USA überhaupt im Ernstfall dazu bereit ist. Geschweige den Deutschland.Wer würde schon für das kleine Israel einen Krieg riskieren, der ein Flächenbrand werden könnte. Und das genau wissen auch die Israelis. Damit wäre dann auch schon die folgende Frage mitbeantwortet.
„- Wie kann verhindert werden, dass mit dem Existenzrecht Israels geostrategische Interessen der USA verknüpft werden, die gar nicht auf die Sicherheit Israels zielen, sondern auf die Rohstoffe im Nahen Osten?“
„- Wie kann verhindert werden, dass die Bedrohung Israels durch den Iran zu einem Stellvertreterkrieg der Großmächte führt.“
Das ist er in seinem Vorgeplänkel jetzt schon, denn die energiehungrigen Chinesen brauchen den Iran eher als Israel und Russland steht dem Iran schon deswegen nahe, weil dieser den USA sehr fern steht.
Da aber keiner der Großmächte ernsthaft am Einsatz der eigenenen Kräfte interessiert ist, wird man erst einmal den Druck auf den Iran und auf Israel weiter erhöhen. Wobei die Russen und Chinesen für den Iran und die USA für Israel letztlich den Ausschlag geben werden.
Sollte das am Ende nicht reichen wird es,natürlich unter offiziellem Protest, den Israelis überlassen werden, gezielt die Atomanlagen des Iran anzugreifen. Das hat den großen Vorteil, dass die für die anderen die „Drecksarbeit“ leisten, denn Niemand außer der iranischen Regierung, will das der Iran über Atombomben verfügt. Obendrein hätte dann Israel in der Weltgemeinschaft mal wieder den schwarzen Peter.
Während dem Iran bei jeder Drohung gegen Israel der Beifall des größten Teils der muslimischen Welt gewiss sein kann und bei einem Angriff der Israelis auch noch die Empörung eines großen Teils der restlichen Welt.Auch das wissen die Israelis. Sie sitzen also von allen am meisten in der Klemme und reagieren entsprechend nervös.
„-Welche Anteile an christlich/jüdischen/muslimischen Konflikten müssen aus religionenkritischer Sicht betrachtet und diskursiv entschleiert werden.“
Dazu kennst du meine Position zu genüge Gerd. Ich habe mit diesem kollektiven Unsinn nichts zu tun. Aber das sehen die überzeugten Gläubigen nun mal anders. Für die ist Jerusalem, egal ob das jetzt historisch alles genau nachweisbar ist, eine heilige Stätte und das gleich für drei der großen Religionen.
Für mich ist es der größte Glaubensjahrmarkt, den ich welteit kenne. Wenn du einmal da warst, und dir diesen religionstouristischen Budenzauber dort anschaust, dann wird dir selbst der letzte Glaubenswille genommen.
Da ich aber zu einer weltweiten Minderheit gehöre, die froh ist, dass sie zumindest in einigen Ländern dieser Erde von den Gläubigen nicht einfach auf der Straße erschlagen werden darf, muss ich einsehen, dass, wer das Jerusalem-Problem nicht löst, auch keine dauerhaften Frieden im Nahen Osten bekommen wird.
„- Wie könnte man aufgeklärte Opposition im Iran unterstützen?“
In dem man die aufgeklärten Iraner unterstützt. Aber was macht man, wenn die in der Mehrzahl im Gefängnis sitzen oder unter Hausarrest stehen? Wenn sie gedemütigt und gefoltert werden? Das sind so Fragen, vor die sich unsere Gefühls-Pazifisten immer gerne drücken. Also frage doch bitte die mal gezielt danach. Oder beantworte selbst diese Frage.
„- Wer bestimmt mit welchem Recht, was ‘gute’ und was ‘böse’ Atommächte sind? Welche (materiellen) Interessen sind da im Spiel?“
Immer die Stärkeren, Gerd. Die Welt ist nun mal nicht gerecht. Erst recht nicht seit dem es Atombomben gibt. Sofern man selbst keine zur Hand hat, darf man froh sein, wenn sie stattdessen kein/e Wahnsinniger/n besitzt/en.
„- Müsste nicht eigentlich nur jene Regierung anderen Regierungen Atomwaffenverzicht vorschreiben dürfen, die selbst auch eigene Atomwaffen tätig abschafft und damit integer argumentieren kann?“
Natürlich müsste sie das, Gerd. Aber im realen Macht- und Bedrohungsleben geht es nicht nur um das Argumentieren sondern auch um den Sieg oder zumindest um ein Patt. Im Falle Israels gehte es sogar um das kollektive Überleben. Falls das hier immer noch nicht klar sein sollte, dann weiß ich hier leider auch nicht mehr weiter.
@ DH # 48
Alles gut und schön, was Zuckermann da schreibt, aber auch er sagt nichts zu den I n h a l t e n des umstrittenen Gedichtes. Genau das versuche ich hier die ganze Zeit. Inhaltlich zu werden. Sachlich zu begründen wieso dieses Gedicht vom großen Grass letzlich politische Propaganda ist. Genauso wie der Friedensaufruf den Schwirske hier eingestellt hat. Deswegen habe ich jetzt noch mal ausführlich die Fragen von Gerd Herholz zu beantworten versucht.
Wer prima wenn hier auch noch mal andere, wenn auch nur zum Teil, diesen Fragenkatalog beantworten würden. Denn er führt wirklich zur Versachlichung der Debatte. Mehr auf jeden Fall als methodische Empfehlungen zur Streitkultur. Damit kann man sich nämlich auch prima vor der Beantwortung von Sachfragen drücken.