Im Stadtpark roch es nach verbranntem Fleisch, ein paar Meter weiter entfernte ein RWE-Angestellter Demo-Aufkleber vom Konzerngebäude. Für eine Party am Vortag im Haus gegenüber (Reggae!) war mit dem Slogan „Tanz gegen die Atomkraft“ geworben worden. Riecht nach einem dieser Kultursommer in Essen.
Als ich wiederum zum Soundcheck von Iso Rivolta im EMO auflief, spielte die Band gerade „Kerosene“ von Big Black. Beim Konzert selbst dann aber nicht. Support war einmal mehr Rudy Radu, der tatsächlich stetig besser wird. Iso Rivolta übrigens auch. Ritalin Ray machen jung und wild eher im klassischen Songwriter-Rockgewand, Interview später hier, ein Video hier, das Konzert im Subrosa war sehr kurzweilig.
Zwischen den Konzerten sprachen Jürgen Trittin und drei andere Mitmenschen im Saalbau über le Ausstieg. „Man muss den Menschen realistische Ausstiegsszenarien darlegen“ war die Devise. Zwei Tage später sollte mir dann auf der Rüttenscheider ein Bekannter sagen, man könne ja richtig stolz sein auf die Deutschen, dass die als einzige ernst machen wollen mit le Ausstieg. Als ich gen Park ging, rief er mir noch „Alles Gute!“ nach. Eigentlich hatte ich für den Abend Ebermann/Trampert im Druckluft eine Chance geben wollen, mir ihre Sichtweise von „20 Jahre deutsche Einheit“ darzulegen, aber es gibt ja noch andere Themen auf der Welt.
Wasserknappheit zum Beispiel. Dazu soll an dieser Stelle schon einmal auf diese (bitte etwas scrollen, gemeint ist die am 8. Septemeber) weit in der Zukunft liegende Veranstaltung hingewiesen werden. Kommenden Dienstag hingegen fragt sich eine weitere dieser Podiumsdiskussionsrunden „Ist Essen eine Messe wert?“ Einem Kollegen erklärte ich meine Auffassung des Themas letzte Woche so: Die Messe ist das S21 von Rüttenscheid. Gerade Familien befürchten durch Reduzierung des Grugaparks Lebensqualitätseinbußen. Andere (Familien) halten dagegen, dass eine Stadt ohne Messe für alle Bürgerinnen und Bürger einen wesentlich niedrigeren Lebensstandard bedeuten würde.
Einen „Schreib doch drüber“-Auftrag habe ich zu diesem Thema bislang nicht bekommen. Es ist eh verstärkt zu bemerken, dass zum Beispiel Dortmunder jetzt wieder gar wenig an Essen denken und sich in punkto Themen und Geldfluss alle im Ruhrgebiet geistig wieder mehr innerhalb ihrer Stadtmauern aufhalten. Aber die Dortmunder sind eh die Franzosen des Ruhrgebietes. Kommen alle irgendwie vom Land und spinnen ein bisschen.
War noch was außer April in Bestform? Auf der Weltbühne und hierzulande läuft ja alles weiter wie gedacht, wenn auch nicht gerade zur allgemeinen Zufriedenheit. Das in der letzten Woche hier angesprochene Svevo-Buch ist übrigens wirklich vorzüglich zu lesen, und ich empfehle auch Twin Sister, vor allem „All around and away we go“, sowie die Seiten daytrotter, stereogum und my spoonful, wenn Sie selber mal ein wenig Legales und Frisches an Musik aus den Staaten suchen wollen. Immer dieser Vorkau durch die Medien – haben Sie doch gar nicht nötig! Schönen Sonntag!
Reisefotos: Jens Kobler